Herr Kollege Landau, wir haben Kenntnis davon, dass Banken trotz erhöhter Haftungsfreistellung in Einzelfällen nicht bereit sind, Antragstellungen aus dem KfWSonderprogramm vorzunehmen. Die KfW bietet Haftungsfreistellungen in Höhe von bis zu 90 % bei Investitions- und in Höhe von 60 % bei Betriebsmittelfinanzierungen an.Es ist erkennbar,dass insbesondere bei den Betriebsmittelkrediten, also bei der 60-prozentigen Finanzierung, auch ein verbleibendes Eigenrisikokapital der Kreditinstitute in Höhe von 40 % dazu führen kann, dass Finanzierungsanfragen von Unternehmen derzeit aus Risikogründen abgelehnt werden. In der gegenwärtigen Krise fragen viele Unternehmen Betriebsmittelkredite als akute Liquiditätshilfe nach. Selbst bei hohen Haftungsfreistellungen bedeutet eine Neukreditgewährung für die Hausbank logischerweise eine Ausweitung des Gesamtengagements, also in der Regel eine Risikoerhöhung.Vor diesem Hintergrund, und weil dies so ist, bietet die Hessische Landesregierung in ihrem aktuellen Sonderprogramm Betriebsmittelbürgschaften mit einer erhöhten Absicherungsquote von 80 % an.Im Übrigen ist dies auch ein ständiger Gesprächsgegenstand mit den Sparkassen und anderen Kreditinstituten, um hier nach Lösungen zu suchen und derartige Klagen entbehrlich werden zu lassen.
Welche Haltung nimmt sie gegenüber der Tatsache ein, dass gleichzeitig zwei konkurrierende nordhessische Gruppierungen jeweils einen eigenen Schutzantrag für den Begriff „Ahle Wurscht“ beim Bundesamt für Patent- und Markenrechte in München gestellt haben?
Herr Kollege Häusling, aufgrund der Erfahrung in der Vergangenheit ist damit zu rechnen, dass ein Bezeichnungsschutz als geschützte geografische Angabe und Ursprungsbezeichnung einmal für das gleiche Produkt in der gleichen Region vergeben wird. Dass sich zwei Organisationen für den Schutz der „Ahlen Wurscht“ einsetzen, zeigt dem Bundesamt hoffentlich, wie wichtig und schützenswert die „Ahle Wurscht“ ist. Zugleich geht die Landesregierung aber auch davon aus, dass sich die beiden Gruppierungen, die für das nordhessische Produkt „Ahle Wurscht“ einen Schutz beantragt haben, zum Schluss auf eine einvernehmliche Lösung verständigen werden.
Wir sind uns ja einig, dass es nur eine „Ahle Wurscht“ geben kann. Wie erklärt sich aber dann die Landesregierung, dass die Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“ beide Anträge unterstützt?
Herr Kollege Häusling, ich habe versucht, Ihnen deutlich zu machen, dass es grundsätzlich erst einmal gut ist, dass dem Bundesamt vorgetragen wird, wie wichtig und schützenswert die „Ahle Wurscht“ ist,dass wir aber gleichzeitig davon ausgehen, dass sich die beiden Gruppierungen noch auf eine einvernehmliche Lösung verständigen werden.
Herr Kollege Häusling, ich finde das Thema, ehrlich gesagt, zu ernst, um jetzt deutlich zu machen, dass wir sie selbstverständlich alle gern essen.Ansonsten unterstützen wir die Initiativen, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.
Alles klar? Meine Damen und Herren, ich danke für die Demonstration der Einheitlichkeit zugunsten der „Ahlen Wurscht“.
Inwieweit hält der hessische Innenminister die Präventivarbeit gegen rechte Gedanken und Gewalt unter Jugendlichen angesichts sich häufender gravierender Gewalttaten und angesichts der alarmierenden Ergebnisse einer aktuell vorgelegten Studie zu Jugendgewalt für erfolgreich?
Herr Abgeordneter, die Landesregierung hält die Präventionsarbeit in Hessen für sehr erfolgreich. Das gilt sowohl für die Arbeit staatlicher Stellen als auch, was mir besonders wichtig ist, für eine ganze Reihe privater Initiativen. Die Arbeit erfolgt durch eine Vielzahl von Programmen und Initiativen. Ich darf einmal beispielhaft das Programm „Informations- und Kompetenzzentrum Ausstiegshilfe Rechtsextremismus“ in Hessen, das berühmte IKARus, nennen. Ausstiegswillige, die die rechtsextreme Szene verlassen wollen, werden in Hessen sehr intensiv betreut, mit beachtlichem Erfolg.
Wir haben das Beratungsnetzwerk Hessen – Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus. Dazu gehören zahlreiche Organisationen und freie Träger, öffentliche Träger. Diese Initiative berät und unterstützt Kommunen, Schulen, aber auch Eltern in dem angesprochenen Sinn. Mir ist wichtig, auch einmal auf die Präventionsarbeit hinzuweisen, die durch Dritte geleistet wird, hier insbesondere im Sport: die Arbeit durch den Landessportbund, die Sportjugend, die sich da sehr engagiert, aber auch des Hessischen Fußballverbandes und des Fußballbundes.
Wenn man das alles zusammennimmt und sich anschaut, wie die Situation in Hessen ist, dann können wir festhalten, dass wir bereits im Jahr 2007 im Vergleich zu allen anderen Bundesländern die wenigsten rechtsextremen Gewalttaten pro Einwohner hatten.
