Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke zunächst für die ausgewogene Berichterstattung zum Spiel der Landtagself und den freundlichen Applaus. Ich sage immer: Wichtig ist auf dem Platz, und der ist heute Morgen hier. – Deshalb will ich auch gleich zu Beginn für meine Fraktion klar und unmissverständlich feststellen: Wir wenden uns entschieden gegen die bei der Post AG beabsichtigte Flucht aus tariflichen Vereinbarungen und der Mitbestimmung.
Wir fordern den Vorstand der Post AG auf, mit ver.di über eine konstruktive Lösung des Konflikts im Haustarif zu verhandeln. Die geltende Vereinbarung zum Ausschluss der Fremdvergabe von Zustellbezirken und die Mitbestimmung müssen geachtet werden.
Zum Schluss fordern wir den Vorstand der Post AG auf, die Nutzung von Werkverträgen und Leiharbeit zum Unterlaufen des Streikrechts unverzüglich einzustellen.
Dies ist die klare Botschaft, die auch vom SPD-Parteikonvent ausgegangen ist, bei dem übrigens der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Post AG zugegen war und auch gesprochen hat. Dem schließen wir uns heute Morgen ausdrücklich an. Insofern erklären wir uns solidarisch mit den Beschäftigten der Post, die ich auf der Zuschauertribüne ganz herzlich begrüßen darf, meine Damen und Herren.
Ein kleiner Hinweis an Sie, Frau Wissler. Sie hatten eben die Bundesarbeitsministerin kritisiert. Ich will nur darauf hinweisen, aber das ist allgemein bekannt, dass unser Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der gleichzeitig Vorsitzender der Bundespartei der SPD ist, einen sehr ausdrücklichen und klaren Brief an die Post AG geschrieben hat, in dem er seine Haltung deutlich gemacht hat.
Hintergrund dafür ist, dass die Post AG nach Angaben von ver.di im Arbeitskampf inzwischen missbräuchlich Werkverträge nutzt, um das Streikrecht der Beschäftigten zu unterlaufen, ebenso wie Leiharbeit außerhalb des DGB-Tarifvertrages. Das ist mit einer funktionierenden Tarifautonomie nicht mehr vereinbar.
Wir mahnen auch in diesem Hause heute Morgen mehr Fairness im Umgang mit den Streikenden an. Das sich aus Art. 9 Grundgesetz ergebene Recht auf Streik muss auch von der Arbeitgeberseite beachtet werden. Arbeitnehmer durch etwaige Einschüchterung vom Streik abzuhalten, wäre der Versuch, das Streikrecht zu untergraben. Die Nachricht aus Braunschweig, nach der angeblich 100 Stellen wegen der Beteiligung der dortigen Beschäftigten gestrichen werden sollen, lässt einen erschreckend aufhorchen. Das hätte, wenn es so käme, mit Sozialpartnerschaft nichts mehr zu tun.
Meine Damen und Herren, als ehemaliges öffentliches Unternehmen, an dem der Bund noch heute beteiligt ist – mit 21 % –, sehen wir die Post AG nach wie vor in besonderer Verantwortung, vor allem wenn es um die Wahrung von Arbeitnehmerrechten geht. Insgesamt betrachten wir mit absolutem Unverständnis die von der Post vorgenommene Ausgliederung in der Paketzustellung in eine Tochtergesellschaft mit 49 Regionalstellen. Diese Ausgliederung bedeutet für die Betroffenen weniger Lohn, schlechtere Arbeitsbedingungen und weniger Mitbestimmung. Hier wird die Belegschaft der Post AG in eine Zweiklassengesellschaft geteilt, und zwar ohne Not.
Das Argument des Postvorstandes, man müsse sich vor der Billigkonkurrenz schützen, ist wirklich billig. Die Post ist im nationalen und internationalen Logistikgeschäft sehr gut aufgestellt. Das Geschäft boomt und hat ihr bisher sehr gute Geschäftsergebnisse eingefahren. Man rechnet 2015 mit einer Gewinnerwartung von 1,3 Milliarden € allein in diesem Geschäftsfeld. Deshalb steht man auch an der Börse gut da. Für die Gründung einer Billigtochter gibt es also überhaupt keinen Grund. Die Post kann sich auch in Zukunft einheitliche Tariflöhne leisten, meine Damen und Herren.
Man muss auch von unserer Seite immer mal daran erinnern, dass die Beschäftigten mit ihrer täglichen Arbeit diese Gewinne erarbeiten. Offensichtlich werden jedoch die Erwartungen der Aktionäre auf möglichst hohe Gewinnausschüttung als wichtiger erachtet.
