Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

Die öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf hat uns allen gezeigt, dass die Landesregierung mit dieser Einschätzung richtig liegt. Das Vorhaben der Landesregierung, den Wechsel zwischen beiden „Welten“ – wenn ich das einmal so formulieren darf – gesetzlich zu regeln, hat breite Zustimmung gefunden. In Deutschland gibt es bisher erst zwei solcher Karenzzeitgesetze: auf der Bundesebene und im Stadtstaat Hamburg. Hessen wäre also das dritte Land und das erste Flächenland in der Bundesrepublik, das

eine solche Karenzzeitregelung einführt. Ich bedanke mich für das zwar nicht ganz ausgesprochene, aber gemeinte Lob von der Opposition.

Meine Damen und Herren, es ist klar, dass es unter diesen Bedingungen noch keine Best Practice geben kann, an der wir uns orientieren könnten. Das sage ich all denen, die sich entweder beklagen, wir gingen weiter als Hamburg oder der Bund, oder uns vorhalten, Herr Rudolph, wir blieben hinter den existierenden Regelungen zurück. In der Tat haben wir nicht abgeschrieben, sondern eigene Regelungen getroffen. So erklärt sich etwa, um Ihnen ein Beispiel zu nennen, warum wir der Landesregierung im Falle einer Anzeige eine Frist von 30 Tagen einräumen wollen, um über eine Anschlusstätigkeit zu befinden. Zum Vergleich: Hamburg hat hierfür eine Frist von 14 Tagen vorgesehen, der Bund im Übrigen gar keine Frist. Wir meinen, dass zwischen den Interessen des ehemaligen Regierungsmitglieds an einer raschen Entscheidung und dem Interesse der Allgemeinheit und auch der Landesregierung, diese Entscheidung auf einer hinlänglich gesicherten Tatsachengrundlage zu treffen, abzuwägen ist. Eine Frist von 30 Tagen halten wir für einen vertretbaren Ausgleich zwischen beiden Positionen.

In ähnlicher Weise könnte ich Ihnen noch etliche andere Regelungen des Gesetzentwurfs erläutern. Ich will es aber bei dem Aspekt bewenden lassen, den die FDP mit ihrem Änderungsantrag aufgegriffen hat: die Anzeigepflicht bei der Übernahme einer Tätigkeit bei einem öffentlichen Unternehmen durch ein ehemaliges Regierungsmitglied. Bei dieser Regelung im Gesetzentwurf haben wir uns Folgendes überlegt. Eine Karenzvorschrift greift in die Berufsfreiheit ein, die das Grundgesetz ausdrücklich schützt. Ein solcher Eingriff ist nur dort gerechtfertigt, wo er wirklich nötig ist. Dabei muss man den Zweck der Karenzzeit im Auge behalten. Sie soll bereits dem Anschein entgegenwirken, das frühere Regierungsmitglied habe sein Amt nicht im Sinne des Gemeinwohls, sondern mit Blick auf die eigenen künftigen Karrierechancen ausgeübt. Diese Gefahr dürfte umso größer sein, je mehr die Anschlusstätigkeit der Verwirklichung von Privatinteressen dient und Gemeinwohlbelange in den Hintergrund treten. Deshalb macht es einen Unterschied, ob ehemalige Regierungsmitglieder in die Privatwirtschaft wechseln oder zu einem Unternehmen, dessen öffentliche Anteilseigner auf die Wahrung des Gemeinwohls hinwirken können.

Ich möchte betonen: Das ist für uns aber keineswegs eine Grundsatzfrage. In der Debatte wurde deutlich, dass sich der Landtag für die Annahme des Änderungsantrags der FDP aussprechen wird. Die Landesregierung kann, das möchte ich Ihnen hiermit sagen, sehr gut damit leben.

Meine Damen und Herren, unser Staat lebt vom Vertrauen seiner Bürger. Uns allen muss daher daran liegen, dieses Vertrauen zu erhalten, gerade in heiklen Situationen, zu denen der Wechsel aus einem Regierungsamt in eine private Tätigkeit gehören kann. Das gelingt nur mit Klarheit und Verlässlichkeit. Wir sind sicher, dass die Karenzzeitregelung, die wir in Hessen einführen wollen, dazu einen wichtigen Beitrag leistet.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP ab. Wer dem Änderungsantrag zustimmen kann, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Enthaltung der LINKEN und Zustimmung der anderen Fraktionen ist der Änderungsantrag angenommen.

