Euch wird so richtig deutlich, wie tief ihr da mit drinhängt. Künftig wird die verschriftlichte Basis dieser Politik nicht mehr „Wrocklage-Papier“ heißen, sondern rotgrünes Abschiebe-Verschärfungspapier.Ihr habt in eurem Antrag den gesamten Senat aufgefordert, zu dieser Politik des letzten Jahres Stellung zu nehmen. Herr Wrocklage hat euch die Antwort gegeben:Es gibt kein Ressortprinzip.Ihr tragt auch für Wrocklages Politik die unmittelbare Verantwortung.Eure Senatoren werden zustimmen müssen, bevor die Vorlage die Bürgerschaft erreicht.
Was tut ihr also? Ihr schindet Zeit, um die Wirklichkeit wenigstens in der Papierlage schöner zu schreiben.Glaubt ihr wirklich, daß es einen Unterschied macht, wenn in der Vorlage der Innenbehörde heute steht, wir schieben Familien getrennt ab, und es nach eurer Intervention dann heißt, wir schieben Familien im Einzelfall ab? Die Wirklichkeit ist in beiden Fällen dieselbe, und das ist das Wenigste, was ihr aus dem vergangenen Jahr gelernt haben müßtet.
Die politische Verständigung, die ihr mit der SPD getroffen habt, hat erst durch die vielen Türöffner, die dort formuliert sind, die Verschärfung der Abschiebepraxis und die nahezu vollständige Umsetzung des Papiers aus dem letzten Jahr ermöglicht. Erst wenn in einer politischen Verständigung steht – um bei dem Beispiel zu bleiben –, Familien werden keinesfalls getrennt abgeschoben, und das in einer Weisung der Innenbehörde auftaucht, gibt es die Chance, daß sich die Wirklichkeit tatsächlich verändert.
Den Nachweis, daß die Hamburger Sozialdemokraten noch nicht ganz vergessen haben, was die Maßstäbe von Humanität sind, müssen sie endlich erbringen. Der Nachweis steht noch aus, daß für die GAL die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahren und der Menschenwürde noch ein eigener Wert ist, den sie im Zweifel auch über eine Regierungsbeteiligung stellt; spätestens jetzt steht er an. Der Maßstab für Humanität ist nicht die Papierlage, sondern der konkrete Umgang mit Flüchtlingen, jeden Tag und in der Praxis. Dieser konkrete Umgang ist in Hamburg schlimmer denn je.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Linie des rotgrünen Senats im Bereich der Ausländerpolitik ist sonnenklar.
Die Ausführungen von Herrn Vahldieck – das hat Herr Polle zu Recht festgestellt – haben überhaupt keine Frage offengelassen. Es ging der CDU gar nicht um die Sache, sondern darum, eine Leimrute auszuhängen, auf die allerdings nur ein regenbogenfarbiges Vöglein reagiert hat, nämlich Frau Uhl. Sie hat genau so reagiert, wie sie sich das erträumt haben – wir nicht.Wir sind an einer sachlichen Auseinandersetzung interessiert. Ich bestätige, daß für uns in der Konzeptionierung und in der Praxis die Zielsetzung des Koalitionsvertrages gilt und natürlich auch die politische Verständigung. Für uns gilt eine Linie der Rechtlichkeit, eine Linie der Konsequenz, eine Linie der Sensibilität. Daß man im Einzelfall durchaus eine bestimmte Fallkonstellation unterschiedlich beurteilen kann, ist klar, aber das kann nicht den Blick für das große Ganze verschleiern. Wir haben die von mir eingangs zitierte klare Linie, und dabei wird es bleiben. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Thema liegen mir nicht vor. Kommen wir zu den von der GAL und der SPD angemeldeten Themen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Green-Card-Initiative des Bundeskanzlers, Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen, weil die deutsche Wirtschaft sie braucht, ist ein richtiger und auch vernünftiger Schritt, den ich begrüße. Die GreenCard-Initiative des Bundeskanzlers ist für die Bundesrepublik Deutschland – trotz der vorigen Debatten – ein Zeichen von Weltoffenheit.Um dieses Zukunftsproblem unserer Gesellschaft und insbesondere den Fachkräftemangel zu beseitigen, brauchen wir nicht nur Fachkräfte aus dem Ausland, sondern auch eine Bildungs- und Fortbildungsoffensive.
