Ich konnte nicht feststellen, wo Sie wohnungspolitisch hin wollen. Sie sind die einzige Fraktion in diesem Landtag, die die Fehlsubventionierungsabgabe ablehnt.
Vielleicht ist genau das ein Gewinn für Sie, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Das ist eigentlich schade.
In diesem Fall muss man wirklich sagen: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Die Landesregierung wird auch einen Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Fehlsubventionierungsabgabe vorlegen. Das muss gründlich erarbeitet werden, da muss genau erhoben werden, damit nachher keine Ungerechtigkeiten für einzelne Mieter entstehen oder das Instrument nicht zielgerichtet eingesetzt werden kann.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir Ihnen bald einen Gesetzentwurf vorlegen können. Bis dahin freue ich mich selbstverständlich auf die weiteren Beratungen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich finde es natürlich gut, wenn uns die Opposition in einem Vorhaben unterstützen will. Aber: Gut gemeint ist nicht immer gut gekonnt. Herr Schaus, so besonders leicht scheint es doch nicht zu sein, einen überzeugenden Gesetzentwurf vorzulegen.
Zunächst beruht der Gesetzentwurf auf einer falschen Ausgangslage. Völlig unklar ist, ob – wie Sie behaupten – tatsächlich 280.000 anspruchsberechtigte Haushalte in Hessen existieren.
Diese Behauptung selbst ist völlig aussagelos. Es kommt darauf an, ob es Anspruchsberechtigte gibt, die auf dem Sozialwohnungsmarkt auftreten, d. h. ob sie sich haben registrieren lassen.
Selbst wenn man anspruchsberechtigt ist, heißt das noch nicht, dass man unbedingt eine Sozialwohnung braucht und die Miete subventioniert werden muss.
Zum Zweiten. Wir erweitern durch neue Förderprogramme für den Mittelstand und durch Förderung von Studenten den Kreis der Anspruchsberechtigten. Das heißt aber nicht, dass die „normalen Menschen“, die eine Sozialwohnung suchen, benachteiligt werden. Wir haben auch ein neues Sonderprogramm zur Finanzierung dieser besonderen Zielgruppen. Die bisherigen Sozialwohnungen und die reguläre Förderung von Sozialwohnungen bleiben für die bisherige Zielgruppe vorhanden. Das heißt, da gibt es keinerlei Schlechterstellung, im Gegenteil: Es wird insgesamt eine Besserstellung geben.
Drittens. Die Behauptung, dass Personen in erheblichem Umfang unberechtigt in Sozialwohnungen leben, ist auch so nicht korrekt. Vor dem Auslaufen der alten Fehlbelegungsabgabe lag die Quote der leistungspflichtigen Haushalte bei 18 %. Das heißt schon einmal, Sie legen Ihrem Gesetzentwurf falsche Angaben zugrunde.
Dann kommt aber noch der gravierendere Punkt hinzu: Sie haben nämlich einfach das alte hessische Gesetz abgeschrieben und mit ein bisschen Bundesgesetz ergänzt. Dabei haben Sie auch noch handwerkliche Fehler gemacht. Sie haben z. B. vergessen, die Wohnungen zu erwähnen, die nach dem Hessischen Wohnraumfördergesetz gefördert werden. Diese würden somit gar nicht der Fehlbelegungsabgabe unterliegen. Das finde ich einigermaßen erstaunlich.
Auch verwenden Sie zum Teil völlig veraltete Zahlen, mit denen heute niemand etwas anfangen kann. Wenn Sie davon ausgehen, dass man Leistungspflicht für Wohnungen hat, die vor dem 1. Januar 1955 bewilligt worden sind, bringt das im Jahr 2015 und Folgende überhaupt nichts mehr. Auch dies ist einfach aus alten Gesetzen abgeschrieben. Der Gesetzentwurf verkennt zudem, dass das Land
Dies alles zusammengenommen verkennt noch nicht die gute Absicht. Aber es ist – auch mit Blick auf die Abgabehöhe – keine fundierte Grundlage in Ihrem Gesetzentwurf erkennbar. Beispielsweise ist die Festlegung einer Erhebungspflicht ab 50 % Einkommensüberschreitung zu hoch angesetzt, während hier über die 6,50 € am Ende, an der Spitze, schon genügend diskutiert wurde. Es ist keine reale Grundlage für eine solche Gesetzesformulierung vorhanden, und warum man das so erheben soll. Bei 50 % Einkommensüberschreitung würde überhaupt kein nennenswertes Aufkommen erzielt, für die Kommunen wäre es gar nicht wirtschaftlich, dann sozusagen diese Verwaltung bzw. Bürokratie auf sich zu nehmen, um festzustellen, wer überhaupt fehlbelegungsabgabepflichtig wäre. Ich habe den Eindruck, Sie haben Werte genommen, über den Daumen gepeilt und diese in den Gesetzentwurf hineingeschrieben.
