Protokoll der Sitzung vom 15.02.2001

S-Bahn angewiesen sind. Die Ungerechtigkeiten möchte ich Ihnen an folgendem Beispiel erläutern. Die Schnellbuslinie 39 als einzige Zubringerlinie im Hamburger Westen – im Bereich Osdorf-Nienstedten zur S1, S11 zum Bahnhof Hochkamp – kann als Verkehrsmittel zur Innenstadt nur in geringem Umfang, also nur für eine kurze Fahrstrecke, genutzt werden. Der Bus hat zudem einen unattraktiven 20-Minuten-Takt, oftmals Verspätungen und insofern eine schlechte Abstimmung auf die S-Bahn-Fahrzeiten der Linie S1 und S11.

Demzufolge müssen die HVV-Kunden dort häufig lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Eine direkte Anbindung des 39er Schnellbusses an die Innenstadt, ohne umzusteigen, ist ebenfalls nicht gegeben. Daher verwundert mich die Aussage des Senats – nachzulesen in der Drucksache 16/4759 –, der in diesem Zusammenhang die direkte Anbindung an die Innenstadt als Komfortmerkmal bezeichnet und damit versucht, die unveränderte Höhe der Zuschlagspflicht zu rechtfertigen. Die Begründung des Senats ist nicht stichhaltig und trifft zumindest für den 39er Schnellbus nicht zu.

Hier wird versucht, einen Zuschlag für ein Verkehrsmittel in voller Höhe aufrechtzuerhalten, das dem schienengebundenen Verkehr in bezug auf Pünktlichkeit, Schnelligkeit, Platzangebot und Fahrkomfort haushoch unterlegen ist.

Zusammenfassend kann ich nur feststellen, daß der Senat dem Ersuchen der Bürgerschaft, zu prüfen, ob die 1. Klasse der Hamburger S-Bahn sowie die erhöhten Fahrpreise für die Schnellbuslinien ohne beträchtliche Einbußen an Fahrgästen und Einnahmen abgeschafft werden können, nur teilweise nachgekommen ist.

Sinn und Zweck des bürgerschaftlichen Ersuchens war es, den öffentlichen Personennahverkehr attraktiver zu gestalten, mehr Kunden zu gewinnen und dadurch die Innenstadt vom Individualverkehr zu entlasten. Dieses Ziel ist nicht erreicht worden, und die vielen Proteste der HVV-Kunden unterstreichen das. Insofern ist eine Tarifanpassung für alle Tarifbereiche dringend erforderlich. Daher bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Dose.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es gut, daß sich die CDU mit dem Thema ÖPNV beschäftigt. Das ist mir allemal lieber, als daß wir wieder über Spurrillenalarm oder Schlaglochsuche sprechen müssen. Man kann feststellen, daß wir jetzt mit der CDU auf dem richtigen Weg sind, den ÖPNV angemessen in die Verkehrspolitik einzubeziehen. Diesem Antrag werden wir allerdings trotzdem nicht zustimmen; Herr Roock, bitte nicht zu traurig sein, ich will es begründen.

Zunächst zur CC-Karte. Dazu muß man deutlich sagen, daß diese Karte zwischen 30 und 50 Prozent günstiger ist als der normale Tarif. Er gilt allerdings erst ab 9 Uhr und ist auch in der Zeit von 16 Uhr bis 18 Uhr nicht gültig. Das bedeutet aber auch, daß eine Sitzplatzgarantie für die CC-Kartenbesitzer praktisch weiterhin gegeben ist, denn in dieser Zeit sind die S-Bahnen erfahrungsgemäß nicht sehr voll.

Wir haben von der S-Bahn auch erfahren, daß in den Außenbezirken beispielsweise – das gilt auf der Linie S2 bereits ab Rothenburgsort – eine Sitzplatzgarantie von

80 Prozent bis 100 Prozent eingehalten wird. Auch für die inneren Bereiche ist man der Auffassung, daß 60 Prozent Sitzplatzgarantie jederzeit gegeben werden kann.

