Protokoll der Sitzung vom 25.04.2001

Es gibt aber noch zwei weitere Punkte, auf die hingewiesen wurde. Einer betrifft den Wegfall der Benachrichtigungskarte. Dabei fand ich die Argumentation von „Mehr Demokratie“ sehr überzeugend, wonach es sehr schwer ist, innerhalb von vierzehn Tagen 60 000 Unterschriften zu sammeln, wenn man nicht auf eine solche Benachrichtigungskarte zurückgreifen kann, die im Rahmen dieses Prozesses auch Aufmerksamkeit erregt.

Ich nenne noch einen letzten Punkt, den ich verquer finde; er betrifft das Deckungsgebot. Das heißt, wenn eine Initiative zum Beispiel meint, daß die Sozialdemokratie zu viele soziale Einrichtungen schließt, und dagegen mobilisiert, sie dann auch einen Deckungsvorschlag machen muß.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Muß sie nicht!)

Plötzlich soll sie einen Deckungsvorschlag machen. Plötzlich gibt es Abstimmungen über zwei Punkte. Wir wissen, daß man sich über Haushaltsanträge auch politisch streiten kann. Ein Vorschlag, den wir immer wieder machen, ist die Erhöhung der Gewerbesteuer, ein sehr seriöser Vorschlag, der von Ihnen aber politisch nicht geteilt wird.

Plötzlich gibt es nun zwei Abstimmungen über eine Vorlage; das leuchtet mir nicht ein. Deswegen muß ich aus den Lehrsätzen von Martin Schmidt leider die Konsequenz ziehen, daß wir ablehnen. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

(Rolf Kruse CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Dr. Schmidt, Sie haben das Wort.

Es muß nur etwas richtiggestellt werden. Wenn man nie im Verfassungsausschuß an den Beratungen teilnimmt, versteht man manche Dinge nicht so gut. Deswegen zur Richtigstellung:

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren, Herr Dr. Schmidt, wir brauchen etwas mehr Aufmerksamkeit. Wenn wir Ruhe haben, ist auch der Redner zu verstehen.

Zu dem Punkt, warum die Bürgerschaft beschließen muß, ob sie dem Anliegen einer Volksinitiative oder einem Volksbegehren gerecht wird, ist zu sagen, daß das eine notwendige Angelegenheit ist, damit keine Willkür einreißt und damit für den Streitfall der Weg der Volksinitiative zum Verfassungsgericht möglich ist. Man kann es praktisch nicht anders machen. Daher ist die Behauptung, daß man deswegen diesem Gesetz nicht zustimmen will, von großer Unkenntnis der Verfassungslage geprägt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Wird weiterhin das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Wir kommen dann zur Abstimmung. Bevor wir dazu kommen, bitte ich Sie, auf Ihre Plätze zu gehen. – Vielen Dank.

Ich beginne mit Ziffer 6.1 aus der Drucksache 16/5716. Es handelt sich um das Achte Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg. Nach Artikel 51 unserer Verfassung sind zu einem die Verfassung ändernden Gesetz zwei übereinstimmende Beschlüsse der Bürgerschaft erforderlich, zwischen denen ein Zeitraum von mindestens 13 Tagen liegen muß. Außerdem müssen beide Beschlüsse bei Anwesenheit von drei Vierteln der gesetzlichen Mitgliederzahl und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten gefaßt werden. Das Sitzungspräsidium hat sich davon überzeugt, daß mindestens 91 Mitglieder der Bürgerschaft anwesend sind. Wer sich nun Ziffer 6.1 aus der Drucksache 16/5716 anschließen und das Achte Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – 3 Gegenstimmen. – Enthaltungen? – Keine.

Für das Gesetz haben mehr als zwei Drittel der anwesenden Mitglieder gestimmt. Es ist damit in erster Lesung angenommen worden. Die zweite Lesung wird für die Doppelsitzung am 9. und 10. Mai 2001 vorgesehen.

Ich komme dann zur Drucksache 16/5717 und lasse zunächst über die vom Ausschuß empfohlenen Änderungen zu Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg und anderer Gesetze, Drucksache 16/2980, abstimmen. Wer möchte sie annehmen? – Gegenprobe. – 3 Gegenstimmen. – Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Beschluß mit großer Mehrheit gefaßt.

