Noch viel unangemessener ist es allerdings, wenn einige – zum Glück nur ganz wenige Menschen in dieser Stadt – glauben, die Abschiebepraxis in Hamburg dadurch bekämpfen zu können, daß sie verbrecherische Anschläge gegen öffentlich Bedienstete vornehmen, wie einer Mitarbeiterin des Bezirksamts Altona gegenüber geschehen, oder gegen Repräsentanten von Unternehmen, die im Zuge der Abschiebung irgendwie tätig sind, wie im Fall des Lufthansa-Chefs Weber in Hummelsbüttel. Es wäre zu begrüßen, wenn wir uns in dieser Frage alle einig wären, daß dies völlig unerträglich ist.
Ich kann nur hoffen, daß sich die so Eingeschüchterten nicht einschüchtern lassen und ihre Politik und Arbeit konsequent fortsetzen, denn sie muß geleistet werden, auch wenn sie nicht immer schön ist. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte gedacht, jetzt würde gefragt, welche Linie gelte, aber das waren Statements, die wir alle schon kannten. Das war die wohlbekannte Politik, die immer vorgeführt wird, heute allerdings nur die innenpolitische Law-and-order-Richtung und nicht die humanitäre, die sonst Herr Klimke vertritt. Ich nehme aber an, daß Sie die nicht unterdrücken, sondern daß sie weiter für Sie gilt; jedenfalls wäre es im Interesse der Ausländerinnen und Ausländer in unserer Stadt zu hoffen.
Ich will Ihnen jetzt sagen, welche Linie gilt, Sie kennen sie auch schon, nämlich die Linie des Koalitionsabkommens. Daran halten sich beide Regierungsfraktionen nach meiner Einschätzung stringent. Ich darf das noch einmal zitieren, damit Ihnen die Orientierung auch künftig nicht fehlt.
„Der Aufenthalt von ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern, deren Verfahren auf der Basis geltenden Rechts vollziehbar abgeschlossen ist, wird konsequent und zügig beendet.
Dabei werden die Situationen im Herkunftsland sowie berechtigte individuelle Gründe für einen begrenzten, vorübergehenden Verbleib berücksichtigt, um eine Rückkehr in Sicherheit und unter Wahrung der Menschenwürde zu gewährleisten.“
Das gilt weiterhin und ist in der Vereinbarung der Koalitionspartner vom letzten Sommer näher ausgeführt, an die sich die Ausländerbehörde nach meiner Einschätzung hält.
Wenn einzelne Beamtinnen und Beamte dieser Behörde dann und wann fahrlässig gehandelt haben, so wird dieses von der Ausländerbehörde umgehend korrigiert. Beispielsweise sollte ein Ausländer abgeschoben werden, obwohl seine Petition lief.Darüber waren wir im Ausschuß alle sehr ungehalten. Ich habe mich jetzt erkundigt: Im Heimatland dieses Ausländers ist inzwischen eine Vorabzustimmung zur Wiedereinreise nach Deutschland eingegangen. Die dortige Deutsche Botschaft prüft diesen Vorgang. Das Einwohner-Zentralamt hat sich erst kürzlich wieder an die Botschaft gewandt und dringend darum gebeten, sich zu beeilen, damit dieser Ausländer schnell wieder nach Hamburg zurückkommt.
So wird die Ausländerbehörde ihren Fehler korrigieren.Das ist gut so. Inzwischen gibt es eine Dienstanweisung, damit solche Fehler zukünftig nicht mehr passieren, und darauf vertrauen wir.
Tatsache ist, daß in Hamburg etwa 2500 Schwarzafrikaner ausreisepflichtig sind – ich möchte darauf eingehen, was Sie ansprachen, Herr Vahldieck –, die keine Paßersatzpapiere haben. Diese Papiere müssen natürlich beschafft werden, und darum unterstützt die SPD-Fraktion die jetzigen Anhörungen. Es ist allerdings geschmacklos, wenn von einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Eigeninitiative Smilys gemalt und dann angekreuzt werden, weil man sich darüber freut, daß abgeschoben werden kann. Das darf nicht passieren, und die Behördenleitung hat dieses inzwischen verboten.
Es wäre zu begrüßen, wenn diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter erheblichem beruflichen Streß stehen, im Rahmen von Supervision oder ähnlichen Veran
staltungen ihre Praxis reflektieren können, damit sich diese Feindbilder gar nicht erst aufbauen. Die Ausländerinnen und Ausländer sollten eher als Kunden betrachtet werden und nicht – so nannte es einmal die CDU – als „Abschüblinge“. Das ist diffamierend, und das weisen wir zurück.
Wenn Ausländerinnen und Ausländer nicht freiwillig ausreisen wollen, müssen sie zum Flughafen begleitet werden. Dazu ist es notwendig, sie auch morgens abzuholen. Allerdings darf so etwas nicht zu nachtschlafender Zeit, bei Nacht und Nebel stattfinden – und findet auch nicht mehr statt.
Wenn eine Familie mehrfach nicht erschienen ist und sich der Ausreise entzogen hat, muß es möglich sein, den Vater eine Nacht in Abschiebehaft zu nehmen und zur Not allein abzuschieben. Er weiß, die Familie kann mit reisen, sie ist ausreisepflichtig. In diesem Fall hat die Ausländerbehörde richtig gehandelt.
Auch in der Zukunft wird die SPD-Fraktion penibel darauf achten, daß geltendes Recht eingehalten wird. Wir vertrauen darauf, daß die Ausländerbehörde sich korrekt verhält. Dafür bürgt unser Senator Wrocklage, und entsprechend werden wir ihn unterstützen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ihre guten Ratschläge, meine Damen und Herren von der CDU, brauchen wir nicht.
