Protokoll der Sitzung vom 24.01.2017

Bis zu einer hessenweiten Implementation der verpflichtenden Schulleiterqualifikation, die derzeit im Bereich Mittelhessen pilotiert wird, kann nur eine Abordnung in den schulaufsichtlichen Bereich dafür hinreichend Gewähr bieten. Eine Abordnung in Bereiche mit primär pädagogischem Schwerpunkt erscheint hier nicht zielführend.

Zweitens handelt es sich bei beruflichen Schulen in der Regel um große Systeme mit zum Teil mehreren Tausend Schülerinnen und Schülern und einer dementsprechend großen Anzahl von Lehrkräften. Die Leitung solch großer Systeme erfordert neben der bereits beschriebenen schulfachlichen Verordnungskenntnis eine Reihe von weiteren Voraussetzungen, insbesondere umfangreiche Kenntnisse in schulrechtlichen, verwaltungsrechtlichen und haushalterischen Angelegenheiten, die zur Steuerung einer beruflichen Schule und noch mehr einer selbstständigen beruflichen Schule – und das ist immerhin die Hälfte aller unserer beruflichen Schulen – unabdingbar sind.

Eine Abordnung in den schulaufsichtlichen Bereich eines Staatlichen Schulamtes oder des Hessischen Kultusministeriums eröffnet hier die Möglichkeit, sich die erforderlichen Kenntnisse und Kompetenzen im Hinblick auf die Übernahme einer Leitungsfunktion exemplarisch anzueignen. Abordnungen in andere Bereiche erfüllen diesen Zweck nicht.

Ich kann vielleicht noch hinzufügen, dass auch im Bereich großer gymnasialer Systeme, also allgemeinbildender Systeme, in der Vergangenheit den oben genannten Anforderungen Rechnung getragen wurde und dies dann im Profilmerkmal von Stellenausschreibungen entsprechend den Anforderungen an die zu besetzende Leitungsstelle abgebildet wurde. Diese Anforderungen werden auch bei zukünftigen Stellenausschreibungen im gymnasialen Bereich schulabhängig zu berücksichtigen sein, aber die Notwendigkeit dafür ergibt sich eben im allgemeinbildenden Bereich deutlich seltener als im beruflichen.

Zusatzfrage, Frau Abg. Hartmann.

Der letzte Satz hat es schon fast erklärt. Ich wollte fragen, ob geplant ist, dass künftig auch für Schulleiterstellen an anderen Schulformen, insbesondere an Gymnasien, eine schulaufsichtliche Tätigkeit als Voraussetzung gilt.

Herr Minister.

Frau Abgeordnete, ich kann noch einmal bestätigen: Es ist keine generelle Voraussetzung, aber unter bestimmten Umständen, also wenn wir feststellen, dass diese Schulleitungsstelle in der von mir beschriebenen Hinsicht besonders anspruchsvoll ist, werden wir das Merkmal auch weiter verwenden. Aber Sie werden auch in Zukunft feststellen, dass es im beruflichen Bereich deutlich häufiger vorkommen und vielleicht sogar eher der Regelfall sein wird und im allgemeinbildenden Bereich nicht.

Wir kommen zur Frage 707. Herr Abg. Kummer.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Strategie verfolgt sie damit, dass hessische Ministerinnen und Minister in Brüssel in der Regel nur mit Europaparlamentariern der Europäischen Volkspartei, EVP, zusammentreffen?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das habe ich mich auch schon gefragt!)

Frau Staatsministerin Puttrich.

Herr Abg. Kummer, hier scheint es sich doch eher um eine subjektive Wahrnehmung von Ihnen zu handeln. Die Mitglieder der Hessischen Landesregierung unterhalten sich mit den Abgeordneten der unterschiedlichsten Fraktionen.

Selbstverständlich ist die Strategie der Gespräche darauf ausgerichtet, dass die Mitglieder der Landesregierung mit den Gesprächen, die sie übrigens nicht nur in Brüssel führen, sondern auch in Straßburg und in Luxemburg, die Interessen Hessens in die EU-Entscheidungsprozesse einbringen. Neben dem Ministerrat ist das Europäische Parlament der Gesetzgeber der EU. Die Abgeordneten sind deshalb wichtige Ansprechpartner für die Hessische Landesregierung auf EU-Ebene. Ein Netzwerk von Ansprechpartnern und der regelmäßige Kontakt mit Abgeordneten sind unbedingt erforderlich, und zwar fraktionsübergreifend. Gespräche mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments haben deshalb Priorität bei den Terminen, nicht nur in Brüssel, sondern, wie gesagt, auch in Straßburg.

