Protokoll der Sitzung vom 04.02.2016

Meine Damen und Herren, ich habe eben zum Kollegen Caspar schon gesagt: Wir streiten uns hier gerne darüber, wie wir ein Angebot verbreitern können, wie wir mehr günstigen Wohnraum erstellen können. Nach Auffassung der FDP ist der Weg über Steuererhöhungen nicht der richtige. Es ist auch nicht der Weg über die Mietpreisbremse oder über eine Fehlbelegungsabgabe. Aus unserer Sicht ist es auch nicht klug, die Stelle des Wohnungsbaukoordinators dreinzugeben, wenn es doch gerade darum geht, neue Flächen zu heben.

Meine Damen und Herren, geplant hat diese Landesregierung noch die Umlage der Kosten für den öffentlichen Personennahverkehr auf Investoren. Das alles hilft alleine nicht, um das Angebot wirklich zu verbreitern. Die Kräfte des Marktes funktionieren anders.

Setzen wir eher darauf, dass wir fragen: Wie sieht es bei Abschreibungsmöglichkeiten für die energetische Sanierung aus? Wie sieht es mit einer Gesetzesänderung für die BImA aus, die über sehr viele attraktive Grundstücke verfügt? CDU und SPD hätten im Bundestag eine entscheidende Mehrheit. Wie sieht es damit aus, die Infrastruktur im ländlichen Raum mit der des Ballungsraums zu verknüpfen? Ich bin davon überzeugt, dass wir die Herausforderungen am Wohnungsmarkt nicht alleine im Ballungsraum lösen können. Wir müssen den ländlichen Raum mit einbeziehen. Dann wird ein Schuh daraus. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Lenders. – Das Wort hat Frau Abg. Feldmayer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Herrn Lenders ausnahmsweise einmal recht geben. Ich denke, es ist auch ein bisschen dem Kommunalwahlkampf geschuldet, dass dieses Gesetz nun zum dritten Mal aus der Taufe gehoben wurde.

(René Rock (FDP): Ach nee! – Janine Wissler (DIE LINKE): Wir bringen es zum vierten Mal ein!)

Ich habe einmal vergleichen. 2012 und 2008 wurden teilweise die identischen Textbausteine verwendet. Jetzt haben Sie natürlich noch ein bisschen geändert und ergänzt, aber die Begründung, die Problemanalyse, ist die gleiche wie 2012. Das finde ich irgendwie interessant.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das Problem ist ja auch noch da! Es hat sich nicht geändert!)

Herr Caspar ist auch schon darauf eingegangen, dass die Problemanalyse nicht ganz richtig ist.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wir ändern nicht dauernd unsere Meinung!)

Zunächst will ich aber sagen: Auch wir sind natürlich gegen eine Zweckentfremdung von Wohnungen. Die Menschen sollen in den Wohnungen wohnen; Wohnungen sollen nicht zweckentfremdet werden. Wir sind auch dagegen, dass Wohnungen leer stehen. Ich denke, in der Intention sind wir uns durchaus einig. Wir möchten auch, dass die Wohnungen für alle Menschen erschwinglich und bezahlbar sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Torsten Warnecke und Mi- chael Siebel (SPD))

Aus diesem Grund hat Ministerin Hinz, hat die Landesregierung, haben wir schon viele wohnungspolitische Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ich denke, innerhalb von zwei Jahren so viele Dinge auf den Weg zu bringen – die Änderung des Wohnraumfördergesetzes für mehr Sozialwohnungen, ein Programm für mittlere Einkommen und

ein neues Programm für studentisches Wohnen –, ist schon beachtlich. Es ist beachtlich, meine Damen und Herren, was hier schon alles geleistet worden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das Ganze ist unterfüttert mit einer Summe von 1 Milliarde € für den Wohnungsbau. Damit sind wir auch im Ländervergleich hervorragend aufgestellt. Deswegen bedanke ich mich für die Vorlage, sodass wir hier zum Thema Wohnungspolitik reden dürfen.