Lassen Sie uns zum Schluss noch einmal kurz auf das Thema Sonntagsarbeit schauen. Auch das ist uns ein Dorn im Auge. Das haben wir an anderer Stelle mehrfach in diesem Hause deutlich gemacht. Sie kennen unsere generelle Haltung zu diesem Thema. Wir brauchen aber heute wirklich nur sehr kurz hinzuschauen; denn eigentlich hat sich dieser Teil Ihrer Aktuellen Stunde seit dem 16. Juni schon ein Stück weit erledigt. Denn am 16. Juni ist, nachdem ver.di geklagt hatte, vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt ein Vergleich geschlossen worden. Darin verpflichtet sich die Post AG, jeweils donnerstags bis 18 Uhr beim RP unter Nennung von Gründen, weshalb die Arbeit nicht an Werktagen vorgenommen werden kann, die Anzahl der benötigten Beschäftigten sowie die betroffenen Betriebsstätten anzuzeigen. Dies gilt aus unserer Sicht für die Paketzustellung. Bei der Briefzustellung teilen wir die Auffassung von ver.di, am Sonntag wäre sie wohl durch die Ausnahme nach § 10 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz nicht gedeckt. Auch wir gehen davon aus, dass die Post AG, aber vor allem auch die Regierungspräsidien nunmehr auf der Grundlage dieses Vergleichs über die Anträge auf Sonntagsarbeit entscheiden. Auch das entspricht im Übrigen dem Grundsatz des Neutralitätsgebotes.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! DIE LINKE geriert sich heute einmal mehr als einzige Schützerin der geplagten Arbeitnehmerschaft.
Sie haben sich ein untaugliches Thema ausgesucht. Die Fadenscheinigkeit Ihres vermeintlichen Sich-Kümmerns wird allzu deutlich. Sie erweisen der Arbeitnehmerschaft mit Ihrem heutigen Aktivismus einen Bärendienst, was ich Ihnen gerne belege.
Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass uns in Hessen die Sonntagsruhe ganz besonders am Herzen liegt.
Der Sonntag ist ein Tag der Besinnung und der Ruhe, den man am besten im Kreis der Familie und mit Freunden verbringen sollte.
Deshalb stehen Sonn- und Feiertage unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes und der Hessischen Verfassung. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt diesen Standpunkt. Es gibt aber auch einige individuelle Ausnahmen. Es gibt schon lange wichtige Bereiche: Nehmen Sie das Gesundheitswesen, wo Sonntagsarbeit unerlässlich ist. Gleichzeitig ändern sich die Bedürfnisse der Bevölkerung rasant, das Verbraucherverhalten hat sich stark verändert, auch dem müssen wir Rechnung tragen.
Die gesellschaftlichen Verhältnisse und Wertvorstellungen sind im Wandel. Direkt befragt, würde sich wahrscheinlich ein beachtlicher Teil der Bevölkerung für durchgehende Öffnungszeiten an sieben Tagen in der Woche aussprechen, weil es für Konsumenten einfach bequem ist, weil viele bequem sind, wenn es darum geht, ihren eigenen Bedürfnissen Vorrang zu gewähren. Auch deshalb gibt es bereits jetzt einige Ausnahmen bei den Arbeitszeiten im Dienstleistungssektor, z. B. im Einzelhandel.
Natürlich muss es hierbei für die Arbeitnehmer Ausgleichsregelungen und ausgeglichene Dienstpläne geben, bei denen insbesondere auch den Bedürfnissen von Eltern mit Kindern Rechnung getragen wird.
Selbstverständlich ist es gutes Recht der Postmitarbeiter, für einen besseren Lohn zu streiken. Genauso ist es aber auch das gute Recht der Post, sich Alternativen zu überlegen und diese auszutesten, wo es gesetzlich möglich ist.
Man muss hier immer beide Seiten der Medaille im Auge behalten – auf der einen Seite die Interessen der Arbeitnehmer, auf der anderen Seite aber auch die Interessen des Unternehmens Deutsche Post. Hier darf es nicht zu Standort
Unzufriedene Kunden wechseln zu anderen Anbietern. Ausländische Unternehmen könnten z. B. in der Logistikbranche Platz greifen und den Platz der Post übernehmen, und das mitunter zu schlechteren Konditionen für die Mitarbeiter als bei der Deutschen Post.
(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Deswegen bin ich immer dafür, einen Streik so schnell wie möglich zu beenden und weder das Unternehmen noch die Arbeitsplätze zu gefährden.