Protokoll der Sitzung vom 06.02.2014

Die Redezeit ist ein bisschen – –

Herr Präsident, mein letzter Satz. – Wir werden genau beobachten, ob Sie wirklich umsetzen, was drinsteht, ob Sie an die Betriebsgenehmigung herangehen, an den Planfeststellungsbeschluss, und wie Sie zukünftig mit den Investoren in Hessen umgehen werden. Das werden wir genau beobachten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. René Rock (FDP))

Vielen Dank, Kollege Weiß. – Das Wort hat der Abg. Frank Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es ist schon eine merkwürdige Debatte. Herr Kollege Weiß, wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über. Das haben Sie eben gerade gezeigt. Erst arbeiten Sie sich an den LINKEN ab, und dann sagen Sie, Sie wollen ganz genau hinschauen. Gute Idee – so genau hinschauen, wie wir auf die Berliner Koalitionsvereinbarung schauen, die Ihr Landesvorsitzender mit ausgehandelt hat. Dort steht drin:

Generelle Betriebsbeschränkung mit einem Nachtflugverbot lehnen wir ab.

Das heißt, Sie wollen zurück, aus dem Nachtflugverbot heraus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das ist in der Tat ein besonderer Aspekt.

Meine Damen und Herren, von daher kann ich nur sagen: Die Debatte, die wir gerade haben, zeigt,

(Zurufe von der CDU und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

wie hervorragend doch die Koalitionsvereinbarung, die wir GRÜNE mit der CDU beschlossen haben, gerade beim Thema Flughafen ist. Der Kollege Dr. Arnold hat uns einen Teil zitiert. Ich hänge mich direkt an dieses Zitat an. Das letzte war die Darstellung der Wettbewerbsfähigkeit, und dann kommt zum Flughafen:

Er liegt allerdings in einer sehr dicht besiedelten Region, sodass sein Betrieb auch mit erheblichen Belastungen für seine Umwelt verbunden ist; demgemäß kann die wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens nicht alleiniger Maßstab der Politik sein. Diese Feststellungen sind übereinstimmende Grundlage beider Koalitionspartner für die gemeinsam zu verantwortende Flughafenpolitik, …

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, genau so ist es. Die Grundlage der Vorredner war es offensichtlich nicht, und leider – aus meiner Sicht – offensichtlich auch noch nicht die Grundlage der Geschäftspolitik der Fraport AG.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Man mag zur Entschuldigung vorbringen, dass deren Anträge über das Incentive-Programm gestellt wurden, bevor sie die Koalitionsvereinbarung lesen konnten.

Zum Inhalt des Incentive-Programms kann man in der Tat unterschiedlicher Meinung sein. Herr Kollege Lenders, was Sie dargestellt haben, das ist eine Position, die dadurch charakterisierbar ist, dass Sie keine Ahnung haben – Entschuldigung. Denn Sie sprachen von dem Lärm des A 380 beim Landen. Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass das Incentive-Programm ausdrücklich und ausschließlich für Starts gilt und die Lärmentwicklung des A 380, des

schwersten Flugzeugs, das wir haben, super heavy, gerade beim Start natürlich deutlich größer ist als das von leichteren. Insoweit haben Sie, wie man früher sagte, Äpfel mit Birnen verglichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, ich sagte schon, das IncentiveProgramm kann man unterschiedlich beurteilen. Aus meiner Sicht sage ich: Ich halte es für falsch. Frau Kollegin Wissler, gleich dazu: Was falsch ist, muss noch nicht rechtswidrig sein. Umgekehrt ist es immer der Fall: Was rechtswidrig ist, ist auch falsch. Aber was falsch ist, muss nicht rechtswidrig sein. Nach unserer Rechtsordnung ist dieses Programm nicht rechtswidrig, und auch sein Zustandekommen ist nicht rechtswidrig.

Man mag das bedauern. Vielleicht ist das eine oder andere an unserer Rechtsordnung modernisierbar oder korrigierbar. Das will ich durchaus dahingestellt sein lassen. Aber das Argument, man könne es einfach zurücknehmen, ist hinreichend abgeräumt. Da liegen Sie wieder einmal völlig falsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielleicht liegen Sie auch deshalb falsch, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, weil Sie noch nicht verstanden haben, was Rechtsstaat ist, im Gegensatz zum Willkürstaat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – lebhafter Beifall und Zurufe von der CDU – Her- mann Schaus (DIE LINKE): Ach du lieber Gott!)

Im letzteren Fall kann man sagen, man nimmt es einfach zurück – nach dem Motto: Der Fürst kommt jetzt zu einem anderen Ratsschluss und nimmt es zurück.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Und das nach dem Biblis-Urteil!)

In einem solchen System leben wir nicht.

Kollege Kaufmann, Kollege Lenders wollte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Herr Präsident, bei einer Redezeit von fünf Minuten geht das leider nicht. Ich möchte Ihnen noch die Gründe erläutern, warum ich dieses Incentive-Programm eher für falsch halte.

Erstens hat es aus meiner Sicht mit Lärmschutz nichts zu tun. Wenn es insgesamt 16 Lärmkategorien gibt und zwölf davon lärmarm sein sollen, da merken Sie schon, sozusagen mit einfacher Mathematik: Das kann nicht richtig sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Allerhöchstens das unterste Drittel könnte man als lärmarm bezeichnen.