Wir haben auch die Fehlbelegungsabgabe wieder eingeführt, meiner Meinung nach ein ganz wichtiges Instrument, das den Kommunen wieder den nötigen finanziellen Handlungsspielraum gibt. Die Kommunen brauchen dieses Instrument. Es ist ganz wichtig, um weiterhin und mehr Sozialwohnungen bauen zu können. Ich denke nicht, dass die Lösung der wohnungspolitischen Probleme nur in Verboten oder wohnungspolitische Maßnahmen wie dem Wohnraumzweckentfremdungsverbot besteht, so wie Sie dies vorgebracht haben. Vielmehr müssen wir verstärkt daran arbeiten, dass mehr Sozialwohnungen gebaut werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Aber natürlich muss man auch schauen, dass die Mietpreise nicht durch die Decke gehen. Wir wissen ganz genau: Im Ballungsraum Rhein-Main, in Städten wie Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt, sind die Mietpreise explodiert. Gerade bei den Neuvermietungen war dies exorbitant. Aus diesem Grund hat die Landesregierung auch hier gehandelt. Die Kappungsgrenzenverordnung ist eingerichtet worden, und die Mietpreisbremse ist gekommen. Also auch hier ist die Landesregierung hervorragend aufgestellt. Nicht nur zaghafte wohnungspolitische Initiativen sind gestartet worden, so wie Sie es gesagt haben, Herr Schaus, sondern wirklich Beachtliches.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Caspar ist schon darauf eingegangen, dass die Problembeschreibung in Ihrem Gesetzentwurf falsch ist. Ich habe mich sehr gewundert, dass im Vorblatt gesagt wird, es gebe so viel Leerstand im Rhein-Main-Gebiet, was zu Wohnungsspekulationen führe. Ich muss wirklich sagen, das Gegenteil ist der Fall. Das Problem ist ja gerade, dass wir zu wenig Leerstand in Frankfurt, im Rhein-Main-Gebiet haben. Wenn wir diesen niedrigen Leerstand nicht hätten – 1,9 % hat das Institut Wohnen und Umfeld herausgefunden –, hätten wir die Mietpreisbremsverordnung und die Kappungsgrenzenverordnung überhaupt nicht einführen können. 1,9 % Leerstand sind wirklich minimal. Aus diesem Grund – Herr Casper hat es schon gesagt – ist auch die Grundlage Ihres Gesetzes falsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Auf der anderen Seite besteht ein riesiges Überangebot an Gewerbeflächen. Soweit ich weiß, stehen in Frankfurt 1,5 Millionen m2 leer. Ich denke, insoweit muss man handeln. Das macht die Landesregierung auch schon, und zwar mit dem Wohnungsprogramm im Rahmen des Kommunalinvestitionsprogramms, das mit 230 Millionen € unterlegt ist. Mit dem Geld können diese Gewerbeflächen in Wohnraum umgewandelt werden, neue Gebäude können errichtet werden, aber es können auch Gebäude gekauft werden. Das

heißt, dieses Programm gibt die Möglichkeit, auch von Landesseite aus diese Gewerbeflächen in dringend benötigten Wohnraum umzuwandeln. Auch insoweit hat die Landesregierung also gehandelt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Aber nicht nur die Landesregierung ist schon aktiv, um Gewerbeflächen in Wohnungen umzuwandeln. Auch die Stadt Frankfurt – ich denke, sie steht bei dieser Debatte vor allem im Fokus – hat gehandelt. Sie hat das Programm Redevelopment aufgelegt, das es ermöglicht, mit Unterstützung der Stadt Gewerbeflächen in Mietwohnungen umzuwandeln. Insoweit ist der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben – ich würde fast sagen – überflüssig. Die Kommunen können diesbezüglich schon handeln, und die Landesregierung handelt bereits.

