(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke – Hartmut Engels CDU: Bauwagenbesetzer sind Rechtsradikale? Die sind rechts und links!)
Wenn das nicht Ihre Absicht ist, Herr Engels, dann hören Sie auf damit, vor allem, wenn man sich anschaut, wem Sie damit als Steigbügelhalter dienen und wer hinter diesen Bedrohungen und sogar Mordaufrufen steckt.
Die agierenden Neonazis sind weder verirrte junge Erwachsene, noch sind sie jugendliche Modernisierungsopfer. Sie haben eine feste Überzeugung und sind straff organisiert. Alle, die bei den Aktionen mitmachen, tun es aus Überzeugung. Sie kämpfen dabei für ein nationalsozialistisches Deutschland und stellen sich selbst weit außerhalb der Demokratie. Sie organisieren sich – der Verfassungsschutzbericht ist ja sehr eindeutig in der Frage – dabei in sogenannten freien Kameradschaften, die inzwischen feste Strukturen aufweisen und – wie in Hamburg der Hamburger Sturm – als grausames Beispiel dastehen.
Das Zentrum der bundesweiten Organisation liegt laut Verfassungsschutzbericht in Norddeutschland. In Hamburg befindet sich ihr sogenanntes Aktionsbüro, in dem all die Fäden zusammenlaufen, um das sich eine Art militante Kommandogruppe organisiert hat, in der es eine klare Hierarchie gibt, eine feste Struktur, die Rahmenbedingungen aufweist, die auch ein Verbot nicht unmöglich machen. Der Aufruf der Gewerkschafter zu dieser Frage – Herr Pumm hat ihn auch mit unterschrieben – ist wichtig und richtig. Auch wir fordern Sie auf, Herr Wrocklage, wie auch die Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschafter:Nutzen Sie das Instrument der Verbote gegen extremistische Gruppen in der Stadt offensiver als bisher.
Natürlich können Verbote allein die rechtsradikalen Tendenzen nicht beseitigen, aber sie können sie eindämmen. Auch das haben wir in Hamburg immer wieder erleben können, wie das möglich ist.Die Verbote der ANS 1982 und der Nationalen Liste 1995 zeigen das auch.
Wenn man beobachtet, wie geschickt diese neuen militanten Gruppen ihre Rekrutierungsstrategien dem Zeitgeist angepaßt haben und heute über Internet, über Fußball oder noch viel mehr über Musik, über Rechts-Rock, an die Kids herankommen, dann muß man doch feststellen, daß ihnen dieser Weg verbaut werden muß. Notwendig ist natürlich, daß es Alternativangebote für Kids gibt, aber notwendig und ganz klar ist auch, daß die Möglichkeiten der Faschisten in dieser Stadt eingeschränkt werden müssen.
Gewalttätiger Rassismus ist ein fester Bestandteil ihrer Ideologie, und dabei bleibt es nicht bei den Ankündigungen, wie der Anschlag auf die Synagoge in Erfurt und der Mord an den Migrantinnen in Guben gezeigt hat. Das starre Führerprinzip, die immanente Gewaltbereitschaft mit dem geschlossenen faschistoiden Weltbild, das jede heterogene Gesellschaft zum Feindbild erklärt, zeigt uns, auch im 21.Jahrhundert gilt, daß Faschismus keine Meinung ist.Faschismus ist ein Verbrechen, und so muß ihm begegnet werden, auch in Hamburg.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Paragraph 4 Absatz 1 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes sieht – abgesehen von der Berichtspflicht des Landesamtes gegenüber dem Senat – auch ausdrücklich vor, daß das Landesamt für Verfassungsschutz mindestens einmal jährlich die Öffentlichkeit über die Gefahren und die Schutzgüter des Paragraphen 1 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes unterrichtet. Dort steht:
„Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder.“
Aufgrund Ihrer längeren Parlamentszugehörigkeit hätten Sie, wenn Sie die Verfassungsschutzberichte gelesen hätten – bei mir liegen sämtliche Verfassungsschutzberichte seit 1993 auf dem Tisch gestapelt –, einen Großteil Ihrer Fragen selbst beantworten können, ohne diesen Antrag stellen zu müssen.
Deswegen waren wir auch, bevor Sie, Frau Sudmann, den Antrag durch eine Neufassung ergänzt haben, eigentlich der Auffassung, den Antrag abzulehnen, denn eine Berichtspflicht des Senates zum 30. Juni, selbst, wenn er dieser so schnell nachgekommen wäre, hätte natürlich nichts anderes beinhalten können als den Verfassungsschutzbericht, der in der Regel zwischen April und Mai dem Hause sowieso zur Verfügung gestellt wird und insofern Ihre Anfrage überflüssig gemacht hätte.
