Protokoll der Sitzung vom 20.05.2014

Sowohl die Konjunkturprognose Hessen 2014 des Statistischen Landesamtes, der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern und der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit vom Dezember 2013 als auch die jüngste Vorausschätzung der Helaba von Mitte April 2014 rechnen mit einem mindestens so hohen oder höheren BIP-Wachstum für Hessen als für den Bund.

Wichtig ist mir vor allem, dass es auch eine weitere Erholung auf dem hessischen Arbeitsmarkt gibt. Im Laufe des Jahres dürfte die Beschäftigung laut Konjunkturprognose in Hessen um ca. 0,7 % weiter steigen und die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote um ca. 3 % weiter abnehmen.

Das sind unsere gegenwärtigen Voraussagen. Man wird immer erst wissen, wie ein Jahr gelaufen ist, wenn es wirklich herum ist. Aber in der momentanen Situation sind die Aussichten gut. Das ist wichtig, weil wir natürlich gerade mit Blick auf den Arbeitsmarkt noch eine Verbesserung der Situation wollen.

Zusatzfrage, Herr Kollege Rentsch, bitte schön.

Herr Al-Wazir, ist Ihnen bekannt, wann Hessen in den letzten zehn Jahren unterhalb des Wachstums des Bundes gelegen hat?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Ja, Herr Abg. Rentsch, das ist mir bekannt. Das Statistische Landesamt hat am 28. März die Entwicklung für das Jahr 2013 vorgestellt. Im Jahr 2013 hatte Hessen eine Entwicklung des BIP von plus 0,9 % und hat damit die Wachstumsrate der gesamtdeutschen Wirtschaft übertroffen.

Allerdings hat das Statistische Landesamt zeitgleich auch eine Bereinigung der Jahre 2012 und 2011 gemacht. Das bedeutet, dass Hessen von 2003 bis 2012 jeweils unterdurchschnittliche Wachstumsraten im Vergleich zur Gesamtentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland hatte. 2013 war das erste Jahr, wo es wieder besser als im Bundesdurchschnitt war. Wir hoffen, dass das 2014 und 2015 auch so sein wird.

Frage 56, Herr Abg. Schork.

Ich frage die Landesregierung:

Wie bewertet sie die Entwicklung der hessischen Steuereinnahmen im ersten Quartal 2014?

Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Herr Abg. Schork, im ersten Quartal 2014 wurden im Steuerhaushalt des Landes Einnahmen von gut 4,4 Milliarden € verbucht. Nach Berücksichtigung des Länderfinanzausgleichs verbleiben dem Land Steuereinnahmen von knapp unter 4 Milliarden €. Das entspricht einem Rückgang von 440 Millionen € bzw. 10 % gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres.

Dieses Minus ist vor allem auf zwei größere Sonderfaktoren zurückzuführen. Die Körperschaftsteuer weist wegen des Basiseffektes aufgrund einer außergewöhnlich hohen Körperschaftsteuerzerlegung im Vorjahr ein Minus von 340 Millionen € aus. Außerdem findet die negative Abrechnung von Umsatzsteuerverteilung und Länderfinanzausgleich des Jahres 2013 aufgrund einer im Ländervergleich günstigeren Steuerentwicklung in Hessen ihren Niederschlag. Das heißt, die auf das gute letzte Quartal 2013 entfallenden Zahlungen in den Länderfinanzausgleich werden im Jahr 2014 spitz abgerechnet. Deshalb erfolgt diese Belastung in diesem Jahr.

Mit Blick auf das noch vor uns liegende zweite Halbjahr kann auf der Basis der jüngst veröffentlichten Mai-Steuerschätzung nicht von einer Besserung der Einnahmesituation in diesem Jahr ausgegangen werden. Insbesondere der volatile Verlauf der Körperschaftsteuer macht eine seriöse Finanzplanung ausgesprochen schwierig. Dies ist auf den hohen Dienstleistungsanteil – insbesondere der Bankensek

tor ist hier zu nennen – an der hessischen Wirtschaft zurückzuführen.

