Protokoll der Sitzung vom 24.05.2000

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Bei der Erstellung des Bandes des Staatsarchivs für die jüdischen Opfer in Hamburg ist dies auf eindrucksvolle Weise gelungen. Gerade wir als Oppositionsfraktion fordern den Senat immer wieder auf, die Ersuchen der Bürgerschaft ernst zu nehmen. Insbesondere bei diesem Ersuchen, das wir – davon gehe ich aus – gleich beschließen werden, wäre der Senat gut beraten, seinen Bericht bis Ende dieses Jahres der Bürgerschaft vorzulegen. – Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Uhl.

Es bleibt mir eigentlich nur noch, einen Satz zu sagen:Wir nehmen den Antrag der GAL sehr gerne an.Es war ein sehr interessanter und guter Beitrag von Frau Freudenberg, der diese Zustimmung noch einmal ganz besonders deutlich macht. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke, bei der GAL und bei Dr. Ulrich Karpen CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann lasse ich über den GAL-Antrag abstimmen. Wer möchte dem Antrag seine Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag einstimmig so angenommen.

Ich komme zu Punkt 11a, Drucksache 16/4186: Senatsantrag zur Vergabe von Studienplätzen.

[Senatsmitteilung: Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen – Drucksache 16/4186 –]

Diese Vorlage wurde bereits im Vorwege an den Wissenschaftsausschuß überwiesen. Die SPD-Fraktion hat das Thema jedoch zur Debatte angemeldet.Wird das Wort gewünscht? – Der Abgeordnete Marx hat es.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zum Wintersemester 2000/ 2001 wird wegen der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes die nunmehr fünfte Änderung des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen notwendig. Die dazugehörige Drucksache spricht einige wichtige Neuerungen an. Zunächst – das wird die Sparkommissarinnen und -kommissare in diesem Hause begeistern – entnehmen wir der Drucksache, daß die Kosten für die Zentralstelle zur Vergabe der Studienplätze wegen Stellenabbaus künftig sinken werden.

Nun aber zum Vergabeverfahren an sich. Die Studienplatzvergabe erfolgt durch die Umsetzung des neuen Hochschulrahmengesetzes im Rahmen des Staatsvertrags in Zukunft leistungsbezogener. Gleichwohl wird die gerechte und soziale Verteilung der Studienplätze nicht aufgegeben. Deswegen ist das zentrale Verteilungsverfahren in seiner Grundstruktur auch künftig beizubehalten. Eine wichtige Änderung ist aber, daß in Zukunft bis zu einem Viertel der Studienplätze einer Hochschule nach der Qualifikation der Studierenden für das Studium an eben dieser Hochschule vergeben werden; erst danach greifen andere Kriterien für

die Zuweisung. Damit wird zumindest dem Grunde nach den Forderungen einiger Hochschulen nachgekommen. Die größte Oppositionspartei hier im Hause dürfte sich ebenfalls angesprochen fühlen, denn auch ihrer Auffassung nach sollte die Studierfähigkeit der Bewerberinnen und Bewerber durch die Hochschulen überprüft werden können.

Im Bereich Medizin war allerdings diese Überprüfung früher nicht besonders erfolgreich, außer für das eine oder andere Chefarztkind, das so endlich den Weg zum Medizinstudium fand.Ziel der Neuregelung ist zum anderen, die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber stärker zu integrieren. So sollen auch die Aspiranten noch einmal eine Chance erhalten, die die Leistungsauswahlquote nur knapp verfehlt haben. Der Erwerb der Hochschulreife ist der am besten geeignete Gradmesser für die Zulassung zum Studium. Das Abitur verleiht bisher grundsätzlich die einzige Zugangsberechtigung zu den Hochschulen. Dabei muß es nicht nur nach meiner Auffassung bleiben.Ich habe ebenso großes Vertrauen wie der bayerische Wissenschaftsminister Zehetmair, den ich hier gerne zitiere:

„Ich traue eher den Schulen eine verläßliche Einschätzung der jungen Menschen zu, die sie seit Jahren kennen, als den Universitäten.“

