Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

wahrgenommen werden. Dort gibt es den sogenannten Kniola-Erlaß. Bekanntermaßen war das ein sozialdemokratischer Innenminister, der diesem Gedanken folgt. Die Beantragung von Abschiebungshaft geht von der Ausländerbehörde aus. Erst die Ausländerbehörde beantragt Abschiebehaft, und darauf kann sie in vielen Fällen verzichten. Das ist verfassungs- und gesetzeskonform. Viele Aspekte des Ausländergesetzes im Zusammenhang mit Abschiebehaft sind es nicht. Das haben verschiedene Verfassungsrechtler festgestellt. Vielleicht sollten Sie das als Ausgangspunkt wählen und nicht darüber nachdenken, wie man das noch steigern kann.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Herr Ploog hat das Wort.

Meine Damen und Herren! Herr Klooß, ich weiß nicht, ob wir uns mißverstanden haben oder aneinander vorbeireden, denn ich habe gar nicht kritisiert, daß dort private Wachdienste tätig sind.Ich habe nur gesagt, daß sie oftmals nicht die Qualifikation haben, die sie haben müßten, um dem Vollzugspersonal auch Aufgaben abzunehmen. Die sollen natürlich nicht über unmittelbaren Zwang und ähnliche Maßnahmen entscheiden. Ich weiß auch, wie dort die Dinge verteilt sind. Wenn das zur Klarstellung genügt, bin ich froh.

Dann möchte ich noch eines sagen. Ihnen kann man aber auch gar nichts recht machen.Immer wenn wir mal eine Sache haben, über die wir uns im Grundsatz einig sind, daß man da etwas machen könnte, dann müssen Sie erst einmal alles kaputtmachen.In dem Antrag steht, daß man den baulichen Zustand überprüfen solle, um festzustellen, auf welche Weise die Saalbelegung reduziert werden könne. Das ist doch ganz einfach. Das ist die Frage, ob ich noch ein oder zwei Container mehr hinstellen kann oder nicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Dann sagen Sie, da rätsel ich lange.Hätte ich geschrieben, wir wollen das machen, hätten Sie gesagt, wir haben kein Geld. Ich finde das immer so schade, denn gerade Dinge wie Strafvollzug und Abschiebevollzug eignen sich doch eigentlich nicht zum Parteienstreit. Das geht doch um die Menschen, die uns anvertraut sind.

(Beifall bei der CDU, der GAL, bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und vereinzelt bei der SPD)

Dann ist es doch besser, wir machen es so. Wenn ich Sie da mißverstanden haben sollte, tut mir das leid, daß ich das von dieser Stelle aus noch einmal so deutlich gesagt habe, aber wenn wir uns einig sind, freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuß. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der GAL, bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Herr Zamory.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Goetsch hat es angesprochen. Wir drei Abgeordneten sind drei Wochen vor dem Eingabenausschuß in die Justizvollzugsanstalt gefahren, um uns die Verhältnisse vor Ort anzusehen. Ich muß sagen, daß es für mich höchst beklemmend war, dieses Gelände und auch dieses Gebäude zu sehen. Es hat mich an Bilder des englischen Konzentrationslagers Long Kesh in Nordirland erinnert,

diese Containerbauweise, die im Winter zu kalt und im Sommer zu heiß ist, und die Menschen in den Zimmern zusammengepfercht. Herr Ploog hat das völlig richtig dargestellt.

(Carsten Lüdemann CDU: Warum haben Sie denn keinen Antrag gestellt?)

Und dann im Gespräch mit einzelnen Häftlingen festzustellen, daß sie mehrere Monate dort sind, ohne Aussicht, daß überhaupt irgend etwas in eine Richtung passieren kann. Wir haben mit einem Bürgerkriegsflüchtling aus Sierra Leone gesprochen, der aufgrund dessen, daß dort Bürgerkrieg herrscht, nicht in seine Heimat zurückkehren kann, der aber auch nicht freigelassen wird, weil er dann angeblich untertauchen würde, und sich nun mehrere Monate dort aufhalten muß. Das ist eine kafkaeske Situation, die mit dem Prädikat rechtsstaatlich einwandfrei so nicht belegt werden kann. Deswegen finde ich den Antrag der CDU und vom REGENBOGEN diskussionswert.

Ich möchte auch noch etwas zur medizinischen Versorgung sagen. Daß diese Situation in sich zum Teil eine Absurdität darstellt und für die dort Einsitzenden eine immense psychische Belastung darstellt, ist völlig klar.Wenn man sieht, wenn einzelne Gefangene psychotisch werden, wie sie von einem Psychiater aus dem AK Ochsenzoll in zwei, drei Minuten abgefertigt werden und sie im Zentralkrankenhaus diesem Psychiater vorgestellt werden, ist das unerträglich. Auch das muß in der Diskussion im Ausschuß bedacht werden.

(Beifall bei der GAL, bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und bei Wolfhard Ploog CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 16/4412 und 16/4535 an den Rechtsausschuß zu? – Gegenprobe.– Enthaltungen? – Dann ist diese Überweisung einstimmig erfolgt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 64 auf: Antrag der SPD zu privaten Sicherheitsunternehmen in Hamburg, Drucksache 16/4468.

