Protokoll der Sitzung vom 04.02.2016

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, der Vier-Phasen-Plan hat einige Hürden zu nehmen. In einzelnen Aspekten kann man ihn sicherlich kritisch hinterfragen. Bei manchem macht man ein Fragezeichen, ob das gelingen kann. Das Einstapeln, das jetzt erfolgt, ist mit Sicherheit eine der guten Maßnahmen, um die Entsorgungsproblematik anzugehen – aber auch nur ein Mosaikstein.

Meine Damen und Herren, die Verpressung steht auf der Kippe. Wie das Gutachten ausfallen wird und ob das Unternehmen tatsächlich eine Genehmigung für eine weitere Verpressung erhalten kann, steht noch im Raum, ist noch in Prüfung.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Meine Damen und Herren, das wird auch noch beklagt werden – davon darf man ausgehen. Zur Abdeckung von Halden hat noch die Vorgängerin, Frau Puttrich, immer gesagt: Das geht nicht, man kann diese Halden nicht abdecken. – Die neue Landesregierung will das jetzt angehen. All das begrüßen wir als FDP-Fraktion, aber das zeigt doch, wie unsicher diese Teile des Vier-Phasen-Plans sind, wie unsicher dieser Weg der Entsorgung ist.

Meine Damen und Herren, das Einzige, was wirklich trägt und bei dem wir wirklich wissen, dass es funktioniert, dass es auch nachhaltig funktioniert, ist die Pipeline Oberweser. Wenn Sie von der Regierung aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jetzt den Menschen in Nordhessen weismachen wollen, das wäre nur optional, dann bereiten Sie wirklich einen Schritt vor, mit dem Sie die Menschen in die Irre führen. Sie müssen den Menschen Klarheit bringen und für Akzeptanz sorgen. Das ist Ihre Aufgabe als Landesregierung. Das Unternehmen braucht diese Oberweserpipeline, um wirtschaftlich aktiv zu sein, wirtschaftlichen Erfolg zu haben und um am Ende auch die Arbeitsplätze zu sichern.

(Beifall bei der FDP)

Heute können Sie das richtigstellen. Heute können Sie sagen, wie Sie tatsächlich zur Oberweserpipeline stehen.

Man kann viel Verständnis für die Menschen haben, die es dort oben erleben müssen, dass man ihnen sozusagen den Müll vor die Füße kippt, ohne dass sie selbst etwas davon haben. Das haben wir auch an anderer Stelle erlebt, beispielsweise am Frankfurter Flughafen.

Lassen Sie den Frankfurter Flughafen mit seinen Belastungen durch Lärm für die Menschen in der Region Vorbild sein für die Lösung einer Oberweserpipeline. Deutlich zu machen, was die Menschen dort oben in Nordhessen von einer Oberweserpipeline haben können, wie sie davon profitieren können, Akzeptanz zu schaffen, ist jetzt die Aufgabe der Landesregierung, nicht aber die Menschen in die Irre zu führen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Lenders. – Das Wort hat Frau Abg. Schott, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das eröffnete Raumordnungsverfahren sei eine langfristig angelegte Vorsorgemaßnahme für den Fall, dass die Frage der Entsorgung von flüssigen Abfällen auch nach dem Ende der Versenkerlaubnis im Raum stehen würde. – So ungefähr hat es Frau Ministerin Hinz in der letzten Umweltausschusssitzung gesagt.

Uns, die Menschen in Nordhessen, die Landesregierung von Niedersachsen und die Mehrheit des Weserrates beunruhigt das. Der niedersächsische Umweltminister Wenzel, ebenfalls ein GRÜNER, lässt mitteilen, dass Niedersachsen dem Bewirtschaftungsplan unter den aktuellen Bedingungen nicht zustimmen werde. Es sei nicht akzeptabel, so Wenzel weiter, dass das Regierungspräsidium mit dem Raumordnungsverfahren auf der Basis alter Daten einfach Fakten schaffen wolle.

Was macht Ihr Regierungspräsidium da überhaupt, Frau Ministerin? Das fragen nicht nur wir uns.

(Zuruf der Ministerin Priska Hinz)

Der im Masterplan Salz vorgesehene sogenannte WerraBypass soll nur noch ein Siebtel der Abwasserfracht der alten Planung führen. Jetzt muss als Erstes geprüft werden, ob die auf 0,8 Millionen m3 verringerte Menge überhaupt den Bau und Betrieb einer 135 km langen Rohrleitung mit Stapelbecken in Nordhessen rechtfertigt.

Das Raumordnungsverfahren ist das falsche Signal. Es ist fraglich, ob für eine Maßnahme, die mit dem Bewirtschaftungsplan nicht im Einklang steht, überhaupt ein Raumordnungsverfahren hätte eröffnet werden müssen. „Keine Chance auf Genehmigungsfähigkeit“, hätte das RP mitteilen können.

