Lassen Sie mich zum Schluß noch etwas zu der Arbeit des Pressesprechers in der Innenbehörde sagen, weil mir so etwas, was sich dort abgespielt hat, im Laufe meiner zweieinhalb Jahre noch nicht passiert ist. Herr Holstein war bei unserer Pressekonferenz zu diesem Thema anwesend. Das war begrüßenswert, und ich finde es auch gut, daß er gekommen ist, weil man denken mußte, er höre es sich an und seitens der Innenbehörde käme dann eine fundierte sachgerechte Antwort auf die Forderungen der CDU.
Was dabei herauskam, war allerdings schlichtweg gelogen und bewußt falsch dargestellt. Wir haben nicht gefordert, daß nur...
Ich weiß nicht, was an dieser parlamentarischen Ausdrucksweise nicht in Ordnung war. Er hat nicht die Wahrheit gesagt, und das bewußt.
Wir haben nicht gefordert, daß nur an sensiblen Bereichen wie Schulen und Kindergärten Kontrollen durchgeführt werden. Der Schluß, daß wir deshalb für rechtsfreie Räume für Autofahrer sind, so wie er es dargestellt hat, ist deshalb auch billigste Parteipolitik. Herr Holstein hat zudem Widersprüchliches ausgemacht, indem er festgestellt hat, daß die CDU Blitzanlagen an Unfallschwerpunkten aufstellen will, während andere Anlagen nicht abgebaut werden sollen. Den Widerspruch habe ich nicht so richtig verstanden, den sieht anscheinend auch nur er, da es für die CDU natürlich selbstverständlich ist, daß keine Steuergelder doppelt ausgegeben werden sollen, um Anlagen wieder abzubauen. Das wäre wirklich unsinnig. Herr Holstein hat sich wahrscheinlich noch nicht einmal unseren Antrag angesehen, sonst hätte er so etwas in der Innenbehörde bestimmt nicht kundtun können.
Herr Senator Wrocklage, überlegen Sie sich, ob Sie an dieser Stelle den richtigen Mann sitzen haben. Er hat in dieser Sache ganz klar Unfähigkeit und Parteilichkeit bewiesen. Ich kann nur empfehlen:Schmeißen Sie diesen Mann raus! Der Steuerzahler sollte für das Gehalt von Herrn Holstein nicht aufkommen, vielleicht die SPD, denn die hat davon profitiert, und für sie hat er das kundgetan.
Meine Damen und Herren, gestern habe ich erfahren, daß Sie unseren Antrag im zuständigen Ausschuß nicht einmal vertieft behandeln wollen, obwohl wir uns in unseren Forderungen konkret auf Gutachten und Ausarbeitungen von Verkehrswissenschaftlern sowie Richtlinien anderer Bundesländer beziehen. Für diese Arroganz und Ignoranz, mit der Sie heute den Antrag ablehnen werden, verspreche ich Ihnen, erhalten Sie im nächsten Jahr bei der Bürgerschaftswahl die Quittung, auch für Ihr schikanöses Verhalten gegenüber Autofahrern in Hamburg. Die SPD hat sich heute endgültig von einer Partei verabschiedet, die für einen Autofahrer wählbar ist.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hesse als Anwalt der entrechteten Autofahrer Hamburgs.
Die Tatsache ist, daß überhöhte Geschwindigkeit in Hamburg Unfallursache Nummer eins ist, in anderen Bundesländern Nummer zwei, sie steht aber immer ganz vorne an und leider mit steigender Tendenz; Sie haben die Zahlen schon genannt, Herr Hesse, in 1999 2694 Verletzte und 17 Tote. Ich finde, wir gehen über diese Zahlen zu leicht hinweg.
Sie leugnen die Tatsache nicht, da haben Sie recht. Ich habe mir Ihre Presseerklärung auch durchgelesen, aber der Eindruck, den Sie erwecken, ist, daß diese Überwachungsanlagen in erster Linie zum Abzocken verwandt werden, unter fiskalischen Erwägungen, wie es in Ihren Ausführungen heißt. Ich halte das für Unsinn. Wenn zu schnell gefahren wird, muß kontrolliert werden, und dann müssen auch Sanktionen greifen.
