Protokoll der Sitzung vom 02.03.2000

(Beifall bei der CDU – Manfred Mahr GAL: Weil Sie auf dem Mond leben!)

Das Wort erhält Frau Sudmann.

Starten möchte ich erst einmal mit einem Dankeschön. Die ganze Bürgerschaft müßte es sagen, denn ohne Eugen Wagner wäre es richtig langweilig. Dafür hat er einen Applaus verdient.

(Beifall bei der SPD – Wolfgang Baar SPD: Sie wol- len wohl doch auf dem Schoß sitzen!)

Inhaltlich war es leider so wie immer nicht richtig fundiert. Aber ich habe einen Punkt verstanden. Sie haben gerade gesagt, daß der größte Teil der Strecke nicht auf Hamburger Gebiet liegt. Sie nicken auch. Das würde ich so verstehen, daß wir als Bürgerschaft gar nicht viel dazu sagen sollten.Dann ist der Antrag der Regierungskoalition auch nicht hilfreich. Oder Sie geben mir doch recht, daß ich zu Recht eingefordert habe, daß der Senat schon seit wesentlich längerer Zeit genau das tut, was jetzt erst SPD und GAL beantragen. Entweder – oder.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und bei Dr. Stefan Schulz CDU)

Das Wort erhält Senator Wagner.

Eigentlich wollte ich mich nicht mehr zu Wort melden, aber ich mache es trotzdem noch einmal.

An diesen beiden Wortmeldungen können Sie schon erkennen, was das für ein Gewürge in der Argumentation der beiden Oppositionsparteien ist.

(Beifall bei der SPD)

Es geht darum, daß wir möglichst schnell eine ICE-Verbindung nach Berlin bekommen. Das ist das A und O und nichts anderes.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Und was wird gemacht? Es wird nur genörgelt.

Ihnen, Herr Reinert, will ich folgendes sagen. Ich glaube, 16 Jahre hat das mit dem Transrapid gedauert.Mit dem ICE dauert das keine 16 Jahre. Das wollte ich Ihnen nur mal sagen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort erhält Herr Dr. Martin Schmidt.

Lieber Herr Reinert! Ich bin vorhin darüber hinweggegangen, aber da Sie das jetzt noch einmal gesagt haben, muß ich doch fragen, was eigentlich gespielt wird.Sie haben diese Scheinriesen der Reihe nach auftreten lassen, und einer war nach Ihren Worten der Bürgermeister dieser Stadt, weil er an irgendeinem Tag von 70 Minuten geredet hat. Ja, was lese ich denn in Ihrem Antrag? Sie fordern die 70 Minuten,

(Bernd Reinert CDU: Ja!)

wohl wissend, daß die 70 Minuten wahrscheinlich nie machbar sein werden, wenn man auf eine normale ICEStrecke geht.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

(Barbara Duden SPD: Genau!)

Da fordern Sie etwas, wo Sie wahrscheinlich auch in zehn Jahren bestenfalls als Scheinriese erscheinen werden. Sie sollten mit Ihren Vorwürfen gegen den Bürgermeister etwas vorsichtiger sein und Ihre Worte abwägen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Bernd Reinert CDU: Wir zitieren Sie nur!)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Thema liegen nicht vor. Ich komme jetzt zu den Abstimmungen, und zwar zunächst über den CDU-Antrag 16/3928.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser wurde mit Mehrheit abgelehnt.

Nun zum SPD-/GAL-Antrag 16/3855. Wer stimmt diesem zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser wurde mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 12: Bericht des Innenausschusses zum Verkehrsunfalldienst.

[Bericht des Innenausschusses über die Drucksache 16/3489: Erhalt des Verkehrsunfalldienstes (CDU-Antrag) – Drucksache 16/3835 –]

Wer wünscht hierzu das Wort? – Das Wort erhält Herr Vahldieck.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Polizei in Hamburg nimmt pro Jahr ungefähr 60 000 Verkehrsunfälle auf.Davon sind einige Tausend schwere Verkehrsunfälle, das heißt Verkehrsunfälle, bei denen es um erhebliche Sachschäden geht oder Personen zu Schaden gekommen sind oder sogar Personen schwere oder dauerhafte Verletzungen oder sogar den Tod erlitten haben.

