Wenn wir von dem derzeitigen Prinzip wieder zum Teilsachleistungsprinzip übergehen und die Stromrechnung von den Jobcentern bezahlen lassen würden, wären wir an der Stelle auch weiter.
Vielen Dank, Herr Kollege Merz. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatsminister Grüttner. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine Diskussion, die uns nicht das erste Mal hier im Hessischen Landtag beschäftigt. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass wir vor etwas mehr als einem Jahr zum Urteil des Sozialgerichts eine Debatte über die Sanktionen geführt haben. Darauf werde ich noch einmal zu
rückkommen. Es ist in der Tat so, dass die anstehenden Beratungen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz seitens der antragstellenden Fraktion offensichtlich noch einmal zum Anlass genommen worden ist, eine Aktion wieder aufleben zu lassen, die auch nicht mehr so neu ist.
Ich erinnere nur an den im Bundestag gestellten Antrag vom 17.12.2014, „Gute Arbeit und eine sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV“. Genau diese Überschrift ziert auch den aktuellen Antrag der Fraktion DIE LINKE. Insofern ist das keine neue Diskussion, die uns an dieser Stelle erreicht. Aber es ist – das will ich auch zugestehen – eine Diskussion, bei der wir uns auch sehr ernsthaft damit auseinandersetzen müssen, welche Wege wir im Hinblick auf die Menschen gehen, die auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen sind, um ihnen Hilfestellungen zu geben.
An dem Punkt will ich dann schon auf einige Aspekte des Antrags der LINKEN eingehen, bei denen ich sage, dass man sie etwas differenzierter betrachten muss. Wenn Sie generell das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz ablehnen und versuchen, eine neue Systematik auf den Weg zu bekommen, dann müssen wir schon noch einmal darauf rekurrieren, wie wir zu den einzelnen Ergebnissen kommen.
Die Grundlage dafür ist nun einmal die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, und sie liegt vor. Natürlich kommt mit diesem vorliegenden Gesetz der Bundesgesetzgeber seiner Verpflichtung nach, die Regelbedarfe verfassungskonform zu ermitteln. Deswegen sind die einschlägigen Entscheidungen sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Bundessozialgerichts zu den Regelbedarfen und zu den Regelsätzen an dieser Stelle umgesetzt.
Ich sage Ihnen an dem Punkt, wir prüfen diesen Gesetzentwurf seitens der Länder sehr genau. Wir bedauern sehr – auch das sage ich sehr deutlich –, dass er relativ spät vorgelegt worden ist und die intensiven Beratungen an dieser Stelle auch unter einem entsprechenden Zeitdruck stehen. Es sind nicht nur die Beratungen, bei denen der Zeitdruck entsteht, sondern es ist auch bei der Umsetzung, die wir entsprechend vornehmen müssen.
Am Ende meiner Ausführungen will ich deswegen noch auf drei oder vier Punkte des LINKEN-Antrags eingehen und die Aspekte noch einmal aufführen, mit denen wir uns als Länder zum jetzigen Zeitpunkt beschäftigen, damit Sie wissen, dass sich der Gegenstand zu einem großen Teil auch in den Debattenbeiträgen, die heute hier vorgenommen worden sind, widerspiegelt. Aber ich will noch sagen, wenn man eine bedarfsdeckende sanktionsfreie Grundsicherung fordert, bedeutet dieses im Ergebnis, dass man den Weg hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen beschreitet. Es wäre nach meiner Auffassung und nach Auffassung der Landesregierung ein völliger Irrweg und würde vollkommen unverantwortliche Risiken bergen, wenn man einen solchen Schritt gehen würde.
Durch die Aufgabe von Sanktionen würden nämlich Anreize gesetzt werden, sich letztendlich in dem Leistungsbezug einzurichten und sich damit – das sage ich auch sehr deutlich – auf Kosten der Steuerzahler dann durchaus auch ein möglicherweise bequemes Leben zu machen, wenn auch auf einem relativ geringen Niveau. Es würde – das ist das Entscheidende – letztendlich zu einer sozialen Ungerech
Vollkommen klar ist, dass das Existenzminimum abgedeckt sein muss. Es ist aber darüber hinaus die Aufgabe eines jeden Einzelnen, mit dieser Unterstützung auch wieder selbst Fuß zu fassen. Deswegen wird das Prinzip des Förderns und Forderns an dieser Stelle auch in Zukunft umgesetzt werden.
Zweiter Punkt. Wenn Sie in Ihrem Antrag praktisch fordern, dass die Leistungen, die über die Bildung und Teilhabe den Kindern und Jugendlichen zuteilwerden, aufzulösen und in einen eigenen Kinderregelsatz einzubauen sind, ist auch dies ein Weg, der eher zu Benachteiligungen als zu Vorteilen für die Betroffenen führt.
