Protokoll der Sitzung vom 05.02.2015

(Beifall bei der LINKEN – Günter Rudolph (SPD): Das war vor der Wahl! – Michael Boddenberg (CDU): Was ist mit der Nordwestbahn?)

Sie haben sich von der Forderung eines Nachtflugverbots von 22 bis 6 Uhr komplett verabschiedet. Im Wahlkampf haben die GRÜNEN noch gefordert: kein Bau von Terminal 3, ein achtstündiges Nachtflugverbot und eine Deckelung der Zahl der Flugbewegungen. Das waren alles richtige Forderungen, aber leider ist davon nichts mehr übrig.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt wird von den GRÜNEN gesagt, was die Bürgerinitiativen und DIE LINKE da fordern, sei rechtlich gar nicht umzusetzen. Ich will nur mal klarstellen, dass ich in Bezug auf das Nachtflugverbot hier das grüne Wahlprogramm vertrete – im Gegensatz zu den GRÜNEN. Wenn Sie Ihr eigenes Wahlprogramm für unrealistisch halten, dann haben Sie ein Problem, meine Damen und Herren, und nicht wir.

(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordne- ten der CDU)

Nicht nur beim Nachtflugverbot, auch beim Terminal 3 sind Sie eingeknickt. Sie haben vor Ihrem Koalitionspartner und Fraport kapituliert. Ich finde, Sie wären gut beraten, wenn Sie Ihre Wahlversprechen einhalten würden. Was die Landesregierung tun könnte, liegt auf der Hand: Wer weniger Lärm verspricht, muss die Zahl der Flugbewegungen reduzieren, und zwar unterhalb der genehmigten 700.000 Flugbewegungen pro Jahr.

Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – 380.000 Flugbewegungen sind das Höchstmaß des Erträglichen.

Wir wollen ein achtstündiges Nachtflugverbot und keine Mogelpackungen wie die Lärmpausen. Deshalb werden wir auch die Proteste der Bürgerinitiativen weiter unterstützen und wünschen ihnen gutes Durchhaltevermögen und weiterhin viel Erfolg.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wisser. – Das Wort hat Herr Abg. Lenders, FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Wissler, in der Tat hatte Herr Al-Wazir sogar hier im Landtag, zugegebenermaßen in der heißen Phase des Wahlkampfs, versprochen, zu prüfen, ob die neue Landebahn nicht zu schließen sei. Von all dem, was die GRÜ

NEN im Wahlkampf versprochen haben, um den Lärm zu reduzieren, ist am Ende nicht wirklich viel übrig geblieben. Deswegen sage ich: Al-Wazir ist als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU: Jetzt kommt der schon wieder!)

Meine Damen und Herren, die Diskussion im Rhein-MainGebiet ist losgetreten worden. Man kann das so machen. Man kann die Verantwortung in die Region geben und sagen: Schaut ihr doch mal, wie ihr eine Lösung hinbekommt, und wir als Landesregierung begleiten das. – Das ist ein Weg, den die neue Landesregierung anscheinend schon wie einen roten Faden als Prinzip verfolgt.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Am Ende muss man sagen, das, was jetzt herausgekommen ist, lässt sich auf eine Formel bringen: Es wird für einige leiser, aber für wenige noch lauter, bei denen es auch vorher schon laut war.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, den Flughafen monothematisch allein unter dem Gesichtspunkt des Fluglärms zu betrachten, wie es der Minister macht und jetzt anscheinend auch die gesamte restliche Landesregierung, wird der Bedeutung des Flughafens nicht gerecht – nicht, wenn man ihn als wichtigsten Wirtschaftsmotor in der Region betrachtet. Wir als FDP sind fest davon überzeugt, dass es keine weiteren Betriebseinschränkungen geben darf.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha!)