Zweitens. Die Schranke bis 88 dB ist so gewählt, um den A 380 beim Starten gerade noch unterzubringen. Natürlich ist auch das keine Lärmarmut.

Drittens. Das Programm soll natürlich die Nachfrage anfeuern, zusätzliche Nachfrage schaffen. Und dann kommt noch ein rein ökonomisches Argument. Die Ökonomen lehren einen immer: Oligopole – und internationale Flughafenkonkurrenten sind ein Oligopol – sollten sich nicht mit Rabattprogrammen gegenseitig mit ihren Preisen in den Ruin schaffen. Es ist ein grober Fehler, hier Preisnachlässe zu geben. Denn der Nächste folgt darauf, und am Ende ist nicht nur die Rendite weg – was vielleicht auch uns als Land interessiert –, sondern dann sind auch die Arbeitsplätze gefährdet.

Kollege Kaufmann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Zwischendrin gab es so viel Begeisterung, die muss ich jetzt zeitlich auf meine Kappe nehmen. Das ist schade.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Aber es bleibt dabei: Das Incentive-Programm wird in diesem Jahr so fortgesetzt werden. Die nächste Bearbeitung des Entgeltprogramms der Fraport, einschließlich des Genehmigungsverfahrens, wird vom Wirtschaftsminister AlWazir durchgeführt werden. Dann können wir uns über die Details, insbesondere was lärmarme Flugzeuge und lärmlaute Zuschläge angeht, hier gerne wieder genauer unterhalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Kollege Kaufmann. – Das Wort hat der Staatsminister Al-Wazir.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Linksfraktion verlangt die Rücknahme des Programms „FRA Connect“. Ich stelle fest: Es handelt sich um eine bereits ergangene rechtsverbindliche Verwaltungsentscheidung, in diesem Fall eine Entscheidung meines Amtsvorgängers. Diese aufzuheben erfordert, unabhängig von der Frage der Inhalte, gewisse rechtliche Voraussetzungen. Frau Kollegin Wissler, diese rechtlichen Voraussetzungen habe ich nach Übernahme des Amts gewissenhaft geprüft. Ich kann Ihnen sagen: Man mag zu Anreizprogrammen stehen, wie man will, aber die erteilte Genehmigung ist rechtmäßig und damit rechtsbeständig.

Dem Land kommt als Genehmigungsbehörde die Befugnis zu, eine vorgelegte Entgeltordnung auf die Einhaltung zwingender rechtlicher Anforderungen zu prüfen. Sind diese Anforderungen erfüllt, muss die Genehmigung erteilt werden.

Ich sage es ausdrücklich: Rechtlich war nicht zu beanstanden, was die Landesregierung im vergangenen Dezember getan hat.

Die Argumentation mit den nicht eingehaltenen Anhörungsfristen ist – wie soll ich es ausdrücken? – etwas erstaunlich. Frau Kollegin Wissler, diese Anhörungsfristen stehen zum Schutz der Luftfahrtunternehmen im Luftverkehrsgesetz, und zwar deswegen, damit die Unternehmen in dem Fall, dass Entgelterhöhungen drohen, ihre Preise rechtzeitig anheben können und keine Tickets auf einer falschen Berechnungsgrundlage verkaufen. Deswegen stehen diese Fristen im Gesetz. Wenn die durch diese Fristen geschützten Airlines auf die Einhaltung genau dieser Schutzfristen verzichten – weil sie diese Änderungen wollen und es eben nicht um Preiserhöhungen geht –, dann ist die Argumentation, deswegen sei die Genehmigung rechtswidrig erfolgt, leider nicht richtig. Frau Kollegin Wissler, deswegen ist diese rechtliche Entscheidung nicht zu beanstanden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin allerdings nicht ins Amt gekommen, um die Entscheidungen meines Amtsvorgängers politisch zu rechtfertigen. Ich will meinen Blick stattdessen lieber in die Zukunft richten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Verkehrsministerium bewilligt jährlich die Entgeltordnung des Frankfurter Flughafens. Dabei sind, wie ich bereits gesagt habe, die Grenzen der gesetzlichen Grundlagen zu beachten. Aber innerhalb dieser Grenzen möchte ich in Zukunft die verbleibenden Spielräume so weit wie möglich nutzen, um das Steuerungsinstrument Flughafenentgelte im Interesse von mehr Fluglärmschutz mit Nachdruck einzusetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es ist mir und auch der Koalition – wie Sie in der Koalitionsvereinbarung lesen können – ein Anliegen, die erforderliche Steuerung des wirtschaftlichen Verhaltens der Airlines auch über das zentrale Instrument des Wirtschaftsverkehrs zu bewirken. Das ist nun einmal der Preis. Ich sage Ihnen ausdrücklich: Es geht uns darum, Anreize zu setzen, dass alle Anstrengungen und Mittel in leiseres Fluggerät investiert werden. Genau zu diesem Zweck sind jedes Jahr die Entgeltordnung, die Lande- und Startentgelte neu zu betrachten, damit wir das Ziel erreichen, dass die Luftverkehrsgesellschaften ein großes Interesse daran entwickeln, Frankfurt mit lärmärmeren Fluggerät anzufliegen, als sie es bisher tun. Der Weg wird herausfordernd sein, aber ich glaube, er lohnt sich.