Protokoll der Sitzung vom 12.03.2014

am Flughafen sind, hängen von diesen Nachtrandstunden ab. Die sind wichtig.

Frau Wissler, was Sie vorgetragen haben, ist zwar Ihre Position. Die hat sich nicht verändert, das räume ich Ihnen ein. Aber sie ist falsch. Denn sie würde den Flughafen Frankfurt in seiner Bedeutung als einen Weltflughafen beenden.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Beenden! Ist er dann auf einmal weg?)

Nein, er ist nicht weg, aber er hat nicht mehr die Bedeutung als Wirtschaftsmotor in unserer Region. Deswegen sind Ihre Vorstellungen abstrus, und wir brauchen uns nicht weiter mit ihnen auseinanderzusetzen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Genau, das ist eine gute Einstellung: nicht mehr auseinandersetzen! – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Ihr seid beratungsresistent!)

Ich habe mir einmal einen typischen Tagesablauf angesehen, und zwar die Zeit von 5 bis 6 Uhr und auch die Zeit von 22 bis 23 Uhr. In diesen Morgenstunden von 5 bis 6 Uhr gab es 29 Anflüge und 10 Abflüge, und vor allen Dingen waren es viele schwere Maschinen wie die A 380 und die B 747. In der Abendstunde von 22 bis 23 Uhr waren es 13 Anflüge und 46 Abflüge, also gerade umgekehrt: Am Morgen sind etwa 20 % Abflüge, am Abend sind es etwa 20 % Ankünfte.

Es geht also um die Frage der Nutzung der Bahnen. Wir haben nun die Parallelbahnen, die Centerbahn und die Südbahn. Die liegen so nah beieinander, dass darauf nicht unabhängig geflogen werden kann. Zusätzlich haben wir eine Landebahn und eine Startbahn. Das kann sicherlich organisiert werden,

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

aber das ist nicht sofort möglich, sondern es muss überlegt werden.

Auch die Frage, welchen Abstand die Maschinen haben, ist sehr wichtig. Denn wegen der Wirbelschleppen muss eine schwerere Maschine einen größeren Abstand halten als eine leichtere Maschine. Aber diese Dinge können offensichtlich gelöst werden. Nicht umsonst hat Herr Dr. Schulte bei der Bilanz-Pressekonferenz der letzten Woche gesagt: Wir können uns vorstellen, in den nächsten etwa 15 Monaten eine solche Lösung vorzulegen.

Ich glaube auch, dass wir es im Forum Flughafen und Region und in der Fluglärmkommission mit Experten zu tun haben, mit denen wir über die Expertise reden können, die wir vorliegen haben.

Wir werden auf der Basis des bestehenden Planfeststellungsbeschlusses – auch das steht in der Koalitionsvereinbarung, Herr Kollege Rentsch, und das war die Basis der Gespräche zwischen den Koalitionspartnern –, durchaus in der Lage sein, unter Beibehaltung des Nachtflugverbots eine Lösung für die Nachtrandstunden zu finden, die den Menschen eine deutliche Erleichterung bringt, nämlich eine siebenstündige Nachtruhe. Wir haben auch das Vertrauen, dass Herr Minister Al-Wazir in seinen Gesprächen hierfür Lösungen suchen und finden wird. Dafür hat er die klare Unterstützung der CDU-Fraktion und natürlich auch seiner Fraktion.

Herr Kollege Rentsch, ich möchte eines deutlich sagen, auch wenn es Ihnen vielleicht nicht gefällt: Wir haben eine Vereinbarung getroffen, die die Zukunft des Flughafens nicht gefährdet. Im Gegenteil, dieser Flughafen wird seine Bedeutung als Weltflughafen behalten. Wir haben aber auch eine Vereinbarung, die geeignet ist, den Menschen eine Verringerung des Fluglärms zu bringen. Das beweist die neue Qualität dieser Koalitionsvereinbarung, wie ich noch einmal deutlich herausstreichen will. Ich bin sehr überzeugt, dass wir dieses Vorhaben gemeinsam zu einem Erfolg führen werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für eine Kurzintervention hat Herr Kollege Rentsch.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wagner, für uns ist der Flughafen ein wichtiges Thema. Deshalb veralbern wir es nicht, sondern wir versuchen, uns intensiv damit auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der FDP)

Das mag Ihnen beim Blick in die Vergangenheit schwerfallen. Ich habe hier eine Pressemitteilung vom 27. August 2013 mit der Überschrift „Boddenberg beleidigt Fluglärmgegner“, in der Herr Kaufmann Herrn Boddenberg mit seinem Versagen konfrontiert. Das können Sie aber intern besprechen; Sie sind nämlich für uns heute gar nicht so wichtig.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Das, was mich interessiert, ist die hessische Union. Lieber Herr Kollege Arnold, ich will noch einmal darauf zurückkommen: Ich kann mir nicht vorstellen – wir haben ja gemeinsam viele Gespräche über den Flughafen geführt –, dass wir auf die Idee gekommen wären, den Konsortialvertrag hinsichtlich des Flughafens zu ändern. Auch Sie sind doch nicht auf diese Idee gekommen, sondern das war doch das, was die GRÜNEN in die Koalition eingebracht haben. Deshalb darf ich schon die Frage stellen: Was hat die hessische Union zu einem völligen Umdenken bei diesem Thema gebracht?

(Dr. Walter Arnold (CDU): Aber Sie dürfen nicht sagen, dass wir den Flughafen kaputt machen! Das war nicht in Ordnung!)

