Drittens sind wir uns bewusst, das sollte die Debatte auch ein Stück weit beruhigen, dass nicht allein die Hessische Landesregierung diese Änderung herbeiführen kann, sondern dass dazu eine Änderung des Glücksspielstaatsvertrages notwendig ist. Das ist derzeit nicht absehbar. Alle Beteiligten sind aufgerufen, an einer Lösung mitzuarbeiten. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon eine merkwürdige Debatte, dass diejenigen Fraktionen, die den Glücksspielstaatsvertrag auf den Weg gebracht und ihn verabschiedet haben, heute sagen: Das war alles falsch. – Kollege Greilich, bei aller Wertschätzung in vielen anderen Belangen, Ihre Argumentation ist nicht neu, sie wird dadurch allerdings nicht besser. Sie erweisen sich als Lobbyist des sogenannten freien, also unregulierten Markts. Das ist nicht die Position der sozialdemokratischen Fraktion. Wir wollen eine Regulierung des Glücksspielmarktes, soweit es geht, weil wir auch die gesellschaftlichen Folgen gemeinsam zu verantworten haben.
Wir haben kein Interesse daran, dass Anbieter aus Malta oder Gibraltar jetzt zugegebenermaßen noch illegale Gewinne machen und der deutsche Steuerzahler und das deutsche Gemeinwohl davon nichts haben. Deswegen brauchen wir eine Regulierung. Die vorhandene Grauzone ist nicht akzeptabel. Der Markt für Sportwetten muss vernünftig geregelt werden. Immerhin reden wir von einer Summe von geschätzt 8 Milliarden € bei den Geldgewinnspielen an illegalen Standorten. Beim Onlinecasino reden wir von einem Volumen von 8 bis 9 Milliarden €. Der private Sportwettenmarkt umfasst ein Volumen von geschätzt bis zu 4 Milliarden €. Es handelt sich also um über 20 Milliarden €, die illegal umgesetzt werden.
Kollege Klee hat neulich im Innenausschuss gesagt: Wenn ihr durch das schöne Biebrich geht und die dunklen Scheiben in den Häusern seht, dann wisst ihr, das sind nicht nur schöne Geschäfte, dort wird illegal gezockt. Das Gemeinwohl hat davon nichts. – Deswegen brauchen wir vernünftige Regelungen.
Dem Glücksspielstaatsvertrag haben übrigens 15 Länder zugestimmt. Jetzt sagen die GRÜNEN: 14 Länder sehen das anders. – Damit haben die GRÜNEN ein Alleinstellungsmerkmal. Es kann ja auch sein wie bei einem Geisterfahrer, dass nicht die hessische Position die richtige ist, sondern dass die Position, die die 14 anderen Bundesländer vertreten, die richtige ist. Das könnte auch sein. Darüber würde ich einmal nachdenken.
Meine Damen und Herren, aus diesem Grund haben wir ein Vollzugsdefizit in diesem Bereich. Etwas Illegales sollten wir gemeinsam unterbinden, damit wir diese Auswüchse nicht mehr haben. Die illegalen Anbieter verstoßen gegen den Glücksspielstaatsvertrag und leisten keine Abgaben in Deutschland.
Eine Zahl hat Jürgen Frömmrich genannt: Ja, die Destinatäre profitieren in Hessen beispielsweise mit rund 125 Millionen € von den Einsätzen bei Toto-Lotto. Das Land Hessen profitiert noch einmal von weiteren Einnahmen von rund 225 Millionen € durch die Wettsteuer und zweckgebundene Abgaben. Das ist auch in Ordnung. Damit leisten
wir einen Beitrag zur Finanzierung gesamtstaatlicher Aufgaben im Interesse des Gemeinwohls. Wir haben nichts davon, wenn Aktionäre und Inhaber von bwin und Tipico dicke, fette Gewinne einfahren. Es ist klar, dass Organisationen aus dem Profisport es möglicherweise begrüßen, wenn alles freigegeben wird, weil sie dadurch hohe Einnahmen haben. Daran haben wir kein Interesse. Mir ist es lieber, wir fördern etwa den Amateursport oder Kulturereignisse in Hessen. Davon haben wir als Steuerzahler alle etwas. Das Profitinteresse darf nicht an allererster Stelle stehen.
Herr Staatssekretär Koch, deswegen gibt es auch noch eine Verantwortung des Landes, nämlich den Glücksspielstaatsvertrag konsequent umzusetzen. Gehen Sie konsequent gegen illegale Anbieter und Angebote vor. Hessen hat sich damals darum gerissen, das Konzessionsverfahren unbedingt durchführen zu wollen. Das würden Sie heute wahrscheinlich auch nicht mehr machen. Auch da gibt es Hinweise, dass die Verfahren, so wie sie geführt werden, aus juristischer Sicht nicht mit einem Prädikat zu versehen sind. Deswegen muss dieser Glücksspielstaatsvertrag umgesetzt werden. Dafür gibt es keine politischen Mehrheiten. 14 Länder von 16 sehen es anders. Die FDP können wir vernachlässigen, ich glaube, sie gehört keiner Regierung mehr an. Insofern ist ihr Einfluss eher übersichtlich. Sei es drum.