[Antrag der Fraktion der SPD: Private Sicherheitsunternehmen in Hamburg – Kontrolle und Kooperation – Drucksache 16/4468 –]

Wer möchte das Wort? – Herr Neumann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Bevor ich noch einmal die Ereignisse darstelle, die dazu geführt haben, daß wir uns im Innenausschuß sehr ausführlich damit beschäftigt haben, und auf die Anhörung zurückkomme, die wir im Innenausschuß auf Anregung von Herrn Mahr durchgeführt haben, möchte ich eine kurze Bemerkung vorweg machen.

Herr Vahldieck hatte mir am Montag abend beim Bier signalisiert, daß die CDU diesem Antrag wohl zustimmen wolle. Ist das noch so?

(Heino Vahldieck CDU: Ja!)

Frau Sudmann hatte mir – nicht beim Bier –, gestern ebenfalls erklärt, daß sie auch zustimmen wolle, was mir deutlich zu denken gab, mich aber trotzdem freute, so daß ich mir die Worte unserer Präsidentin heute mittag, als wir begannen, zu Herzen genommen habe und das Ganze abkürzen möchte und dem Hohen Haus die Annahme des An

trages empfehle und die thematische Diskussion bei dem Bericht des Senates folgt. – Vielen Dank und einen schönen Abend.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der GAL)

Herr Vahldieck hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hatte Herrn Neumann gesagt, wie kurz auch immer er spricht, ich brauche die Hälfte der Zeit; ich schaffe das, wir stimmen zu, vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der GAL)

Herr Mahr, Sie haben das Wort.

(Dr. Michael Freytag CDU: Jetzt ist menschliche Größe gefragt!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das mache ich ja nicht jedes Mal so. Also ein bißchen muß ich Sie noch unterhalten.

Die GAL-Fraktion hat das Thema Private Sicherheitsunternehmen wiederholt zum Thema parlamentarischer Initiativen gemacht, zuletzt mit der Großen Anfrage, über die wir dann auch im Innenausschuß geredet haben.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Die wir als bekannt vor- aussetzen!)

Es waren schwere Vorwürfe, Herr Ehlers, gegen Mitarbeiter der Hamburger S- und U-Bahn-Wache, die die Öffentlichkeit seinerzeit über mehrere Wochen bewegten und die dann zu der Großen Anfrage geführt haben. Leider haben weder Vertreter der S- und U-Bahn an der vom Innenausschuß durchgeführten Anhörung teilnehmen können, so daß die Ergebnisse der Anhörung selbst etwas mager ausgefallen sind.

Ich hätte zum Beispiel schon gerne die unterschiedlichen, wenn nicht gar widersprüchlichen Einschätzungen der Auftraggeber von S- und U-Bahn und des eingeladenen Betriebsratsvorsitzenden und Vorsitzenden der DAG-Landesfachgruppe diskutiert.Dies drängt sich zumindest aufgrund der schriftlich eingereichten Stellungnahmen bei den Fragen nach den Qualitätsstandards, bei der Auswahl von Bewerbern und der Aus- und Fortbildung auf.

Auch die erforderliche Gewährleistung, daß sich Mitarbeiter der privaten Sicherheitsdienste keine hoheitlichen Aufgaben anmaßen dürfen, scheint mir aufgrund der erwähnten Widersprüche nicht unbedingt gesichert.

Nach meiner Einschätzung ist aufgrund der Debatte in der Bürgerschaft und aufgrund der eingereichten Stellungnahmen zumindest deutlich geworden, daß die Kontrolle privater Wachdienste und die niedrigen Qualitätsstandards von Aus- und Fortbildung zu wünschen übriglassen. Dagegen helfen dann auch keine netten Hochglanzbroschüren.

Gerade der Einsatz privater Wachdienste im formal privaten Raum, wie sie zum Beispiel die Bahnhöfe darstellen, wo aber ohne Zweifel öffentliche Begegnung und Verkehr von Menschen stattfindet, zwingt die Politik zum Handeln. Es muß unmißverständlich deutlich werden, daß private Sicherheitsdienste in keinem Fall hoheitliche Aufgaben übertragen bekommen. Aktivitäten und Begehrlichkeiten berufsständischer Organisationen, wie zum Beispiel der

(Peter Zamory GAL)

Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen, zeigen denn auch, daß es natürlich vor allem um mehr Geld geht und weniger um mehr Demokratie in unserer Gesellschaft.

Das staatliche Gewaltenmonopol darf deshalb auch nicht durch juristische Winkelzüge und Fakten schaffendes Handeln weiter ausgehöhlt werden. Insofern unterstützen wir sehr gern den Antrag der Sozialdemokraten, der einerseits der Realität Rechnung trägt, daß der Boom der privaten Sicherheitsunternehmen unaufhaltsam zunimmt, zum anderen aber die notwendige staatliche Aufsicht erfordert. Wir werden uns spätestens im nächsten Frühjahr, wenn der Bericht des Senates vorliegt, erneut mit dem Thema beschäftigen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL, vereinzelt bei der SPD und bei Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wer den SPD-Antrag annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag einstimmig beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf: Berichte des Eingabenausschusses, Drucksachen 16/4385, 16/4386, 16/4387, 16/4388, 16/4389, 16/4390, 16/4391, 16/4442.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drucksache 16/4385 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drucksache 16/4386 –]