Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, mit denen wir vorgestern in Wiesbaden für eine angemessene Bezahlung protestiert haben, werden das als Erste zu spüren bekommen. Ihre Lebensarbeitszeit wird weiter verlängert, während Stellen gestrichen und die Bezahlung verschlechtert werde. Auch bei den Bürgern wird die Schuldenbremse ankommen, wenn die öffentliche Infrastruktur verrottet und gleichzeitig Gebühren steigen.
Mehr Geld für weniger handlungsfähigen Staat und damit weniger Netto vom Brutto, das ist die Schuldenbremse, die Sie einführen wollen.
Das Abstruse dabei ist, dass es Ihnen eigentlich gar nicht um die Senkung der Schulden geht. Das hätten Sie schon längst angehen können, indem Sie die Vermögensteuer
Vielmehr werden die Schulden weiter steigen, wenn Kommunen gezwungen werden, statt selbst zu investieren, teure PPP-Projekte zu fahren. Weil Sie uns gerne vorhalten, dass die Gegner der Schuldenbremse nur weiter Schulden machen wollen, muss ich Ihnen noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass diese Schuldenbremse auch finanzpolitischer Unsinn ist. Jeder Unternehmer weiß: Langfristige Investitionen sollen langfristig investiert werden, kurzfristige Investitionen sollen kurzfristig investiert werden.
Jemand der sich ein Haus bauen will, spart doch nicht bis zum 67. Lebensjahr eisern, um dann mit 70 einzuziehen, nur um keine Schulden zu haben. Das ist doch ein Irrsinn. Genau das bedeutet aber die Schuldenbremse für den Staat.
Wir sind für eine nachhaltige Finanzpolitik und deswegen gegen die Schuldenbremse. Sie wird das nicht lösen, was der Staat sich schon jetzt wegen chronischer Unterfinanzierung zu wenig geleistet hat.
Weil Sie wissen, dass niemand den Steuersenkern der Nation einfach glauben wird, dass sie nachhaltig wirtschaften, haben Sie vor der Volksabstimmung am 27. März eine Bedienungsanleitung für die Wählerinnen und Wähler versenden lassen.
Im Bündnis mit den Gewerkschaften und sozialen Initiativen werden wir bis zum 27. März gegen Ihre Schuldenbremse ankämpfen. Ich gehe davon aus, dass die Menschen in diesem Land die Schuldenbremse ablehnen werden. „Nein zur Schuldenbremse“ wird jedenfalls unsere Parole sein.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin für diese Debatte dankbar, weil sie die Möglichkeit bietet, noch einmal ein paar Dinge zu erklären. Das Erste, was ich voranstellen will, ist, dass Schulden keine Lösung sind, weder für die Finanzierung der Bildungsfragen noch für die soziale Gerechtigkeit.
Frau Kollege Wissler, die Rede ist nicht auf Zwischenklatschen angelegt. Mir geht der Populismus von Teilen Ihrer Fraktion, aber auch von anderen Teilen des Hauses auf den Zeiger; das ist bei diesem Thema ziemlich unangemessen.
Das, was wir als Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung abstimmen, ist ein klares Plädoyer für handlungsfähige Politik. Handlungsfähige Politik heißt im konkreten Fall, dass wir in der Landespolitik ausgehend von den Finanzierungsbedarfen beispielsweise für die Themen Bildung, Sozialstaat, Sicherheit und Infrastruktur die notwendigen Einnahmen benötigen.
Deswegen haben wir mit dem vorgelegten Kompromiss und gemeinsamen Gesetzentwurf nach langen und schwierigen Gesprächen eine Balance auf der Ebene eines Verfassungstextes formuliert, die genau dieses Spannungsverhältnis beschreibt. Es ist keine Lösung, über zusätzliche Verschuldung diese Aufgaben, die Mehraufwendungen bedürfen, zu lösen. Wir werden nicht umhin kommen – das wird der Teil sein, der auf der Seite des Hauses schmerzlich zu bearbeiten sein wird –, auch über Mehreinnahmen zu reden.
Es gibt ein paar, die zurzeit öffentlich erklären, wir könnten das strukturelle Haushaltsdefizit von etwa 2,3 Milliarden € über Einsparungen lösen. Das geht, wenn man von heute auf morgen die Hälfte aller Lehrerinnen und Lehrer und die Hälfte aller Erzieherinnen und Erzieher rausschmeißen würde. Dann könnte man ungefähr die Bruttolohnsumme von 2,3 Millionen € sparen. – So, wie ich das formuliere, ist das Unfug.
Herr Beuth, das weiß ich, es geht um die Beschreibung des Größenverhältnisses. Herr Beuth, weil das nicht geht, werden auch Sie sich mit der Frage der Mehreinnahmen für öffentliche Haushalte auseinandersetzen müssen.
Sie können sich in den nächsten Jahren nicht immer hinstellen, auch wenn Sie das mit Ihrer Haushaltsstrukturreform schon so anlegen, und sich bei den Kommunen bedienen, wenn Sie Schwierigkeiten auf der Landesebene haben.