Diejenigen, die gegen diesen Glücksspielstaatsvertrag sind, haben ein Interesse, dass es nicht zu vernünftigen Regelungen kommt. Der Zustand, so wie er jetzt ist, beschert den Tipicos und den Bet-and-win-Anbietern hohe Gewinne. Wir haben kein Interesse daran.
Herr Staatssekretär Koch, sagen Sie doch bitte hier und heute, wie Sie mit diesen illegalen Wettangeboten umgehen. Nach einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt es eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung, Glücksspiel zu regulieren und die Spielsucht zu bekämpfen, weil die gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen von der Allgemeinheit bezahlt werden.
Wer sich hierhin stellt und sagt, alles sei gescheitert, muss Alternativen anbieten. Zu sagen: „Wir geben die Begrenzung der Konzessionen auf, und der Markt wird es regeln“, das halte ich für eine zu naive Einstellung. Deswegen sind zunächst die Bundesländer gefordert, auch den Glücksspielstaatsvertrag konsequent umzusetzen. Diese Konsequenz vermissen wir allerdings in Hessen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Greilich, ich kann Ihnen aus dem Kamingespräch noch nichts berichten. Dieses findet erst im Laufe des heutigen Nachmittags statt. Es gibt also noch keine Ergebnisse.
Meine Damen und Herren, die in der Debatte geäußerten Positionen spiegeln die Schwierigkeiten in der Änderung des Regulierungsrahmens bei den Sportwetten und anderen Bereichen im Glücksspielstaatsvertrag 2012 wider. Wir müssen uns aber auch mit der Gegenwart befassen.
Erstens. Die Konzessionsverfahren für 20 Konzessionen gemäß Staatsvertrag durchzuführen, ist unsere Aufgabe. Das mag man heute beklagen oder nicht, diese Aufgabe haben wir zu erfüllen. Das ist eine schwierige Aufgabe. Juristen wissen, was es bedeutet, ein solches Auswahlverfahren durchzuführen. Es ist nicht richtig, von vornherein zu sagen, es sei rundherum versemmelt worden. Das tut den Mitarbeitern weh, und das ist auch nicht gerechtfertigt.
Wir befinden uns im laufenden Klageverfahren. Die Anforderungen müssen wir im Klageverfahren vertreten. Wir können diese Aufgabe nicht einfach hinwerfen, oder was immer Sie meinen, Herr Schaus. Auch wenn wir es machten und zu einem Auswahlverfahren von neuen 20 Konzessionen kämen, gäbe es mehr als 20 Bewerber. Dann wären wir wieder in derselben Situation.
Zweitens. Die Hessische Landesregierung kann nicht allein den Regulierungsrahmen im Sportwettenbereich im Glücksspielstaatsvertrag 2012 ändern. Das geht nur mit einer breiten Mehrheit aller Länder. Das wissen Sie auch, wie ich hier gehört habe.
Die Hessische Landesregierung kann aber sehr wohl ihre Vorstellungen zu möglichen Änderungen des Regulierungsrahmens äußern. Das bedeutet, das haben wir auch gehört, den Wegfall des Deckels und eine qualitative statt quantitative Konzessionierung. Sie kann auch bei den anderen Ländern dafür werben. Meine Damen und Herren, genau das tut die Hessische Landesregierung an verschiedenen Stellen immer wieder. Zu diesen gehören nicht nur die Konferenz der Regierungschefs, die Konferenz der Chefs der Staatskanzleien, sondern auch die Konferenz der Innenminister und die Konferenz der Sportminister. Aber auch die öffentliche Kommunikation gehört zu den verschiedenen Stellen. Es ist schon gesagt worden: Minister Beuth hat die Vorstellungen der Hessischen Landesregierung in der „FAZ“ vom 12. Juni entsprechend geäußert, unter dem Titel:
Insofern könnte durchaus der Titel der Aktuellen Stunde der Fraktion der FDP richtig lauten: Regierung Bouffier setzt sich für klaren Regulierungsrahmen bei Sportwetten ein – qualitative statt quantitative Konzessionierung.
Meine Damen und Herren, einer muss ja anfangen, und das ist die Hessische Landesregierung, die darum wirbt. Das ist gut so. Denn die Hessische Landesregierung handelt, statt zu reden.