Wir wollen das anders machen. Die Landesregierung fühlt sich für die Bürgerinnen und Bürger verantwortlich wie auch für die Kommunen. Für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger wollen wir faire Regelungen schaffen. Deswegen wird gerade ein von mir in Auftrag gegebenes Gutachten erstellt, in dem genau geprüft wird, ab welcher Einkommensüberschreitung eine Fehlbelegungsabgabe zu zahlen ist, damit es auch für die Bürgerinnen und Bürger tragbar ist und für die Kommunen wirtschaftlich sinnvoll, aber auch damit noch Geld zusammenkommt, um tatsächlich wieder neue Sozialwohnungen bauen und fördern zu können. Auch die Höhe und Staffelung der Ausgleichszahlungen müssen durch eine fundierte Datengrundlage ermittelt werden. Es geht also um ökonomische Richtigkeit, verteilungspolitische Gerechtigkeit und Praktikabilität.
Was an Ihrem Gesetzentwurf meines Erachtens ebenfalls fehlt, ist die Expertise der Kommunen, die das Gesetz ausführen müssen. Wir jedenfalls legen viel Wert auf die Erfahrungen der Gemeinden. Wir wollen sie einbinden, deswegen ist es so auch explizit im Antrag der Koalitionsfraktionen aufgeführt. Ich habe alle Kommunen in Hessen angeschrieben, dass sie mir doch bitte mitteilen mögen, wie sie sich das vorstellen können, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen das eingeführt werden kann und was verwaltungsmäßig tragbar ist. Ich glaube, das ist der richtige Weg.
Herr Siebel, Sie sagten, Sie möchten gern, dass die Kommunen es völlig frei entscheiden können. Aus unserer Sicht ist es tatsächlich nicht möglich, den Gemeinden diese Entscheidung völlig frei zu überlassen, weil das Bundesverfassungsgericht schon vor Jahrzehnten entschieden hat, dass der Subventionsvorteil – und nichts anderes ist die subventionierte Sozialmiete – bei allen Betroffenen abgeschafft werden muss, die diesen Vorteil unberechtigterweise genießen. Deswegen müssen wir die Fehlbelegungsabgabe flächendeckend einführen. Aber wir können Ausnahmen auf fundierter Grundlage ermöglichen, und für diese Ausnahmen schaffen wir nun eine Datengrundlage und wollen dies auch im Einverständnis mit den Kommunen umsetzen, damit keine Kommune etwas einführen muss, was für sie am Ende nicht wirtschaftlich tragbar ist und keinen Sinn für sie macht, sodass sie dagegen aufstehen würde.
In diesem Sinne glaube ich sagen zu können, dass die Landesregierung das erarbeitet, was in der Koalitionsvereinbarung steht, und dass wir dies gründlich tun. Ein solch komplexes Gesetz muss gründlich vorbereitet werden, damit es hinterher einen sinnvollen Effekt für alle Beteiligten hat. Wir haben die Mietpreisgrenze auf den Weg gebracht, damit die Mieten in Hessen für die Bestandsmieten nicht überbordend werden. Wir haben jetzt das Wohnraumfördergesetz auf den Weg gebracht, damit es mehr Wohnungsbau in Hessen gibt, die Mieten nicht weiter ansteigen und vor allem die Menschen bezahlbaren Wohnraum haben.
Jetzt gehen wir mit der Fehlbelegungsabgabe in die nächste Etappe. Ich glaube, das ist ein gutes wohnungspolitisches Signal. Wir werden das im Herbst auf den Weg bringen. Bis dahin werden wir wohl die Datengrundlage und die Diskussion mit den Kommunen geführt haben. Dann sollten wir es hier gemeinsam diskutieren und den besten Weg finden. Wenn schon vier Fraktionen im Grundsatz dafür sind, werden wir am Ende tatsächlich auch das Beste an Entscheidungen herausbekommen. – Vielen Dank.
Der Kollege Schaus macht die zweite Runde. Bevor er aber anfängt, darf ich auf der Besuchertribüne unseren Bundestagskollegen Michael Brand begrüßen. Herzlich willkommen im Hessischen Landtag. – Ein ordentlicher junger Mann.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme in der Tat erfreut zur Kenntnis, dass sich – ich sage es einmal so; denn bei der CDU bin ich mir noch nicht so sicher – dreieinhalb Fraktionen in diesem Hause für eine Fehlbelegungsabgabe aussprechen und eineinhalb, nun ja, dagegen.