Diese Frage darf ich doch stellen. Ich hätte mich gefreut, wenn ich darauf eine Antwort bekommen hätte.

Herr Kollege Arnold, natürlich müssen wir als Opposition registrieren, dass es bei der Union einen Kurswechsel gibt. Die hessische Union legt einen Kurswechsel hin.

(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Wir sind fünf Jahre weiter! – Weitere Zurufe von der CDU)

Wenn Sie den Koalitionsvertrag, den CDU und FDP damals geschlossen haben, mit dem vergleichen, was Sie jetzt haben, gibt es da einen Unterschied. Das bezeichne ich als Kurswechsel. Deshalb mache ich mir Sorgen. Der Sachverhalt ist also relativ einfach strukturiert.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU)

Es ist doch in Ordnung, dass Sie das machen. Aber Sie müssen damit leben, dass wir das kritisieren dürfen. Wie dünnhäutig sind Sie denn mittlerweile?

(Judith Lannert (CDU): Sie selbst!)

Sie machen eine schwarz-grüne Koalition in Hessen und wollen dafür auch noch gelobt werden. Das kann doch nicht unsere Aufgabe sein.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb will ich noch einmal ausdrücklich sagen: Ich glaube, wir haben keinen Dissens bei der Frage, dass der Lärmschutz ein wichtiges Thema ist. Herr Kollege Arnold, ich nehme Ihnen – gerade Ihnen persönlich – ab, dass Sie gemeinsam mit anderen in der Fraktion ernsthaft darum streiten. Auch vom Kollegen Boddenberg weiß ich, dass er sich immer für das Thema eingesetzt hat.

Herr Kollege Rentsch, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Herr Kollege Arnold, Sie müssen uns aber abnehmen, dass wir uns, weil Sie mittlerweile mit denen regieren, die den Flughafen nicht unterstützen, sondern ihn immer bekämpft haben, trotzdem Sorgen um die Entwicklung dieses Flughafens machen. Sie haben heute leider nichts dazu gesagt, wie sich der Flughafen weiterentwickeln kann. Das hätte ich heute von Ihnen gerne gehört, Herr Kollege Arnold.

(Beifall bei der FDP)

Die nächste Wortmeldung kommt vom Kollegen Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sosehr die von der SPD-Fraktion mit ihrem heutigen Setzpunkt initiierte Flughafendebatte letztendlich offenhält, welche Botschaft von den Sozialdemokraten damit eigentlich gesendet wird, so dankbar bin ich doch dafür, Herr Kollege Weiß und Ihnen allen von der Sozialdemokratie, dass wir auf diese Weise Gelegenheit bekommen, die Ziele des Koalitionsvertrags und unsere Position hier noch einmal zu unterstreichen.

Der Herr Verkehrsminister hat Ihre Fragen schon beantwortet. Trotzdem will auch ich mich noch ein bisschen mit den Anträgen der Opposition befassen.

Das große Rätsel in Sachen Flughafenpolitik gibt uns – ich muss es leider so sagen – die SPD auf, und die Frage wird immer drängender: Was wollen die Sozialdemokraten eigentlich?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich versuche mich jetzt einmal an der Klärung dieser Frage. Die Spurensuche beginnt im Regierungsprogramm der SPD. Dort lesen wir:

Wir halten an der strikten Einhaltung der Nachtruhe in der sogenannten Mediationsnacht fest.

Dazu sage ich: sehr gut. Die Mediationsnacht ist uns GRÜNEN zwar erheblich zu kurz, aber darauf kann man wenigstens aufbauen. Ich halte außerdem fest: Die hessische SPD versammelt sich hinter ihrem Landesvorsitzenden, dem Kollegen Thorsten Schäfer-Gümbel, als einem Verteidiger des Nachtflugverbots.

Gleichzeitig müssen wir aber registrieren, dass in dem in Berlin geschlossenen Koalitionsvertrag, den der Herr Kollege Schäfer-Gümbel leitend mit verhandelt hat, folgende Aussage zu finden ist:

Generelle Betriebsbeschränkungen mit einem Nachtflugverbot lehnen wir ab.

Die Einhaltung der Nachtruhe wird von Ihnen also gleich wieder infrage gestellt. Deswegen darf man hier schon und erneut die Sorge darüber äußern, was die SPD denn eigentlich will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Weiß, wie war das? Sie haben hier „klare Ziele statt Schaufensterpolitik“ gefordert. Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Deshalb schauen wir noch einmal in das Regierungsprogramm der SPD. Ich zitiere:

Deshalb müssen schnellstmöglich weitere Entlastungsmöglichkeiten durch ein wirkliches Anschwellen zwischen 5 und 6 Uhr sowie Abschwellen zwischen 22 und 23 Uhr …

jetzt mache ich einen kleinen Sprung in diesem Satz –

sowie eine konzentrierte Nutzung des Bahnsystems (Lärmpausen) konsequent genutzt werden.

Meine Damen und Herren, es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass wir hier offensichtlich die gleichen Ziele finden, die wir auch in der Koalition formuliert haben. Dann betrübt es uns allerdings doch sehr, dass Sie genau an diesem Punkt heute nichts weiter zu bieten hatten als Fragen. Wenn Sie das als Programmaussage so formulieren, würde man nämlich die Erwartung hegen dürfen, dass wenigstens die eine oder andere, zunächst kleine, Idee dahinter steht, die Sie uns sagen könnten.