Protokoll der Sitzung vom 11.07.2001

Wenn Herr Freytag sagt, wir würden HEW-Anteile verkaufen...

(Glocke)

Meine Damen und Herren, es ist zwar eine sehr hitzige Debatte, aber es tut gut, den Redner noch zu hören.

... dann wollen Sie das mit dem vergleichen, was Sie in Wahrheit vorhaben. Ich kann mich an diese Haushaltssituation sehr gut erinnern. Jedes Mal haben wir geglaubt, wir hätten den Haushalt saniert,

(Dr. Michael Freytag CDU: Aber das haben Sie nie geschafft!)

und dann hat die Kohl-Regierung irgend welche Bundeserlasse herausgegeben, die auf Umwegen genau in unserem Haushalt landeten. Das war die Lage. Wir haben diese Unternehmen nur verkauft, um den Haushalt zu sanieren, und nicht, um Geld zu machen und Unsinn zu finanzieren, Herr von Beust.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir schützen die SAGA-Mieter. Wir bleiben dabei: SAGA und GWG dürfen niemals verkauft werden. – Danke schön.

Das Wort bekommt der Abgeordnete Jan Ehlers.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Kruse hat in dem reichen Schatz seiner Erinnerungen gekramt und dargestellt, wie das zu seiner Zeit als Geschäftsführer der CDU-Fraktion mit der Vergabe von Ämtern oder Aufgaben in öffentlichen Unternehmen war. Dabei ist mir auch etwas eingefallen, Herr Kruse, was Sie im Moment wahrscheinlich nicht so ganz präsent haben.

Ich war auch einmal Senator in der Sozialbehörde und hatte mir vorgenommen, die Hamburger Arbeit in zwei Betriebe zu teilen, weil ich dachte, das müsse einigermaßen mittelständig und überschaubar bleiben; Sie wissen ja, daß die Geschäftsführung dieser Unternehmen auch heute noch bei jeder Filzdebatte als ganz besonders wichtig gilt. Und da habe ich mir natürlich überlegt, wen ich denn nehme. Dann bin ich auf jemanden gekommen, den ich schon seit sehr langer Zeit aus der Bezirksversammlung kannte und von dem ich wußte, daß er aufgrund seiner Tätigkeit, die er zu jener Zeit ausübte, wirtschaftlichen Sachverstand hatte und eine soziale Einrichtung auch ganz gut leiten konnte, weil er das Herz sozial am rechten Fleck hatte, und das waren Sie. Ich habe Ihnen diese Position angeboten, und Sie haben das ausgeschlagen; Herr Kruse, daran wollte ich Sie einmal erinnern. Mit ein bißchen mehr Mut – die Institution ist bei Ihren Fraktionskollegen nicht so wohlgelitten – hätten wir eine schöne Konkurrenz zwischen Geschäftsführern verschiedener politischer Parteien in dieser Stadt gehabt, und das wäre gut gewesen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch ein bißchen stärker auf die hier zu Recht zum Thema gemachte Besetzung der leitenden Positionen der öffentlichen Unternehmen eingehen. Man kann nicht so argumentieren, öffentliche Unternehmen seien deswegen schlecht oder abzuschaffen, weil weitere Privatisierung auch immer bedeuten würde, daß es Geschäftsführer gibt, die eingesetzt werden. Diese Kritik, die Sie geäußert haben, hat nichts mit der Privatisierungsalternative zu tun.

(Ole von Beust CDU: Mit dem SPD-Interesse!)

Aber das Thema ist nicht zu Unrecht von Ihnen benannt worden. Ich möchte für unsere Fraktion nur sagen, daß das Verfahren wichtig ist, wie diese Positionen besetzt werden, und das ist das Verfahren der Ausschreibung. Seitdem wir in der Regierungsverantwortung sind, wurden die in der Verantwortung der grünen Behörden liegenden Positionen immer ausgeschrieben, und das gilt nach unserer Kenntnis auch für fast alle Bereiche der SPD-geführten Behörden. Ich sage jetzt nicht, in allen Bereichen, denn man kann sich bei einer Sache auch einmal täuschen, und dann sagen Sie, das weisen wir ihnen einmal nach.