Ich kann mich noch sehr genau an das Gesetzgebungsverfahren erinnern, das letztendlich in dem Bildungs- und Teilhabepaket geendet hat. Denn an der Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses war ich zum damaligen Zeitpunkt beteiligt. Wir haben sehr genau geschaut, wer das denn in Anspruch nimmt. Heute hören wir in den Rückmeldungen der kommunalen Gebietskörperschaften, dass dieses Bildungs- und Teilhabepaket auf ein großes Maß an Zustimmung stößt. Auch rund 85 % der leistungsberechtigten Haushalte sehen in den zusätzlichen Leistungen eine wirklich gute Unterstützung.
Diese Unterstützung findet dann auch zielgerichtet statt: Wenn ich das Mittagessen brauche, dann ist das für das Mittagessen. Wenn ich es für den Sportverein brauche, dann ist es für die Teilhabe an den Aktivitäten des Sportvereins. Dies wird immer für den entsprechenden Zweck eingesetzt.
Würden Sie es jetzt beispielsweise in eine Geldleistung umformieren, dann würden Sie gar keine zielgerichtete Wirkung mehr mit den Mitteln aus dem Bildungs- und Teilhabegesetz erzielen. Denn dann bliebe letztendlich nur ein Durchschnittsbetrag übrig, unabhängig davon, ob man am Mittagessen teilnimmt, und unabhängig davon, ob man an Vereinsaktivitäten teilnimmt, und vieles andere mehr. Insofern bleibt einfach zu sagen, dass das Bildungs- und Teilhabepaket an dieser Stelle der richtige Weg ist, tatsächlich auch Teilhabe zu ermöglichen.
Auf die Frage nach der Abschaffung der Sanktionen bin ich schon eingegangen. Ich will kurz auf den Antrag eingehend sagen, dass logischerweise die vollständige Übernahme der Kosten für die Unterkunft durch den kommunalen Träger letztendlich auch vollkommen ins Leere geht. Denn auch die kommunalen Träger sind an Gesetz und Recht gebunden. Insofern besteht hier überhaupt keine Möglichkeit, entsprechend zu handeln.
Ich will aber im Hinblick auf die Fragestellungen, auf die die Kollegen eingegangen sind, ein paar Punkte ansprechen, die in der aktuellen Diskussion sind. Wir sind nach wie vor sehr intensiv bei den Beratungen im Hinblick auf das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung in der Diskussion, inwiefern wir Leistungen, die beispielsweise Auf
stocker bekommen, herausrechnen, um letztendlich nicht durch entsprechende Zirkelschlüsse für einen betroffenen Personenkreis Nachteile zu generieren, wenn wir Leistungen, die Aufstocker beziehen, nicht herausrechnen.
Wir müssen eine Unterscheidung in den Regelbedarfsstufen sehr schlüssig von der Bundesregierung begründet bekommen, damit sie auch nachvollziehbar ist. An dieser Stelle ist das, was Kollege Rock eben in die Diskussion eingebracht hat, einer der Punkte, mit denen wir uns sehr intensiv beschäftigen. Wir als Länder haben einen Antrag formuliert, der die Bundesregierung auffordert, bei der Ermittlung der Regelbedarfe die Anteile für Energiekosten unter Berücksichtigung der verschiedenen tatsächlichen Gegebenheiten bei der Energielieferung und -nutzung und insbesondere beim Haushaltsstrom realitätsnah zu ermitteln und festzusetzen.
An dieser Stelle gehen wir in die Diskussion hinein. Ob das Herausnehmen und eine direkte Begleichung der richtige Weg wäre, kann ich an dieser Stelle gar nicht beurteilen. Da stimme ich dem zu, was Herr Merz gesagt hat. Es gibt auch noch viele SGB-II-Bezieher, die ihren Strom bezahlen. Und es gibt welche, die ihn eben nicht bezahlen. Aber wenn die bedarfsgerechte Ermittlung auch unter den unterschiedlichen Lieferbedingungen zum Gegenstand der Regelbedarfsberechnung werden würde, wären wir schon einmal einen Schritt weiter. Dort versuchen wir uns auch entsprechend einzubringen.
