Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Dann bleiben noch zwei Punkte, die Werktage Montag bis Freitag und der Sonnabend. Zu Montag bis Freitag: Ich weise entschieden zurück, daß wir im Hinblick auf Wahlen irgend etwas verschleppt haben, sondern wir hatten Interesse an Sachaufklärung. Sie wußten auch, daß die Gutachten, die von der Bundesregierung in Auftrag gegeben waren, noch nicht vorlagen. Sie sind dann auch vorgelegt worden, und zwar mit einem relativ klaren Ergebnis, nämlich mit der Hälfte der Wahrheit, die Sie hier immer darstellen. Die Umfragen zeigen sehr deutlich, die Mehrheit möchte, daß die Geschäfte länger geöffnet sind.

(Elke Thomas CDU: Ja, genau!)

Ja, das ist bestätigt. Aber in den Gutachten ist auch die Frage gestellt worden: Würden Sie die Einkaufszeiten nutzen? Diese Frage beantworteten sehr viel weniger mit Ja.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das wollen wir doch mal sehen!)

Das ist doch die Erfahrung der Geschäfte. Die Geschäfte sind abends geöffnet, zum Beispiel am Donnerstag, aber die Frequenz ist nicht sehr hoch. Da haben wir ein wirt

schaftspolitisches Problem, Herr Ehlers. Längere Öffnungszeiten nach dem Prinzip – wie Sie es benannt haben –, jeder soll öffnen können, und jeder einzelne Geschäftsmann entscheidet, ob er geöffnet hat, ist eine Regelung, die gegen den Mittelstand wirkt,

(Beifall bei der SPD – Uwe Grund SPD: So ist es!)

weil der auf hohen Kosten sitzt und sich diese Ladenöffnungszeiten nicht leisten kann. Wir schätzen die Vielfalt des Facheinzelhandels. Deswegen macht es Sinn, nicht nur den Aspekt Arbeitnehmer und Länge der Arbeitszeiten – auch das ist uns sehr wichtig – zu sehen, sondern es ist auch unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten ein Problem.

Sonnabend: Da sehe ich eine Regelungsnotwendigkeit. Darüber muß man reden. Von längeren Öffnungszeiten kann Hamburg profitieren. In dem Punkt sehe ich auch am ehesten, daß es bei den Kunden einen Bedarf gibt, die um 16 Uhr etwas unwillig auf die Uhr gucken. Aber ob es 20 Uhr sein muß, darüber kann man streiten. Auf jeden Fall bin ich dafür, daß es in diesem Punkt einheitliche Regelungen gibt, damit der Konsument auch eine gewisse Orientierung hat. Deswegen wird uns dieses Thema noch einmal neu beschäftigen müssen. Ich glaube, daß es dort auch zu Lösungen kommen kann, aber es werden keine Hamburger Lösungen sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Simon.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ehlers, Sie haben heute zum wiederholten Male die Argumente aus Ihrer letzten Rede wiederholt und die beiden in Auftrag gegebenen Gutachten falsch zitiert.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Ich habe sie gar nicht zi- tiert; ich habe lediglich gesagt, daß es sie gibt. Das ist ein Unterschied!)

Richtig.

Das sfs-Gutachten hat keine Aussage dazu getroffen, daß es Handlungsbedarf zu veränderten Ladenöffnungszeiten geben muß. Dort wurden lediglich die beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischen Komponenten untersucht.

Richtig ist weiterhin lediglich, daß das Gutachten des IfoInstituts die zeitliche Beschränkung der Öffnungsaktivitäten als nicht mehr zeitgemäß definiert hat.

Weiter ist nicht richtig, daß alle Wirtschaftsminister der Bundesländer sich einig waren. Im Gegenteil, Herr Ehlers. Die Union-Länder konnten sich nicht einig werden – Bayern allen voran.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das ist nicht wahr!)

Dann fragen Sie beim Bundesrat nach. Sie werden dann sicherlich zu ähnlichen Ergebnissen kommen.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Habe ich gemacht!)

Wer hier blockiert, wer hier verschleppt und wer die Argumente miteinander vertauscht, dürfte eindeutig sein.