Herr Beuth, Sie werden sich mit diesen Fragen beschäftigen müssen. Deswegen ist das, was wir mit dem Verfassungstext vorgelegt haben, ein außerordentlich kluger Kompromiss. Er beschreibt genau die Balance zwischen notwendigen Einnahmen für öffentliche Aufgaben auf der einen Seite und der Notwendigkeit, über die Einsparungen und Effizienzsteigerungen zu reden, auf der anderen Seite.
Genau an diesen Themen mogeln sich auf der einen Seite die Linkspartei und auf der anderen Seite Schwarz-Gelb konsequent vorbei,
weil sie aus ideologischen Gründen die Ausgabenseite scheuen wie der Teufel das Weihwasser und weil die Seite
Es muss klar sein, genau diese Frage entscheiden wir nicht auf der Ebene eines Verfassungstextes. Auf der Ebene des Verfassungstextes entscheiden wir die abstrakten Normen. Diese abstrakte Norm haben wir austariert. Die Frage, in welcher Form der Politik das anschließend gemacht wird, entscheiden – darauf haben alle aus sehr unterschiedlichen Gründen hingewiesen – anschließend die politischen Verhältnisse im Landtag. Das werden wir bei den nächsten Wahlen auch ins Zentrum der Auseinandersetzung stellen.
Diese Seite des Hauses, das hat der Haushaltsaufstellungserlass gezeigt, braucht keine Verfassungsänderung mit dem Stichwort Schuldenbremse, um eine Politik des Sozial- und Bildungsabbaus zu machen. Die werden Sie machen, egal, ob das in der Verfassung steht oder nicht. Wir haben mit dem Kompromiss erreicht, dass die Verfassung genau für eine solche Politik nicht mehr missbraucht werden kann. Das ist der entscheidende Durchbruch bei der Verfassungsänderung.
Der zweite Punkt, der in den Gesprächen erreicht werden konnte und der in dem Ursprungstext von Schwarz-Gelb nicht stand, ist die zusätzliche Absicherung der kommunalen Familie vor zusätzlichen Eingriffen des Landes. Ich bin bei den Erfahrungen der vergangenen Monate nicht sicher, ob Sie sich in diesem Punkt an die Verfassung halten werden. Aber dass wir erst einmal gesagt haben, dass die notwendige Finanzierung der Städte und Gemeinden erfolgen muss, ist ein guter Durchbruch bei diesem Verfassungskompromiss gewesen. Deswegen stehen wir ausdrücklich dazu. Ich ermutige alle Bürgerinnen und Bürger, bei der anstehenden Volksentscheidung mit einem klaren und deutlichen Ja zu entscheiden, weil es die politische Balance zwischen Einnahmeverantwortung und Ausgabenverantwortung von Landesregierung und Landtag ist. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer-Gümbel. – Nächster Redner ist Herr Kollege Rentsch für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass bei einem so ernsten und wichtigen Thema die Stimmung hier im Hause so gut ist. Aber das zeigt, dass wir bei diesem Thema alle an einem Strang ziehen, jedenfalls was das Grundanliegen angeht.
Meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger, die heute hier im Landtag sind, sind hier und schauen uns zu, weil wir in Hessen ein Gesetz verabschiedet haben, das eine Volksabstimmung in Hessen am 27. März vorbereiten wird, eine Volksabstimmung über den Tatbestand, dass wir in Hessen eine Schuldenbremse bekommen. Diese Schuldenbremse wird dafür Sorge tragen, dass wir ab dem
Viele haben das Gefühl oder den Eindruck, dass dann schon die alten Schulden abbezahlt sind. Das wird so schnell nicht gehen. Dann fangen wir mit den alten Schulden an. Aber wir werden bis zu diesem Datum alles Mögliche tun, damit dieser Haushalt nicht mehr darauf angewiesen ist, sich über neue Schulden zu finanzieren. Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, die den Haushalt beschlossen haben, haben die Grundlage dafür gelegt, dass in Hessen gespart wird.
Neben den wunderbaren Reden von Herrn Schäfer-Gümbel und den GRÜNEN – die Linkspartei nehme ich an dieser Stelle aus – sparen wir realistisch. Wir reden nicht nur darüber, sondern haben in diesem Haushalt 400 Millionen € mehr, mit den Bereichen der Steuerzuwächse deutlich mehr als 800, 900 Millionen €, eingespart. Das sind Summen, über die man nicht nur reden kann; das muss man machen. Das haben wir in verantwortungsvoller Weise in den letzten Monaten getan.
Ich will ausdrücklich Danke sagen, weil jeder der Minister, jedes Ressort, jeder Fachabgeordnete natürlich für seinen Bereich kämpft. Er kämpft dafür, dass man Programme und Maßnahmen aufrechterhält. Aber jetzt ist die Zeit reif, darüber nachzudenken, jedes Programm und jede Ausgabe auf den Prüfstand zu stellen und trotzdem – darum muss es uns gehen – Schwerpunkte zu setzen.