Ich sage im Einklang mit diesem Beschluss: Die Baustelle Länderfinanzausgleich sollte mit Vernunft und nicht mit Schaum vor dem Mund – wie beim Kollegen Rentsch – gemeistert werden. Dasselbe wäre bei der Gestaltung des Haushalts 2011 das richtige Verfahren. Herr Finanzminister, stoppen Sie deshalb diese gelbe Rasselbubenbande mit ihrem häufig unerträglichen Geplärr.
Wir GRÜNEN werden jedenfalls auch in der diesjährigen Haushaltsdebatte wieder mit kritisch-konstruktiven Vorschlägen aufwarten und sind sehr gespannt, ob das Angebot des neuen Ministerpräsidenten auf Konsensorientierung auch in der Haushaltspolitik wenigstens ein klein wenig Geltung bekommt. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Bevor ich jetzt Herrn Kollegen Rentsch das Wort für eine Kurzintervention erteile, möchte ich auf der Besuchertribüne ganz herzlich Herrn Allen W. Batschelet, General der USArmy, und seine Gattin bei uns im Hause willkommen heißen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Kaufmann, es war nicht anders zu erwarten, dass der neue Stil, der von Ihrem Fraktionsvorsitzenden und von Ihrem parlamentarischen Geschäftsführer bis jetzt glaubwürdig vertreten wurde, von Ihnen wie von einem Elefanten im Porzellanladen wieder eingerissen werden würde. Das haben wir gestern prophezeit, und ich bedauere es sehr, dass die Haltbarkeit grüner Versprechen im Landtag noch nicht einmal einen halben Tag beträgt.
Herr Kollege Kaufmann, in dieser Frage sollte mittlerweile allgemein bekannt sein, was ich in Wirklichkeit gesagt habe. Ich habe dem Kollegen Kurt Beck, dem Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz, ein politisch parasitäres Verhalten vorgeworfen; denn Bundesländer, die immer nur auf Kosten anderer Bundesländer leben, verhalten sich eben genau so, lieber Herr Kollege Kaufmann.
Ich würde mir von Ihnen und auch vom Kollegen SchäferGümbel wirklich wünschen, dass Sie gemeinsam mit uns genauso offensiv gegen diese Ungerechtigkeit kämpfen, wie Sie sonst gerne andere Ungerechtigkeiten in dieser Gesellschaft moralingesäuert anprangern. Lieber Herr Kaufmann, es wäre prima, wenn Sie Ihre Energie für die hessischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einsetzen würden,statt sich mit dem Kollegen in Rheinland-Pfalz zu verbrüdern.
Das wäre prima. Das wäre ein Zeichen der Solidarität mit den Hessinnen und Hessen. Die Hessinnen und Hessen haben aber heute gelernt, dass sie von Ihnen nichts zu erwarten haben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erster Punkt.Verehrter Kollege Rentsch,zwei Minuten Redezeit ermöglichen es nicht, die historische Entwicklung der Festlegungen im Länderfinanzausgleich zu erörtern.Aber eines ist klar: Ihre Partei war damals an der Hessischen Landesregierung beteiligt. Ich erinnere mich noch gut daran, dass es von Ihnen durchaus Zustimmung gab, als Herr Koch und Herr Weimar damals hier den „Wiesbadener Kompromiss“ als das Alleinseligmachende propagiert haben. Sie sollten sich also ein bisschen an die Historie erinnern.
Zweiter Punkt. Man darf in der Tat nicht gleichzeitig für Unsinn Geld ausgeben – das hat er den Kommunen vorgehalten, so, wie ich ihn verstanden habe – und den Konsolidierungskurs verlassen. Ich kann nur sagen: Es wäre viel besser für den hessischen Steuerzahler, wenn Sie z. B. endlich auf das Irrsinnsprojekt Kassel-Calden verzichten und dieses Geld stattdessen dem Schuldenabbau zukommen lassen würden.
Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Nun hat Herr Kollege van Ooyen für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren! Herr Rentsch,was den Länderfinanzausgleich angeht,will ich hinzufügen, dass wir uns einmal überlegen sollten, ob wir nicht davon profitieren, dass wir hier vor allem Menschen aus dem Osten beschäftigen, die dort ausgebildet und qualifiziert worden sind. Ihr Parteivorsitzender hat das dahin gehend verlängert, dass wir uns im Grunde genommen die intellektuellen Kapazitäten aus der Dritten Welt herbeischaffen sollten, indem wir Leute holen, die dort gelernt haben und ausgebildet wurden. Wir als Vermarkter werden sie im Grunde genommen als Produktivkräfte einsetzen.
Von daher ist die Frage, wie das Ausbeutungsverhältnis real aussieht,nicht beantwortet.Ich will nachher noch einmal darauf eingehen.
Für uns ist der vorgelegte Haushaltsplanentwurf die in Zahlen ausgedrückte Fortsetzung der bisherigen, gescheiterten hessischen Landespolitik: sozial ungerecht, politisch arrogant und rückwärtsgewandt. Die Regierungsparteien beweisen damit wiederum, dass sie für die Ängste der Menschen vor Armut, Krankheit und Arbeitsplatzverlust keinerlei Verständnis haben.
Es gibt genügend Beispiele dafür, dass der Wille der Bevölkerung in Ihrer Politik nur eine untergeordnete Rolle spielt. Sie können beispielsweise nach Stuttgart schauen
oder auch den unsinnigen Kompromiss interpretieren,der jetzt in Sachen Atom eingegangen worden ist. Allein durch diesen „Kompromiss“ – durch das Bedienen der Interessen der Atomkonzerne – werden den Ländern und den Kommunen 700 Millionen c an Einnahmen aus der Körperschaftsteuer fehlen. Sie sollten sich aber überlegen, was es heißt, eine solche Beschlusslage positiv zu würdigen, so, wie Sie das durch das Beschließen Ihres Antrags nachher vorhaben.
Der Entwurf für den Landeshaushaltsplan ist zudem mit der Wirklichkeit in diesem Land nicht in Einklang zu bringen. Sie streichen und kürzen Haushaltsmittel, die für die Zukunft – für die erforderlichen Investitionen in die Bildung, die Gesundheit, die Ökologie und den öffentlichen Personennahverkehr – notwendig wären. Damit tragen Sie Verantwortung dafür, dass unser Land reformunfähig wird und weiterhin rückständig bleibt.
Geld ist genug da; das wissen Sie. Es wurde teilweise verschenkt. Wollen Sie etwa vergessen machen, dass das Land Hessen durch die Steuersenkungen des letzten Jahrzehnts, die Sie zu verantworten haben – Unionsparteien und FDP, leider auch SPD und die GRÜNEN –, etwa 10 Milliarden c verloren hat? Daran werden wir immer wieder erinnern.
Interessanterweise hat gestern auf einer Aktionskonferenz zur Vorbereitung des heißen Herbstes der Vorsitzende von ver.di die Situation in Deutschland sehr konkret zusammengefasst. Er hat gesagt, Deutschland sei inzwischen eine Steueroase für Vermögende geworden. Es ist kein Ruhmesblatt für Sie, dass Sie wieder einen Haushaltsplanentwurf mit einer erheblichen Nettoneuverschuldung – diesmal von 2,7 Milliarden c – aufstellen und zugleich von einem Schuldenverbot reden. Wenn die notorischen Schuldenmacher von einem Schuldenabbau reden, ist äußerste Vorsicht geboten.
Die Hessische Landesregierung hat sich in den letzten Jahren im Bundesrat immer wieder daran beteiligt, Steuersenkungen in Milliardenhöhe zu erreichen. Die sogenannten Leistungsträger seien zu entlasten, hören wir. Sie meinen damit die Reichen, die ohnehin kaum Steuern zahlen und vorwiegend an der Börse tätig werden.Aus unserer Sicht sind Leistungsträger diejenigen, die Werte schaffen,die Realwirtschaft am Laufen halten und für Bildung und Ausbildung sorgen. Diese wollen wir entlasten.