Das, was Sie da veranstalten, Frau Ministerin, ist in höchstem Maß abenteuerlich. Als grüne Umweltministerin haben Sie erst die Umweltverbände gegen sich aufgebracht und jetzt Ihre grünen Amtskolleginnen und -kollegen. Mittlerweile ist Hessen im Weserrat isoliert, der BUND klagt, und Niedersachsen hat eine Sondersitzung des Weserrats beantragt.

Die Oberweserpipeline ist Unsinn.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Weser sollte nach der Wasserrahmenrichtlinie bereits 2015 einen guten Zustand haben. Mit Ihrem Vorschlag wird das auch 2021 nicht gelingen. Deshalb wird das Mahnverfahren der EU-Kommission auch weiterlaufen. Darüber, dass die von Hessen verfochtene Fortsetzung der Versenkung bis 2021 ein absolutes No-Go ist, brauche ich hier nicht mehr zu reden.

Wie weit die hessische Umwelt- und Wirtschaftspolitik neben der Spur liegt – es geht hier eher um die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen als um deren Vereinbarkeit mit dem Umweltschutz –, macht auch die Fraktion der CDU in Niedersachsen deutlich – hören Sie gut zu, meine Damen

und Herren, von der CDU –; denn deren umweltpolitischer Sprecher, Martin Bäumer, fordert die Prüfung der sogenannten Eindampflösung. Falls Sie sich erinnern: Auch wir haben das hier bereits im Jahr 2014 beantragt. Darüber hat sich vor allem die CDU aufgeregt. Das haben Sie abgelehnt. Schön, zu sehen, dass die CDU in anderen Bundesländern lernfähiger ist, als Sie es hier sind.

(Beifall bei der LINKEN – Peter Stephan (CDU): Die haben nicht den richtigen Informationsstand!)

Das Unternehmen K-UTEC hat mit der Eindampflösung eine Option vorgelegt, die auch vom Umweltbundesamt als technisch prinzipiell möglich eingestuft wird. Dennoch ist die Prüfung der Machbarkeit dieses Verfahrens bisher nicht über den Status eines Vorgutachtens hinausgekommen, da weder das Unternehmen noch die Hessische Landesregierung ein Gutachten finanzieren wollte. Sie sollten dieses Vorhaben jetzt endlich unterstützen.

Um die Kaliproduktion mit ihren Arbeitsplätzen in Hessen zu sichern, muss sich die Hessische Landesregierung endlich dafür einsetzen, dass die tatsächlich beste verfügbare Technik zur Minimierung und Vermeidung von Produktionsabwässern an der Quelle eingesetzt wird. Diese muss im Masterplan festgeschrieben werden.

Das sieht auch die EU-Kommission so. In ihrem Schreiben vom 22. Oktober letzten Jahres kritisiert die Kommission, dass K+S keine Maßnahmen verbindlich vorgegeben wurden, sondern der Konzern entscheiden darf, welche Maßnahmen er umsetzen möchte und welche nicht. Die Kommission teilt mit, dass Machbarkeit und Wirksamkeit der im Bewirtschaftungsplan genannten Maßnahmen nicht nachgewiesen wurden, und sie stellt fest, dass die Bundesrepublik deshalb ihrer Verpflichtung zum Aufstellen von Bewirtschaftungsplänen nicht nachgekommen ist. Das gilt für den vorgelegten Bewirtschaftungsplan, und das gilt auch für den in Abstimmung befindlichen detaillierten Bewirtschaftungsplan. Auch darin wird nicht belegt, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen wirklich ausreichen, ja, ob sie überhaupt funktionieren, wie im Fall der Haldenabdeckung und der Laugenstapelung unter Tage.

Wie bei den Stellungnahmen des Hessischen Landesamts für Umwelt und Geologie zur Versenkung hat es die hessische Umweltministerin auch dieses Mal nicht für nötig gehalten, die Abgeordneten dieses Hauses zu informieren.

(Beifall bei der LINKEN – Clemens Reif (CDU): Keine Schärfe!)

Auch dass die EU-Kommission der Auffassung ist, dass Deutschland zu Unrecht eine Verlängerung der Frist zur Erreichung eines guten Gewässerzustandes in Anspruch nimmt, hat sie verschwiegen. Die hessische Umweltministerin vertritt in der Öffentlichkeit immer noch, dass bis 2027 und darüber hinaus – Stichwort: 60-Jahres-Plan – Zeit ist, einen guten Gewässerzustand zu erreichen. Erstens wird der gute Zustand mit den vorgeschlagenen Maßnahmen auch 2027 nicht erreicht werden, und zweitens war die Frist im Jahr 2015 zu Ende.

Frau Kollegin Schott, Sie müssen langsam zum Schluss kommen.

Mache ich sofort. – Diese Informationen zurückzuhalten, hat mit seriöser Amtsführung nichts zu tun. Sie setzen die jahrzehntelange Gefälligkeitspolitik der hessischen CDU fort, und die „Null-Prozent-Durchsetzungskraft“ grüner Politik ist unerträglich.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Das Wort hat der Abg. Timon Gremmels, SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Die SPD ist die Partei der Arbeit, und wir stehen solidarisch zu den 4.500 Beschäftigten in der nordosthessischen Kaliindustrie.