Sie sagen, die Anlagen stehen oft falsch und es werden keine objektiven Kriterien angewandt, um die stationären Einrichtungen aufzustellen. Es gibt Grundsätze, das habe ich in der letzten Debatte zum selben Thema auch schon gesagt, denn es ist nicht das erste Mal, daß wir darüber reden. Zu diesen gehören die Unfallschwerpunktsituation, technische und bauliche Möglichkeiten, denn überall kann man so etwas nicht machen, die Verkehrsbelastung, das Geschwindigkeitsniveau, die Anzahl der festgestellten Ordnungswidrigkeiten und das jeweilige Gefahrenpotential derjenigen, die die Geschwindigkeit überschreiten. Die Frage muß lauten: Was fordern Sie eigentlich? Gibt es objektive und nachvollziehbare Meßkriterien? Diese Diskussion haben wir seit Jahren in der Stadt beim Aufstellen von Fußgängerampeln. Es kann doch nicht richtig sein, die Gleichung aufzustellen, ein Toter und zwei Verletzte gleich ein neuer Starenkasten. Das werden Sie wahrscheinlich auch nicht wollen.
Meine Frage lautet: Kann es überhaupt objektive Kriterien geben, oder sollte man nicht die Erfahrungen und auch den Ermessensspielraum der Polizei, die tagtäglich mit diesem Problem zu tun hat, zum Zuge kommen lassen und selbst entscheiden, wo solche Anlagen sinnvoll sind oder nicht und wo sie gegebenenfalls auch wieder entfernt oder gar nicht eingeschaltet werden müssen.Sie bemängeln gleichzeitig, daß viele Anlagen gar nicht immer eingeschaltet sind; Sie sagen einerseits, sie stünden falsch und müßten andererseits häufiger eingeschaltet werden.
Messungen sollen, wie Sie zu Recht sagen, von einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden. Das ist richtig, wird auch seit Jahrzehnten gemacht.
Die meisten nehmen es nicht wahr, denn warum soll man etwas wahrnehmen, von dem man sich nicht betroffen fühlt. Welcher Autofahrer fühlt sich schon betroffen, wenn er als Raser bezeichnet wird. Im Bereich der Autobahnen finden
Sie so etwas an jeder zweiten Brücke.Wer nimmt das Motto „Reisen statt rasen“ noch wahr? Es betrifft aber sehr viele, und die es am wenigsten wahrnehmen, am meisten.
(Heino Vahldieck CDU: Die fahren zu schnell, des- halb können sie es nicht lesen! – Dr.Martin Schmidt GAL: Genau!)
Die Erfahrung lehrt, je drastischer die Sanktionen sind, um so größer ist die Gesetzestreue. Ich will Vergleiche nicht in die Schieflage bringen, aber es gibt Länder, in denen kaum gerast wird. Warum? In den neuen Bundesländern wird heute wie verrückt gerast, ich fühle mich dort richtig unwohl. Aber vor zehn Jahren wurde dort nicht gerast. Die DDR hatte derart drastische Sanktionen, daß sich kein Mensch traute, zu schnell zu fahren, auch Westdeutsche nicht, wenn sie durch die DDR fuhren. Gerast wird, seit die Sanktionen so vermindert wurden.
Damit will ich nicht etwa die DDR hochloben, dieses Regime wollen wir nicht, aber es zeigt doch, je liberaler ein Staat ist und je weniger Sanktionen greifen, um so eher ist man geneigt, Gesetzesübertretungen für sich selbst zu akzeptieren.
Solange in Hamburg so häufig zu schnell gefahren wird wie heute, muß gemessen, geahndet, aber auch informiert und geschult werden; jedenfalls nicht weniger.
