Worin bestehen nun die Neuerungen? Die Nachwuchsmediziner werden für eine ärztliche Tätigkeit auf dem Land motiviert. In der Famulatur erhalten sie vom Land 600 € monatlich, wenn sie in der Landarztpraxis absolviert wird. Hier entsteht der erste Kontakt zwischen den Studierenden und den Patienten. Insofern ist dies auch prägend.
Die Institute für Allgemeinmedizin erhalten weiterhin Mittel, damit der Pflichtkurs interessant und qualifiziert abgehalten werden kann. Die KV unterstützt die Studierenden im Praktischen Jahr mit ebenfalls 600 € pro Monat, wenn sie das Wahlfach Allgemeinpraxis oder Kinderarztpraxis auf dem Land ableisten. So wird die kommende Medizinergeneration an eine ärztliche Tätigkeit auf dem Land herangeführt.
Die zweite wesentliche Weiterentwicklung des Gesundheitspakts besteht in der Einbeziehung weiterer Partner. Die Mitwirkung der ambulanten Pflege und der Träger von Betreuungseinrichtungen für alte Menschen trägt dem demografischen Wandel Rechnung und würdigt insbesondere die interdisziplinäre Zusammenarbeit von medizinischen, pflegerischen und psychosozialen Dienstleistungen am Menschen. Die Bedeutung der wohnortnahen Versorgung mit Medikamenten wird durch die Aufnahme der Apotheker dokumentiert.
Kernpunkt bleibt die finanzielle Unterstützung von Praxisneugründungen in mangelversorgten Gebieten. Nach Regelung der Antragsverfahren und Prüfung, inwieweit das Versorgungsstärkungsgesetz des Bundes hierbei berücksichtigt werden muss, sind die Paktpartner auf einem guten Wege, dass noch in diesem Jahr wieder Gelder zur Ansiedlungsförderung fließen werden.
Es besteht darüber hinaus auch ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Hessischen Gesundheitspakt und dem im parlamentarischen Gang befindlichen Versorgungsstärkungsgesetz. Wir werden die Unterversorgung im ländlichen Raum beheben. Das Versorgungsstärkungsgesetz regelt den Abbau von Überversorgung, wenn die Vertreter der Ärzteschaft dem vor Ort zustimmen und die Qualität der Versorgung erhalten bleibt.
Es ist erfreulich, dass im Gesundheitspakt auch die Kassenärztliche Vereinigung die Auswirkungen des Versorgungsstärkungsgesetzes beobachten und bewerten will – wohlgemerkt, in dieser Reihenfolge. Die Äußerung der KV gestern in der „FAZ“, dass das Bundesgesetz die Versorgung beeinträchtige, bedarf der Korrektur.
Das Bundesgesetz reduziert nicht die Zahl der Praxisstandorte. Es leistet einen Beitrag zum Ausgleich der Über- und Unterversorgung. Das Gesetz wird im Bundesrat verbessert, vor allem durch hessische Initiativen. Gesundheits
Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen werden durch den Gesundheitspakt dafür sorgen, dass eine hoch qualifizierte, zugewandte, wohnortnahe ambulante Medizin auch den Menschen im ländlichen Raum angeboten werden kann. – Besten Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir GRÜNE finden, wie mein Vorredner von der CDU schon gesagt hat, den Gesundheitspakt einen wichtigen und richtigen Schritt für eine gute Gesundheitsversorgung im Land Hessen. Ich möchte einige Eckdaten nennen. Unter den elf Partnern, mit denen dieser Gesundheitspakt abgeschlossen worden ist, sind vier neue Partner.
In sechs Themenblöcken werden 28 Maßnahmenpunkte behandelt. Bei den sechs Themenblöcken handelt es sich um die Initiative zur Stärkung von sektorenübergreifenden Kooperationen, um die Sicherung der ärztlichen und pharmazeutischen Versorgung, um den Ausbau von E-Health und telemedizinischen Strukturen in Hessen, um die zukunftsfähige Gestaltung der Pflege, um die Gestaltung einer Willkommens- und Anerkennungskultur, um die gesundheits- und pflegerische Versorgung für Menschen mit Migrationshintergrund und schließlich um das Gesundheits- und Pflegesystem für Menschen mit Behinderungen. Mit diesen 28 Maßnahmenpunkten werden insgesamt 4 Millionen € ausgeschüttet. Wir finden, dass dieser Gesundheitspakt ein gelungenes Werk ist.
