Herr Minister, gab es auch Verstöße solcher Art, die zur sofortigen Stilllegung der Fahrzeuge geführt haben, bzw. wurden Fahrer angewiesen, ihre Fahrten nicht fortzusetzen?
Frau Kollegin, das kann sein. Ich habe hierzu keine genauen Auskünfte vorliegen. Das müsste ich Ihnen nachreichen.
Die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch Ableistung gemeinnütziger Arbeit ist in Hessen durch die Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit vom 24. Januar 1997 geregelt. Zur Tilgung eines Tagessatzes der Geldstrafe sind sechs Stunden freie Arbeit zu leisten.
Die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch Ableistung gemeinnütziger Arbeit löst gleich mehrere Probleme.
Zweitens. Sie ist Teil eines Wiedereingliederungsprozesses, in dem eine Gewöhnung an regelmäßige Arbeit erfolgt.
Drittens. Sie trägt durch die erbrachte Arbeitsleistung zu einer Wiedergutmachung im Sinne des Allgemeinwohls bei.
Fünftens. Der wichtigste Faktor: Sie entlastet den Justizvollzug und spart damit erhebliche Kosten ein. Im letzten Jahr brachte sie eine Entlastung des Landeshaushalts in zweistelliger Millionenhöhe mit sich. Im Jahre 2008 wurden Geldstrafen mit insgesamt 126.313 Tagessätzen durch gemeinnützige Arbeit getilgt. Dies entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um knapp 9 %. Bei angenommenen Haftkosten von ca. 96 c pro Tag bedeutet dies, dass insgesamt über 12 Millionen c für den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen nicht aufgewendet werden mussten.
Neben den durch die Entlastung der hessischen Haftanstalten erzielten Einspareffekten im Justizhaushalt sind auch der Aspekt der Resozialisierung der Straftäter sowie der Nutzen deren Arbeit für die Allgemeinheit wichtige Bestandteile des durchweg positiv zu bewertenden Programms.
Die Mehrfachproblematik der Klientel erfordert besondere Arbeitsinhalte und Angebote. Die bisher außerordentlich guten Projektergebnisse sind auf das gute Umsetzungskonzept zurückzuführen. Mit diesem werden folgende Kernpunkte gewährleistet. Erstens. Regelmäßiger Kontakt zu den Einsatzstellen und Erschließung neuer Einsatzstellen. Zweitens. Passgenaue Vermittlung der Probanden in eine adäquate Einsatzstelle. Drittens. Individuelle Begleitung und Betreuung der Probanden. Viertens. Intervention bei Konflikten an der Einsatzstelle.
Vielen Dank, Herr Minister, für die Antwort.Würden Sie: „Vielen Dank, lieber Rupert von Plottnitz, dass Sie die Möglichkeit geschaffen haben, Ersatzfreiheitsstrafen nicht zu verbüßen, sondern abzuarbeiten“, hinzufügen?
Ich habe das Gefühl, dass wir an der Stelle eine alte Sache abzuarbeiten haben. Es ist aber eindeutig, dass die letzte dieses Programm untermauernde Verfügung das Datum „24. Januar 1997“ trägt. Nach meiner Erinnerung ist dieser Vorschlag des Justizministers im gesamten Hause auf breiteste Zustimmung getroffen.
Herr Minister, sehen Sie die Chance, dieses erfolgreiche Programm zur Haftvermeidung weiter auszubauen, damit im Justizvollzug noch mehr Kosten eingespart werden können?
Herr Kollege Gerling, wir versuchen immer, dieses Programm weiter auszubauen. Es kommt dann aber zu einem Konflikt mit anderen Programmen. Da einige Kollegen aus diesem Hause in den vergangenen Monaten die Äußerungen meines Justizministerkollegen Prof. Goll aus Baden-Württemberg zum Thema Fußfessel zum Anlass genommen haben, den Einsatz dieses Mittels auch in diesem Bereich zu fordern, will ich darauf hinweisen, dass ich der festen Überzeugung bin, es ist sinnvoller, das Programm „Schwitzen statt Sitzen“ durchzuführen und nur im äußersten Fall zur Fußfessel zu greifen.
Damit die Anmerkung des Kollegen Wagner nicht im Raum stehen bleibt: Ich habe Herrn Kollegen von Plottnitz – wie alle anderen amtierenden und ehemaligen Justizminister – in der vergangenen Woche in das Justizministerium eingeladen. Leider konnte er nicht kommen.
Wie viele Ausnahmegenehmigungen von den geltenden Lkw-Fahrverboten hat das Regierungspräsidium Kassel im Landkreis Hersfeld-Rotenburg für das Jahr 2009 erteilt?
Herr Kollege Warnecke, im Jahre 2009 wurden für zehn Unternehmen insgesamt 283 fahrzeugbezogene Einzelausnahmegenehmigungen für die B 27 erteilt. Darüber hinaus wurden noch zwölf personenbezogene Ausnahmen erteilt, und zwar für Fahrer, die ihren Wohnsitz innerhalb des gesperrten Bereichs haben. Ein Großteil der Genehmigungen bezieht sich – das ist nachvollziehbar – nicht nur auf die B 27, sondern auch auf die B 7 und die B 400.
Wie entwickelt sich anlässlich des 30-jährigen Bestehens die Stiftung „Resozialisierungsfonds für Straffällige“?