Ich nehme zur Kenntnis, dass es hier im Hinblick auf die Fehlbelegungsabgabe – auch, was Inhalt und Fiktion angeht – unterschiedliche Aussagen innerhalb der Koalition gegeben hat. Insbesondere nehme ich zur Kenntnis – das war wohl der entscheidende Satz am Schluss Ihrer Rede, Frau Ministerin –, dass Sie im Herbst – ich nehme an, dieses Jahres – einen Gesetzentwurf vorzulegen beabsichtigen.
Wenn das so ist, ist es in der Tat gut, dass wir diese Diskussion eröffnet haben und unser Entwurf die Diskussion auch inhaltlich belebt.
Ich will aber darauf hinweisen, dass Sie mit der Ablehnung unseres Gesetzentwurfs eher in den Krümeln gesucht haben, Frau Ministerin. Im Gesetzentwurf selbst findet sich in der Problembeschreibung der Hinweis, dass es 40.000 registrierte Wohnungssuchende gibt. Sie haben recht, die sind in der Tat entscheidend für das, was wir tun; denn das sind die Leute, die tatsächlich in den Kommunen angemeldet haben, eine Sozialwohnung zu wollen. Das sind auch diejenigen, bei denen geprüft wurde, dass sie mit Blick auf ihre Einkommenssituation auch den Anspruch auf eine Wohnung im sozialen Wohnungsbau haben.
Nun nehmen wir aber zur Kenntnis, dass der soziale Wohnungsbau immer weiter zurückgeht. Ich habe es gesagt, und es ist auch von keinem der Rednerinnen und Redner bestritten worden, dass jedes Jahr 3.200 Wohnungen aus dieser Sozialbindung herausfallen. Wir müssen also die Anstrengungen erheblich erhöhen, um den jetzigen Bestand von etwa 110.000 Wohnungen überhaupt zu halten. Wie gesagt, ist das nur noch die Hälfte von dem, was wir z. B. vor 20 Jahren in Hessen vorgefunden haben. – Das sind die Fakten.
Frau Ministerin, das Pestel Institut hat einmal berechnet, wer nach den Einkommensverhältnissen – im Übrigen auf der alten Rechtsgrundlage – eigentlich Anspruch auf eine Sozialwohnung hat. Das haben wir in der Tat hineingeschrieben, um einmal zu kontrastieren, dass es ganz viele gibt, die offensichtlich aufgrund der Einkommenssituation einen Anspruch haben, sich aber aus unterschiedlichen Gründen gar nicht registrieren lassen. Diese Gründe können sehr vielfältig sein. In der Politik muss man diese Zahl aber doch zumindest zur Kenntnis nehmen. Deswegen ist sie auch nicht falsch. Vielmehr ist sie grundrichtig, weil sie einen Teil der Dramatik deutlich macht, die wir auf dem Wohnungsmarkt haben.
Der andere Teil der Dramatik, die wir auf dem Wohnungsmarkt haben, ist die Preisentwicklung – insbesondere im Rhein-Main-Ballungsgebiet und insbesondere in Universitätsstädten, wo auch Wohngemeinschaften in Konkurrenz zu Familien treten und um die wenigen Wohnungen und die noch geringere Zahl preisgünstiger Wohnungen ein Kampf am Markt stattfindet.
Das ist unser Kernproblem und unser Kernanliegen. Deshalb finden wir, dass das, was ich zitiert habe und was Sie gemeinsam in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben haben, Herr Caspar, bei dieser Dramatik auch so schnell wie möglich umgesetzt werden muss. Schließlich wissen wir alle, dass sich Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt im Hinblick auf Preise und im Hinblick auf Neubauten gerade im sozialen Wohnungsbau nicht von heute auf morgen vollziehen. Wenn wir heute ein Gesetz verabschieden, greift es möglicherweise erst in drei, vier oder fünf Jahren. Vielleicht ist die Wirkung nach dieser Legislaturperiode entscheidend. Wir müssen aber damit anfangen, weil die Dramatik immer weiter zunimmt und wir ihr nicht tatenlos gegenüberstehen können.
Das ist die Intention unseres Gesetzentwurfs. Wir hoffen sehr, dass wir damit eine Dynamik hineingebracht haben, die die Geschwindigkeit erhöht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schaus, Sie haben jetzt noch eine zweite Runde eröffnet. Nach den Ausführungen, die die Kollegin Feldmayer, Frau Staatsministerin Hinz und ich schon dazu gemacht haben, hatte ich ja die Hoffnung, dass Sie sagen: Dann ziehen wir unseren Gesetzentwurf zurück.