Die heutige Wirtschaft ist globalisiert und handelt nicht mehr nach lokalen Gesichtspunkten. Um diese Globalisierung in Deutschland zu verwirklichen, braucht die Wirtschaft dringend Fachkräfte. Egal woher sie kommen, sie wird sie nehmen: Inder, Deutsche aus Bayern oder aus Flensburg. Für den globalen Wettbewerb ist der Faktor Mensch ein wichtiger Wert geworden.Deswegen ist es notwendig, daß Experten aus dem IT-Bereich aus dem Ausland angeworben und nach Deutschland geholt werden. Gerade die klassischen Einwanderungsländer bewerkstelligen ihre Defizite in speziellen Arbeitsbereichen durch Einwanderung. Ich möchte die USA, Kanada und besonders Australien erwähnen.In diesen Ländern werden Fachkräfte nicht durch sogenannte Green Cards, sondern direkt angeworben.Sie bekommen in diesen Ländern auch die Möglichkeit, dort länger als drei oder vier Jahre zu leben und zu arbeiten. In den USA sind viele Firmen dazu angehalten, Fachkräfte auszubilden.Es wäre auch hier begrüßenswert, daß die Politik, die Firmen, die Unternehmen darauf Wert legen, in Fortbildung und Ausbildung zu investieren, denn das ist eine Investition für die Gesellschaft sowie für die Entwicklung in unserer Stadt.
Ein anderer Aspekt, den ich hier erwähnen möchte, sind die geltenden Regelungen im Ausländer- und Arbeitsbereich. Sie wissen, daß sehr viele Studenten aus dem Ausland kommen, aber hier nur die Möglichkeit haben, zu studieren. Arbeitsaufnahme – auch nur die vorübergehende – ist teilweise oder gänzlich untersagt. Die Studenten haben keine Möglichkeit, ein Bleiberecht zu bekommen, und müssen nach Beendigung des Studiums das Land verlassen. Es ist deswegen wichtig, daß wir nicht nur in einer Green-CardDiskussion verharren, Fachkräfte aus dem Ausland zu holen, sondern den bei uns ausgebildeten Studenten die Möglichkeit zu geben, hier zu arbeiten, zu leben und sich zu integrieren. Daran fehlt es hier im Moment.
Der andere Aspekt, den ich erwähnen möchte, ist, daß wir im IT-Bereich eine starke Entwicklung vor uns haben. Die Bundesrepublik Deutschland muß sich dem Wettbewerb mit England, den USA und mit Japan stellen. Für diesen Wettbewerb ist der Mensch ein wichtiger Faktor geworden. Deswegen ist der erste und wichtige Schritt, eine Green Card für Inder, Tschechen oder Russen vorzusehen, richtig. Es ist nicht nur wichtig, diese Menschen anzuwerben, um unsere Wirtschaft zu unterstützen, sondern sie sollten auch die Möglichkeit bekommen, ihre Familie nachzuholen, um sich hier zu integrieren.Nach der momentanen Planung möchte man sie nach drei, vier oder fünf Jahren wieder zurückführen.In den sechziger Jahren hatte man ähnliches bei unserer Elterngeneration geplant und wollte die Gastarbeiter wieder zurückführen. Es hat sich dann aber eine ganz andere Situation in dieser Wirtschaft und auch in dieser Gesellschaft ergeben. Deswegen ist es wichtig, daß diese Menschen ein Optionsrecht bekommen und hier bleiben können.
Meine Damen und Herren von der CDU, ich möchte mich insbesondere an Sie richten. Wir leben in einer sich vernetzenden Welt. Auch wenn Ihr Kollege Rüttgers sich hinter seinen westfälischen Burgen verschanzen möchte, ist es zur Zeit sehr provinziell, den Slogan „Ausbildung statt Einwanderung“ zu benutzen. Dieser Slogan bedient Stammtischmentalität und möchte die gesellschaftliche Realität nicht akzeptieren.