Auch diese Einrichtung – die ebenfalls von einem Justizminister in Hessen erfunden worden ist – entwickelt sich gut. Die Stiftung „Resozialisierungsfonds für Straffällige“ wurde 1979 als rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts durch den damaligen Justizminister Dr. Herbert Günther gegründet und vom Land Hessen mit einem Stiftungskapital ausgestattet. Die Tatsache, dass Straffälligkeit und Verschuldung häufig in einer Wechselwirkung stehen und hohe Schulden oft genug der Anlass für neue Straftaten ehemaliger Straftäter sind, sowie die Erkenntnis, dass hier eine Lücke auf dem Weg der Wiedereingliederung zu schließen ist, waren die Grundüberlegungen, welche zur Gründung der Stiftung „Resozialisierungsfonds für Straffällige“ in Hessen geführt haben.
Die Stiftung vergibt Darlehen für ehemals Straffällige aus Hessen zur Schuldensanierung sowie zur Finanzierung von Schadensersatz- oder Schmerzensgeldleistungen. Die Darlehen können bis zu festgelegten Obergrenzen von 3.000 bzw. 8.000 c vergeben werden, wenn von Gläubigerseite die Bereitschaft besteht, im Wege eines Vergleichs auf einen erheblichen Teil der jeweiligen Forderungen zu verzichten. Der vereinbarte Vergleichsbetrag wird von der Stiftung direkt an den oder an die Gläubiger ausgezahlt. Der Schuldner zahlt ihn im Rahmen der jeweils vereinbarten Monatsraten an die Stiftung zurück.
Nach § 2 Abs.2 der Satzung können nur solche Straffällige begünstigt werden, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie in Zukunft ein Leben ohne Straftaten führen und das Darlehen in angemessener Zeit zurückzahlen werden. Seit Bestehen der Stiftung, also vom Jahr 1979 an bis Ende 2008, wurde in 1.845 Fällen ein Darlehen oder eine Bürgschaft mit einem Gesamtvolumen von rund 4,5 Millionen c gewährt. Damit konnten Schulden in Höhe von 17,3 Millionen c bereinigt werden.
Die Vergleichsquote lag im gesamten Zeitraum bei durchschnittlich 27 %, im Berichtsjahr 2008 sogar nur bei 19 %.
Bei der Begleichung von Opferansprüchen persönlich Geschädigter finden sich dort auch Quoten von 100 %. Das heißt, die Stiftung ist in der Lage, in jedem Einzelfall personenenbezogene Verhandlungen mit dem jeweiligen Gläubiger oder mit den jeweiligen Gläubigern zu führen und dann einen hohen Erlass zu erreichen,wie man an der Vergleichsquote von „nur“ 19 % sieht.
Die bisherigen Fallzahlen im Jahr 2009 geben Anlass zu der Vermutung, dass das Geschäftsaufkommen sozusagen weiter expandiert. Zum Stichtag 1. Dezember 2009 waren 149 abgeschlossene Sanierungsfälle zu verzeichnen. Mit Darlehen in Höhe von insgesamt 225.000 c konnten in diesem Jahr bereits Schulden von knapp 1,2 Millionen c ausgeglichen werden. Die Vergleichsquote liegt bei 19,3 % im Durchschnitt.
Die Zahlungsmoral der Darlehensnehmerinnen und -nehmer kann als gut eingestuft werden. Arbeitsplatzverlust, Krankheit und Verrentung sowie in seltenen Fällen auch Drogenrückfälligkeit oder eine erneute Inhaftierung sind der Hintergrund dafür, dass Zahlungen ins Stocken geraten. Dennoch bestätigt sich bei dem weitaus überwiegenden Teil der Darlehensnehmerinnen und -nehmer die Prognose einer hohen Rückzahlungsbereitschaft trotz eines häufig niedrigen Einkommensniveaus.
Der Abbau der Verschuldung ist ein wichtiger Faktor auf dem Weg der Resozialisierung. Die Stiftung fördert somit auch die Integration der Betroffenen in den Arbeitsmarkt und den Ausstieg aus dem Bezug von Arbeitslosen- bzw. Sozialhilfe.Dies kommt letztlich der gesamten Familie zugute. Andererseits trägt die Stiftung dazu bei, dass die Gläubiger zumindest einen Teil ihrer Forderungen realisieren können.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass die Stiftung den Opfern von Straftaten dazu verhilft, Schmerzensgeld in voller Höhe zu erhalten. Da wird dann nicht verhandelt; es wird auch kein Vergleich angestrebt.
Lassen Sie mich darüber hinaus darauf hinweisen, dass diese Stiftung davon lebt, dass es eine Vielzahl von Personen gibt,die all dies ehrenamtlich – nebenbei – für die Gesellschaft leisten.
Herr Minister, Sie haben sich gerade sehr lobend über zwei Einrichtungen geäußert, die zum einen der Inhaftierungsvermeidung und zum anderen der Reintegration Straffälliger in das gesellschaftliche Leben dienen. Wie kommt es dann, dass in Ihrem Entwurf für ein Gesetz über den Strafvollzug genau diese Maßnahmen am allerwenigsten Berücksichtigung finden und der geschlossene Vollzug wieder Vorrang hat?
Frau Kollegin Schott, ich glaube, wir sollten die Lektüre des Gesetzentwurfs der Landesregierung noch etwas ausdehnen. Dann würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass es sowohl in den Entwürfen für Gesetze zum Strafvollzug und zur U-Haft als auch in dem vor über zwei Jahren verabschiedeten Gesetz zum Jugendstrafvollzug eine Gleichstellung des Resozialisierungsgedankens mit dem Aspekt der Sicherheit der Bevölkerung gibt.