Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Das kann dazu führen, dass ein umfassendes Persönlichkeitsprofil erstellt wird, und bei einer exzessiven Datenerhebung und Informationsweitergabe wäre dies ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte hier einen letzten Punkt ansprechen, der mich zumindest nicht überzeugt. Vielleicht kann man mir das im Rahmen der Anhörung noch erklären: Das ist die Anpassung der strafrechtlichen Konsequenzen bei Datenmissbrauch an das Bundesrecht.

Das mag mit Blick auf eine wünschenswerte Einheit der Rechtsordnung im gesamten Bundesgebiet nachvollziehbar sein. Man muss aber zur Kenntnis nehmen, es geht hier um die Strafandrohung für Datenmissbrauch, um einen massiven Eingriff in Persönlichkeitsrechte. Es geht dabei um eine Anpassung nach unten, der Strafrahmen soll reduziert werden. Außerdem soll statt eines Offizialdelikts zukünftig nur noch ein Antragsdelikt vorliegen, was unter anderem bedeuten kann, dass der Betroffene im Zweifelsfall von einem solchen Verstoß gar keine Kenntnis erlangt, weil nämlich kein Strafantrag gestellt wird und er nicht durch ein Verfahren informiert wird.

Das sind alles Folgen für den Schutz persönlicher Daten, die wir im Rahmen der Anhörung intensiv diskutieren wollen. Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Wir sind uns bewusst, dass die meisten der Regelungen bereits Eingang in das entsprechende Bundesgesetz gefunden haben, und an der grundsätzlichen Notwendigkeit dieses Gesetzes haben wir keinerlei Zweifel. Das habe ich eingangs schon gesagt. Aber ich will eines festhalten: Wenn es um sensible persönliche Daten der Bürgerinnen und Bürger geht und um deren Schutz, dann muss für den gesamten Landtag Gewissenhaftigkeit vor Schnelligkeit gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns einig, dass ein solches Gesetz notwendig ist. Immer dort, wo es um sicherheitsrelevante Angelegenheiten geht, muss man die Menschen, die zu diesen sicherheitsrelevanten Bereichen Zugang haben, natürlich sicherheitsüberprüfen. Das gilt für geheime Dokumente, und das gilt für vertrauliche Dokumente. Wer Zugang zu diesen Daten hat, muss nach dem Gesetz eben auch in eine Sicherheitsüberprüfung.

(Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken übernimmt den Vorsitz.)

Das Gesetz – der Minister und Herr Kollege Greilich haben es gesagt – orientiert sich im Großen und Ganzen am Bundesgesetz und den Gesetzen anderer Bundesländer. Von daher ist das, was wir machen, nichts Neues. Deswegen können wir auch auf das zurückgreifen, was in anderen Bundesländern gilt. Ich würde die Landesregierung bitten, um das Verfahren zu beschleunigen, vielleicht auch die Unterlagen der Regierungsanhörung zur Verfügung zu stellen. Dann kann man gleich sehen, welche Kritik es eigentlich gegeben hat; insbesondere der Datenschutz ist hierbei natürlich von Wichtigkeit.

Der Datenschutzbeauftragte war – Herr Kollege Greilich hat es auch angesprochen – an der Erstellung des Gesetzentwurfs beteiligt. Das ist schon einmal gut. Es geht hier

natürlich um sensible Daten, um sensible personenbezogene Daten von Menschen, und dabei geht es immer darum, einen größtmöglichen Schutz zu gewährleisten.

Wir alle, die Kolleginnen und Kollegen, die im NSU-Untersuchungsausschuss sind, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in diesem Untersuchungsausschuss für die Fraktionen arbeiten, werden gerade sicherheitsüberprüft, erleben das gerade. Der Mitarbeiter unserer Fraktion war nicht gerade begeistert, dass er angeben musste, welche verwandtschaftlichen Beziehungen er hat, und dass er sich demnächst melden muss, wenn er ins Ausland reist. Solche Dinge sind natürlich Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte. Von daher sollten wir darauf sehr genau schauen – auch auf die Meldepflichten, die schon angesprochen worden sind.

Meine Damen und Herren, von daher ist es wichtig, dass wir uns diesen Gesamtkomplex im Rahmen eines Anhörungsverfahrens gründlich anschauen. Von der Grundstruktur her, von der Gesamtheit, dürfte der Gesetzentwurf, da er sich an den Gesetzen anderer Bundesländer und des Bundes orientiert, grundlegend nicht strittig sein. Von daher werden wir das dann im Innenausschuss weiter diskutieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Frömmrich. – Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Bauer zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor sieben Jahren, am 6. September 2007, hatte die Landesregierung das Hessische Sicherheitsüberprüfungsgesetz eingebracht, und der Landtag hatte es damals bereits am 27. September 2007 verabschiedet. Dieses erstaunlich kurze Verfahren spricht dafür, dass es sich um ein notwendiges und damals wenig strittiges Gesetz handelt. Es läuft Ende dieses Jahres aus.