(Beifall bei Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Es entspricht außerdem nicht dem grundgesetzlich garantierten Hochschulzugang für Abiturienten, wenn die Hochschulen diesen selbst verwehren. Unsere Hochschulen sind öffentliche Institutionen, die als solche der Allgemeinheit durch die Vermittlung des Allgemeinguts Bildung dienen sollen. Deshalb ist eine grundsätzlich öffentlich gestaltete Verteilung der Studierenden bei knappen Studienkapazitäten notwendig. Die weiteren Details dieser Gesetzesänderung werden wir im Wissenschaftsausschuß beraten können. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Spethmann.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich hoffe, ich werde es auch so kurz und knackig halten können. Ich frage mich im übrigen, warum das Thema bereits jetzt schon zur Debatte angemeldet worden ist. Es gibt für eine streitige Debatte nun wirklich nicht allzu viel her, denn – Herr Marx, da sind wir uns zumindest in großen Teilen einig – die Leistungen und die spezifische Begabung der Studienbewerber erhalten künftig ein größeres Gewicht.

Die Regelung, die jetzt kommt, wird insbesondere bei uns mit großer Freude gesehen, weil noch mehr nach Leistung ausgesucht werden kann und sich insbesondere die Hochschulen selbst zumindest einen kleinen Teil ihrer Bewerber aussuchen und damit ein eigenes Profil entwickeln können. Das wird insbesondere vielen kleinen Hochschulen zugute kommen; vielleicht nicht unbedingt einer so großen Hochschule wie in Hamburg. Aber wir werden uns darüber noch ausgiebig im Wissenschaftsausschuß austauschen, und ich hoffe, daß wir durch diesen gesteigerten Wettbewerb auch gesteigerte Bedingungen haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Hans-Peter de Lorent und Dr. Martin Schmidt, beide GAL)

(Frank-Thorsten Schira CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. de Lorent.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts der Zeit werde ich heute den kürzesten Beitrag halten. Er besteht nur aus fünf Wörtern und wird einige vielleicht an meine Biographie erinnern.Der Satz lautet: De Lorent schließt sich Marx an.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Frau Senatorin Sager.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir werden das Thema ja im Ausschuß diskutieren.

(Wolfgang Baar SPD: Ja, prima!)

Wir müssen dies auch schnell machen, da wir zu den Bewerbungsfristen diesen Staatsvertrag unter Dach und Fach haben wollen. Ich will aber schon eines vorweg sagen: Wir werden uns im Ausschuß noch einmal darüber unterhalten müssen, ob hier tatsächlich das Leistungskriterium real akzentuiert wird, da nicht die Lösung herausgekommen ist, innerhalb des Verteilungsverfahrens eine Akzentuierung der Leistung zu haben, sondern man hat beim sogenannten allgemeinen Auswahlverfahren die Leistungsquote von 60 Prozent auf 55 Prozent reduziert, damit man im Auswahlgesprächsverfahren 25 Prozent an Studenten vergeben kann, die es im ersten Leistungsverfahren nicht geschafft haben. Das ist im Grunde ein Auswahlverfahren, das sich nicht an die Besten, sondern an die Zweitbesten wendet. Das müßte man vielleicht noch ein bißchen vertiefen, bevor man hier so vollmundige Erklärungen abgibt.

(Beifall bei Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Nunmehr sehe ich keine weiteren Wortmeldungen.

(Dr. Roland Salchow CDU: Jetzt hat jeder verstan- den, was der Senat will!)

Eine Abstimmung ist heute nicht erforderlich, die Vorlage liegt bereits im Ausschuß.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf, Drucksache 16/4230: Antrag der CDU über Alleinerziehende in beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen.

[Antrag der Fraktion der CDU: Alleinerziehende in beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen – Drucksache 16/4230 (Neufassung) –]

Hierzu ist Ihnen als Drucksache 16/4290 ein gemeinsamer Antrag der SPD-, der GAL- und der CDU-Fraktion zugegangen.

