Diese Debatte um die Ignoranz des Senats und gegenüber dem Parlament an einem solchen Einzelfall aufzumachen, ist zwar angesichts des Einzelfalls und angesichts der Behörde verständlich, aber es wird dem Problem nicht gerecht. Wir haben in anderen Ländern mit CDU-Regierungen die Erfahrung gemacht, daß sie tatsächlich nirgendwo darstellen können, daß Menschen mit anderen Parteibüchern diesem Anpassungsdruck der Macht der Regierungsübernahme anders gegenüberstehen können. Diese Debatte sollten wir weiterführen mit dem Statusbericht, der jetzt einmal einen Punkt gesetzt hat, der deutliche Worte gefunden hat und der vielleicht eine qualifizierte neue Runde in der Debatte zwischen Parlament und Regierung bringen kann. Dafür ist es in der Tat allerhöchste Zeit. Da stimme ich Ihnen zu.
Ihr Antrag ist zwei Jahre alt, aber wir haben in der sehr eindrucksvollen Sitzung im Gesundheitsausschuß im September gemerkt, wie viele der Anliegen, die Sie formuliert haben, immer noch aktuell sind.Viele dieser Punkte, die Sie dort aufgeführt haben, sind in diesem Hause durchaus mehrheitsfähig. Die Forderung nach zusätzlichen szenenahen Gesundheitsräumen oder die Ausweitung von Entgiftungsplätzen und das Scheitern des Dezentralisierungskonzepts der BAGS sowie der unmögliche Umgang mit diesem einzigartigen Projekt der ambulanten Entgiftung zeigen, wie sehr dieser Politikbereich im argen liegt und wie sehr die Politik der Behörde neben den Wünschen der Mehrheit in der Bürgerschaft liegt.
Das gleiche betrifft die Forderung nach der Sicherstellung der psychosozialen Betreuung Methadon-Substituierter. Mit der Ausschreibung der Einrichtungen, besonders mit der Entscheidung über die neue Trägerschaft, hat der Senat – darüber haben Sie auch schon geredet – im vergangenen Jahr ein negatives Highlight ohnegleichen geliefert. Mit der Entscheidung der Vertragsverlängerung für die Palette haben Sie, Frau Roth, einen durchaus richtigen Schritt gemacht.Wenn ich es richtig sehe, wird es zu einer Ausweitung der Platzzahl kommen und das bisherige Angebot der Palette aufrechterhalten bleiben. Das ist vernünftig. Ich verstehe nicht, warum Sie das kritisieren.
Das hat gezeigt, wie sehr sich in dieser Stadt Widerstand gegen Fehlentscheidungen der Behörde lohnt.
Insbesondere die Klienten haben mit ihren Aktionen so viel Druck gemacht, daß die Kündigung der Palette 3 nicht auf
rechterhalten werden konnte. Ihnen und dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so vieler Einrichtungen müssen wir danken, denn sie haben erreicht, was sich die Mehrheit in diesem Hause nicht getraut hat.Sie haben dem Senat die Grenzen seiner Macht und seiner Arroganz gezeigt. Das war gut und wird natürlich nicht alle Wunden heilen, aber es wird zumindest das Angebot der Palette 3 retten. Diese besondere Versorgungssituation, die jetzt entstanden ist, darf natürlich nicht zu Lasten des übrigen Drogenhilfesystems gehen. Das ist auch noch einmal das Anliegen an die Regierungskoalition und die Behörde.
Bei dem anderen Opfer der unsäglichen Ausschreibungspolitik in Billstedt war das Ergebnis lange nicht so erfreulich und so ermutigend. Was gab es im Vorfeld für tolle Zusagen, was den neuen Träger betrifft. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollten alle übernommen werden. Ein nahtloser Übergang sollte sichergestellt und eine rasante Integration des Trägers in den Stadtteil vollzogen werden. Jetzt, nachdem die Entscheidung der BAGS in diesem Punkt tatsächlich Bestand hatte, müssen wir sehen, daß all diese Zusagen nicht eingehalten worden sind. Kein Mitarbeiter wurde übernommen, viele Aktivisten des Stadtteils, die zuvor für diese Akzeptanz der Einrichtung gesorgt haben, sind nach wie vor hochfrustriert, und ein Zusammenbruch der Versorgung im Viertel hat stattgefunden. Schlechter hätte es nicht kommen können, falscher hätte die Entscheidung nicht sein können. Aber offenbar mußten Sie doch Gesichtswahrung betreiben, denn wer die Diskrepanzanalyse der beiden Entscheidungsfindungen gelesen hat, kommt nicht umhin festzustellen, daß mit diesem Verfahren aufmüpfige, mißliebige, politisch unliebsame Träger abgestraft werden sollten und ein bestimmter Hilfeeinsatz geschwächt werden soll. Das spitzt sich zu. Diese Veränderung in der Hamburger Drogenpolitik, wie wir sie im letzten Jahr immer kritisiert haben, hätte ich einer Großen Koalition zugetraut, aber in diesem Umfang keiner rotgrünen Koalition. Das finde ich nachhaltig bedauerlich. – Vielen Dank.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann lasse ich über die einzelnen Empfehlungen getrennt abstimmen.