Sicherheitsüberprüfungen wurden noch bis vor sieben Jahren in Hessen in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. Das war nicht mehr zeitgemäß. Es erforderte ein eigenes Gesetz, wie es auch Bund und Länder bereits hatten. Wie wichtig mittlerweile eine Sicherheitsüberprüfung für Personen ist, die mit staatlichen Verschlusssachen zu tun haben, wurde uns allen zuletzt vor einem Vierteljahr bei den Affären um Spitzel in den Reihen des Bundesnachrichtendienstes oder auch des Bundesverteidigungsministeriums deutlich vor Augen geführt.

Meine Damen und Herren, wer geheimhaltungsbedürftige Informationen des Staates weitergibt, schadet uns allen. Es kann deshalb nicht verkehrt sein, hier etwas genauer hinzuschauen und bestehende Regelungen sinnvoll zu ergänzen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Bundes weist darauf hin, dass diesbezügliche Ländergesetze nicht gravierend vom Bundesgesetz abweichen sollen. Dieser Gesichtspunkt hatte bereits vor sieben Jahren eine Rolle gespielt und spielt auch im vorliegenden Gesetzentwurf bei zahlreichen Anpassungen und Ergänzungen eine Rolle.

Das erleichtert – das ist sehr wichtig – die gegenseitige Anerkennung der Überprüfungen. Schließlich soll auch die Weitergabe von Verschlusssachen des Bundes an die Länder und umgekehrt möglichst reibungslos gestaltet werden. Ich erinnere z. B. an die NSU-Ausschüsse.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist bemüht, die Verhältnismäßigkeit zu wahren, und hält an Regelungen fest, alles mit Wissen der Betroffenen zu vollziehen.

Spätestens die von mir erwähnten Spionagefälle haben doch gezeigt, dass Spionage auch von Freunden nicht vor unserer Haustür haltmacht, und deshalb ist in dem Gesetzentwurf in § 2 nun nicht mehr von „fremden“, sondern auch von „ausländischen“ Nachrichtendiensten die Rede. Zudem werden auch kriminelle und terroristische Vereinigungen erwähnt. In der Tat führen uns doch die Nachrichten tagtäglich vor Augen, dass gerade auch solche nicht staatlichen Akteure eine akute Gefahr für unsere Sicherheit darstellen können.

Lassen Sie mich einige wenige Änderungen herausgreifen. So soll neu geregelt werden, dass Personen wie z. B. Handwerker, die für Wartungs- oder Reparaturarbeiten nur für kurze Zeit in einem Sicherheitsbereich arbeiten, nicht selbst eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen müssen, sondern sich von sicherheitsüberprüften Personen bei einer Tätigkeit begleiten lassen können. Das ist doch eine sinnvolle Regelung, der man nicht entgegenstehen kann. So steht es übrigens auch im Bundesrecht.

Eine weitere inhaltliche Ergänzung macht im § 10 Sinn, dass es nun grundsätzlich auch Schufa-Auskünfte geben soll. Das war bisher nur im Einzelfall erforderlich. Aber es ist notwendig, dass man frühzeitig über mögliche finanzielle Probleme von Personen aufmerksam gemacht wird. Das kann unter Umständen Menschen für einen Geheimnisverrat anfällig machen.

Vor sieben Jahren haben soziale Netzwerke in unserem Leben noch keine große Rolle gespielt. Das hat sich mittlerweile grundsätzlich und gründlich geändert. Deshalb macht es Sinn, dass man auch über eigene Internetseiten oder Mitgliedschaften in sozialen Netzwerken Auskunft erhält. Dabei handelt es sich, der Natur der Sache gemäß, um jedermann öffentlich zugängliche Quellen. Auch dagegen kann man sich nicht verwehren.

Eine Ergänzung ist auch, dass nach Abschluss der Sicherheitsüberprüfung die betroffene Person selbstverständlich über das Ergebnis informiert wird. Das dürfte doch bei uns allen unstrittig sein. Auch die Einwilligung in eine Sicherheitsüberprüfung, dass der Betroffene dann auch einer Mitwirkungspflicht unterliegt, macht sicherlich Sinn.

So viel zu einigen wenigen, aber doch wichtigen Änderungen des HSÜG. Ich bin mir sicher, dass wir über dieses für unser aller Sicherheit wichtige Gesetz im Innenausschuss mit der nötigen Gründlichkeit, aber auch mit der nötigen Zügigkeit beraten können. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Bauer. – Für die SPD-Fraktion hat Frau Faeser das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke auch, dass man voranstellen sollte, dass unstreitig ist, dass wir ein Sicherheitsüberprüfungsgesetz brauchen – auch eines, das den aktuellen Anforderungen entspricht. Von den Vorrednern sind schon die unterschiedlichsten Konflikte genannt worden. Wir hatten im Zuge der Aufklärung zum NSU gerade im Bund die eine oder andere Handlungsempfehlung für Sicherheitsüberprüfungen. Auch das muss sicherlich berücksichtigt werden. Ich glaube, auch darauf müssen wir im Rahmen der Anhörung noch achten.