Die Steuerschätzer haben unsere eigenen Annahmen, die wir zu Beginn des Jahres zur Grundlage der Planungen für den Nachtragshaushaltsentwurf gemacht haben, weitgehend bestätigt. Wir waren von einem Minus von etwas über 200 Millionen € gegenüber der haushalterischen Veranschlagung ausgegangen. Geschätzt wurde jetzt ein Minus von 191 Millionen €.

Das Fazit der bisherigen Steuereinnahmen – und der voraussichtliche Verlauf für das Jahr 2014 – lautet, wie Sie es von mir vermutlich nicht anders erwarten werden: Spielräume für große Sprünge gibt es nicht.

Wir kommen zu Frage 57, der letzten für heute, weil dann auf der Liste Schluss ist. Frau Kollegin Arnoldt.

Ich frage die Landesregierung:

Wie unterstützt sie Ehrenamtliche in Vereinen im Hinblick auf ihre steuerrechtlichen Pflichten?

Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Frau Abg. Arnoldt, das Steuerrecht für gemeinnützige Vereine ist sehr vielschichtig und zum Teil nicht unkompliziert. Im Hinblick auf die herausragende Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements haben sich sowohl das hessische Finanzministerium als auch die örtlich zuständigen Finanzämter im Rahmen ihrer Möglichkeiten kontinuierlich bemüht, die verantwortlichen Vereinsvertreter bei der Bewältigung der steuerrechtlich erforderlichen Aufgaben zu unterstützen.

In diesem Zusammenhang ist zum einen auf die Informationsveranstaltung „Gemeinnützige Vereine und Steuern“ hinzuweisen. Seit dem Jahr 2001 führt das Finanzministerium gemeinsam mit Vertretern der örtlichen Finanzämter diese Informationsveranstaltung durch. An den bisher hessenweit stattgefundenen über 80 Veranstaltungen nahmen mehr als 40.000 Ehrenamtliche teil. Bei der letzten Veranstaltung in Marburg in der letzten Woche waren es allein 800 in einer Veranstaltung.

Im Rahmen der Veranstaltung werden den Vereinsvertretungen nützliche Hilfestellungen und Tipps gegeben, um ihnen die ehrenamtliche Tätigkeit hinsichtlich des Steuerund Spendenrechts zu erleichtern und die damit verbundenen Aufgaben zu bewältigen. Darüber hinaus haben die Vertreter der jeweiligen Vereine bei den Veranstaltungen die Möglichkeit, die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzämter als Ansprechpartner persönlich kennenzulernen. Sie können dann die einzelnen Probleme und Anliegen vortragen.

Darüber hinaus liegt in der 35. Auflage – das ist schon eine lange Tradition – der Ratgeber „Steuerwegweiser für Gemeinnützige Vereine und für Übungsleiter/-innen“ vor.

Außerdem habe ich kürzlich entschieden, die Abgabefrist für die Steuererklärung zur Aufrechterhaltung der Gemeinnützigkeit für die gemeinnützigen Vereine, die eigentlich im Frühjahr dieses Jahres ablaufen würde, auf den 30. September 2014 zu verlängern, um den ehrenamtlich Tätigen mehr Zeit einzuräumen, die entsprechenden Angaben beim Finanzamt einzureichen.

Frau Kollegin Arnoldt stellt eine Zusatzfrage.

Welche Unterstützung bietet sie den Vereinen und den ehrenamtlich Tätigen bei der Umstellung auf SEPA?

Herr Staatsminister Dr. Schäfer.

Frau Abgeordnete, wir haben im letzten Quartal des vergangenen Jahres, als die Diskussion um SEPA ähnliche Dimensionen wie bei der Einführung der fünfstelligen Postleitzahl bekam, die über die deutsche Gesellschaft in besonderer Weise überraschend schwappte, festgestellt, dass auch viele Ehrenamtliche in den Vereinen wegen der Herausforderung rund um SEPA verunsichert waren. Bevor die Europäische Kommission die entsprechende Frist verlängert hat, haben wir deshalb das Angebot an die Vereine gemacht, den Versuch zu unternehmen, in drei bzw. vier Veranstaltungen in den jeweils örtlich zuständigen Finanzämtern mit Fachleuten der Bundesbank und unseren eigenen Fachleuten die Fragen der ehrenamtlichen Vereinsvertreter zu beantworten.