Bei diesen vielen leichten Verkehrsunfällen bedarf es gar keiner Aufnahme durch die Polizei. Da geht es im Grunde nur um die Regelung zivilrechtlicher wechselseitiger Ansprüche, aber bei den schweren Verkehrsunfällen ist es wichtig, daß eine wirklich qualifizierte Verkehrsunfallaufnahme vorgenommen wird. Das heißt, es muß festgestellt werden, wie der Unfall zustande gekommen ist und wer der Unfallverursacher ist. An diesen Fragen hängen ganz entscheidende Punkte, nämlich ob zum Beispiel Rentenansprüche oder große Schadenersatzansprüche realisiert werden können.Hier ist qualifizierte Tatortarbeit, die mit der Tatortarbeit bei einem schweren Verbrechen vergleichbar ist, gefordert.Diese Arbeit wird auch von hochqualifizierten Polizeibeamten absolviert, nämlich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verkehrsunfalldienstes.

Diese Verkehrsunfalldienste – bisher waren es 60 Leute – sollen zahlenmäßig in etwa halbiert werden. Es soll auf 33 Leute heruntergefahren werden, so daß im Grunde nur noch die Hälfte der bisherigen Manpower vorhanden ist. Das heißt mit anderen Worten: Zukünftig werden auch schwere Verkehrsunfälle nicht in jedem Fall von den Profis vom Verkehrsunfalldienst aufgenommen werden können, denn es liegt auf der Hand, wenn tagsüber drei statt bisher acht Verkehrsunfalldienste in der Stadt existieren und nachts zwei statt bisher drei, dann wird es zeitweilig nicht leistbar sein, einen schweren Verkehrsunfall vom Verkehrsunfalldienst aufnehmen zu lassen.

Es gibt immer Situationen, wo es an allen Ecken und Enden der Stadt kracht oder krachen könnte, sei es in der Rush-hour, sei es zu Ferienbeginn oder bei bestimmten Wetterlagen. Dann wird der Verkehrsunfalldienst nach seiner jetzt vorgesehenen Stärke nicht mehr dazu in der Lage sein, seine Aufgaben an allen Stellen zu erfüllen. Statt dessen wird der normale Polizeivollzugsdienst diese Aufgaben übernehmen. Das sind Beamtinnen und Beamte, die für eine Vielzahl von Aufgaben ausgebildet sind, unter anderem auch für das Aufnehmen von Verkehrsunfällen, aber sie sind keine Spezialisten. Das heißt mit anderen Worten: Die Aufnahme von Verkehrsunfällen wird weniger qualifiziert erfolgen als bisher. Das Ganze wird natürlich auch länger dauern. Das ist klar. Wenn man weniger Spezialkenntnisse hat, wird sich die Bearbeitung länger hinziehen, und diese normalen Reviervollzugsbeamten fehlen für ihre eigentliche Aufgabe, die insbesondere auch die Kriminalitätsbekämpfung ist.

Das Argument des Senats, das alles mache ja nichts, weil hier pro Tag und Wache nur ein Unfall zusätzlich aufzunehmen sei, kann so nicht stehenbleiben. Erstens gilt das sowieso nur statistisch, denn an den bestimmten Tagen, wo es schwierig wird, wird sicherlich mehr als ein Unfall anfallen. Zweitens ist es für die Nichtspezialisten, also sozusagen für die Allroundpolizisten, außerordentlich aufwendig, diese Aufgabe wahrzunehmen, so daß sie – auch wenn das nur ein Unfall ist – damit sehr lange von ihren anderen Aufgaben abgehalten werden.

Im übrigen ist auch das Argument des Senats, diese eingesparten Beamten würden jetzt auf die Wachen verteilt, nicht stichhaltig, denn das ist doch wirklich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. 27 zusätzliche Beamte, das heißt ein zusätzlicher Beamter pro Polizeirevierwache beziehungsweise pro Polizeikommissariat, ist sicherlich nicht der große Wurf. Das bedeutet für die ausgebluteten Reviervollzugsmannschaften keine Blutzufuhr, die wirklich etwas bringt.

Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir den Verkehrsunfalldienst in der bisherigen Art und Weise fortführen, das heißt nicht unbedingt, daß er bei den Polizeidirektionen angesiedelt sein muß – das kann man auch zentral machen, das ist gar nicht das Problem –, aber die bisherige Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muß aus unserer Sicht erhalten bleiben. Nur auf diese Weise ist dauerhaft eine qualifizierte Verkehrsunfallaufnahme gewährleistet. Diese Arbeit ist zu wichtig, um Qualitätsverluste und damit möglicherweise erhebliche Schädigungen von Bürgerinnen und Bürgern hinzunehmen.