Kommt es zu weiteren Betriebsbeschränkungen, dann führt das am Ende zu Verlagerungen von Kapazitäten. Ich will nicht das Horrorszenario malen, dass die Lufthansa gleich abwandert. Aber Fluggesellschaften werden sich dann gut überlegen, wo sie zukünftig Kapazitäten aufbauen, wo sie zukünftig investieren werden.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, das deckt sich dann leider mit dem Prinzip der GRÜNEN, die von Anfang an der Meinung waren und das auch immer betont haben, dass der Frankfurter Flughafen an der falschen Stelle gebaut worden ist. Diesem Prinzip zufolge macht eine weitere Betriebseinschränkung natürlich Sinn, weil dann Investitionen an anderer Stelle getätigt werden.

(Beifall bei der FDP – Anhaltende Unruhe)

Moment, Herr Kollege. – Meine Damen und Herren, ich würde die SPD-Kollegen bitten, eine kleine Lärmpause zu machen, damit Kollege Lenders weitersprechen kann.

Meine Damen und Herren, es kann natürlich sein, dass die GRÜNEN das Reisen grundsätzlich falsch finden, vor allem das Reisen mit dem Flugzeug. Das müssen Sie dann nur Ihren eigenen Wählern beibringen. Nach unseren letzten Untersuchungen sind es gerade die GRÜNEN-Wähler, die am meisten von Flugzeugen Gebrauch machen. Aber das müssen Sie schon mit sich selbst ausmachen.

(Florian Rentsch (FDP): So ist es! – Minister Tarek Al-Wazir: Im Gegensatz zu euch!)

Die Fluggesellschaften müssen auch künftig in der Lage sein, in modernes Fluggerät zu investieren. Wir als FDP mit den Ministern Rentsch und Posch haben immer darauf gesetzt, dass wir im Einklang mit der Region ein Bündel an Maßnahmen finden, um die Lärmbelastung für die Menschen zu reduzieren. Wir haben gerade auf technische Innovationen beim Fluggerät gesetzt, wir haben auf neue Anflugmethoden gesetzt.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Meine Damen und Herren, wenn Sie weitere Betriebsbeschränkungen am Frankfurter Flughafen zulassen, ist die Ertragssituation der Gesellschaften eben nicht mehr so, dass sie in modernes Fluggerät investieren können. Am Ende erreichen Sie genau das Gegenteil.

(Beifall bei der FDP)

Aber ich gebe zu, dass man nichts unversucht lassen darf, um die Lärmbelastung der Menschen in der Region zu minimieren. Wenn dieses Modell jetzt dazu geeignet ist, wollen wir uns dieses Modell auch genauer betrachten.

Ich persönlich habe allerdings die Befürchtung, dass es zu mehr Ausnahmegenehmigungen nach 23 Uhr kommt. Die FDP hat immer für ein echtes, rechtssicheres Nachtflugverbot gekämpft, im Einklang mit dem Ausbau des Frankfurter Flughafens. Wir haben immer gesagt: Das sind zwei Seiten einer Medaille. – Wenn es durch dieses neue Modell tatsächlich dazu kommt, dass es nach 23 Uhr mehr Ausnahmegenehmigungen gibt, weil es dann nicht mehr in der Verantwortung der Fluggesellschaften liegt, haben Sie den Menschen in der gesamten Region allerdings einen Bärendienst geleistet. Dann wird es nach 23 Uhr insgesamt lauter. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Lenders. – Das Wort hat Herr Abg. Boddenberg, Fraktionsvorsitzender der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst will ich sagen, dass es kein Zufall ist, dass heute sowohl die Fraktion der GRÜNEN als auch die Fraktion der CDU diesen gewaltigen Schritt in Richtung Lärmreduzierung zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde machen, sondern es ist ausdrücklich gewollt. Wir wollen damit deutlich machen – genau das ist auch gestern in der Pressekonferenz gesagt worden –: Es ist ein erheblicher und großer Schritt in Richtung Lärmreduzierung, von dem Zehntausende Menschen profitieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will mich zunächst sehr herzlich bei all denen bedanken, die daran beteiligt waren. Der FDP muss man hin und wieder sagen, wenn sie sich so sehr für die Belange und Interessen der Luftverkehrswirtschaft einsetzt, was in Ordnung ist und uns nicht unterscheidet, dass die Luftver

kehrswirtschaft selbst sehr viel weiter ist als die Liberalen im Hessischen Landtag.