Ihre Forderung, auf mehreren Ausfallstraßen 60 Stundenkilometer statt 50 zuzulassen, muß man im Einzelfall prüfen. Es kann sein, daß es hier oder da sinnvoll ist. Ich weiß, daß in der Vergangenheit auf vielen Straßen Tempo 60 zurückgenommen worden ist, weil sie Unfallschwerpunkte gewesen sind. Es muß also im Einzelfall geprüft werden.
Lassen Sie mich eins sagen: Generell gilt, daß wir im Straßenverkehr mehr Gelassenheit, Ruhe und Rücksicht brauchen. Wir brauchen generell aber nicht mehr Geschwindigkeit in Hamburg. – Vielen Dank.
Sie haben zur Zeit das Problem mit Herrn Schill, das ist sicherlich schwierig für Sie. Ich glaube aber, daß Ihre Parteiführung recht hat, daß Sie nur verlieren, wenn Sie sich Herrn Schill allzusehr nähern.
Sie sollten vorsichtig sein bei diesem Thema. Herr Hesse hat eben den Weg ins Ghetto der Autofahrerpartei verkündet. Die gibt es in einigen Städten Süddeutschlands und in der Schweiz.Das sind sehr erfolgreiche Parteien, die in der Regel sogar Fünf-Prozent-Klauseln überwinden. Damit hat es sich dann aber auch. Sie können in einer Großstadt wie Hamburg mit diesem Thema aber keine Politik betreiben, die Vertrauen für alle erweckt. Das werden Sie nicht schaffen,
und deshalb ist das für Sie eine richtig schwere Sackgasse. Machen Sie das aber getrost, uns wäre es recht, wenn Sie sich so radikalisieren. Sie werden damit verlieren, denn die Hamburger in ihrer großen Mehrheit wollen, daß weniger Auto gefahren wird. Die betreiben das nicht immer sehr aktiv, das ist wohl wahr, aber wenn Sie auf die Ergebnisse der Umfragen schauen – die letzte wurde im November vom „Hamburger Abendblatt“ erhoben –, will die Mehrheit eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs und eine Reduzierung des individualen Autoverkehrs.
In dieser Situation können Sie natürlich eine andere Parole ausgeben, das kann man machen – man darf auch Minderheitsparolen vertreten –, ich warne Sie nur vor den Wahlergebnissen, die daraus folgen. Als Politikberater würde ich sagen:Lassen Sie es etwas anders angehen.Mit der Parole von Herrn Hesse werden Sie jedenfalls nicht erfolgreich sein.
Sie werden auch in der Sache nicht erfolgreich sein. Herr Lange ist im wesentlichen schon darauf eingegangen; sein letzter Satz ist vollständig richtig. Wir können in Hamburg in Sachen Autoverkehr vieles machen. Wir können grüne Wellen besser herstellen, bessere Überwachungen vornehmen und dafür sorgen, daß zwischen manchen Stadtteilen auch das Autofahren besser geht, über alles kann man reden. Worüber man nicht reden kann und was wirklich nicht geht, ist, daß man dafür sorgen will, daß das Autofahren insgesamt schneller wird. Das darf nicht sein, weil die Menschen sonst nicht mehr über die Straßen gehen können und die Unfälle schwerer werden. Hamburg hat in den letzten 30 Jahren im Autoverkehr eine positive Entwicklung gemacht, von vielen Dingen abhängig, die man vielleicht nicht alle beurteilen kann, aber auch durch Handeln des Senats, und durch die Einführung von Tempo-30Zonen ist der Hamburger Autoverkehr insgesamt zivilisierter geworden. Das soll so bleiben und nicht durch Ihre Vorstellung geändert werden.
Immerhin hat Herr Hesse sich nicht bei Herrn Wrocklage als Sprecher beworben, seine Qualitäten haben aber deutlich gemacht, daß er der ideale Sprecher für alles ist, was irgendwie populistisch aufgemacht werden kann. Darin sind Sie – neidlos zugesprochen – super.