Wer möchte die Ausschußempfehlung zum ersten Spiegelstrich annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses mehrheitlich so angenommen.
Wer stimmt der Ausschußempfehlung zum zweiten Spiegelstrich zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist auch dieses, bei einigen Stimmenthaltungen, mehrheitlich angenommen.
Bevor ich Tagesordnungspunkt 21 – Jugend im Parlament – aufrufe, gebe ich die Wahlergebnisse bekannt.
Zunächst Wahl eines Deputierten der Finanzbehörde. Abgegebene Stimmen 105, alle gültig. Auf Herrn Glawe entfielen 100 Ja-Stimmen, bei einer Nein-Stimme und vier Enthaltungen. Damit ist Herr Glawe gewählt.
Wahl einer Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Forschung.Abgegebene Stimmen 102, alle gültig.Auf Frau Bredenbreuker entfielen 91 Ja-Stimmen, bei drei NeinStimmen und acht Enthaltungen. Damit ist Frau Bredenbreuker gewählt.
Wahl eines Mitglieds der Kommission für Bodenordnung. Abgegebene Stimmen 103, alle gültig.Auf die Abgeordnete Spethmann entfielen 98 Ja-Stimmen, bei fünf Nein-Stimmen und keiner Enthaltung. Damit ist die Abgeordnete Spethmann gewählt.
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: „Jugend im Parlament 1999“ – Drucksache 16/3403 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mittlerweile ist „Jugend im Parlament“ schon ein fester Bestandteil des parlamentarischen Betriebes geworden. Es hat sich im Ablauf bei nur leichten Veränderungen eine gewisse Routine ergeben, die kaum noch Überraschungen zuläßt. Auch die Präsenz läßt kaum Überraschungen zu, das ist das Übliche, unter 50 Prozent der Abgeordneten sind bei dieser kleinen Debatte anwesend.
Herausragend ist dabei aber eine verläßliche Konstante. Die Jugendlichen, immer wieder neue Abgeordnete auf Zeit, sind politisch interessiert, fleißig, kompetent und erledigen in wenigen Tagen ein beeindruckendes Pensum an parlamentarischer Arbeit. Die Parlamentarier dagegen haben beim ersten Teil von „Jugend im Parlament“ keine Zeit, an den Sitzungen lernend oder beratend teilzunehmen – es gibt einige Ausnahmen –, und konzentrieren sich ganz auf die Beratungen in den Ausschüssen. Auf die Frage, ob das denn so sein muß, komme ich noch einmal zum Schluß meiner Ausführungen zurück.
Die von „Jugend im Parlament“ eingesetzten Ausschüsse haben sich mit den Themen Integration von Ausländern, Rechtsextremismus, Jugendkriminalität, Schule und Bildung, Soziales, Ökosteuern und Energie sowie Wirtschaft und Stadtplanung beschäftigt und die in der Drucksache 16/3403 aufgeführten Resolutionen beschlossen. Diese Resolutionen werden in den Fachausschüssen noch beraten. Deshalb hier nur diese Beispiele.
Der Ausschuß Ausländerpolitik fordert die doppelte Staatsbürgerschaft sowie das kommunale Wahlrecht für Ausländer. Der Ausschuß Innere Sicherheit hält regelhafte Ermahnungen bei jugendlichen Ersttätern für notwendig. Der Schulausschuß erwartet die Durchsetzung einer Fortbildungspflicht für Lehrerinnen und Lehrer. Der Umweltausschuß hält den Bau und die zweispurige Trassenführung des Transrapid für notwendig. Und zum Schluß: Der Ausschuß für Verkehr, Wirtschaft und Stadtplanung erwartet die Einrichtung weiterer Fußgängerzonen im Bereich der Innenstadt.
Wir sehen, daß es auch dieses Mal wieder politische Streitpunkte mitten aus dem Leben gibt, deren Entscheidung den Profis zum Teil so unendlich schwerfällt. Zum Schluß noch, wie versprochen, der Punkt Jugend und politische Parteien.