Herr Bauer hat eben die zahlreichen Geheimschutzskandale erwähnt, die zur Folge haben, dass die Novellierung doch einen großen Umfang hat. Deswegen gebe ich auch zu, dass es mir lieber gewesen wäre, wie es ursprünglich einmal angekündigt war, dass sie zeitgleich mit einer Novelle des Bundessicherheitsüberprüfungsgesetzes gemacht worden wäre.

Sie sind verpflichtet, die Geltungsdauer des Gesetzes zu verlängern, weil die Befristung ausläuft. Vielleicht sollten wir im Rahmen der Anhörung auch noch einmal darüber nachdenken, ob es Sinn macht, sie um vier Jahre zu verlängern, oder ob es Sinn macht, sie nur um ein Jahr zu verlängern und die wichtigsten Änderungen herauszunehmen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Da will ich an den Kollegen Greilich anschließen. Wenn man sich den Gesetzentwurf etwas näher ansieht, findet man schon erhebliche Ausweitungen des Katalogs persönlicher Daten, die jetzt vorgelegt werden müssen, insbesondere in den §§ 10 und 11. Dabei geht es um ganz persönliche Details zu Verwandtschaftsbeziehungen und zu teilweise sehr persönlichen Beziehungen.

Ich will einen Punkt herausgreifen, den ich nicht für unproblematisch halte. Herr Greilich, Sie haben es schon gesagt, hier wird im Rahmen der Anhörung die Frage lauten müssen, was verhältnismäßig ist und was nicht. Die SPD wird insbesondere bei der Anhörung auch darauf achten, ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich will noch einen Punkt präzise herausgreifen, das ist der neue § 10 Abs. 1 Satz 2. Ich darf das zitieren, denn ich halte die Formulierung für sehr weitgehend, wann man zusätzlich Schufa-Auskünfte einholen darf. Ich will das Beispiel von Herrn Frömmrich aufgreifen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen befinden sich gerade in der Überprüfung für den NSU-Untersuchungsausschuss. Im Gesetzentwurf steht jetzt:

… wenn Hinweise auf eine mögliche finanzielle Angreifbarkeit des Betroffenen bestehen.

Was heißt denn das? Ich halte das für extrem unbestimmt. Was bedeutet denn ein solcher Hinweis, wenn jemand sagt, da könnten finanzielle Schwierigkeiten bestehen? Dann werden schon die engsten finanziellen Beziehungen der Betroffenen betrachtet. Ist es das, was wir wirklich wollen?

Man muss in der Tat noch einmal darüber nachdenken, ob solche, wie ich finde, sehr unbestimmten Formulierungen, ausreichend sind für einen sehr schwerwiegenden Eingriff in Persönlichkeitsrechte. In der Anhörung müssen wir alle sehr genau darauf achten. Ich glaube auch, dass das Gesetz

an der einen oder anderen Stelle noch etwas schärfer formuliert werden muss.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Ein zweiter Bereich, der eine große Rolle spielt, ist die Frage des Datenschutzes. Herr Frömmrich hat vorhin gesagt, der Datenschutzbeauftragte sei einbezogen gewesen. Ich habe in der Begründung einen Hinweis des Datenschutzbeauftragten gelesen. Die anderen Hinweise kenne ich nicht. Wir werden uns diese Anmerkungen auch sehr genau ansehen müssen. Die Erhebung dieser höchst persönlichen Daten ist immer auch ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Wir müssen prüfen, inwieweit wir die Datenschutzregelungen noch schärfen müssen, damit sie ausreichend sind, um die Persönlichkeitsrechte an dieser Stelle zu wahren.

Bei der Einsetzung des neuen Geheimschutzbeauftragten muss man schauen, inwieweit er Befugnisse bekommt und wie das gesondert abgesichert ist.

Der dritte Bereich, den ich ansprechen möchte, ist die Frage, die Herr Greilich auch schon angesprochen hat, wie der Austausch zwischen den Stellen, die Einblick in die empfindlichen Daten haben, überhaupt geschehen kann. Der Geheimschutzbeauftragte, als neue Stelle, ist auch jemand, der diese sensiblen Daten bekommen soll.

Insofern glaube ich, dass wir im Innenausschuss doch noch ein bisschen Arbeit haben werden. Ich kann für meine Fraktion sagen: Für uns ist es bei der Sicherheitsüberprüfung wichtig, auch strenge Regelungen der Verhältnismäßigkeit einzuhalten, damit die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gewahrt bleiben.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Danke, Frau Faeser. – Als Nächster redet Herr Schaus für die Fraktion DIE LINKE.