(Beifall bei der SPD – Marjana Schott (DIE LIN- KE): Ab wann?)

Klar ist für uns aber auch: Umwelt und Arbeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Aber genau das geschieht unter Schwarz-Grün.

Seit 17 Jahren regiert die CDU in Hessen. 17 Jahre hat eine CDU-geführte Landesregierung Zeit gehabt, gemeinsam mit Kali + Salz eine nachhaltige Lösung für die Salzabwasserproblematik zu erreichen. Wir stellen fest: Das ist bis heute nicht gelungen. Ihr Unvermögen führte dazu, dass Tausende von Beschäftigten und ihre Familien in der Vorweihnachtszeit um ihre Beschäftigung bangen mussten. Und auch in diesem Frühjahr droht mit der deutlich reduzierten Möglichkeit zur Versenkung wieder Kurzarbeit. – Zu alldem vom Ministerpräsidenten kein Wort.

Noch im Sommer letzten Jahres, als die Übernahme von K+S durch Potash drohte, hat sich der Ministerpräsident öffentlich gerühmt, wie ein Löwe dafür zu kämpfen, diese abzuwenden. Ich erinnere mich noch gut an eine Begebenheit im Untersuchungsausschuss zu Biblis, als er medienwirksam darum gebeten hat, doch die Sitzung zu unterbrechen, um mit Schäuble über die Rettung von Kali + Salz zu telefonieren. Damals hat der Ministerpräsident gekämpft. Jetzt, wo es wieder um die Arbeitsplätze geht, ist er abgetaucht und lässt seine Umweltministerin im Regen stehen, die die vorherigen Versäumnisse von drei CDU-Umweltministern in den letzten 15 Jahren aufarbeiten muss.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Ach du meine Güte! – Du liebe Güte!)

So ganz will Ihnen das aber nicht gelingen, Frau Hinz. In Sachen EU-Wasserrahmenrichtlinie und Werra-Bewirtschaftungsplan kämpfen Sie derzeit an allen Fronten.

Fangen wir mit Kali + Salz an. Mit dem Vorstandsvorsitzenden, Norbert Steiner, haben Sie im September 2014 öffentlichkeitswirksam den sogenannten Vier-Phasen-Plan vorgestellt, der auf vier Seiten eine stufenweise Lösung der Salzabwasserproblematik bis zum Jahre 2075 vorsieht. Doch seitdem: Still ruht der Salzsee. Von einer öffentlichrechtlichen Vereinbarung sind wir heute noch meilenweit entfernt. Während Schwarz-Grün mittlerweile von einem optimierten Vier-Phasen-Plan spricht, der auch das Einstapeln von Salzlösung unter Tage und den sogenannten Werra-Bypass umfasst, will Kali + Salz davon bisher nichts

wissen. Wir können in die Pressemitteilung von gestern hineinschauen. Unter „Zukunftsperspektiven“ steht dort weder etwas von Einstapeln, noch ist dort von einem deutlich kleiner dimensionierten Werra-Bypass die Rede, Frau Ministerin. Was gilt denn nun?

Das haben wir alles geklärt! Meinen wir alle dasselbe, wenn wir vom Vier-Phasen-Plan sprechen? Gibt es einen mit Kali + Salz abgestimmten, optimierten Vier-Phasen-Plan? Diese Antwort waren Sie im Umweltausschuss schuldig geblieben und sind Sie bis heute schuldig geblieben. (Beifall bei der SPD)

Frau Ministerin Hinz, streuen Sie den Menschen nicht länger Salz in die Augen.

(Heiterkeit – Beifall bei der SPD)

Außerdem gibt es noch die Kommunen entlang der geplanten Pipeline an die Oberweser. Frau Hinz, die Kommunen in Nordhessen, die davon betroffen sind, fühlen sich veräppelt. In einem Interview mit der „HNA“ vom 10. Dezember 2015 haben Sie von einem „kleineren Werra-Bypass“ gesprochen, der laut Vorlage der Weser-Ministerkonferenz so dimensioniert sei, dass gerade einmal 0,8 Millionen m3 Abwasserfracht transportiert werden könnten.

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vor- sitz.)

Im Raumordnungsverfahren, das im Dezember 2015 eingeleitet worden ist und zu dem die Träger öffentlicher Belange Stellung nehmen sollen, werden aber deutlich höhere Zahlen genannt. Da ist von 5,5 Millionen m3 Salzabwasser die Rede. Frau Hinz, das, was Sie da machen, mag zwar rechtlich möglich sein, aber es führt zu einer Verunsicherung in der Region, wenn auf einmal völlig andere Zahlen kursieren. Das trägt nicht dazu bei, Vertrauen in Ihre Politik zu schaffen, Frau Ministerin.

(Beifall bei der SPD)