Wir kommen jetzt zur Gesamtabstimmung über Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg und anderer Gesetze, Drucksache 16/2980, das nunmehr Neunte Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg. Nach

Artikel 51 unserer Verfassung sind zu einem die Verfassung ändernden Gesetz zwei übereinstimmende Beschlüsse der Bürgerschaft erforderlich, zwischen denen ein Zeitraum von mindestens 13 Tagen liegen muß. Außerdem müssen beide Beschlüsse bei Anwesenheit von drei Vierteln der gesetzlichen Mitgliederzahl und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten gefaßt werden. Das Sitzungspräsidium hat sich davon überzeugt, daß mindestens 91 Mitglieder der Bürgerschaft anwesend sind. Wer das Neunte Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg mit den soeben beschlossenen Änderungen beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – 3 Gegenstimmen. – Enthaltungen? – Keine.

Für das Gesetz haben mehr als zwei Drittel der anwesenden Mitglieder gestimmt. Es ist damit in erster Lesung angenommen worden. Die zweite Lesung wird für die Doppelsitzung am 9. und 10. Mai 2001 vorgesehen.

Meine Damen und Herren, ich rufe den Tagesordnungspunkt 52 auf, Drucksache 16/5844, Antrag der CDU-Fraktion zu Aufenthaltsverboten gegenüber Rauschgiftdealern.

[Antrag der Fraktion der CDU: Aufenthaltsverbote gegenüber Rauschgiftdealern – Drucksache 16/5844 –]

Wer begehrt das Wort? – Herr Lüdemann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind uns, glaube ich, einig in der Tatsache, daß es in Hamburg eine offene Drogenszene gibt.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Auch jetzt bitte ich um Aufmerksamkeit und Ruhe im Plenarsaal.

Wir unterscheiden uns aber darin, wie wir mit dieser offenen Drogenszene umgehen wollen. Herr Mahr hat noch vor wenigen Wochen gesagt, es gebe in Hamburg eine offene Drogenszene und damit müsse man eben leben. Er akzeptiert das. Die CDU wird eine offene Drogenszene niemals akzeptieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden eine offene Drogenszene bekämpfen. Wenn wir sagen bekämpfen, möchte ich hier von vornherein klarstellen, daß wir damit nicht die Drogenabhängigen selbst meinen. Das sind in unseren Augen kranke Menschen, denen geholfen werden muß und denen wir auch helfen wollen.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Mit Brechmitteln? Bekämpfen wollen wir die Drogendealer. (Peter Zamory GAL: Schön, daß man gut und böse trennen kann!)

Eine Möglichkeit, um Drogendealer zu bekämpfen, ist zum Beispiel ein Platzverweis. Das ist eine Maßnahme, die nach dem Polizeigesetz vorgesehen ist. Danach kann man Dealern, die man erwischt hat, verbieten, an bestimmten Orten wieder aufzutreten. Das geht allerdings nur für einen Tag. So kommt es vor, daß bestimmten Drogendealern bis zu 300 oder 400 Platzverweise ausgesprochen werden.

A C

B D

Bevor man ihnen nun 300 oder 400 Platzverweise ausspricht, ist es meiner Meinung nach wirksamer, ein Aufenthaltsverbot zu verhängen. Ein Aufenthaltsverbot bedeutet, daß ein Dealer für einen bestimmten Zeitraum von zwei Wochen bis hin zu sechs Monaten etwa den Hansaplatz oder bestimmte Bereiche im Schanzenviertel nicht mehr betreten darf.

Wenn wir uns einmal die Zahlen angucken, dann sind im Jahr 2000 in Hamburg etwas weniger als 50 000 Platzverweise, aber nur 13 Aufenthaltsverbote ausgesprochen worden. Senator Wrocklage hat vor einigen Wochen in der Aktuellen Stunde erklärt, daß Hamburg schon längst Aufenthaltsverbote ausspricht. In Anbetracht von 13 Aufenthaltsverboten im Jahr 2000 kann man wohl nicht davon sprechen, daß diese wirksame Maßnahme effektiv angewendet wird.

Ich glaube auch, daß vielen Polizisten – zumindest die, mit denen ich gesprochen habe – diese Möglichkeit überhaupt nicht bekannt ist. Es müßte also auch an der Polizeiführung liegen, tatsächliche Aufklärungsarbeit zu betreiben und die Polizisten anzuhalten, statt 300 ausgesprochener Platzverweise lieber mal ein Aufenthaltsverbot für sechs Monate zu erteilen, auch wenn das an bestimmte schwierige Voraussetzungen geknüpft ist.