Das Prinzip der Ausschreibung gilt, und dieses mußten wir durchsetzen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, und ich

glaube, es ist viel wichtiger, auf dieses Prinzip hinzuweisen, als das eine gegen das andere aufzurechnen, ob das ein SPD-Mann vielleicht nicht gut gemacht hat. Es ist viel wichtiger, etwas zum Verfahren zu sagen. Wir haben das getan, und das ist auch für die Zukunft wichtig, damit die Hamburger Bevölkerung Vertrauen in diese Leitung hat.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte noch eine zweite Bemerkung zum Argument von Ole von Beust machen. Ich weiß gar nicht, ob er noch im Saal ist. Eines gefällt mir überhaupt nicht, wie Herr von Beust argumentiert. Da wundert es mich auch nicht, daß die Werte der CDU, was ihre Kompetenz angeht, eine Regierung zu führen, vor der Wahl so in den Keller gehen; das muß Ihnen sehr zu denken geben. Ich finde es unverantwortlich, wenn Herr von Beust seine Unkenntnis über das Immobilienmanagement der Stadt, seine Unkenntnis, was es bedeutet, wenn die Schulen anders verwaltet werden, mißbraucht, um die Bürger, die Schüler und Eltern zu verunsichern,

(Beifall bei der GAL und der SPD)

und das noch mit der falschen Aussage hier belegt, wir würden 4 Milliarden DM einheimsen. Das ist so nah an der Unwahrheit, daß ich gar nicht mehr weiß, wieviel Unkenntnis Sie Ihrem Spitzenkandidaten noch durchgehen lassen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen zum ersten Thema sehe ich nicht.

Dann rufe ich das zweite, von der CDU-Fraktion angemeldete, Thema auf:

UKE: Wer hat die Dinge treiben lassen?

Das Wort bekommt der Abgeordnete Professor Dr. Salchow.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dies ist ein Bereich, in dem man Dinge eigentlich gar nicht glauben mag, die da zu sehen sind. Ein Chirurg operiert am offenen Herzen, obgleich er das Schnittmesser nicht mehr ruhig führen kann; und dies nicht einmal, nicht zweimal, sondern einundzwanzigmal.

Klage wurde zunächst im Falle eines kleinen Jungen erhoben, bei dem der Chirurg die Schnitte am Herzen wohl so grob legte, daß große Blutungen auftraten. Nun verstärkte ein weiterer Faktor das Desaster. Da weder UKE noch Wissenschaftsbehörde die Dinge dieser Sache bekanntgemacht haben, will ich das jetzt tun. Eine Herzlungenmaschine mit gelegten Kanälen, die nötig war, war nicht betriebsbereit. Nach den Voroperationen des Jungen, so sagen die Experten, sei klar gewesen, daß bei der Operation dieses Notfallsystem bei schwieriger Venenlage in Funktion hätte sein müssen. Das In-Funktion-Bringen der Herzlungentechnik kostete dann über eine Viertelstunde, und damit war die Unterversorgung des Hirns des kleinen Jungen manifest; er wird sich davon nie erholen.

Über andere Fälle zu sprechen, ist die Zeit zu knapp; wir kennen diese auch nicht genügend.

Was wir kennen, ist, daß der Operateur von seinem Tun nicht abgehalten worden ist. Dies hätte immerhin innerhalb der Professorenschaft erfolgen können. Was wir kennen, ist, daß aus dem Team heraus nichts nach außen gedrungen ist und weiter so gemacht wurde. Dies zeigt die kategorische Abhängigkeit der Assistenzärzte von den C4-Pro

fessoren, und die wird morgen eine wichtige Rolle beim neuen UKE-Gesetz spielen, das diese Abhängigkeit noch verstärkt.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Das ist blanker Un- sinn!)