Ich gehe davon aus, dass die überwiegende Zahl der Vereine ihren Umstieg auf SEPA auch infolge der Verlängerung der Frist nunmehr erfolgreich bewältigen kann. Wir werden die Entwicklung weiterhin beobachten. Sollte weitere Hilfestellung für die Vereine nötig sein, wird sie selbstverständlich erfolgen.

Meine Damen und Herren, wie ich bereits sagte, endet die Fragestunde jetzt mangels Masse.

Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt 2:

Regierungserklärung der Hessischen Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bevollmächtigten des Landes Hessen beim Bund betreffend „Hessen: im Herzen Europas – Europa im Herzen“

Die Redezeit für die Fraktionen wurde auf 30 Minuten festgelegt. Frau Ministerin, das ist Ihre Orientierungshilfe.

Ich darf noch darauf hinweisen, dass die Aussprache in dieser Reihenfolge erfolgt: Nach der Landesregierung kommt die SPD-Fraktion, dann die der GRÜNEN, der LINKEN, der FDP und der CDU.

Ich erteile Frau Europaministerin Lucia Puttrich das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In fünf Tagen ist Europawahl. Wir werden das neue Europäische Parlament wählen. Im Vorfeld der Europawahl wird viel diskutiert und informiert. Die Berichterstattung hinsichtlich der Europawahl verdichtet sich in einem erfreulichen Maße.

Vielleicht geht es Ihnen so ähnlich wie mir. Wenn ich auf Veranstaltungen bin, dann werde ich häufig gefragt: Ist Europa ein Erfolg? Wozu brauchen wir Europa? Was haben insbesondere wir Hessen von Europa?

Um Europa, besser gesagt, die Europäische Union, zu verstehen, müssen wir es immer wieder erklären. Wenn man sich die Entwicklung der Europäischen Union in den vergangenen Jahren ansieht, sehen wir, dass sie größer geworden ist. Das geschah insbesondere vor zehn Jahren durch die Aufnahme der neuen Mitglieder im Rahmen der Osterweiterung.

Wir sehen, dass die Europäische Union größer geworden ist. Wir verbinden damit, dass sie sich im Laufe der Jahre verändert hat. Ich sage: Sie ist größer und vielfältiger geworden. Sie ist wesentlich anspruchsvoller und damit auch komplexer geworden. „Komplexer geworden“ heißt für den einen oder anderen wiederum weniger nachvollziehbar.

Wenn Sie ältere Menschen fragen, was sie von der Europäischen Union halten und was sie insbesondere hervorheben, dann sind es oft diese, die die besondere Friedensleistung der Europäischen Union würdigen. Das sind diejenigen, für die es nicht selbstverständlich ist, dass wir in einer so langen Friedensphase miteinander leben.

Wenn Sie mit jüngeren Menschen reden, ist es für sie wiederum selbstverständlich, in Frieden zu leben. Sie kennen es nicht anders.

Wenn Sie andere Errungenschaften nennen, die wir in der Europäischen Union haben, werden Sie merken, dass das für die jungen Menschen häufig selbstverständlich ist. Das betrifft z. B. die gemeinsame Währung und die offenen Grenzen. Wir haben einen Europäischen Binnenmarkt, der uns herausragende Chancen bietet.

Junge Menschen wissen nicht, wie es ist, durch Europa zu reisen und dabei Grenzen überwinden und in unterschiedliche Währungen umtauschen zu müssen. Deshalb ist auch die Ansprache, die wir bei jüngeren Menschen haben, häufig eine andere. Junge Menschen sehen Europa anders als ältere Menschen.

Ich glaube, das kann man schon in dieser Form formulieren: Die Europäische Union ist mit ihren 28 Staaten ein Meisterwerk.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insbesondere erkennt man, dass es ein Meisterwerk ist, wenn man sich die Geschichte ansieht. Dabei sollte man sich insbesondere unsere Geschichte ansehen.

Wir blicken in diesem Jahr auf den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren zurück. Wir blicken auf den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren zurück. Es ist alles andere als selbstverständlich, sondern es ist hart