Finanzieren will die neoliberale Koalition im Bund die Geschenke an Reiche, Unternehmen und Spekulanten jetzt mit einem gigantischen Sparprogramm. Der Rhythmus Ihrer Politik ist immer der gleiche: Erst werden die Steuern gesenkt, um Reiche und Unternehmer zu entlasten und so die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Anschließend wird festgestellt, dass die Einnahmen des Staates sinken. Gleichzeitig erzielen die Unternehmen immer höhere Gewinne, ohne massenhaft Beschäftigung aufzubauen. Die Einkommen aus der Arbeit stagnieren. Die Deutsche Bank erzielt über 6,5 Milliarden c Gewinn.
Nun ist es wieder so weit. Der Zyklus neoliberaler Politik tritt in seine letzte Phase ein.Auf Steuersenkungen folgen Sozialabbau und Kürzungen im öffentlichen Dienst sowie
Die große Finanz- und Wirtschaftskrise hätte beinahe zu der Einsicht geführt, dass es so nicht weitergehen kann. Die Not war so groß, dass sich die Landes- und die Bundesregierung zu einem Tabubruch entschlossen haben. Sie legten kurzfristig Konjunkturprogramme auf, allerdings nur, um die Unternehmen und die Banken weiter zu stützen.
Die Konjunkturprogramme von Bund und Land waren zu klein, und vor allem wurde das Geld in Beton statt in Köpfe gesteckt. Sie haben aber bewiesen, was Sie immer geleugnet haben, nämlich dass die staatliche Konjunkturprogrammpolitik funktioniert.
(Beifall bei der LINKEN – Gottfried Milde (Gries- heim) (CDU): Das ist doch nicht wahr! Wir haben Schulen gebaut! Wir haben in die Köpfe investiert!)
Nicht in die Köpfe haben Sie investiert, sondern Sie haben das Geld in Beton gegossen. Sie hätten Lehrer einstellen müssen. Langfristig sorgt man für Bildung mit Menschen, die ausgebildet sind und als Lehrer tätig werden.
(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Erst einmal müssen die Schulen gebaut werden! Dann müssen die Lehrer hinein!)
Sie hätten diese eigentlich konjunkturellen Maßnahmen früher als Teufelswerk bezeichnet, nämlich als Eingreifen des Staats in die Wirtschaft.
Dass dies so ist, wussten wir, anders als die Landesregierung, schon 2008 und forderten von Ihnen, antizyklisch zu reagieren, die Massenkaufkraft zu stärken und außerdem Einkommen und Vermögen endlich wieder von oben nach unten umzuverteilen. Schon in den parlamentarischen Beratungen haben wir davor gewarnt,das Geld auszugeben, ohne dabei politische Prioritäten zu setzen, z. B. für den Ausbau der Ganztagsbetreuung an Schulen, für die Förderung erneuerbarer Energien oder für eine angemessene Personalausstattung des öffentlichen Dienstes. Wir verlangten durchdachte Konzepte.
Dennoch dürfte jetzt endgültig bewiesen sein, dass Konjunkturprogramme und expansive Geldwirtschaft in der gegenwärtigen Situation vor allem stabilisierend wirken und nicht die Inflation befördern. Der aktuelle Anstieg der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr beträgt etwa 1 %. Die aktive Konjunkturpolitik abzubrechen ist der Rückfall in die ideologische Mottenkiste des neoliberalen Gruselkabinetts und wird uns nächstes Jahr ein langsameres Wachstum bescheren und die Krise verlängern.
Die wirtschaftliche Lage stellt sich im Moment dramatisch dar. Der Bundesbankchef Axel Weber und der Vorsitzende des DGB, Michael Sommer, stimmen darin überein, dass wir nicht im ersten Jahr nach der Krise, sondern im dritten Krisenjahr sind.
Dass die Regierungskoalition dem DGB und seinen Einschätzungen keine besondere Beachtung schenkt, haben wir mittlerweile zur Kenntnis genommen.Aber,Herr Kollege Noll, dass Sie den Rat des Bundesbankchefs ignorieren und so tun, als ob die Krise überstanden wäre, über
rascht mich schon. Ich glaube nicht, dass das ein Ausdruck Ihrer Unabhängigkeit ist, sondern vielmehr ein Ausdruck Ihrer Beratungsresistenz.