Wenn Sie auf den letzten Absatz Ihres Antrages Bezug nehmen, Herr Jobs, so geben wir Ihnen recht, daß natürlich Aufmärsche und Demonstrationen von Rechtsextremisten in dieser Stadt eigentlich von allen in diesem Hause vertretenen Parteien unerwünscht sind. Darüber muß man sich im klaren sein. Aber Sie müssen natürlich auch davon ausgehen, daß wir ein Rechtsstaat sind und daß die Polizei in jedem Einzelfall eine Anmeldung zu überprüfen hat, ob dieser Aufmarsch oder diese Demonstration gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder gegen Strafgesetze verstößt.
Wenn Sie nach der Demonstration, die in Bergedorf stattgefunden hat und im übrigen durch die Polizei verboten wurde, aber durch die Gerichte dann wieder zugelassen wurde, die anschließende Berichterstattung, auch der Staatlichen Pressestelle, aufmerksam gelesen hätten
es ist eine verboten worden von der Polizei –, dann hätten Sie unter dem 3.August feststellen können, daß es zum Beispiel auch neue Informationsblätter über das Demonstrationsrecht bei der Innenbehörde gibt. Da gibt es verschiedene Fragen, die die Bürger stellen, zum Beispiel, ob eigentlich Demonstrationen in dieser Stadt sein müssen oder ob man nicht nur diese, sondern auch andere generell verbieten kann.Weil wir diesen Antrag natürlich an den Innenausschuß überweisen, würde ich Ihnen empfehlen, sich dieses Informationsblatt noch einmal zu besorgen. Da stehen zum Beispiel auch alle Rechtsfragen drin, die Sie hier so pauschal abtun. Verbieten kann man natürlich solche Organisationen. Sie wissen selbst, daß seit dem Verbot der SRP im Jahre 1952 und dem Verbot der damaligen KPD im Jahre 1955 eigentlich davon ausgegangen wird, daß man solche Organisationen nicht verbieten sollte, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, weil sie nicht illegal werden, sondern durch Neugründung alle 14 Tage neu entstehen und wiederum Unheil stiften und man nur hinterherläuft, um dann wieder dieselben Ergebnisse zu sehen.
Habe ich das richtig in Erinnerung, daß auf der IM-Konferenz in der vorletzten Woche der SPD-Vertreter, nämlich Herr Wrocklage, es begrüßt hat, daß sich die Innenminister der anderen Länder dafür ausgesprochen haben, wesentlich schärfere Grundlagen zu schaffen, um Verbote gegen Aufmärsche zu treffen?
Nein, ich habe nicht kritisiert, daß Sie das fordern.Ich habe nur kritisiert, in welchem Zeitraum Sie so etwas fordern, und gesagt, daß der Verfassungsschutzbericht von 1999 noch nicht vorliegt und Sie dort verschiedene Punkte, die Sie unter Punkt 1 Ihres Antrages aufgeführt haben, nachlesen können – vermute ich einmal –, weil nämlich der Verfassungsschutzbericht natürlich auch auf dem Bundesverfassungsschutzbericht basiert.Insofern glaube ich, daß Sie dann, wenn der Ausschuß tagt, auch diesen Bericht vorliegen haben. Wir werden den Antrag selbstverständlich überweisen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem es Herrn Wrocklage gestern gelungen war, mich zu provozieren, verzichte ich einmal darauf, auf Ihre Anwürfe einzugehen, Herr Jobs. Ich glaube, das war so daneben, daß es sich nicht lohnt, darauf einzugehen. Unsere Rolle im Zusammenhang mit Rechtsextremismus ist völlig unstreitig und klar. Wir lehnen Rechtsextremismus, wie übrigens politischen Extremismus jeglicher Art, konsequent ab.
Sie sprechen in Ihrem Antrag in der Tat ein wichtiges Problem an. Rechtsextremismus ist ein Problem in Hamburg und anderswo. Zum Glück in Hamburg weniger als anderswo, aber es ist auch hier ein Problem. Darüber ließe sich sehr viel sagen. Nur eines ist kein Problem, nämlich daß wir darüber zuwenig wüßten.