Ich lasse nun über den Gesetzentwurf in geänderter Fassung in zweiter Lesung abstimmen. Wer dem Gesetzentwurf in dieser Fassung zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen von CDU, FDP und GRÜNEN bei Gegenstimmen der SPD und der LINKEN angenommen und wird zum Gesetz erhoben.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 und Tagesordnungspunkt 12 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag – Drucks. 19/2580 zu Drucks. 19/2410 –

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Achtzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag – Drucks. 19/2581 zu Drucks. 19/2411 –

Herr Kollege Landau übernimmt für Herrn Wiegel die Berichterstattung. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Beschlussempfehlungen zum 17. und zum 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sind identisch und lauten: Der Hauptausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE gegen die Stimme der FDP, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Abg Wolff für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Prozess der Meinungsbildung im Ausschuss war nicht so spektakulär, als dass man die Redezeit ausschöpfen müsste.

Es werden zwei Sachverhalte geregelt. Zum einen wird die Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts neu geregelt. Zweitens benennt Hessen für alle Länder einen Vertreter der Migrantenverbände. Das finde ich nach wie vor erwähnenswert. Ich will erneut sagen: Hessen benennt als einziges

Land jemanden, der einem Bundesverband angehört, und nicht einen Vertreter eines Landesverbandes. Das finde ich prima. Hessen ernennt einen Vertreter einer Migrantenorganisation, die viele Migrantenverbände, auch in anderen Ländern, umfasst.

Der zweite Staatsvertrag beschäftigt sich mit der regionalen Werbung. Wir sprechen uns namens der CDU-Fraktion erneut dafür aus, gegen die Kannibalisierung der regionalisierten Zeitungs- und Rundfunkmärkte vorzugehen. Dazu haben uns die Gerichte die Möglichkeit gegeben, indem sie gesagt haben, es muss – und kann – gesetzlich geregelt werden. Das nimmt der Rundfunkänderungsstaatsvertrag auf und bestätigt und stärkt insofern auch das Hessische Privatrundfunkgesetz.

Dem wollen wir auch im Rundfunkstaatsvertrag eine entsprechende Grundlage geben. Insofern bleiben wir dabei: Es sind zwei sinnvolle und gute Staatsverträge, und wir stimmen diesen auch zu.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abg. Rentsch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Wolff, ich glaube, dass die beiden Staatsverträge nicht ganz so unproblematisch sind – das haben Sie ja schon in der Diskussion im Ausschuss gemerkt –, wie Sie glauben.

Ich will Ihnen einmal ein Zitat vorlesen, das unsere Ansicht zum 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag bestätigt:

Nahe gelegen hätte hier, die unmittelbaren Vertreter des Staates … aus den Gremien zu entfernen und die entsprechenden Sitze plural nur den staatsnahen – und damit auch in der Gesellschaft wurzelnden – Parteien und Abgeordneten zuzuordnen. Der Entwurf tut das Gegenteil. Anstatt den Einfluss der Regierungsvertreter zurückzudrängen, wurde auf Kosten der Parteienvertreter und Abgeordneten der Einfluss der Regierungsvertreter zementiert. … Dass aber nun die Regierungsvertreter einen Entwurf vorlegen, in dem sie die Vorhaben zur Reduzierung des Staatseinflusses dadurch zu erfüllen suchen, dass sie den staatsnahen Bereich aus Parteien und gewählten Volksvertretern und Vertreterinnen gänzlich unberücksichtigt lassen … [schießt deutlich über das geplante Ziel hinaus].

Kollegin Tabea Rößner, Sprecherin der GRÜNEN im Bundestag, teilt unsere Position vollständig, dass bei der Frage der neuen Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht korrekt erfüllt werden.

Sie werden deshalb nicht richtig erfüllt, weil Regierungsvertreter unangetastet bleiben, während Parteivertreter, die als Parlamentsmitglieder die Abgeordneten sind, die das Volk direkt vertreten, quasi aus dem ZDF-Fernsehrat entfernt werden. Das ist mit Sicherheit der falsche Weg, um den 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch im Sinne des Bundesverfassungsgerichts wasserdicht zu machen.

(Beifall bei der FDP)

Wir bedauern das. Ich erspare Ihnen weitere Stellungnahmen, da Sie sie selbst lesen können. Das ZDF erklärt in seiner Stellungnahme selbst, dass die Pluralität auf der Staatsbank durch die Nichtberücksichtigung der Parteien nicht erhöht werde, usw. Insofern glauben wir, dass der Weg, den Sie hier eingeschlagen haben, nicht der richtige ist.

Beim 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist die regionalisierte Werbung das Thema. Auch hier haben wir es mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu tun. Das Bundesverfassungsgericht hat den Ländern auferlegt, diese Frage zu klären.