Die Gesprächsanfragen richten sich in erster Linie an die Abgeordneten, von denen auszugehen ist, dass sie für hessische Interessen besonders aufgeschlossen sind. Das sind insbesondere die sechs hessischen Europaabgeordneten, die wir regelmäßig zu einem Gedankenaustausch einladen. Jeweils zwei Europaabgeordnete aus Hessen sind Mitglieder der EVP, der S&D-Fraktion und der Fraktion der GRÜNEN/EFA. Die der Piratenpartei angehörende Europaabgeordnete Julia Reda stammt aus Hessen und hat sich den GRÜNEN angeschlossen und wird somit dort mit eingeladen. Darüber hinaus wurden durch Mitglieder der Landesregierung natürlich auch Gespräche mit anderen Abgeordneten geführt. Exemplarisch möchte ich hier Britta Reimers (ALDE), Maria Noichl (S&D), Jens Gieseke (EVP), Bas Eickhout (GRÜNE/EFA), Josef Weidenholzer (S&D), Axel Voss (EVP), Jakob von Weizsäcker (S&D) nennen. Diese Liste ließe sich jetzt beliebig weiterführen.

Da allerdings die EVP mit Abstand die größte Fraktion im Europaparlament ist – aktuell sind es 250 Mitglieder – und die CDU/CSU-Gruppe mit 34 MdEP die größte nationale deutsche Gruppe in einer Fraktion ist, stehen uns als Gesprächspartner eben auch mehr Ansprechpartner der EVP in den Ausschüssen als Bericht- und Schattenberichterstatter oder Koordinatoren zur Verfügung, d. h. in ihrer Funktion, aber nicht aufgrund ihrer parteilichen Zugehörigkeit.

Um es also klar zu sagen: Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fraktion spielt für die Hessische Landesregie

rung bei der Wahl von Gesprächspartnern überhaupt keine Rolle.

Zusatzvermerk, Herr Abg. Kummer: Zu meinem großen Bedauern ist es gerade bei einzelnen Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die nicht der EVP angehören, ausgesprochen schwierig, mit ihnen Gesprächstermine zu vereinbaren. Es gibt Einzelne, bei denen es mir bis heute nicht gelungen ist.

(Zurufe von der CDU)

Herr Abg. Kummer, mit einer Zusatzfrage.

Frau Ministerin, zuerst einmal vielen Dank für die offene Darlegung hier im Plenum. – Ich habe noch eine Frage dazu. Meine Eindrücke ergeben sich aus dem Bericht der Landesregierung im entsprechenden Fachausschuss. Wären Sie denn bereit, für das Jahr 2016 einmal eine kleine Aufstellung zu machen, aus der sich ableiten lässt, ob mein subjektiver Eindruck der richtige gewesen ist – eine Aufstellung, aus der man erkennen kann, welche Gespräche das mit welchen politisch Verantwortlichen waren?

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Frau Ministerin Puttrich.

Sehr geehrter Herr Abg. Kummer, ich habe Ihnen eben beispielhaft einige Gesprächspartner der unterschiedlichsten Fraktionen genannt. Ihnen kann gern im Europaausschuss noch ein vertieftes Beispiel gegeben werden über die Gespräche, die ich führe und die der Staatssekretär Weinmeister führt. Darüber führen wir entsprechend Buch und Kalender. Daran werden Sie schon sehen, wie umfangreich die Gesprächspartner sind.

Selbstverständlich führen die einzelnen Fachminister ihre Gespräche auch vor Ort in Brüssel, auch über die Ressorts hinweg und auch über die Fraktionen hinweg mit allen Beteiligten. Aber ich glaube, dass es ausgesprochen schwierig sein wird, für alle Mitglieder der Hessischen Landesregierung die Terminkalender zu durchforsten, um darzulegen, mit welchen Abgeordneten man im Einzelnen gesprochen hat. Ich habe Ihnen eben dargelegt, allein dadurch, dass wir mit Entscheidungsträgern sprechen, mit Berichterstattern sprechen, mit denjenigen, die entsprechende Funktionen haben und die die hessischen Interessen vertreten – z. B. zum Finanzplatz Frankfurt reden wir sehr häufig mit Abgeordneten der Sozialdemokraten, weil das diejenigen sind, die dort an den Schlüsselpositionen sitzen –, mag es sein, dass Ihr Eindruck, den Sie über den Bericht wahrgenommen haben, in der Tat ein subjektiver ist. Das kann aber gerne im Ausschuss noch einmal vertieft werden.

Zusatzfrage, Herr Dr. Wilken.

Frau Ministerin, ich bin froh darüber, dass wir nur über unterschiedliche Eindrücke und nicht über sogenannte alternative Fakten reden.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD – Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Können Sie sich erinnern, oder ist es überhaupt schon einmal vorgekommen, dass Sie sich auch mit Abgeordneten der LINKEN getroffen haben?

Frau Staatsministerin Puttrich.

(Zuruf von der Regierungsbank)

Ich habe mich mit Abgeordneten getroffen, die in besonderen Funktionen sind, die die Interessen der Hessischen Landesregierung mit vertreten, die auch entsprechenden Einfluss nehmen können und die entsprechende Berichterstatter sind. Wenn es von den LINKEN welche geben würde, die die Kriterien erfüllen, hätte ich keine Scheu, auch mit diesen zu reden.

Damit haben wir jetzt die Frage 707 erledigt.

Ich rufe die Frage 708 auf. Herr Abg. Stephan.

