Protokoll der Sitzung vom 11.09.2018

Das Rettungsdienstgesetz ist bis Ende des Jahres befristet und muss novelliert werden. Hierzu haben CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Gesetzentwurf vorgelegt. Das Rettungsdienstgesetz und der Rettungsdienst unterliegen einer Dynamik sich permanent ändernder Anforderungen. Die Novellierung des Gesetzes muss dem Rechnung tragen.

Obwohl das Gesetz schon einige Jahre alt ist, sind auch Regelungen darin enthalten, die durchaus bestehen bleiben können. Hier sei beispielhaft die zehnminütige Hilfsfrist genannt. Die Maßnahmen dienen insgesamt dazu, die Leistungsfähigkeit des Rettungsdienstes zu erhalten, den umfassenden Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten und die Vergabe von Leistungen sicher zu gestalten.

Wir haben folgende Änderungen vorgenommen: Die Übernahme der EU-Konzessionsrichtlinie bedingt, dass die freien und gemeinnützigen Organisationen nun im Einzelnen benannt werden müssen. Im Einzelnen sind das der ASB – der Arbeiter-Samariter-Bund –, das Deutsche Rote Kreuz, der Malteser Hilfsdienst und die Johanniter-Unfall-Hilfe.

Durch die Anhörung hat sich ergeben, dass der Bundesverband der eigenständigen Rettungsdienste hier nicht mehr aufgenommen wird. Der Grund liegt darin, dass er nicht

gemeinnützig, sondern gewerblich tätig ist und auch im engeren Sinne nicht dem Katastrophenschutz zugerechnet werden kann.

Erweitert wurde der Kreis der Leistungsträger um die Landesärztekammer Hessen, die als Mitglied des Landesbeirats jetzt für den Rettungsdienst tätig wird. Wer sonst als die Landesärztekammer sollte das Rettungsdienstwesen beurteilen können? Zur Feststellung der jeweiligen Einsatzerfordernisse kann nun ein Arzt oder eine Ärztin hinzugezogen werden. Dies ermöglicht es, notwendige Rettungsmittel so einzusetzen, dass es nicht dazu kommen kann, dass, wenn kein medizinischer Notfall vorliegt, dennoch ein Notfalleinsatz stattfindet. Ich hatte in meiner ersten Rede als Beispiel erwähnt, dass es vielleicht um unstillbares Nasenbluten geht und der Notarzt dann an anderer Stelle fehlt.

In dem Gesetzentwurf wird weiterhin klargestellt, dass Transporte innerhalb des Krankenhausgeländes vom Krankenhaus selbstständig durchgeführt werden können. Hier musste regulierend eingegriffen werden, da es verschiedentlich dazu kam, dass die Krankenhaustransporte bei weit auseinanderliegenden Betriebsstätten dennoch durchgeführt wurden. Heute ist, wie es auch im Bundesrecht vorgesehen ist, der Standortbegriff maßgeblich.

Bei einem vorhersehbaren stark erhöhten Einsatzaufkommen, z. B. bei Großveranstaltungen, können die Vorhaltungen von den Rettungsdienstträgern nun kurzfristig erhöht werden; sie können dazu von den Leistungsträgern aufgefordert werden. Die erhobenen Daten bei Großschadensereignissen können den beteiligten Organisationen für die Gefahrenabwehr zur Verfügung gestellt werden. Dies war ein Ergebnis der Aufarbeitung des Attentats auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz. Es hat sich herausgestellt, dass die Weitergabe dieser Daten zur Versorgung der Patienten und zur Information der Angehörigen notwendig war.

Die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sind in diesem Gesetzentwurf mit aufgenommen – das ist auch in anderen Bundesländern der Fall –, um ihnen Rechtssicherheit zu verschaffen und die Aus- und Fortbildung der Rettungsdienstmitarbeiter zu erhalten.

Dieser Gesetzentwurf stellt eine flexible Anpassung an die steigenden Anforderungen dar, er stellt einen umfassenden und flächendeckenden Schutz der Bevölkerung sicher, und er schafft eine sichere Rechtsgrundlage, die die Rettungsdienste bei ihrer aufopfernden täglichen Arbeit dringend von uns benötigen. Ich darf Sie daher um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf bitten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank. – Das Wort hat nun die Frau Kollegin Dr. Sommer, SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Hessische Rettungsdienstgesetz ist bis zum 31.12.2018 befristet und muss daher novelliert werden. Ich muss sagen, wir hatten eine spannende Anhörung. Als SPD-Fraktion freuen wir uns auch, dass von den regie

rungstragenden Fraktionen Änderungsanträge eingebracht wurden; denn während der Anhörung, vor der Anhörung und im Ausschuss schien das nicht der Fall zu sein. Jedenfalls gab es kein Anzeichen dafür.