Kollegin Wolff, da bin ich völlig bei Ihnen. Ich habe schon einmal gesagt: Wenn die Regelungen auf der Landesebene jetzt rechtlich dazu führen, dass jedes Land in eigener Kompetenz regionale Werbung unmöglich macht, verstoßen wir gegen die Grundlagen dieses Verfassungsgerichtsurteils. Dann werden wir auch hier den Vorgaben des Verfassungsgerichts nicht gerecht.

Wir halten das für einen Fehler. Wenn das Vorhaben, das jetzt umgesetzt wird, faktisch zu einem Verbot regionaler Werbung führt, werden wir uns demnächst vor dem Bundesverfassungsgericht wiedersehen. Es ergibt wenig Sinn, diese Probleme hier quasi sehenden Auges zu umgehen.

Ich glaube auch, dass sich das Thema regionale Werbung aufgrund der Digitalisierung vollständig verändern wird. Ich will nicht verhehlen, dass ich glaube, es wird dort große Veränderungen geben.

Aber auch hier ist der Schutz der Verleger, den Sie vorhaben, kein wirklicher; denn auf der einen Seite ist die Regelung rechtlich fragwürdig, und auf der anderen Seite wird sie keinen Schutz darstellen. Insofern müssen wir leider beide Rundfunkänderungsstaatsverträge ablehnen.

(Beifall bei der FDP)

Nächster Redner ist Kollege Siebel für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um die zwei Rundfunkänderungsstaatsverträge. Ich behandele sie nacheinander.

Der eine Rundfunkänderungsstaatsvertrag befasst sich mit der Änderung in der Zusammensetzung der Gremien beim ZDF. Diese war – ich hatte es bereits in der ersten Lesung gesagt – wegen einer Normenkontrollklage notwendig geworden, die die SPD-Bundestagsfraktion vor dem Hintergrund angestrengt hatte, dass in der Vergangenheit die Zusammensetzung der Gremien in der Tat nicht hinreichend staatsfern organisiert worden war.

Aufgrund der Abwägungen, die vorgenommen wurden, ist das jetzt der Fall. Hinzu kommt, dass die Gremien verkleinert worden sind, was ich ebenfalls nicht für falsch halte. Vor dem Hintergrund dessen, was uns das Bundesverfassungsgericht aufgegeben hat, ist das, was jetzt dabei herausgekommen ist, eine ausgewogene, tragfähige und auch dem Urteil gerecht werdende Lösung.

Bei dem zweiten Rundfunkänderungsstaatsvertrag geht es um die regionale Werbung. Kollege Rentsch, Sie haben natürlich recht, wenn Sie sagen, dass es Veränderungen geben wird, wenn weitere digitale Medien die Landschaft bereichern – oder zumindest hinzukommen. In der besonderen Situation der Verantwortung für das Land Hessen sollten wir die regionale Werbung aber so gestalten, wie wir das in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag machen. Deshalb gibt es auch in diesem Punkt die Zustimmung der SPD-Fraktion. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abg. Frömmrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Siebel und Kollegin Wolff haben es völlig richtig dargestellt: Wir haben es hier mit zwei Regelungsbereichen zu tun: Bei dem einen Regelungsbereich geht es um die Zusammensetzung der Gremien beim ZDF.

Herr Kollege Rentsch, es ist schon erstaunlich, dass Sie hier die Kollegin Tabea Rößner zitieren.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Nein. – Aber das Problem dabei ist – das kann ich auch nachvollziehen –, dass sich, wenn man solche Urteile anstrebt, diese dann ergehen und die Gremien auf einmal verkleinert werden, diejenigen darüber beschweren, die aufgrund der Verkleinerung dort herausfallen. Das ist leider so. Ich bedauere es ausdrücklich, dass es ausgerechnet eine Kollegin von den GRÜNEN getroffen hat. Aber das ist nun einmal so.

Ich will sagen: Es war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das uns diese Regelung aufgegeben hat. Ich glaube aber auch, dass die Regelungen, die hier getroffen worden sind, tragen. Der Kollege Siebel und die Kollegin Wolff haben das eben noch einmal deutlich gemacht.

Bei dem zweiten Punkt geht es um die regionalisierte Werbung. Ich will daran erinnern, dass wir im Hauptausschuss erst vor Kurzem eine sehr umfangreiche Anhörung zum Zustand und zur Zukunft der Printmedien und der Verlage in Hessen durchgeführt haben. Uns alle muss bedrücken, wie eng es auf dem Zeitungsmarkt ist und unter welch enormem Druck auch unsere hessischen Verlegerinnen und Verleger stehen.