Ich frage die Landesregierung:

Wie bewertet sie in einer ersten Stellungnahme das sogenannte Winterpaket, mit welchem die Europäische Kommission unter dem Titel „Saubere Energie für alle Europäer“ kürzlich vier neue Richtlinien und vier Verordnungen zur europäischen Energiepolitik vorgestellt hat?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Sehr geehrter Herr Abg. Stephan, das Winterpaket ist von der EU-Kommission Anfang Dezember letzten Jahres vorgestellt worden, ein umfangreicher Katalog unterschiedlichster Vorschläge für Maßnahmen, Richtlinien, Verordnungen, Analysen, Strategiepapiere für die europäische Energiepolitik bis zum Jahr 2030. Die Kommission strebt an, die Richtlinien und Verordnungen noch vor dem Ende ihrer Amtszeit im Jahr 2019 in Kraft zu setzen. Wenn man versucht, es zusammenzufassen, kommen am Ende drei

Hauptziele heraus: erstens Energieeffizienz als oberste Priorität, zweitens weltweiter Ausbau und Technologieführerschaft im Bereich der erneuerbaren Energien, als europäisches Ziel, und drittens, ein faires Angebot für alle Verbraucher von Energie bereitzustellen.

Diese drei Punkte stoßen im Grundsatz auf Zustimmung auch bei uns. Wir befürworten das. Allerdings haben einige zentrale Maßnahmen des Winterpakets durchaus auch Auswirkungen auf die Energiewende, wie wir sie in Deutschland begonnen haben und auch in Hessen durchführen wollen, wo wir sozusagen mittendrin sind. Da sind manche Punkte als kritisch einzustufen:

Der erste Punkt – die alte Debatte –: die faktische Abschaffung des Netzzugangs und Einspeisevorrangs für regenerativ erzeugten Strom, die die Kommission möchte. Dann die Einrichtung von unterschiedlichen Preiszonen. Das würde für Hessen höchstwahrscheinlich steigende Strompreise für die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeuten. Dann das aus unserer Sicht wenig ambitionierte Ausbauziel für die erneuerbaren Energien und ein Verzicht auf die Vorgabe verbindlicher Ausbauziele für die einzelnen Mitgliedstaaten.

Also, wir werden uns in der Bundesratsbefassung im Februar und März mit diesem Winterpaket noch vertieft beschäftigen. Aber ich bin mir sehr sicher, dass das noch muntere Debatten auf allen Ebenen gibt.

Ich rufe die Frage 709 auf. Herr Abg. Warnecke.

709 sagten Sie. Entschuldigung – Ich darf die Landesregierung fragen:

Wird sie bei den notwendigen grundhaften Deckenerneuerungen von Landesstraßen im Lande Hessen dem Lärmschutz ein besonderes Gewicht einräumen, dessen Notwendigkeit beispielhaft an der L 3172 im Ortsteil Harnrode der Marktgemeinde Philippsthal anhand der Defekte im Asphalt und der durch Lkw-Durchfahrten beschädigten angrenzenden und mit Blocksteinen belegten Straßenrinne deutlich wird?

Herr Verkehrsminister Al-Wazir.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, mehr als ein Fünftel des 7.000 km langen Landesstraßennetzes befindet sich in einem sehr schlechten Zustand, wie man an Ihren Fragen auch sieht. Genau das ist der Grund, warum wir die Sanierungsoffensive gestartet haben. Natürlich ist eine Prioritätensetzung nach objektiven und transparenten fachlichen Kriterien unverzichtbar. Bei der Dringlichkeitsreihung der zu sanierenden Landesstraßen ist die Reduzierung von Lärmemissionen ein Kriterium im Bereich der Umfeldsituation. Es gibt aber natürlich auch noch die anderen Kriterien, Stichwort: Verkehrssicherheit, Verkehrsbedeutung, Verkehrsqualität und Wirtschaftlichkeit.

Deswegen ist diese Ortsdurchfahrt nicht in der Sanierungsoffensive gelandet. Sie wissen aber auch, dass wir einen Puffer haben, dass wir uns natürlich die Situation jeweils vor Ort ganz genau betrachten und überlegen, falls sich die Situation deutlich verschlechtert, dass auch noch Maßnahmen nachrutschen können, die nicht Bestandteil der veröffentlichten Projekte der Sanierungsoffensive sind, wo sich aber die Situation vor Ort deutlich verschlechtert hat. Ich bekomme jeden Tag Briefe mit Einladungen, mir Ortsdurchfahrten und Schlaglöcher anzuschauen. Ich verstehe das auch. Das eigene Schlagloch ist immer das tiefste. Nur, wir müssen nach fachlichen Kriterien vorgehen.

Dementsprechend sind wir an dieser Stelle zu dem Ergebnis gekommen, zu dem wir gekommen sind. Es ist natürlich klar, dass wir vor Ort die Situation weiter beobachten und dann auch bei der jährlichen Entscheidung, was gemacht wird, uns betrachten, ob es bestimmte Ortsdurchfahrten oder Streckenabschnitte gibt, die sich so verschlechtert haben, dass sie dann doch vor 2022 gemacht werden müssen.