Herr Pfaff-Greiffenhagen hat gerade schon etwas zur Gemeinnützigkeit und zu den privaten Trägern gesagt. Im Zusammenhang mit dem Rettungsdienst haben Sie den von uns gewünschten Punkt, nämlich die privaten Träger herauszunehmen und die Disposition verbindlich zu machen, endlich mit aufgenommen. Meine Damen und Herren, das ist eine Änderung in der Haltung der Regierungsfraktionen um 180 Grad; denn in der ersten Lesung haben Sie uns noch vorgehalten, wir hätten den Gesetzentwurf falsch gelesen. Zutreffend scheint aber zu sein, dass Sie einen falschen Punkt gesetzt hatten und jetzt richtigerweise zurückrudern.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Das ist doch schön!)

Ja, das freut uns auch. – Sie beheben damit Ihren Fehler in § 5 des Entwurfs, nämlich die bisherige bevorzugte Beauftragung der im Katastrophenschutz aktiven Organisationen mit der Durchführung des Rettungsdienstes nicht aufzugeben und das nicht durch den freien Markt regeln zu lassen. Das ist gut so.

Sie wollen zudem, wie in der Anhörung gefordert, die Landesverbände der Träger und die Landesärztekammer aufnehmen. Diese drei Punkte sind für uns sogar zustimmungsfähig.

Die Regelungen zum Datenschutz und auch zu den Notfallsanitäterinnen und -sanitätern sind sinnvoll. Auch das war von Anfang an unsere politische Forderung.

Mit Ihrem sechsten Änderungsvorschlag machen Sie den Versuch, die geforderte Qualitätssicherung durch eine Rechtsverordnung anzugehen. Dass Sie die Qualitätssicherung nun doch in Betracht ziehen, ist überraschend. In der ersten Lesung war das für Sie nicht von Bedarf.

Wir möchten allerdings eine landesweite Qualitätssicherung. Vielleicht könnten Sie noch einmal etwas dazu sagen, wie es tatsächlich geplant ist. Gilt das landesweit, oder wie soll diese Qualitätssicherung erfolgen? – Wir möchten das nicht durch eine Rechtsverordnung festlegen, sondern fest im Gesetz verankern, also die Datenerfassung und Datenauswertung mit den zu schaffenden Qualitätsmanagementstrukturen, sodass regelmäßige Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualitäten des Rettungsdienstes festgestellt und Handlungs- und Verbesserungsempfehlungen möglich werden.

Ich bitte daher um Zustimmung zu unserer Vorgehensweise, um die Qualitätssicherung erstens landesweit und, damit einhergehend, auch mit der Versorgungsforschung im Gesetz festzuschreiben.

Eine Anmerkung möchte ich noch machen. Wir haben schon öfter über die Zusammenlegung von Leitstellen gesprochen. Auch hier wäre die Möglichkeit gewesen, das zu verankern. Es ist und bleibt politische Forderung, dass Leitstellen für Rettungsdienste und für die ärztlichen Notfalldienste zusammengelegt werden. Es gab Pilotprojekte, die gut waren. Da müssen wir in Zukunft ran, damit wir die Versorgung sicherstellen können.

Zum Schluss möchte ich mich bei all denjenigen, die im Rettungsdienst arbeiten, bedanken. Ich glaube, da sind wir

uns in diesem Haus alle einig, unsere Anerkennung und unsere Wertschätzung sind sehr wichtig. Es ist eine Arbeit, die vielleicht nicht jeder immer machen möchte. Sie ist aber unverzichtbar für unsere Gesellschaft. Deswegen: herzlichen Dank und noch einen schönen Abend.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Sommer. – Das Wort hat der Abg. Lenders, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch zu diesem Gesetz will ich kurz die Position der Freien Demokraten darlegen. Wir sehen das, was den Rettungsdienst anbelangt, durchaus sehr kritisch. Die SPD hat die komplette Streichung privater Rettungsdienste gefordert. Aus verständlichen Gründen werden das die Freien Demokraten so nicht mittragen können.

In dem Gesetzentwurf werden die gemeinnützigen Organisationen deutlich bevorzugt. Die privaten Rettungsdienste werden gezwungen, alternative Formen zu finden. Lassen Sie es mich an dieser Stelle einfach einmal sagen: Wenn man sich einen Geschäftsbericht z. B. des Deutschen Roten Kreuzes anschaut, stellt man fest, wie komplex er ist. Nur weil „Gemeinnützigkeit“ darüber steht – das ist ein steuerlicher Aspekt –, muss man doch auch schon einmal höflich fragen, wie groß diese Organisationen geworden sind, wie sie gegenfinanziert werden, ob es wirklich kein Geschäftsmodell ist, das dahinter steckt. – Bei manchen kann man wirklich ein großes Fragezeichen dahinter setzen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, neben der Kritik, die wir haben, sehen wir auch durchaus vieles Positives. In den Landesbeirat für den Rettungsdienst soll nun die Landesärztekammer aufgenommen werden. Das sehen wir durchaus als gut an. Wir sehen auch, dass sichergestellt wird, dass das Ministerium die erforderlichen Daten über die Zuweisungsverfahren von Patienten zur Verfügung gestellt hat. Das ist gut.