Herr Kleist hat den Verfassungsschutzbericht angesprochen.Wir haben hier den von 1998. In wenigen Tagen oder Wochen – ich nehme an, es ist bald der Fall – werden wir den von 1999 bekommen. Ich gehe davon aus, daß der
strukturell ähnlich sein wird wie der letztjährige. Es waren immerhin die Seiten 17 bis 109, also 92 Seiten, über Rechtsextremismus. Ein Informationsdefizit haben wir nicht. Im übrigen, wenn das Sie beruhigt, das waren sogar 20 oder 30 Seiten mehr als über Linksextremismus, obwohl man in der Tat die Frage stellen kann, ob das nicht vielleicht eine Unwucht ist, denn wir haben auch starke linksextremistische Bestrebungen in dieser Stadt.Ich erinnere an das vorletzte Wochenende. Das waren keine Rechtsextremisten.
Ich glaube, man kann nur dann glaubwürdig gegen Rechtsextremismus sein, wenn man politischen Extremismus jeglicher Art konsequent bekämpft, und da fehlt es bei Ihnen, Herr Jobs.
Aber man kann über diese Fragen, die Sie aufgeworfen haben, gern diskutieren. Wir können auch gern die 23 Fälle, nach denen Sie fragen, im Innenausschuß ansprechen, wenn der Senat bereit ist, darüber zu diskutieren. Wie Sie wissen, gibt es einen parlamentarischen Kontrollausschuß, in dem es um Fragen des Verfassungsschutzes geht. Möglicherweise wird der Senat sich deshalb weigern, seine Erkenntnisse öffentlich darzulegen.Wir müssen dann sehen, wie wir damit umgehen.
Zu dem zweiten Punkt, den Sie ansprechen: Verbot von Gruppen und Aufmärschen. Ich glaube, das ist eine sehr naive Sichtweise. Ich habe überhaupt nichts dagegen, mit Ihnen über eine Verschärfung des Versammlungsrechts zu diskutieren. Ich habe überhaupt nichts dagegen – genau wie Herr Werthebach das in Berlin jetzt angeregt hat –, darüber zu diskutieren, ob wirklich jede Demonstration an jedem Ort zugelassen werden muß. Diese ewigen Demonstrationen, zum Beispiel in Berlin durch das Brandenburger Tor, sind in der Tat nur schwer erträglich, genau wie es unerträglich war, daß über Wochen die Kurden durch die Hamburger Innenstadt gezogen sind. Ich glaube, da brauchen wir ein besseres Instrumentarium, um hier kanalisierend einzugreifen. Ich würde es begrüßen, wenn das Versammlungsrecht eine entsprechende Änderung erfahren würde.
Insofern ist mir diese Diskussion sehr lieb, und wir werden sie auch führen. Aber, Herr Jobs, ein Verbot aller Organisationen, das, glaube ich, stellen Sie sich viel zu einfach vor. Sie haben selber gesagt, diese Neonazi-Gruppierungen sind gar nicht mehr organisiert als Partei oder Verein, sondern sind sogenannte freie Kameradschaften.Um nicht verboten werden zu können, haben sie darauf verzichtet, sich ein organisatorisches Korsett zu geben. Einen Verein wie die Nationale Liste kann man verbieten. Eine Partei kann man durch das Bundesverfassungsgericht verbieten lassen.Aber einen losen Zusammenschluß von Menschen, die sich freie Kameradschaft nennen, die kein organisatorisches Korsett haben, kann man nicht verbieten. Man kann nicht Menschen verbieten.Insofern ist es naiv zu glauben, daß man mit Verboten in diesem Bereich etwas bewirken kann.Gleichwohl können wir uns im Innenausschuß mit diesen Fragen befassen. Wir können uns von den Experten der Innenbehörde erläutern lassen, was dort möglich ist und was nicht. Um diese Diskussion führen zu können, bedarf es einer Überweisung an den Innenausschuß, und wir werden uns dem nicht entgegenstellen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Dreistigkeit, mit der Neonazis in letzter Zeit wieder von sich reden machen, ist in der Tat auffällig. Der Bundesinnenminister hat auf die Gefährlichkeit dieser Entwicklung hingewiesen, und es stellt sich die Frage, wie wir alle – nicht nur im Parlament, sondern auch die Gesellschaft – darauf reagieren sollten.
Es wurde bereits gesagt, daß die DGB-Gewerkschaften kürzlich in einem gemeinsamen Aufruf zum Handeln aufgerufen haben. Doch was heißt das? Auch hier ist Gelassenheit gefragt, wenn auch nicht Leichtfertigkeit.