Kollege Dr. Bartelt hat es schon gesagt, wir danken den Partnern, auch der Landesregierung, die die Fortsetzung des Gesundheitspakts organisiert hat. Sie nimmt sich auch erneut der Frage an, wie wir mit den veränderten Lebensbedingungen im ländlichen Raum umgehen. Wir wissen, dass im ländlichen Raum weniger Menschen wohnen werden. Besonders betroffen – das beschreibt der Gesundheitspakt selbst auch noch einmal sehr gut – sind drei Kreise, darunter der Vogelsbergkreis und der Werra-MeißnerKreis. Weniger Menschen bedeuten auch weniger Bedarf an ärztlicher Versorgung. Deshalb ist auch die Attraktivität für neue Ärzte, sich dort anzusiedeln, geringer. Deswegen muss die staatliche Versorgungspolitik darauf achten, Anreize zu schaffen und die ärztliche und gesundheitliche Versorgung durch kreative Lösungen sicherzustellen. Das könnte beispielsweise durch medizinische Versorgungszentren oder andere Anreizprogramme geschehen.
Ich finde es auch wichtig, dass endlich das Thema des sektorenübergreifenden Fall- und Versorgungsmanagements angegangen wird. Was heißt das? Die Blöcke der ambulanten Versorgung und der stationären Versorgung werden stärker miteinander arbeiten. Für die Förderung der regionalen Gesundheitsnetze stellt der Gesundheitspakt 2,2 Mil
lionen € zur Verfügung. Das ist eine gute Entscheidung. Wir müssen mehr dafür tun, dass im ländlichen Raum eine gute medizinische Versorgung vorherrscht.
Es ist alles nicht von oben aufzuoktroyieren. Man kann es nicht befehlen, dass Menschen sich dort ansiedeln. Natürlich stellt sich für Mediziner die Frage, wenn sie mit Familien dorthin ziehen, ob sie Kinderbetreuungsangebote und kulturelle Angebote usw. dort vorfinden. All das ist eine Frage der Attraktivität des ländlichen Raums. Man kann nicht alles von Wiesbaden aus bestimmen. Wir finden es völlig richtig, dass bei der Ansiedlung von Ärzten oder der Übernahme von Landarztsitzen ein abgestuftes System von Fördermaßnahmen zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung eingesetzt wird. Das ist ein richtiger Schritt.
Ich möchte ein Highlight hervorheben. Herr Minister, mit den Stipendien für Medizinstudenten ist Ihnen etwas sehr Gutes gelungen. Sie können bis zu 600 € im Monat erhalten, damit sie schon während des Studiums die Anreize und die Schönheiten des ländlichen Raums erfahren. Das Praktikum wird von den Kassenärztlichen Vereinigungen finanziert, ebenfalls von 600 € bis zu 2.000 €.
Damit hat man ein gutes Highlight gesetzt, um schon frühzeitig darauf hinzuwirken, dass auch im ländlichen Raum eine gute Arbeitsstruktur vorgefunden werden kann und es auch ausreichend Bedarf gibt. Somit eröffnet man Medizinstudenten eine Perspektive und schafft Anreize, sich im ländlichen Raum anzusiedeln.
Ich fasse zusammen. Mit diesem Gesundheitspakt hat die Hessische Landesregierung gemeinsam mit den elf Partnern einen Abschluss erreicht. Das ist ein weiterer Baustein zur Reaktion auf den demografischen Wandel gerade im ländlichen Raum. Das ist ein richtiger und wichtiger Schritt für den Erhalt der gesundheitlichen Strukturen und der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Wir finden ihn sehr gelungen und bedanken uns bei allen Beteiligten. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ohne Zweifel ist es zu begrüßen, dass es in Hessen überhaupt diesen Gesundheitspakt gibt. Da hört es mit den Begrüßungen aber leider auch schon auf.