Deshalb fordere ich Sie auf, meine Damen und Herren von der CDU, sich von dieser Kampagne zu distanzieren, sich weltoffen zu zeigen, weil die Wirtschaft und auch die Gesellschaft weltoffen sind. Es ist provinziell und populistisch, wenn man mit einer solchen Kampagne auf dem Rücken der Immigranten Stimmen fangen möchte.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die rotgrüne Green Card ist nicht die USA-Green-Card. Dort ist es eine Einwanderung auf Dauer, und für Computerspezialisten, die kurzfristig angeworben werden sollen, gibt es auch dort andere Regeln mit zeitlich befristeten Aufenthaltsgenehmigungen.
nur dürfen wir nicht aus der Übernahme eines Begriffes schlußfolgern, wir würden das gleiche machen.Es geht hier um eine Änderung einer Verordnung, die unsere Gesetze seit langem zulassen. Wir haben das früher Kontingentarbeit genannt, seit 1992 aber nicht mehr praktiziert. Dahinter verbirgt sich im Grunde eine verdeckte Diskussion über ein Einwanderungsgesetz, was die Green Card aber ausdrücklich nicht ist.Wir müssen diese Diskussion in der Gesellschaft führen – ich stimme Herrn Erdem ausdrücklich zu –, aber nicht im Sinne des Basars, wie es jetzt zum Teil aus der CDU kommt:Wir sind bereit, ein Einwanderungsgesetz zu machen, wenn auf individuelles Recht auf Asyl verzichtet wird. Eine solche Diskussion strebe ich nicht an.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD, der GAL und Bei- fall bei Julia Koppke REGENBOGEN – für eine neue Linke)
Das ist eine Frage, zu der wir – aus gutem Grunde – im Grundgesetz eine Regel habe und zu der es ein Völkerrecht gibt, das Flüchtlingen Rechte einräumt. Aber die Diskussion um ein Einwanderungsgesetz ist richtig und notwendig, und das führen wir an der Green Card, weil wir fragen, wie wir unsere gesellschaftspolitischen Probleme lösen. Fakt ist, wir können den Engpaß bei den Computerspezialisten kurzfristig gar nicht anders als durch die Bitte an Spezialisten aus anderen Ländern bewältigen, die nicht EU-Länder sind – die können jetzt schon kommen –: Nutzt die Arbeitsmöglichkeiten, die es in diesem Land gibt.Wenn wir das nicht tun, ist das Entscheidende, daß wir auf Wachstum, auf Strukturentwicklungen verzichten, die die Arbeitsmarktentwicklung für alle günstiger gestalten. Nach Schätzungen aus dem Bundesministerium für Wissenschaft wird damit gerechnet, daß jeder Computerspezialist, der hier gesucht wird, vier bis fünf andere Arbeitsplätze nach sich zieht. Um auch die Quantitäten zu erwähnen, sprechen wir von maximal 20 000 Spezialisten, verteilt über drei Jahre, mit einer Aufenthaltsdauer von maximal fünf Jahren. Dieses ist eine kurzfristige Maßnahme, und zwar ein Teil, um das Defizit zu beseitigen. Wir müssen ebenso auf den anderen Teil blicken, der mir politisch ungeheuer wichtig und ein gutes Ergebnis des Bündnisses für Arbeit ist. Die Wirtschaft hat an dieser Stelle versprochen, bis zum Jahre 2003 zu den bereits 40 000 zugesagten Ausbildungsplätzen im IT-Sektor weitere 20 000 Ausbildungsplätze zu schaffen. Strukturell können wir das Problem überhaupt nur lösen, wenn wir heute in Ausbildung investieren.Das wird darüber entscheiden, ob wir die Frage Einwanderungsgesetz in einer ganz anderen Dimension führen werden, weil unsere Altersstruktur so ist, daß wir in der Zukunft auf Einwanderung angewiesen sein werden.
Die UNO hat kürzlich geschätzt, daß etwa 250 000 bis 500 000 Menschen zuwandern müssen, um die Folgen von veränderter Altersstruktur auszugleichen. In diesem Zusammenhang haben wir jetzt den Anfang einer Diskussion, die wir notwendigerweise führen müssen. Für das schnelle Handeln ist die sogenannte Green Card die richtige Antwort. Herrn Rüttgers kann man nur empfehlen, nicht laufend gegen seine eigene Erkenntnis zu argumentieren und in einem Landtagswahlkampf mit einer sehr dumpfen Strategie das Thema Green Card und Einwanderung als Argument zu instrumentalisieren. Dazu ist das Thema für die Entwicklung unserer Zukunft zu wichtig und hat das nicht verdient.
Frau Präsidentin! Wir haben das Thema bereits vor vier Wochen diskutiert. Mich wundert an dieser erneuten Diskussion, daß insbesondere von Herrn Erdem und von Herrn Hajen das große Gewicht auf die Frage von Einwanderungsrecht gelegt wird. Das ist ein Problem. Ich würde in der anstehenden Frage das Gewicht auf Ausbildungs- und Bildungsfragen in Hamburg statt auf Einwanderungsfragen legen.