Herr Kollege Al-Wazir, ich erinnere mich nicht, dass wir diese in den Gesprächen, die wir, vor allem Ihre Mitarbeiter, allen voran natürlich der Staatssekretär, in unzähligen Stunden mit Vertretern der Luftverkehrswirtschaft geführt haben, zu ihrem Glück gezwungen hätten. Ich erlebe eine Luftverkehrswirtschaft, die bereit ist, mit uns zusammenzuarbeiten, und die, wie ich finde, zu Recht erkannt hat, dass man, wenn man sich in diesem Land weiterentwickeln und große Infrastrukturvorhaben umsetzen und realisieren will, Rücksicht darauf nehmen muss, dass es Menschen gibt, die das nicht gut finden, weil sie negativ betroffen sind.

Dass diese Erkenntnis gewachsen ist, ist, wie ich finde, eine erfreuliche Entwicklung, und wir sollten denen, die sie offenkundig ernst nehmen, danken. Deswegen danke ich den Vertretern der Lufthansa, den Vertretern von BARIG, das ist die internationale Vereinigung der Fluggesellschaften, aber genauso danke ich natürlich den Vertretern von Fraport, allen voran dem Vorstandsvorsitzenden, und der Deutschen Flugsicherung. Wir haben gerade noch in dieser Woche sehr ausführlich über die Sicherheitsproblematik gesprochen, die immer oberste Priorität hat.

Insofern sage ich: Dass wir 40.000 Menschen haben, die zukünftig weniger Lärm haben werden, ist im Ergebnis nicht nur erfreulich – Frau Wissler, auch wenn Sie es nicht glauben wollen und dies weiterhin infrage stellen, statistisch gemessen vom UNH, von Fachleuten, wie Sie wissen, die sich von morgens bis abends mit der Lärmmessung und Zählung von Betroffenen befassen –, sondern damit haben wir auch einen großen Schritt in Richtung mehr Verständigung zwischen den Luftverkehrsunternehmen auf der einen und den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger und selbstverständlich den Anliegen der Landesregierung auf der anderen Seite erreicht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch selbstverständlich, dass wir weiterhin im Gespräch bleiben. Es ist selbstverständlich, dass wir die Empfehlung der Fluglärmkommission nicht einfach so entgegennehmen und sagen: „Das machen wir jetzt so“. Es ist zunächst einmal eine Probe für ein Jahr. In diesem wollen wir dann beweisen, und das werden wir, da bin ich sehr sicher, dass es diese Wirkung, die errechnet worden ist, auch gibt.

Frau Wissler, da Sie und andere, auch die FDP sagt das hin und wieder, immer mit dem Argument kommen, das sei ja nur ein Verschieben, sage ich: Ja, es ist nur „ein Verschieben“. Aber es ist ein erheblicher Unterschied, ob ich über bewohntes Gebiet oder beispielsweise über den Wald fliege. Das ist beispielsweise der Grund dafür, weshalb wir insbesondere in Offenbach, aber auch im Frankfurter Süden erhebliche Entlastungen haben, weil wir nicht mehr über die Dächer, sondern über den Stadtwald fliegen, und dort wohnt nun mal keiner.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Was ist mit Neu-Isenburg? Wohnt dort niemand? Meine Familie wohnt dort!)

Die Neu-Isenburger sind, wie Sie wissen, entlastet. Ich weiß nicht, ob Sie das nicht lesen oder aus Gründen der

Parteiräson nicht registrieren wollen, dass auch Neu-Isenburg selbstverständlich Entlastungen erfährt, und zwar am frühen Morgen, zu einer sehr sensiblen Zeit, zu der sich viele Menschen beschweren und zu der wir auch dort Verbesserungen haben werden.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sprechen Sie jetzt von sich oder von uns?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen wir uns doch einmal an, was die einzelnen Parteien zu dieser Flughafenentwicklung zu sagen haben. Ich bin mir bei den LINKEN nicht mehr sicher, ob sie noch bei den Bürgerinitiativen sind, die ja fordern: Landebahn wieder schließen! – Das habe ich heute nicht gehört. Wenn Sie bestätigen, dass Sie diese Forderung weiterhin erheben,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, natürlich!)