(Ole von Beust CDU:Na? – Karl-Heinz Ehlers CDU: Sie haben die Weisheit gepachtet! – Karl-Heinz Warnholz CDU: Keine Arroganz!)
Sie machen in schöner Regelmäßigkeit wieder deutlich, daß Sie janusköpfig sind. Einerseits lassen Sie mit der Forderung nach der Erhöhung der Schlagzahl jede Scham vermissen, und andererseits gibt es in Ihren Reihen Gott sei Dank sehr sensible Leute, die ich sehr schätze, die mehr zu bieten haben als plumpen Populismus.
Im Eingabenausschuß wirken beispielsweise auch Ihre Abgeordneten an der Sache nach humanen Lösungen im Einzelfall mit.
Insofern gilt in Hamburg nur eine Linie, und zwar die politischen Vorgaben des Koalitionsvertrages und der Vereinbarung vom Juli 1999.Beide basieren auf den gesetzlichen Regelungen. Nichts anderes hat in der Verwaltungspraxis zu gelten.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist zweifelsohne eine Abschiebung möglich, aber nur wenn Abschiebehindernisse nicht festgestellt werden. Und da sind wir beim Thema. Man sollte sich – wie Herr Polle es richtig gesagt hat – noch einmal den Koalitionsvertrag ansehen. Selbst wenn Ausreisepflicht besteht – also der Wegfall der Schutzbedürftigkeit –, müssen immer noch aktuell die Menschen
rechte gewährleistet werden. Ich zitiere noch einmal, weil der eine oder andere das vielleicht als Dauerlektüre gebrauchen kann:
„Dabei werden die Situationen im Herkunftsland sowie berechtigte individuelle Gründe für einen begrenzten vorübergehenden Verbleib berücksichtigt, um eine Rückkehr in Sicherheit und unter Wahrung der Menschenrechte zu gewährleisten.“
Das bedeutet, daß die Inanspruchnahme weiterer rechtlicher Möglichkeiten das Recht aller Betroffenen ist. Dazu gehören selbstverständlich die Asylfolgeanträge, die gerichtlichen Eilverfahren und letztendlich natürlich die Eingaben in der Bürgerschaft.Das bedeutet weiterhin, daß Abschiebehindernisse sorgfältig geprüft werden müssen. Menschen, die eine Traumatisierung oder eine schwerwiegende Erkrankung haben, dürfen nicht als Simulanten gesehen werden. Auch hier geht es um die legitime Inanspruchnahme verfassungsmäßig garantierter Rechte. Dazu gehören ein Geist und eine Haltung, die ich bei Ihnen, Herr Vahldieck, vermisse, weil Sie von vornherein vom Mißbrauch und der Ausnutzung des Sozialstaats ausgehen, also das Pferd immer von hinten aufzäumen. Hier kann keine Politik gemacht werden, die ökonomische Überlegungen als Ziel hat. Hier sind Verhältnismäßigkeit und sensibler Umgang gefragt.
Es geht nicht um die erleichterte Beseitigung von Duldungsgründen in der Praxis, sondern um deren sachgerechten und verantwortungsvollen Umgang. Da ist Augenmaß gefragt. Ihre Scharfmacherei können wir überhaupt nicht gebrauchen. Sie ist in diesem Zusammenhang absolut deplaziert.
Ob es Ihnen paßt oder nicht, im Umgang mit Flüchtlingen zeigt sich das Gesicht dieser Stadt, und das merken wir immer wieder. Wir sind alle in der Verantwortung, daß dieses Gesicht nicht häßlich ist. – Danke.
Liebe Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Goetsch hat gerade gesagt, daß sich im Umgang mit Flüchtlingen das Gesicht dieser Stadt zeigt.Wie diese Linie in Hamburg aussieht, zeigt sich in der Praxis faktisch jeden Tag aufs neue. Perfider können ungebremste Einfälle einer politischen Bürokratie kaum sein und umgesetzt werden. Daß sich der rechte Rand der CDU insofern bestätigt fühlen kann und dies auch durch permanentes Wrocklage-Schulterklopfen kundtut, beschämt gelegentlich – wenigstens hinter vorgehaltener Hand – einige wenige in der CDU.
Daß von anderen Stimmen in der SPD nicht viel zu hören ist, ist ein schlimmes Zeichen. Macht es einige von Ihnen nicht wenigstens stutzig, wenn einer Ihrer Senatoren in zentralen Grundrechts- und Demokratiefragen außer von Ihnen nur noch Beifall von rechts bekommt, wenn Methoden angewandt werden – beispielsweise überfallartige, frühmorgendliche Abholung –, die Menschen unweigerlich an die Willkürstaaten, aus denen sie kommen, erinnern müssen, wenn kranke, vom Krieg, von Traumatisierung betroffene Menschen rigoros abgeschoben und Familien getrennt werden?
Die GAL startet ein lächerliches Ablenkungsmanöver, anstatt endlich den Streit über diese Abschiebepraxis zu führen: „Frau Sager weile in den USA, deshalb könne der Senat nicht beschließen.“ Es gibt für mich nur zwei Interpretationen aus diesem Satz.
Erstens: Ihr könnt keine eigenständige Politik ohne Frau Sager machen. Dann ist euer politischer Zustand noch schlechter, als zu befürchten war, und es ist nicht mehr viel von euch zu erwarten.
Zweitens: Die GAL schindet Zeit, weil die Vorlage aus dem Hause Wrocklage an rigoroser Deutlichkeit über die faktische Politik des vergangenen Jahres nichts vermissen läßt.