Verschiedene Kollegen bei uns haben unterschiedliche Ansichten.Das will ich gar nicht kommentieren.Die CDU – das hat auch Frau Merkel erklärt – ist im Grundsatz nicht gegen die Anwerbung ausländischer Computerexperten. Das kann man heutzutage auch nicht sein. In Zeiten der Globalisierung müssen wir uns öffnen, und es muß eine geregelte und geordnete Zuwanderung dazu geben.
Wir müssen uns aber klarmachen – Herr Hajen hat das angedeutet –, daß wir das bei dem heutigen Notbedarf an ITExperten durch eine Umstellung des Bildungssystems nicht schnell genug erreichen werden. Gleichwohl müssen wir aber verhindern, daß das in Zukunft immer wieder so passiert. Wir fordern, jetzt die Weichen in unseren Bildungssystemen – in Schule und Hochschule – zu stellen, damit wir in Zukunft aus diesem Problem herauskommen. Wir können nicht permanent versuchen, die Probleme des Versagens der Bildungspolitik mit dem Zukauf aus dem Ausland auszugleichen. Die Nachschulungen – im letzten „Spiegel“ stand dazu ein sehr interessanter Artikel – arbeitsloser EDV-Menschen oder von Ingenieuren haben wenig Erfolgsaussichten. Die Kollegen müßten von vorne anfangen, weil sich die Computersprachen und die Computersysteme geändert haben.Was wir beispielsweise gelernt haben – ich erinnere auch an COBOL, FORTRAN oder PASCAL –, ist nicht mehr das, was heute auf dem Markt, über den wir reden, aktuell erforderlich ist.Darum brauchen wir Computerfachleute aus dem Ausland.
Bildung ist Ländersache. Hamburg brüstet sich gerne mit 13 Schuljahren, mit einer Abiturientenrate über 40 Prozent und diversen Hochschulen. Aber was nützen uns diese Zahlen von Absolventen an Gymnasien und Hochschulen, wenn sie nicht das können, was man heute braucht.Sie haben vor einigen Tagen gelesen, was die Universitätsdekane geschrieben haben.Herr Hajen, Sie waren über viele Jahre Wissenschaftssenator, und Sie hatten dort einen guten Ruf.Die Universität hat jetzt deutlich gemacht, daß die jahrzehntelangen Sparmaßnahmen an den Universitäten einen so wichtigen Zukunftssektor kaum überleben lassen. Dieser Frage müssen wir uns stellen.Hätten wir die Zeit, könnten wir noch interessant debattieren, welche politischen Gruppen des Landes in den letzten Jahrzehnten das Bildungssystem haben verflachen lassen, indem Noten und Abitur mit einer unsicheren Fixierung der Leistungen vergeben wurden. Wir könnten debattieren, warum zum Beispiel in Baden-Württemberg dagegen gekämpft wird, wenn die Landesregierung im Rahmen der KMK-Öffnungsklausel dafür sorgen will, daß bis zum Abitur mehr Mathematik, Naturwissenschaft und Informatik durchgezogen werden. Dagegen gibt es politische Widerstände.
Ich weiß auch, daß jemand aus diesem Hause gerade in den letzten Tagen gesagt hat, sie sei immer noch ein Fan der Gesamtschule. Bei der Globalisierung des Bildungsmarkts – ich habe unter meinen Mitarbeitern Leute aus Griechenland, aus Rußland und aus dem Iran, das ist heute
international – dürfen wir in den Anstrengungen nicht nachlassen, unser eigenes Bildungssystem zu verbessern. Die rotgrüne Regierung in Berlin hat versprochen, die Ausgaben für Bildung zu verdoppeln. Das ist nicht gemacht worden. Sie hat weiterhin versprochen, das BAföG mit dem Drei-Körbe-Modell zu reformieren. Auch das hat sie nicht gemacht. Es darf nicht sein, daß sie immer nur verbal für mehr Bildung plädiert, aber nicht konkret handelt.
Lassen Sie uns dafür sorgen, daß unsere hamburgischen Bildungssysteme an Schule und Hochschule griffiger und modernisierter werden, damit die Leute, die unsere Schulen und Hochschulen verlassen, auf dem Markt der Wirtschaft eine Chance haben. – Vielen Dank.