Die große Beteiligung, das Engagement und die Ergebnisse zeigen deutlich, daß unsere Jugend nicht unpolitisch ist.Warum sich dennoch nur sehr wenige junge Menschen
politischen Parteien anschließen, muß demnach ganz andere Gründe haben.Diese Gründe müssen mit starren Parteiorganisationen zu tun haben, dem persönlichen Verhalten von Politikerinnen und Politikern, langen undurchsichtigen Entscheidungsabläufen sowie der mangelnden Bereitschaft der Profis, sich wirklich Zeit zu nehmen und sich auf ein Gespräch oder eine Diskussion einzulassen. Zumindest zu dem letzten Punkt können wir alle etwas beitragen, etwas bewegen und unser Verhalten ändern, nämlich bei den nun folgenden Ausschußsitzungen, bei unserer Beteiligung von „Jugend im Parlament“ im Jahre 2000 und bei vielen anderen kleinen und großen Gelegenheiten.
Noch ein kleiner Nachtrag zum Thema Jugend und Parteien.Eine Schülerin, 19 Jahre alt, schreibt in einer Klausur im Fach Gemeinschaftskunde, Zitat:
„Parteien liegen auf der Beliebtheitsskala eines deutschen Jugendlichen irgendwo im Umfeld zwischen Zimmer aufräumen und Schularbeiten.“
„Jugendliche finden das, was in den Parteien abläuft, uninteressant und langweilig. Sie wollen auf politische Abläufe Einfluß nehmen, aber sofort und erfolgsorientiert.“
Dies alles hat mit aktuellen Parteispendenaffären nichts zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen; das war auch vorher schon so und wird sich im Moment leider noch verdeutlichen und verstärken. Wir sollten uns um dieses Problem wirklich einmal intensiver kümmern. Ich bitte um Überweisung an die zuständigen Ausschüsse. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Selbstverständlich freuen wir uns, daß die 1991 von der CDU initiierte Veranstaltung „Jugend im Parlament“ auch im vergangenen Jahr von den Jugendlichen so gut angenommen wurde.
Wie erfolgreich das auf Betreiben der CDU entstandene Projekt ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, daß auch auf Bezirksebene derartige Veranstaltungen eingerichtet wurden und werden.
Sehr zu begrüßen ist meiner Ansicht nach der modifizierte Ablauf der Veranstaltung. Durch das dazwischen liegende Wochenende stand mehr Zeit zur Verfügung, die von den Jugendlichen auch intensiv genutzt wurde. Dennoch bleibt das Dilemma, daß viele Abgeordnete trotz großen Interesses die Veranstaltung nicht gebührend begleiten können, weil sie vormittags beruflich eingebunden sind. Vielleicht wäre es für die jungen Parlamentarier auch eine interessante Erfahrung, das Spezifikum Feierabendparlament einmal am eigenen Leibe zu erleben; ich denke dabei an die Abendstunden.
Dessenungeachtet haben die Nachwuchspolitiker mit großem Sachverstand eine ganze Reihe von Resolutionen erarbeitet.Unsere Aufgabe wird es sein, diese Vorschläge gewissenhaft und zügig in den Ausschüssen zu behandeln.
In sehr kurzer Zeit haben die Jugendlichen ein erstaunliches Arbeitspensum bewältigt.Die der Bürgerschaft überreichten Resolutionen zeichnen sich durch einen ausgeprägten Realitätssinn aus. An der Breite der bearbeiteten Themen zeigt sich nicht nur das vielfältige Interesse der Jugendlichen, sondern auch, und in ganz besonderem Maße, daß Jugendpolitik eine Querschnittsaufgabe ist. Was von unserem Plenum hier beschlossen wird, hat oftmals weitreichende Folgen für die Zukunft der jungen Menschen in unserer Stadt.
Ganz besonders hat mich gefreut, daß viele Forderungen des politischen Nachwuchses mit denen der CDU übereinstimmen.
In besonderem Maße trifft das auf die Resolution zur Jugendkriminalität zu. Die Überschrift „Prävention stärken – Grenzen aufzeigen“ bringt genau das auf den Punkt, was wir seit Jahren fordern. Offenbar ist auch den Jugendlichen das autistische Verhalten der Verantwortlichen hinsichtlich der Jugendkriminalität nicht entgangen.
Der Nachwuchs argumentiert opferorientiert und setzt sich für eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Polizei ein. Da sich unter den Teilnehmern von „Jugend im Parlament“ auch viele Anhänger der Regierungsparteien befanden – es waren zahlreiche Jusos dabei –, sollten Sie sich ernsthaft fragen, meine Damen und Herren, ob Sie nicht schon seit langem an Ihrer eigenen Klientel vorbeiregieren. Das gilt natürlich auch für die Damen und Herren der GAL, Frau Steffen, die mit ihrer Politik die Familie so gern in den Hintergrund drängen möchten.