Jetzt komme ich zu den Milieuschutzsatzungen, die mit Ihrem Gesetzentwurf möglich werden sollen. Die SPD hat sie auch in ihrem Antrag drin. Diese Milieuschutzsatzungen gibt es schon, wie wir alle wissen. In Frankfurt gibt es, glaube ich, sieben an der Zahl. Diese Milieuschutzsatzungen sind, soweit ich weiß, seit ungefähr eineinhalb Jahren auf dem Weg. Das heißt also: Für diesen Teil braucht man auch keinen Gesetzentwurf. Die Kommunen haben die Möglichkeit, auch mit einer Milieuschutzsatzung in den angespannten Wohnungsmarkt einzugreifen und das zu tun, was man ja will, nämlich eine heterogene Bevölkerungsstruktur in den angesagten Stadtvierteln zu erhalten.

Insoweit handelt die Stadt Frankfurt bereits. Die Milieuschutzsatzungen sind auf dem Weg; gegen Luxussanierung, gegen die Zusammenlegung von Wohnraum, gegen die sogenannten vergoldeten Wasserhähne wird bereits sehr viel gemacht. Zudem hat sich die Stadt Frankfurt in diesen Gebieten ein Vorkaufsrecht einräumen lassen. Das heißt, wenn die Gefahr der Veräußerung von Immobilien und damit die Gefahr von Luxussanierungen besteht, kann die Stadt Frankfurt mit ihrem Vorkaufsrecht drohen. Dieses Vorkaufsrecht – das hat die Vergangenheit gezeigt – wirkt auch schon präventiv. Wenn dieses droht, nehmen viele Immobilienhändler, die eine Immobilie weiterentwickeln wollen, ihr Angebot zurück.

Die Kommunen haben also schon die Möglichkeit, viel zu tun. Wir tun viel in diesem Bereich. Von daher bin ich gespannt auf die Beratungen im Ausschuss.

Ich sage nicht, dass alles falsch ist. Ich sage nicht, die Intention dieses Gesetzentwurfs sei falsch. Ich denke, bei dem angespannten Wohnungsmarkt und den bestehenden Problemen auf dem Wohnungsmarkt sind wir alle sind gut beraten, uns alle Instrumentarien anzuschauen. Wir müssen genau hinschauen, ob das, was wir in Hessen gemacht haben, ausreicht. Wir müssen das beobachten, und wenn es neue Anforderungen gibt, müssen wir auch schauen, ob sie zielführend, ob sie effektiv sind oder nicht.

In diesem Sinne werden wir in die Anhörung gehen und kritisch hinterfragen, ob das, was Sie vorhaben, effektiv auf den Wohnungsmarkt einwirken kann. In diesem Sinne freue ich mich auch auf die Beratungen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Das Wort hat der Abg. Siebel, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Martina, herzlichen Dank, dass du wenigstens auf unseren Antrag eingegangen bist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist immer wieder schön, dass wir im Hessischen Landtag über das gemeinsame Bemühen reden können und dürfen, den Mietwohnungsbau in Hessen anzukurbeln, dass wir sagen, dass es um die Sicherung von Mietwohnungen geht und dass es natürlich auch darum geht, dass dort, wo Missbrauch vorkommt, dieser Missbrauch eingeschränkt bzw. verhindert wird.

Es steht, glaube ich, auch außer Zweifel, dass nicht alle, die als Investoren in diesem Marktsegment unterwegs sind, der grundgesetzlichen Festlegung, dass Eigentum verpflichtet, in vollem Umfang gerecht werden und ihr Eigentum auch gemeinwohlorientiert einsetzen. Es gibt diese schwarzen Schafe. Es gibt natürlich Leerstände, und es gibt auch in Hessen Vermieter, die Renovierungen hinauszögern und ihre Mieter schikanieren. Das, was es an Leerstandsmeldungen gibt, ist auch ein Ausdruck davon, dass das keine herbeigeredete Lage, sondern tatsächlich die Realität ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser im Antrag der SPD-Fraktion dargelegter Lösungsvorschlag ist, eine Milieuschutzsatzung im Rahmen einer Verordnung zu regeln und zu ermöglichen. Das ist keine Gesetzgebungsinitiative des Hessischen Landtags im eigentlichen Sinn; da hat Herr Caspar recht. Das finde ich schade, denn ansonsten könnte man hierzu eine Anhörung machen. Wir sagen, die Landesregierung soll im Rahmen einer Verordnung den Erlass von Milieuschutzsatzungen ermöglichen, die den Erhalt von Mietwohnungen sicherstellen.