Sie haben weiterhin angedeutet, daß es durch veränderte Ladenöffnungszeiten einen Nachfrageschub und eine Umsatzverlagerung geben könnte. Das ist nur zum Teil richtig, denn die veränderten Ladenöffnungszeiten, die wir im Mo

(Karl-Heinz Ehlers CDU)

ment schon haben und mit denen wir als Verbraucherinnen und Verbraucher gut zurechtkommen, haben unter der Woche zwar zu Umsatzverlagerungen geführt, aber nur zum großen Einzelhändler. Das ist der Punkt, denn wir wollen die Vielfalt erhalten. Das hat Herr Hajen schon gesagt. Wir kümmern uns vor allen Dingen um den Mittelstand, um die kleinen Einzelhändler, um die Wiederbelebung der Innenstädte, um Quartiere. Wir sind nicht der Meinung, daß die Umsatzverlagerung zugunsten des großen Einzelhandels sinnvoll ist, sondern wir wollen vor allem die Situation der kleinen Einzelhändler stützen. Dabei handelt es sich oft um Familienbetriebe, die schon jetzt nicht die Möglichkeit haben, die Öffnungszeiten weiter auszuweiten. Darum ist es sehr fraglich, ob das die richtige Forderung und die richtige Lösung ist.

Der andere Punkt, den Sie angesprochen haben, sind die Verbraucher und die Konsumentinnen. Natürlich hat sich das Verbraucherverhalten beispielsweise durch InternetHandel und Einkäufe in Tankstellen verändert. Die logische Schlußfolgerung kann und muß nicht heißen, daß wir Ladenöffnungszeiten bis in den Abend hinein – beispielsweise bis 22 Uhr – beziehungsweise auch am Samstag verändern. Wir müssen einen Interessenausgleich in der Stadt finden. Wir können nicht nur die Interessen des großen Einzelhandels im Auge behalten. Hamburg ist eine weltoffene Stadt, wir haben uns flexibel gezeigt und beispielsweise Ausnahmegenehmigungen im Rahmen der EXPO, des Alstervergnügens und des Hafengeburtstags erteilt. Es hat sich gezeigt, daß die Vermutung des Einzelhandels, es gäbe einen Nachfrageschub und eine Umsatzsteigerung, nicht in dem Maße eingetreten ist, wie vermutet wurde. Im Gegenteil. Die kleinen Einzelhändler haben in allen Städten, beispielsweise in Hamburg und in Berlin – in vergleichbar großen Städten –, deutlich gemacht, daß dies dem Mittelstand nur sehr wenig gebracht hat. Das sind die strittigen Themen.

Bei der Sonntagsöffnung sind wir uns einig. Ich möchte aber auch noch einmal deutlich machen, daß wir uns als Politikerinnen und Politiker deutlich die Frage stellen müssen, ob es wichtig ist, in der Stadt Konsum rund um die Uhr ausüben zu müssen. Ich halte das für fragwürdig, weil es hier auch um Arbeitsplätze geht. Diesen wichtigen Punkt haben Sie, Herr Ehlers, jetzt nicht mehr angesprochen. Deswegen gibt es unter anderem auch die Diskussionen. Wir sehen jetzt schon, daß im Einzelhandel massiv Arbeitsplätze abgebaut und normale Arbeitsverhältnisse in Teilzeitbeschäftigungen – da überwiegend in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse – aufgesplittet werden.

Wenn uns bekannt ist, daß durch die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten schon jetzt auf der Arbeitnehmerseite eine schier unerträgliche Situation entsteht – im übrigen sind es überwiegend Frauen, die im Einzelhandel arbeiten –, dann können wir als Politikerinnen in der Stadt natürlich nicht guten Gewissens sagen, wir liberalisieren weiter und vergessen diese Ebene, zumal wir wissen, daß es dem kleinen Einzelhandel jetzt schon kaum etwas bringt. Es ist ein Spagat, diesen Interessenausgleich zu schaffen. Wir wissen aber auch, daß wir uns wahrscheinlich in Zukunft bewegen und weiter miteinander diskutieren müssen. Wir denken unter anderem an den Samstag. Aber zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine Lösung anzubieten, zumal Ihre Kolleginnen und Kollegen im Bund blockieren, weil sie sich nicht einigen können. Da hätten Sie eine gute Gelegenheit, noch einmal mit Argumenten zu überzeugen, die ich jetzt leider nicht gehört habe, Herr Ehlers.