Was wir auch kennen, ist, daß Behörde und Senatorin schon am 15. September des vorigen Jahres von UKE-Mitarbeitern über diese Operationen informiert wurden. Die Behörde hat dann monatelang Herrn Leichtweiß über die Anzahl dieser Operationen befragt. Eine Anmerkung zur Senatorin: Ich sehe, daß Sie körperlich lädiert sind, und möchte Ihnen bei dieser Gelegenheit die Genesungswünsche der Fraktion aussprechen. Das hindert mich aber nicht daran, die Fakten zu nennen.

Erstens: Bis zum gestrigen Tag, neun Monate lang, hat die Behörde es nicht für nötig gehalten, eine objektive Begutachtung der Sache durch externe Fachleute zu veranlassen. Ich kann kaum glauben, daß erst jetzt damit begonnen werden soll. Dies läßt sich auch nicht, Frau Sager, durch Hinweise auf ermittelnde Staatsanwälte entschuldigen.

Zweitens: Die Behörde hat wenigstens eines erreicht, nämlich eine neue Regelung für Ärzte, die aus Krankheit zurückkehren.

Und drittens: Ein Wort des Mitleids an die Eltern von Lars ist von der Behörde und der Senatorin bis heute in der langen Zeit nicht gekommen.

Die eigenartige Adaption der Ereignisse durch die Senatorin macht sich ferner daran fest, daß die Öffentlichkeit zuerst durch die Medien informiert wurde. Weder hat die Kollegialität im UKE etwas herausdringen lassen, noch hat die Senatorin davon berichtet, die früher als grüne Abgeordnete in solchen Fällen die Exekutive mit Strafpredigten und Strafanzeigen gequält hätte. Eigenartig ist auch, daß ein anonymes Schreiben die Sache überhaupt erst aufgedeckt hat.

Viertens haben Behörde und Senatorin das Parlament und den Wissenschaftsausschuß überhaupt nicht informiert, obwohl wir monatelang gemeinsam am neuen UKE-Gesetz und an Fragen der Qualitätssicherung gesessen haben; kein Wort der Senatorin, auch nicht über mögliche finanzielle Folgen.

Hinzu kommen die eher komischen Bewertungen der Senatorin im „Hamburger Abendblatt“, als sie so trocken sagte, da ist verfahrensmäßig etwas schiefgelaufen – „etwas schiefgelaufen“ als Vokabel für solch eine Situation.

Es ist daher so, wie eine große Zeitung schrieb, daß das Sicherheitssystem des medizinischen Apparats und auch die Aufsicht darüber versagt haben; und versagt hat auch die politische Verdauung der Affäre im Senat.

(Beifall bei der CDU und bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Wie es aussieht, werden wir morgen an diesem Ort um 16 Uhr erleben, daß Sie versuchen, das UKE-Gesetz durchzuprügeln, statt es im Lichte dieser neuen Vorkommnisse und dieser neuen Verhältnisse nachzuberaten. Darum kündige ich Ihnen eines an: Morgen um 16 Uhr wird es hierüber an dieser Stelle Streit geben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

(Senator Eugen Wagner)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Marx.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Eines will ich zu Anfang festhalten: Mein Mitgefühl und wahrscheinlich das aller Abgeordneten gehört den Eltern des kleinen Lars und allen Patientinnen und Patienten der Herzchirurgie und deren Angehörigen, die sich jetzt zu Recht völlig verunsichert fühlen müssen.

Mein Nachnamensvetter Karl Marx hat einmal sinngemäß gesagt: Geschichte wiederholt sich nicht und falls doch, dann als Farce. Aber eine zweite Wiederholung konnte er sich auch nicht vorstellen, und genau das ist jetzt am UKE passiert.

1993, auch damals genau vor einer Bürgerschaftswahl, gab es die Vorgänge um Professor Hübener, kurz danach um Professor Frischbier und dann um den Therapie-Simulator. Die Bürgerschaft und ganz besonders der Wissenschaftsausschuß haben sich jahrelang um die Aufarbeitung der beiden Strahlenskandale bemüht. Wir hatten dabei immer zwei Prämissen: Die schnellstmögliche Entschädigung aller Patientinnen und Patienten und daß sich solche Fälle am UKE nie wieder wiederholen dürfen.