Im Jahr 2008 ist bei uns in Hessen noch einmal ein Rückgang erfolgt. Insbesondere bei den Gewaltdelikten haben wir im Vergleich von 2007 zu 2008 nochmals einen Rückgang um 12,1 % zu verzeichnen. Dieser Rückgang ist aus meiner Sicht auch auf die konsequente Intervention der Polizei und des Verfassungsschutzes zurückzuführen.
Vorhin hatten wir in einem anderen Zusammenhang die Frage: „Wie wirksam und messbar ist Prävention?“ Das kann man nicht allein in Statistiken abbilden. Ich bin aber davon überzeugt, dass diese breite präventive Arbeit positive Früchte trägt. Sie ist aus meiner Sicht alternativlos; denn auch wenn wir in diesem Bereich die besten Zahlen haben, werden wir das nicht zum Anlass nehmen, uns zurückzulehnen. Jeder einzelne Vorfall ist einer zu viel.
Was die Frage – so, wie Sie es formuliert haben – rechtsextremistischer Gedanken angeht, gilt der alte Satz: „Die Gedanken sind frei.“ Sie sind weder polizeirechtlich noch sonst wie zu beanstanden.
Das ist auch richtig und gut so. Das ist aber eine gute Gelegenheit, überzuleiten: Extremismusbekämpfung beginnt sozusagen zunächst einmal im Kopf. Deshalb muss man breiteste Ansätze wählen. Das tun wir, teilweise sogar bereits mit Programmen in Kindergärten, aber vor allem – darauf will ich noch einmal hinweisen – auch in den Schulen. Ihnen ist sicher geläufig, oder Sie haben von dem Programm gehört, das mit Filmen,Videos und Ähnlichem arbeitet: „Wölfe im Schafspelz“. Das ist ein Programm, das ich für außerordentlich sinnvoll halte.
Wenn Sie das alles zusammennehmen, ist Hessen gut aufgestellt. Gleichwohl: Jeder Vorgang muss für uns Veranlassung sein, in dieser Arbeit nicht nachzulassen.
Herr Minister, halten Sie einen Zusammenhang zwischen rechtem Gedankengut und dem Gewaltpotenzial unter hessischen Jugendlichen mit Aussagen zur Jugendkriminalität ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger für ausgeschlossen?
Nein, das halte ich nicht für ausgeschlossen. Ich glaube, das kann man intellektuell seriös auch nicht ausschließen. Aber ich will die Gelegenheit wahrnehmen,auf Folgendes hinzuweisen: Rechtes Gedankengut kann man haben, nicht nur weil nach dem alten Lied,das wir wahrscheinlich gemeinsam hochhalten, die Gedanken frei sind. Es geht nicht um rechtes Gedankengut, sondern um Rechtsextremismus, genauso wie es nicht um linkes Gedankengut geht, sondern um Linksextremismus. Wenn Menschen eine linke politische Position haben, dann ist das nicht meine Position. Aber das ist genauso zu akzeptieren, wie wenn jemand eine im klassischen parteipolitischen Sinn rechte Position hat. Das ist zulässig.
Wenn wir in der Sprache nicht verludern oder sozusagen einen sprachlichen Einstieg quer bis in die Mitte vornehmen wollen, empfehle ich uns gemeinsam, immer sauber zu formulieren.Es kann nie staatliche Aufgabe sein,gegen rechts oder gegen links anzutreten, sondern staatliche Aufgabe muss immer sein, gegen Extreme, welcher Art auch immer, anzutreten. Dies ist und bleibt eine unserer wichtigsten und vornehmsten Aufgaben.
Herr Minister,weil Sie das Beispiel Linksextremismus angesprochen haben – das kommt in der Diskussion von Ihrer Seite öfter vor –: Könnten Sie diesem Haus ein aktuel
Das kann ich Ihnen nennen.Wir haben z. B. bei erlaubten Demonstrationen immer wieder Gewalttäter dabei, die entweder unter dem Stichwort Autonome oder unter anderen Stichworten firmieren. Dort handelt es sich um Linksextremismus. Das haben wir nahezu jede Woche. Wir haben auch Anschläge, z. B. auf Kraftfahrzeuge, aber teilweise auch auf Gebäude. In Berlin ist das Standard. Fast jede Nacht werden dort Autos abgefackelt. Bei allen Ermittlungsbehörden ist es völlig unstreitig, dass das dem Bereich des Linksextremismus zuzuordnen ist. Teilweise passiert so etwas in Hamburg.Vor Kurzem hatten wir eine Situation, die uns sorgt, weil z. B. vor dem Privathaus des Leiters des Ausbauwesens am Frankfurter Flughafen auf dessen Auto ein Brandanschlag verübt wurde.Nach allem, was wir wissen, gehört dies genau in diese Ecke.
Herr Minister, Sie haben eben Ihren Redebeitrag so geführt, dass es den Eindruck erweckt hat, dass, wenn Autos beschädigt, abgefackelt oder dergleichen werden, es sich immer um linksextreme Straftaten handelt.
Wenn das Fahrzeug eines Antifa-Aktivisten oder mein Auto beschädigt,demoliert,mit Eiern beworfen wird oder dessen Reifen platt gestochen werden, gehen Sie dann auch davon aus, dass es sich um linksextreme Straftaten handelt?