Insofern gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Positionen. Die Sitzung, die sich mit dieser Fragestellung auseinandergesetzt hat – insofern ist das tatsächlich sehr aktuell –, fand am 10. Oktober statt. Wir gehen jetzt in die Beratungen im Bundesrat. Ich will an dieser Stelle sehr deutlich machen: Wir haben als uns Länder, und zwar in unserer Gesamtheit, immer wieder, wenn es um das Thema Regelbedarfsermittlung geht, mit den Erfahrungen eingebracht, die wir aus den kommunalen Jobcentern und aus den gemeinsamen Einrichtungen gewonnen haben.
Das geht nicht in die Richtung einer generellen Auflösung eines solchen Ermittlungsverfahrens, sondern um die Anpassung der Realitäten, die vor Ort vorhanden sind. Auf diesem Weg befinden wir uns. Denn letztendlich müssen wir denjenigen, die auf diese Hilfestellungen angewiesen sind, neben der materiellen Hilfe natürlich noch einen ganzen weiteren Strauß von Hilfestellungen anbieten. Das geht über das Thema Beratungsleistungen, über Bildungsangebote und vieles andere mehr hinaus. Ich denke, dort sind wir in unserem Land gut aufgestellt und auf einem guten Weg. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Wie in der Geschäftsordnung vorgesehen und wohl auch vereinbart, gehen beide Anträge an den Sozialpolitischen Ausschuss. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.
Wir haben die Zeit der vereinbarten Mittagspause erreicht. Ich unterbreche die Sitzung. Wir setzen sie um 14:10 Uhr fort. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die für die Mittagspause unterbrochene Sitzung und teile Ihnen mit, dass noch eingegangen und an Ihre Plätze verteilt ist: Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Lehrplan für Sexualerziehung ist zeitgemäß und ein wichtiger Baustein für Akzeptanz und Vielfalt in Hessen, Drucks. 19/3886. Die Dringlichkeit wird bejaht? – Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 45. Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. – Herr Rudolph, zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Da die Demonstration und die Veranstaltung des Bündnisses am 30. Oktober stattfinden und wir vorher keine parlamentarischen Sitzungen mehr haben, beantragen wir, dass wir am Ende der heutigen Tagesordnung diesen Punkt aufrufen. Zur Redezeit hatten Sie schon etwas gesagt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hätten das zwar im Zusammenhang mit dem Schulgesetz diskutieren können – da war die Demonstration auch schon bekannt –, aber wenn die SPD das jetzt erst gemerkt hat, haben wir kein Problem damit, uns mit diesem Tagesordnungspunkt am Ende der heutigen Sitzung auseinanderzusetzen. Wir haben genügend Zeit und sind auch sprechfähig. Ich bin aber der Meinung, wir hätten das durchaus schon abhandeln können. Aber wenn Sie etwas länger gebraucht haben – alles gut.
Ich kann mich dem Wortbeitrag meines Kollegen anschließen. Ich möchte aber schon sagen: Die Demonstration ist schon eine längere Zeit bekannt. Ich hätte mir gewünscht, dass man bei so einem Thema schon früher hätte daran denken können, ob man das macht oder nicht. Kurzfristig diesen Antrag zu stellen ist mit dem Verfahren, das wir im Moment haben, nicht ganz vereinbar.
Dann stelle ich bei Unstimmigkeit über die Notwendigkeit der Zeitläufe eine Einmütigkeit fest, dass wir diesen Tagesordnungspunkt nach Tagesordnungspunkt 14 heute noch aufrufen, am Ende der heutigen Sitzung. – Das ist einmütig der Fall.
Antrag der Fraktion der FDP betreffend weitere Produktionsausfälle K+S-Werke verhindern – Drucks. 19/3840 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 29. September 2014 hat Ministerin Hinz angekündigt, dass die Ergebnisse des Vier-Phasen-Plans in den nächsten Wochen in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Unternehmen festgeschrieben werden.
Meine Damen und Herren, die „nächsten Wochen“ scheinen ein sehr dehnbarer Begriff seitens der Landesregierung zu sein.
Wir haben seinerzeit als FDP-Fraktion die Absicht, den Vier-Phasen-Plan rechtssicher umzusetzen, durchaus unterstützt. Sie haben von uns auch Lob bekommen. Aber, sehr geehrte Frau Hinz, heute muss man sich fragen lassen: Wie weit sind wir jetzt? – Wir haben stattdessen Stillstand, Produktionsausfälle, Kurzarbeit. Mittlerweile haben wir eine Situation, wo Arbeitsplätze gefährdet sind, wo das Unternehmen gar in Gänze gefährdet ist.
Meine Damen und Herren, dass dazu ein neuer Masterplan beschlossen wurde, der Forderungen enthält, die das Unternehmen nicht mehr mittragen kann, zeigt, dass wir uns von der Idee des Vier-Phasen-Plans immer weiter wegbewegen.