[Antrag der Fraktionen der SPD, der GAL und der CDU: Bessere Chancen für junge Mütter in Hamburg – Drucksache 16/4290 –]

Daraufhin hat die CDU-Fraktion den ursprünglichen Antrag 16/4230 zurückgezogen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Die Abgeordnete Ernst hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bundesweit werden dank des Sofortprogramms der

Bundesregierung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit große Anstrengungen unternommen, und auch die Angebote in Hamburg zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit können sich sehen lassen. Sie erreichen auch junge Frauen, deren Anteil beim JUMP-Programm zum Beispiel bei 40 Prozent liegt. Aber es gibt eine Gruppe, die in Gefahr ist, durch alle Raster zu fallen, das sind junge, meist alleinerziehende Mütter. Die Untersuchungen über die Umsetzung des Sofortprogramms in Hamburg liefern keine verläßlichen Angaben über die Größe dieser Gruppe. Jedoch gibt es Hinweise, daß mehrere hundert junge Frauen und Mädchen am Programm nicht teilgenommen haben, weil sie mindestens ein Kind zu betreuen haben;auf diese Ergebnisse müssen wir reagieren.

Viele dieser Mütter kommen aus instabilen sozialen Verhältnissen, sind alleinerziehend und auf Sozialhilfe angewiesen. In Hamburg beschäftigen wir uns schon länger damit, wie es jungen Müttern ermöglicht werden kann, die Kindererziehung und -betreuung mit einer Berufsausbildung zu verbinden. Wir wissen, daß der Zugang zum Erwerbsleben für junge Mütter schwierig ist. Das gilt insbesondere für die, die noch während der Schulzeit oder kurz danach ein Kind bekommen und über keine Erstausbildung verfügen. Die wenigsten von ihnen verfügen über ein intaktes Familienleben. Sie haben keine Mutter, die bereit wäre, auf das Kind aufzupassen, während sie sich einer Berufsausbildung widmen können. Andererseits wissen wir, daß diese jungen Frauen zum Teil hochmotiviert sind. Sie wollen ihr Leben mit dem Kind finanziell unabhängig von Sozialhilfe gestalten.Diese Gruppe muß passende Angebote vorfinden.

Die Stadt Hamburg ist sich der Problematik bewußt und unternimmt große Anstrengungen, um jungen Müttern eine qualifizierte Berufsausbildung und damit die Voraussetzungen für eine Teilnahme an der Erwerbsarbeit zu ermöglichen. Wir möchten nicht erleben, daß sich eine nennenswerte Zahl junger Mütter zu Welfare-Mums entwickelt, die ihr Leben lang nur von Sozialhilfe leben, keine Berufsausbildung und keine Perspektive in der Erwerbsarbeit haben und diese Lebensperspektive möglicherweise auch an ihre Kinder weitergeben.

Junge Mütter haben in Hamburg die Chance, an der Staatlichen Schule Gesundheitspflege, Lübecker Straße, in speziellen Klassen ihren Haupt- und Realschulabschluß nachzuholen. An dieser Schule wird begrüßenswerterweise die Betreuung der Kleinkinder durch eine Kinderkrippe sichergestellt werden. Dies ist eine sinnvolle Ergänzung des Schulkonzepts und ermöglicht es sehr jungen Müttern, in Ruhe zu lernen und ihre Schulausbildung abzuschließen. Wenn sie dieses geschafft haben, stoßen sie allerdings auf die nächsten Schwierigkeiten beim Versuch, eine qualifizierte Berufsausbildung zu durchlaufen. In Hamburg bieten die Stiftung Berufliche Bildung, das Frauentechnikzentrum und andere jungen Müttern bereits Umschulungsangebote auf der Basis flexibler Voll- beziehungsweise Teilzeit an.Dies wird stark nachgefragt, und wir regen an, diese Angebote weiter auszuweiten.

Auf ein anderes Beispiel sind wir aufmerksam geworden. Eine Ausbildung in Teilzeit wird derzeit in Hessen gefördert und hat auch eine Auszeichnung durch das Bundesfamilienministerium erhalten. Es handelt sich um das Ausbildungsprojekt „Erstausbildung in Teilzeit für junge Mütter“, das eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau oder zur Fachkraft im Nahrungsmittelhandwerk ermöglicht. Neu an dieser Ausbildung ist, daß die tägliche

Ausbildungszeit sechs statt acht Stunden beträgt und die Kinderbetreuung gewährleistet wird.

Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, ein vergleichbares Projekt auch in Hamburg durchzuführen. Der jetzt vorliegende, interfraktionell breit getragene Antrag unterstützt nachhaltig die Notwendigkeit weiterer Initiativen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)