Kompromißbereitschaft ist in Ordnung, verändertes Verbraucherverhalten ebenfalls, aber wir müssen den kleinen Einzelhandel auch berücksichtigen. Solange wir für Hamburg keinen vernünftigen Interessenausgleich anbieten können, können wir mit den Ausnahmeregelungen leben. Wir müssen in dieser Sache natürlich weiter diskutieren, weil wir uns den veränderten Verbraucherwünschen und dem Konsumentinnenverhalten in Zukunft sicher anpassen müssen.

(Beifall bei der GAL, bei Michael Dose und Thomas Böwer, beide SPD, sowie bei Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ausnahmsweise kann ich meinen zwei Vorrednern fast in allen Punkten zustimmen

(Ingrid Cords SPD: Sie haben wohl keine Redezeit mehr!)

und sagen, daß damit eigentlich die wichtigsten Momente genannt worden sind. Es ist notwendig, in allen Bezirken in Hamburg eine einheitliche Regelung hinzubekommen. Es darf keine Auflösung in dieser Sache geschehen.

Weiterhin sehe ich aufgrund der vielfältigen Gemengelage keinen Grund, etwas an den Ladenöffnungszeiten zu verändern. Die wesentlichen Profiteure längerer Öffnungszeiten sind die großen Einkaufszentren. Verlieren werden die kleinen Geschäfte. Es ist notwendig, diese Struktur aufrechtzuerhalten. Im Zusammenhang mit der Situation der Beschäftigten ist deutlich gesagt worden, warum die Beibehaltung der gegenwärtigen Regelung notwendig ist. Dementsprechend hoffe ich, daß es in der Richtung so bleibt. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und bei Michael Dose SPD sowie bei Antje Möller GAL)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich beginne mit Ziffer 1 des Ausschußpetitums. Wer sich demselben anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.

(Zurufe: Kenntnisnahme)

Ziffer 1 des Ausschußpetitums lautet „mehrheitlich abzulehnen“. Ziffer 2 ist eine Kenntnisnahme, und Ziffer 3 ist wiederum eine mehrheitliche Entscheidung.

Ich lasse noch einmal über die Ziffer 1 abstimmen. Wer möchte der Ziffer 1 des Ausschußpetitums zustimmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist das mehrheitlich so beschlossen.

Ziffer 2 ist eine Kenntnisnahme.

Ich komme zu Ziffer 3 des Petitums. Wer möchte dem zustimmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen. – Dann ist dieses ebenfalls mehrheitlich so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf: Drucksache 16/5492, Große Anfrage der SPD-Fraktion zum Thema „NewmediaHochburg Hamburg“.

(Heide Simon GAL)

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Newmedia-Hochburg Hamburg – Drucksache 16/5492 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Die Abgeordnete Brockmöller hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Antwort auf die Große Anfrage macht deutlich, der Senat hat die Chancen, die in der Informationstechnologie stecken, sehr früh erkannt und die Weichen für den Aufbruch in das Informationszeitalter richtig gestellt. Die Multimedia-Wirtschaft ist und bleibt für Hamburg von herausragender strategischer Bedeutung.

Richtig ist, daß die Internet-Branche sich derzeit in einer schwierigen Situation befindet. Die Aktienkurse namhafter IT-Unternehmen, wie zum Beispiel MobilCom oder Intershop, sind, wie Sie sicher wissen, auf Tiefstwerte gesunken. Die Euphorie und die Illusion vieler Anleger auf schnelles Wachstum und hohe Renditen sind verflogen.

Bei aller Ernüchterung erleben wir im Moment, daß die ITBranche inzwischen mit der wirtschaftlichen Realität konfrontiert wird und der Wert der Aktien sich den realen Unternehmenswerten anpaßt. Darüber hinaus befindet sich der Multimedia-Bereich in einer Phase der Neuordnung, die die Basis für neues solides Wachstum der digitalen Wirtschaft schafft.

Große Entwicklungspotentiale stecken in der Verbindung von Telekommunikation und Internet. Ein weiteres wichtiges Potential bietet die Verschmelzung von Old- und NewEconomy. Vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs sind insbesondere die traditionellen Unternehmen und Betriebe einem enormen Anpassungsdruck ausgesetzt. Vom Einkauf bis zum Vertrieb werden die neuen Technologien Einzug in die traditionellen Hamburger Unternehmen halten.