Allein die Liste der angekündigten Maßnahmen, die in diesem Gesundheitspakt aufgeführt werden, ist ein langes Verzeichnis dessen, was andere tun. Dabei engagiert sich die Landesregierung nicht oder allenfalls marginal. Oder es werden Punkte aufgeführt, die auf den ersten Blick sehr hübsch klingen, aber, wenn man diese Landesregierung kennt, einen doch eher mit Sorge erfüllen. Ich nenne nur das Thema Gesundheitsreport und Versorgungsatlas.
Das klingt wunderbar. Wir kannten einmal einen solchen Sozialbericht. Dieser Bericht war ein solches Dokument des Grauens und des Desinteresses. Das, was zu einem Versorgungsatlas in Hessen angekündigt ist, ist eher schon als Drohung zu verstehen.
Denn, meine Damen und Herren, ein Versorgungsatlas besteht nicht daraus, dass man aufschreibt, wo es welche Arztpraxen gibt, sondern man legt ein die Morbidität, den Krankheitsgrad, die regionalen Bedarfe, Mobilitätsfragen, Erreichbarkeit usw., also ein die tatsächliche Versorgung abbildendes Projekt dar. Daran ist allerdings ganz offenkundig nicht gedacht.
Denken wir an die regionalen Gesundheitskonferenzen. Das klingt wunderbar. Die sind einmal entstanden, indem man die Krankenhauskonferenzen dann Gesundheitskonferenzen genannt hat. Genauso sind sie auch für den Bereich der ambulanten Versorgung zuständig. Es gibt sechs Versorgungskonferenzen für ganz Hessen. Eine kleine Gruppe von einzelnen Interessenvertretern behandelt doch eher die Krankenhausversorgung. Gerade die Frage detaillierter regionaler ambulanter Versorgungsplanung kann gar nicht diskutiert werden, weil eine Versorgungsregion mit 80 bis 100 km Längenausdehnung für die hausärztliche Praxis völlig ungeeignet ist. Auch an der Stelle tut sich nichts.
Meine Damen und Herren, so könnte man die Liste fortsetzen, wenn man wollte. In all den Punkten zur Stärkung der flächendeckenden Versorgung, in denen die Landesregierung selbst gestalterisch tätig werden könnte, bleiben am Ende ein paar Subventionen für Praxisverkäufe übrig. Das hatten wir schon. Nein, das ist in seiner Gesamtheit sehr enttäuschend, wenn man an das Brimborium denkt, mit dem es angekündigt wurde.
Tatsächlich gibt es einige Punkte, die ein Fortschritt sind, z. B. die Förderung des kommunalen Engagements in Fragen der Gesundheitsversorgung. Das fordern wir seit der Enquetekommission „Demografischer Wandel“. Dass zwei Legislaturperioden später auch die Landesregierung der Linie folgt, finden wir durchaus bemerkenswert. Das ist, wie gesagt, ein Zeichen in die richtige Richtung.
Was die Frage der Motivation von Studierenden angeht, liegen wirklich wegweisende Vorschläge auf dem Tisch. Sie haben wenig mit der Landesregierung zu tun und viel damit, was die Fachbereiche Medizin der drei hessischen Universitäten mit Arztausbildung machen. Es hat etwas damit zu tun, wie sich insbesondere die Allgemeinmedizin engagiert. Würde die Landesregierung jetzt im Krankenhausgesetz die Frage der Weiterbildung, ihre Zuordnung und die Verpflichtung zur Teilnahme adäquat regeln und eine Krankenhausplanung machen, in der die Weiterbildung ein Bestandteil ist, dann wäre das Ganze noch viel erfolgreicher. Aber genau an der Stelle, an der die Landesregierung tätig werden könnte, bleibt es bestenfalls im Wolkigen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Eine Vielzahl von Kooperationspartnern engagiert sich in unterschiedlicher Intensität. Herr Kollege Bartelt hat schon
auf das nicht immer ganz einfache Verhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung, z. B. bei der Beurteilung des Abbaus der Überversorgung, hingewiesen. Ansonsten stellen wir fest, dass die Kooperationspartner durchaus engagiert sind. Würde sich die Landesregierung auch mit mehr Engagement daranmachen, kämen wir weiter.