Bei den Regelungen der Aus- und Fortbildung, gerade durch die Aufnahme der Notfallsanitäter, wird sichergestellt, dass auch sie die Aus- und Fortbildung im Rettungsdienst erhalten und nicht nur die Rettungssanitäter und Rettungsassistenten.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist durchaus positiv zu bewerten. Wir werden uns bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf enthalten und den Änderungsantrag der SPD ablehnen. Dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen werden wir zustimmen, weil er richtige Ansätze enthält.

Lassen Sie mich, weil Frau Dr. Sommer das zum Schluss gemacht hat, den Dank an die Rettungskräfte aussprechen. Wer die Rettungskräfte kennt und weiß, was sie für eine Arbeit leisten und wie sie dabei manchmal in heikle Situationen geraten, in denen sie teilweise mit Gewalt bedroht werden, muss sich schon fragen, ob wir noch die richtige Position zu diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Kollege Lenders. – Das Wort hat der Abg. Bocklet, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Sommer, ich finde es doch ein gutes Zeichen für eine Landesregierung, wenn sie beweist, dass ein Gesetz aus der dritten Lesung anders herausgeht, als es zur ersten Lesung eingebracht worden ist. Das beweist, dass eine Landesregierung zuhört, die Änderungsvorschläge und Änderungswünsche der Anzuhörenden aufgreift und das Gesetz dadurch an Qualität gewinnt. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen. Mit Ihrer Rede betreiben Sie genau das, was Sie nicht wollen. Sie schaffen verhärtete Fronten, indem Sie sagen, weil man etwas verändert, hat man es vorher so schlecht gemacht, dass man es nicht mehr zugeben kann. Genau das führt zu den elenden Ritualen. Darüber sollte man einmal nachdenken.

Man sollte doch eher sagen, wenn erkannt wurde, dass es Änderungsbedarf gibt, ist das doch eigentlich ein konstruktiver, positiver Vorgang. Man sollte sich nicht darüber lustig machen. Genau das führt zu den Ritualen, die wir in Gesetzesverfahren immer wieder haben. Dann sagen andere, sie setzten sich nicht der Kritik aus, dass sie vorher etwas nicht gewusst hätten. Genau das macht die Rituale aus. Das muss man jetzt nicht mehr lernen, 47 Tage vor der Wahl ist das auch relativ wurscht. Ich finde es ärgerlich, weil ich immer dafür kämpfe, dass ein Gesetz nicht so aus der dritten Lesung gehen sollte, wie es in die erste Lesung gegangen ist.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Dafür kämpfe ich seit fünf Jahren. Und ich kann sagen, dass wir bei 90 % dieser Gesetzentwürfe noch Änderungen vorgenommen haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und GRÜNEN, das zeugt davon, dass wir immer für Verbesserungsvorschläge offen sind. Das ist auch ein gutes Zeichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das Fachliche wurde vom Kollegen Pfaff-Greiffenhagen vorgetragen. Dafür danke ich ausdrücklich. Wir haben in drei Punkten nachgebessert. Ich sage jetzt nur noch einmal die Stichworte.

Es geht darum, dass die Leistungserbringer im Rettungsdienst, die auch den Katastrophenschutz in Hessen tragen, die gemeinnützig sind, in diese Formulierung einfließen. – Das war Punkt eins.

Punkt zwei war, dass bei einem medizinischen Bedarf eine Disposition erfolgen muss und nicht nur darf.

Drittens soll die Landesärztekammer als Mitglied in den Landesbeirat für den Rettungsdienst aufgenommen werden.

Ich stehe politisch tatsächlich dahinter, auch hinter den unangemeldeten anlasslosen Besuchen. Ich finde das richtig. In anderen Bereichen werden wir geradezu dazu getrieben,

es zu tun. Bei der Heimaufsicht wird beispielsweise gesagt, wenn man es vorher anmeldet, glänzt alles. – Jetzt hier soll es gemacht werden und wird als tiefes Misstrauen empfunden. Ich finde es richtig, dass es als ein Instrument im Raum stehen bleibt.

(Gerhard Merz (SPD): Wir sind beim Rettungsdienstgesetz!)

Schon klar. – Die Träger vor Ort sollten es nicht als Misstrauen interpretieren, sondern als eine Kontrollvariante. Ich finde es korrekt, dass es im Gesetz bleibt.

(Beifall der Abg. Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))