Ein wesentlicher Punkt liegt aber auch darin, Rechtssicherheit zu schaffen. Der Platzverweis ist als Standardmaßnahme im Hamburgischen Sicherheits- und Ordnungsgesetz verankert. Die bisher ausgesprochenen Aufenthaltsverbote – auch wenn es nur sehr wenige waren – werden juristisch auf die polizeiliche Generalklausel gestützt. Die Generalklausel hat aber nur eine Auffangfunktion für komplexe atypische, insbesondere neue, und nach Art und Maß bisher nicht bekannte Gefahrenlagen. Das trifft aber für Intensivdealer nicht zu. Diese Gefahr ist bekannt, und hier kann man nicht von einer atypischen und unbekannten Gefahr sprechen. Deswegen ist hier Rechtssicherheit zu schaffen und dies als zusätzliche Standardmaßnahme ins Hamburgische SOG aufzunehmen. Sie müssen sich auch einmal überlegen, daß ein mehrmonatiges Aufenthaltsverbot auf diese Generalklausel gestützt wird, andererseits aber der viel geringere Grundrechtseingriff, also die Verweisung für nur einen Tag, gesetzlich verankert ist. Hier ist es dringend notwendig, Rechtssicherheit zu schaffen. Deswegen fordere ich Sie auf: Schaffen Sie diese Rechtssicherheit, indem Sie unserem Antrag zustimmen. Den Senat möchte ich bitten, in Zukunft das Mittel des Aufenthaltsverbotes zur Bekämpfung von Drogendealern viel stärker zu nutzen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Pumm.

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Ich denke, daß es in der Bürgerschaft Einigkeit darüber gibt, daß wir offene Drogenszenen mit allen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, bekämpfen müssen.

Der Hamburger Senat hat mit einer Vielzahl von Maßnahmen die offene Drogenszene bekämpft. Im Vordergrund steht natürlich die Hilfe der Drogenkranken, und dafür stellen wir Gesundheitsräume zur Verfügung. Es gibt ein Methadon-Programm und den Versuch einer kontrollierten Heroinabgabe. Um die Drogenszene zu bekämpfen, ist es natürlich notwendig, daß auch die Polizei ihre Aufgabe er

füllt. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten tut sie dies hier in Hamburg ausgezeichnet.

Sie sprachen die Platzverweise an. Es stimmt, daß es sehr viele Platzverweise gibt; ich glaube, im Jahr 2000 waren es rund 84000. Es gibt auch Aufenthaltsverbote, das sind nicht all zu viele, und es könnten noch mehr werden. Das Hamburger Verwaltungsgericht hat aber eindeutig erklärt, daß die Generalklausel, Paragraph 3 des SOG, dieses auch ermöglicht. Daher kann man den Polizeibeamten auch sagen, daß sie mit der Generalklausel eine Rechtssicherheit haben, auf die sie sich berufen und tätig werden können.

In dieser Debatte muß auch deutlich werden, daß der Hamburger Senat gegen alle Drogendealer mit Konsequenz vorgeht; die SPD-Fraktion unterstützt dieses. In dieser Debatte braucht man ferner nicht zu verschweigen, daß es unter den Drogendealern sehr viele Ausländer gibt, die durch ihr Auftreten häufig zur Ausländerfeindlichkeit in unserer Stadt beitragen.

(Carsten Lüdemann CDU: Das haben diesmal nicht wir gesagt!)

Daher muß man insbesondere gegen diese Personengruppe mit aller Härte und Konsequenz vorgehen. Das macht die Polizei. In den letzten fünf Jahren wurden aufgrund von Drogenhandel über 500 Ausländer aus Deutschland ausgewiesen. Das zeigt, daß der Senat nicht untätig ist. Wir sehen keine Notwendigkeit, dem Antrag der CDU zuzustimmen, und werden ihn ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Mahr.

(Dietrich Wersich CDU: Jetzt bin ich gespannt!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lüdemann, es ist immer so eine Sache, wenn man jemanden zitiert und nur die eine Hälfte sagt. Wenn ich gesagt habe: Wir müssen damit leben, dann habe ich damit ausgedrückt, daß wir damit leben müssen, daß diese Menschen krank sind, wir ihren Anblick ertragen müssen und daß wir sie nicht aus dieser Stadt wegdefinieren können.

(Volker Okun CDU: Solange Sie nichts tun!)