Sie, meine Damen und Herren, sind herzlich dazu eingeladen, über Ihre Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ländern für Änderungen des Glücksspielstaatsvertrages zu werben. So könnten wir gemeinschaftlich aus eigener Kraft den Regulierungsrahmen aus der Sackgasse bewegen, ohne dass uns Gerichte dazu verpflichten. Treten Sie ein für eine qualitative statt quantitative Begrenzung der Sportwetten. Erst dann werden wir den Regulierungsrahmen, so wie wir ihn wollen, durchsetzen können.
Herr Greilich, Ihre Äußerungen sind identisch mit denen der Glücksspielindustrie; darauf hat auch Herr Rudolph hingewiesen. Wir hingegen sprechen von einem Ordnungsrahmen, der sich an den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages 2012 orientiert und diese Ziele unter anderem durch den schon genannten Regulierungsbedarf materiell und strukturell sichert.
Meine Damen und Herren, die Hessische Landesregierung bereitet den Weg, dem die Ministerpräsidenten im Sinne der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages 2012 und im Interesse der Steuerzahler eigentlich spielend folgen können. Herr Rudolph, wenn Sie angesprochen haben, was wir machen – –
Herr Rudolph, Sie haben es angesprochen: Was tut die Landesregierung? – Wir befassen uns mit der Thematik, und nicht nur lapidar. Ich weise auch darauf hin – das soll jetzt kein Trost sein, aber immerhin –, von einigen Illegalen führen 39 sogar Steuern an das Finanzamt ab. Damit will ich aber keine Entschuldigung äußern, sondern ich will nur sagen, es ist nicht unter den Tisch gekehrt. Wir kümmern uns darum. Es gibt auch Dinge – aber dann würde ich einen Bereich offenbaren, den ich so an dieser Stelle nicht offenbaren kann, wo wir auch zusammenarbeiten, um Steuern eintreiben zu können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde („Niemals haben wir un- ser gemeinsames Haus so schlecht behandelt und ver- letzt wie in den letzten beiden Jahrhunderten“ – Um- welt-Enzyklika von Papst Franziskus weist den Weg auch für Hessen) – Drucks. 19/2097 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor Kurzem wurde die Umwelt-Enzyklika, vielmehr die Enzyklika „Laudato si“, von Papst Franziskus über die Sorge für das gemeinsame Haus in die Öffentlichkeit gebracht.
Um es gleich vorwegzunehmen, wir haben uns diese Enzyklika sehr gut angesehen und konnten feststellen, dass sehr viele dieser Inhalte, gerade was den Umweltbereich angeht, mit unserer grünen Programmatik absolut vereinbar sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es sind natürlich auch Bereiche dabei, die wir so nicht teilen. Aber gerade das, was in diesem Bereich zur Umwelt gesagt wurde, ist es wert, und deshalb haben wir auch die Aktuelle Stunde beantragt, dass das auch hier im Hessischen Landtag erörtert wird.
Nie zuvor hat ein Papst in seiner Enzyklika eine solch umfassende Beschreibung von Umweltproblemen vorgenommen. Wir stellen auch fest, dass die mahnenden Worte von Papst Franziskus damit gleichzeitig die aus der Genesis, das ist das erste Buch der Bibel, stammende Aussage „Macht Euch die Erde untertan“ infrage stellen.
Sie wissen, dass diese Aussage gerade in der Vergangenheit immer wieder mit Wachstum und Fortschritt in Verbindung gebracht und der Umweltverbrauch eigentlich als logische Konsequenz akzeptiert wurde. Tiere, Pflanzen, Wasser, Boden und Bodenschätze wurden als unbegrenzt nutzbare Rohstoffe betrachtet. Mit seiner Mahnung: „Niemals haben wir unser gemeinsames Haus so schlecht behandelt und verletzt wie in den letzten beiden Jahrhunderten“, macht Papst Franziskus deutlich, dass wir Menschen umsteuern müssen – eine Botschaft, die sich nicht nur an Milliarden von Menschen richtet, die weltweit dem katholischen Glauben angehören, sondern an alle Menschen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine unglaubliche Chance, denn Papst Franziskus ist eine Autoritätsperson. Das muss man unterstützen, wenn in diese Richtung solche Aussagen kommen.
Für uns GRÜNE sind die in der Enzyklika angemahnten Inhalte für die Umwelt schon längst Bestandteil unserer Politik. Unser Ziel war und ist es, die Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen zu bewahren. Es liegt in unser aller Verantwortung, sorgsam mit den Schätzen der Natur umzugehen. Ich hoffe, dass wir uns im Hessischen Landtag alle einig sind, dass nur durch einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Umgang mit der Natur unsere Kinder und Kindeskinder die Chance haben, in einer intakten Umwelt zu leben.