Trotzdem gebe ich Ihnen recht, Herr Roock, daß man kritisch sein muß. Ich habe auch kritische Anrufe in der Bürgersprechstunde erhalten, daß wir dort hellwach sein müssen. Ich kann Ihnen aber sagen, daß die S-Bahn beabsichtigt – in ihren Renovierungswagen 472 und 473 führt sie es bereits durch –, automatische Zählanlagen einzubauen, so daß man verläßliche Daten hat, ob die Sitzplatzgarantie eingehalten wird.

(Bernd Reinert CDU: Und deswegen müssen wir den Schnellbuszuschlag weiter zahlen!)

Zum Schnellbuszuschlag komme ich jetzt, nur Geduld.

Ihr Antrag beinhaltet zwei Punkte, einmal die CC-Karte, wozu ich eben Stellung genommen habe, und den Schnellbuszuschlag. Die Unterlagen ergeben, daß nur 6 bis 10 Prozent der Schnellbusfahrgäste auch die S-Bahn benutzen. Das ist auch logisch, weil Schnellbusse normalerweise dort verkehren, wo keine schienengebundenen Nahverkehre vorhanden sind. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, daß sich die Proteste sehr in Grenzen halten. Die Fahrgäste sind insofern nur zu einem geringen Teil auf beide Verkehrssysteme angewiesen. Für den Schnellbuszuschlag werden natürlich auch kürzere Fahrzeiten mit mehr Komfort

(Antje Blumenthal CDU: Wann sind Sie das letzte Mal Schnellbus gefahren?)

ich fahre jeden Tag Schnellbus –, mit bequemeren Sitzen und größeren Abständen zwischen den Sitzreihen geboten. Dabei muß man natürlich auch das Finanzielle im Auge behalten.

(Dietrich Wersich CDU: Er lächelt die ganze Zeit!)

Ich bin freundlich gestimmt, weil ich mich freue, daß Sie dieses Thema überhaupt aufgreifen.

Wenn also der Schnellbuszuschlag verringert wird, bedeutet das natürlich geringere Einnahmen – das müßte man wieder durch eine eventuelle Tariferhöhung kompensieren – oder Leistungseinschränkungen. Dafür bitte ich um Verständnis, aber das ist mit uns nicht zu machen.

Wenn der Schnellbuszuschlag wegfiele, würde die Inanspruchnahme der Schnellbusse wachsen. Es müßten mehr Busse eingesetzt werden, die Kosten würden dadurch ebenfalls steigen. Sinnvoller wäre es für den HVV, eine Busnetzüberplanung zu überlegen mit dem Ziel, zumindest die wichtigsten Buslinien konsequent in engen Taktzeiten fahren zu lassen. Das ist eine Forderung der Gruppe REGENBOGEN, die ich hier auch schon gehört habe.

(Beifall bei Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ja, genau!)

Ich denke, das kommt uns allen sehr entgegen.

Im übrigen behaupte ich, daß die Hamburger mit ihrem HVV weiterhin zufrieden sind, und dann sollten wir es auch sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat Herr Dr. Schmidt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Forderung, die Schnellbuszuschläge ab

(Hans-Detlef Roock CDU)

zuschaffen oder zu halbieren, ist falsch. Sie läßt sich schon gar nicht mit der Abschaffung der 1. Klasse der S-Bahn verbinden. Mein Vorredner hat bereits gesagt, Überprüfungen hätten ergeben, daß die HVV-Benutzer in der Regel entweder den erhöhten Zuschlag für die 1. Klasse der S-Bahn oder für die Benutzung der Schnellbusse bezahlt haben. Nur ganz wenige haben beide benutzt; ich bin einer von ihnen.

Die Proteste gegen die Abschaffung der 1. Klasse der S-Bahn haben sich sehr in Grenzen gehalten. Vor etwa drei oder vier Wochen habe ich erfahren, daß insgesamt acht Personen ihr Abo gekündigt haben, weil die 1. Klasse abgeschafft worden ist. Das ist zahlenmäßig gleich null. Man muß zunächst davon ausgehen – als ehemaliger 1.-KlasseFahrer muß ich das leidvoll feststellen –, daß der Erfolg der Abschaffung der 1. Klasse darin besteht, daß diese Wagen nun mit Fahrgästen voll besetzt sind.