Erlauben Sie noch einen letzten Punkt; denn auch in der Frage „Pflege zukunftsfest gestalten“ wird zu Recht auf das Problem des Fachkräftemangels eingegangen. Solange man nicht für ordentliche Arbeitsbedingungen sorgt, wird der Fachkräftemangel nicht in den Griff zu bekommen sein, meine Damen und Herren. Deshalb brauchen wir gesetzliche Personalmindeststandards für unsere Krankenhäuser, damit denen, die da arbeiten sollen und die das für ganz wenig Geld und mit ganz viel Engagement tun, endlich Arbeitsbedingungen geboten werden, die ihrer Tätigkeit angemessen sind. Dann kämen wir weiter. Bis zu einer wirkungsvollen Förderung der Gesundheitspolitik durch die Landesregierung ist es auch mit diesem Pakt noch ein weiter Weg. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass sich die Landesregierung der gesundheitlichen Versorgung der Menschen annimmt und ihr einen hohen Stellenwert beimisst. Dass sie dafür viele Partnerinnen und Partner ins Boot geholt hat, ist gut; schließlich können wir nicht von einer guten Versorgung im ganzen Land sprechen.
In den ländlichen Regionen fehlen schon jetzt Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner, Fachärztinnen und Fachärzte, Kinderärztinnen und -ärzte, insbesondere der psychiatrischen Art. Ärztinnen und Ärzte, die jetzt ihre Praxis aufgeben wollen, finden keinen Nachfolger oder keine Nachfolgerin. In den nächsten zehn Jahren wird mehr als die Hälfte der Hausärztinnen und -ärzte in den Ruhestand gehen, und wir sehen nicht, wo der Nachwuchs herkommen soll. Deshalb ist es gut, die Medizinstudierenden zu fördern. Ob sich aber eine Landarztpraxis mit bis zu 14 Stunden Einsatz pro Tag mit 2.400 € im Studium – einmalig, nicht ständig – versüßen lässt, da sehe ich eher den berühmten Tropfen auf dem heißen Stein.
Bei einem Tempo von bisher 50 Ärztinnen und Ärzten, die in den letzten vier Jahren mit finanziellen Anreizen angenommen wurden, werden wir es nie schaffen, 2.000 Praxen in zehn Jahren zu besetzen. – Herr Dr. Bartelt, die Anstrengung, die es bräuchte, müsste um den Faktor 16 erhöht werden.
Zuerst einmal sollte der Hausarztberuf aufgewertet werden. Dies würde helfen, die Überlastung in den Facharztpraxen zu verringern. Wenn Hausärztinnen und Hausärzte gut ausgebildet sind und zusätzliche Qualifikationen haben, beispielweise im Bereich Diabetologie, könnten sie ihrer Funktion als Lotsen im Gesundheitswesen besser nachkommen.
Alle Kliniken sollten in die Ausbildung der Allgemeinmedizin einbezogen werden. Der Zugang zum Medizinstudium sollte kein Tabu sein. Beispielweise könnten mehr Studienplätze an Personen vergeben werden, die Berufserfahrung in einem medizinischen Beruf mitbringen und dann erklären, dass sie in Hessen bleiben wollen.
Sind die besten Schulnoten wirklich die beste Voraussetzung dafür, Arzt oder Ärztin zu werden? Junge Ärztinnen und Ärzte wollen in Teams arbeiten. Sie wollen ein Anstellungsverhältnis, können oft die Ablösesumme für eine Praxis nicht aufbringen. Nicht umsonst werden medizinische Versorgungszentren immer attraktiver. Deshalb haben wir überhaupt kein Verständnis dafür, dass in dem Gesundheitspakt festgelegt ist, dass es Kommunen nicht möglich sein soll, Arztsitze aufzukaufen und medizinische Versorgungszentren zu gründen.
Wir brauchen eine bedarfsgerechte Planung der Gesundheitsversorgung. Wir erwarten von der Landesregierung, dass entscheidende Schritte auf dem Weg zur Entwicklung der regionalen Gesundheitskonferenzen gegangen werden. Die Landkreise und kreisfreien Städte sollen in ihrem Gebiet die Bedarfsplanung machen. Dann brauchen sie aber auch die Möglichkeiten, um die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Hier fehlt es im Pakt nicht nur an Kompetenzen und regionalen Strukturen, sondern auch an finanziellen Mitteln.