Deshalb können wir den Bericht des Innenausschusses so, wie er leider mehrheitlich gefaßt wurde, nicht akzeptieren. Wir meinen, der Verkehrsunfalldienst muß in der bisherigen Größenordnung erhalten bleiben. Deshalb bitten wir sie, dem Bericht des Innenausschusses nicht zuzustimmen, ihn abzulehnen, um hiermit ein politisches Signal zu setzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Kleist.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vahldieck hat in vielen Punkten recht.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Das ist wie immer!)

(Dr. Martin Schmidt GAL)

Nein, nein, das ist nicht immer so. Darüber wollen wir schweigen, wann er unrecht hat. In diesem konkreten Fall haben wir den Antrag der CDU, der damals in den Haushaltsberatungen gestellt worden ist, an den Innenausschuß überwiesen, weil wir uns noch einmal direkt vom Senat erklären lassen wollten, ob es dort – wie Herr Vahldieck hier aufgezeigt hat – zu den möglichen Schwierigkeiten kommen kann.

Der Senat hat uns mitgeteilt – Herr Vahldieck hat die Zahlen genannt –, daß 60 000 Unfälle jährlich durch die Polizei aufgenommen werden, davon sind ungefähr 20 000 Unfälle durch die Unfalldienste mit aufgenommen worden und der Rest durch die Streifenwagen. Tatsächlich wurden es aber nur 7000 Unfälle, und dann reduziert sich die Zahl natürlich schon wieder.

Herr Vahldieck, bei allen Sympathien zu dem Thema muß man natürlich einsehen, wenn man im Rahmen von Sparmaßnahmen Dienststellen verlagert, verändert und anderen Dienststellen zuweist, zum Beispiel aus den Direktionen herausnimmt und diese in den Polizeireviervollzug, in die Kommissariate steckt, daß es dann natürlich Veränderungen gibt. Die Hamburger Polizei ist nicht so unqualifiziert im Revierdienst, in der Verkehrsunfallaufnahme, wie Sie es versuchen darzustellen.

Natürlich gibt es Experten. Es gibt sicherlich auch sehr schwere Unfälle, wo möglicherweise wochenlange Ermittlungen notwendig sind, um herauszufinden, wer an diesem Verkehrsunfall die Schuld trägt und wer für die Schäden oder Folgeschäden, für Behinderungen und Verletzungen größerer Art letztendlich einzutreten hat.Trotz alledem muß es möglich sein, diese Dienste in Hamburg zu verändern und dazu überzugehen, daß der Reviereinsatz dieses mitmacht. Ich gebe Ihnen recht, daß das im Einzelfall nicht immer zutrifft, aber es hat auch bisher nicht zugetroffen. Bei acht Unfalldiensten und 25 schweren Unfällen in Hamburg gab es auch eine Lücke, und die wird es immer geben.

(Heino Vahldieck CDU: Bei drei ist die noch größer!)

Bei drei könnte sie größer sein. Da hoffen wir denn wie Teetje mit de Utsichten, daß diese schweren Unfälle dann nicht alle auf einmal kommen. Im übrigen gibt es darüber hinaus noch die technische Verkehrsüberwachung, die auch zu diesen Dingen herangezogen werden kann, und die Spezialisten sind ja nicht weg von der Welt. Das ist wie mit den Hundeführern, die man auf die Wache geschickt hat und dann irgendwann feststellte, man braucht den Hund nicht zum Bellen, sondern für Rauschgift, und der hatte gerade dienstfrei und konnte ihn nicht benutzen. Ich gehe davon aus, daß das in diesem Bereich später genau überprüft wird.

Was für uns viel wichtiger ist – und das hätte ich gerne heute noch vom Senat erfahren –, ist, ob die angekündigten Fortbildungsmaßnahmen bereits angelaufen sind und ob die Qualifizierungen der Revierbeamten in diesen Bereichen – wie im Bericht angekündigt – bereits laufen. Man muß natürlich davon ausgehen, daß der Bürger auch einen Anspruch darauf hat, gerecht und ordentlich behandelt zu werden, damit seine Rechtsansprüche, die er gegen Dritte hat, auch aktenkundig gemacht werden.