Auch von Herrn Caspar ist gesagt worden, dass es möglich ist, eine solche Umwandlungsverordnung auf der Basis des § 172 Baugesetzbuch zu erlassen. Das bedeutet, dass in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten, also an den Orten, in denen die Mieten überdurchschnittlich hoch sind, die Umwandlung von Wohnraum in Eigentum künftig unter einer zumindest gewissen Kontrolle steht. Das ist das richtige Mittel – neben der Mietpreisbremse –, die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen zu verhindern. Ich will es nicht überhöhen: Das ist ein Baustein, der dazu beiträgt, dass wir den Bestand an Wohnungen mit vernünftigen Mieten erhalten können.

(Beifall bei der SPD)

Milieuschutzsatzungen sind beispielsweise schon seit vielen Monaten in Berlin eingeführt. Dort entscheiden die Bezirksregierungen darüber, wie sie ausgeformt werden. Das muss man von Bezirken zu Bezirk, von Quartier zu Quartier unterschiedlich machen, auch in Hessen. Deshalb ist es uns wichtig, dass eine solche Maßnahme in enger Absprache mit den Kommunen durchgeführt wird – wie so vieles im Wohnungsbau sehr eng abgestimmt werden muss, weil die Quartiere unterschiedlich sind.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD) – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Hamburg gibt es bereits seit drei Jahren eine Milieuschutzsatzung. Dadurch wurde die Umwandlungsquote von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen um 75 % gesenkt.

Im Übrigen trägt eine Milieuschutzsatzung dazu bei, dass die Struktur von Wohngebieten erhalten bleibt. Das heißt, das ist eine der tatsächlich wirkenden Maßnahmen, um der Gentrifizierung entgegenzuwirken.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe zuerst unseren Vorschlag dargestellt. Jetzt komme ich zu der Initiative der LINKEN. Der Kern Ihres Gesetzentwurfs ist die Bekämpfung der Zweckentfremdung, die Bezugnahme auf das entsprechende Gesetz aus dem Jahre 2004. Kollege Schaus, liebe Kolleginnen, es ist so, dass auch wir ein bisschen recherchiert haben, ob tatsächlich in relevantem Umfang Mietwohnungen in Gewerbeflächen umgewandelt werden. Wenn ich es richtig sehe, gibt es diese Entwicklung in einigen wenigen Stadtteilen von Frankfurt. Allerdings passiert in den meisten – auch verdichteten – Räumen das Gegenteil. Beispielsweise wird in meiner Heimatstadt in relevantem Umfang Büroraum in Mietwohnungen umgewandelt, weil die Eigentümer, Besitzer und Investoren bei dem Überangebot, das wir momentan an Büroraum haben, schlicht und ergreifend diesen Weg gehen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das ist doch gut so!)

In einer Anhörung müsste man die Leute, die entsprechende Daten dazu haben, befragen: Könnte es sein, dass mit diesem Gesetzentwurf, der im Kern gegen die Zweckentfremdung vorgeht, ein Problem bekämpft werden soll, das ausweislich der Zahlen, Daten und Fakten eigentlich gar kein Problem ist? Ich will das – eingedenk der philosophischen Bemerkungen meiner Kollegin Daniela Sommer – in aller Vorsicht sagen. Es kann sein, dass ich mich an der Stelle mit meiner Einschätzung irre, aber wir haben ja Fachleute, die dieses Irren auflösen können.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) )

Die Bemerkungen von Daniela Sommer werden uns in diesem Plenum noch öfter begleiten.