Darüber hinaus gibt es bei den Schnellbussen tatsächlich einige Probleme.

Erstens: Manche Schnellbusse sind nicht besonders schnell, weil sie durch alle möglichen Hinderungen des sonstigen Autoverkehrs verlangsamt werden.

Zweitens: Einige Schnellbusse fahren durch Gegenden, in denen es keinen sonstigen öffentlichen Personennahverkehr gibt. Sie haben somit eine reale Erschließungsfunktion.

Deswegen bin ich dafür, daß man es anders macht, und zwar nicht, wie Sie es vorschlagen, den Zuschlag zu halbieren, sondern den Schnellbus zu verbessern.

(Beifall bei Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ja!)

Das heißt, die Beschleunigung, den Komfort, der jetzt schon deutlich besser ist als bei sonstigen Bussen, mindestens beizubehalten – wenn nicht zu verbessern – und im übrigen dafür zu sorgen, daß die Schnellbusse nirgendwo die sogenannte Erschließungsfunktion wahrnehmen müssen. Sie dürfen in keiner Gegend fahren, in der die Menschen, wenn sie mit dem Bus fahren wollen, auf einen Schnellbus angewiesen sind. Ich kann Ihnen auf dem Stadtplan einige zeigen; das muß geändert werden. Schnellbusse, bei denen man für die Beförderung mehr bezahlt als im Normalbus, sind jedoch für den öffentlichen Personenverkehr äußerst wichtig und sollten weiterentwickelt werden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Frau Sudmann.

Der CDU gebührt Dank, weil sie ein wichtiges Thema aufgegriffen hat, wobei ich jedoch ihre Schlußfolgerung nicht teile.

Der Unterschied zwischen Herrn Schmidt und mir ist aber schon gravierend, denn ich habe dieselben Forderungen, sitze aber in der Opposition. In der Regierungsfraktion, Herr Schmidt, könnten Sie etwas tun. Wenn es den Zuschlag weiterhin geben soll, muß er auch gerechtfertigt sein. Er soll ja gerade den Unterschied zwischen den normalen Linienbussen und den Schnellbussen darstellen. Deswegen müssen sie nicht nur schnell werden, sondern die Fahrgäste hätten auch komfortablere Fahrzeuge verdient.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Das haben sie!)

Herr Schmidt hat nicht erwähnt, daß zur Schnelligkeit auch zählt, daß für diese Linien ebenfalls eine Bus-Vorrangschaltung vorhanden sein muß. Sie müssen pünktlicher werden.

Zu überlegen wäre, den Schnellbuszuschlag zu differenzieren. Viele Menschen fahren während der Hauptverkehrszeit mit dem Schnellbus, viele aber auch außerhalb der Zeiten, beispielsweise mit der CC-Karte. Deswegen wäre eine unterschiedliche Staffelung der Tarife zu überlegen. Vielleicht kann das der Bausenator einmal mit der Hochbahn diskutieren.

Der Tarif der CC-Karte sollte nicht gesenkt werden. Es sollte lieber das Angebot erweitert werden – das haben wir schon oft diskutiert, bisher wurde es aber noch nicht umgesetzt –, die Sperrzeit für die Nachmittagszeit endlich wegfallen zu lassen. Das wäre besser als eine Preissenkung. Ich bin sehr gespannt, ob der Senat in die Hufe oder besser in den Bus oder in die Bahn kommt, um das endlich durchzusetzen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den CDU-Antrag aus der Drucksache 16/5414 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei wenigen Enthaltungen ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf, Drucksache 16/5343, Bericht des Sozialausschusses über das Thema Leitlinien der Hamburger Arbeitsmarktpolitik.

[Bericht des Sozialausschusses über das Thema: Leitlinien der Hamburger Arbeitsmarktpolitik (Selbstbefassungsangelegenheit gemäß § 53 Absatz 2 Geschäftsordnung) – Drucksache 16/5343 –]

Von wem wird das Wort gewünscht? – Herr Grund, bitte schön.