Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

Hamburg muss im Einzelhandel attraktiv sein. Wenn wir diese Attraktivität nicht aufweisen, dann werden wir auf Dauer unsere Metropolfunktion nicht behalten können. Alle Einzelheiten, die in diesem Antrag angesprochen werden, werden im Ausschuss beraten. Deswegen will ich jetzt darauf nicht eingehen, sondern zunächst einmal berichten, dass der Senat die Aufgabe hatte, durch praktische Entscheidungen dazu Stellung zu nehmen, wie es im ersten Halbjahr 2002 vor sich gehen soll.

Der Antrag der Koalitionsfraktionen wird alle parlamentarischen Hürden frühestens zu einem Zeitpunkt genommen haben, dass er zum zweiten Halbjahr in Kraft treten kann. Deswegen hat der Senat in seiner Sitzung am 19. Februar beschlossen, dass am Samstag, dem 11. Mai, am Hafengeburtstag, eine Erweiterung der Ladenöffnungszeiten bis 20 Uhr zugelassen werden soll. Der Hafengeburtstag ist eine touristische Großveranstaltung mit weit über einer Million Besuchern. Da kann man nicht einfach so tun, als wenn dieser Tag ein ganz normaler Samstag sei. Deswegen wollen wir, dass an diesem Tag die Ladenöffnungszeiten erweitert werden, um auch den vielen von außerhalb kommenden Touristen die Möglichkeit zu geben, bei uns in Hamburg Geld einzusetzen.

(Uwe Grund SPD: Das geschieht schon seit vielen Jahren!)

Außerdem sind zwei weitere Samstage für eine erweiterte Öffnung vorgesehen, und zwar der erste und der zweite Samstag im Juni. Dann werden Veranstaltungen durchgeführt unter dem Motto: „Hamburg verwöhnt“. Hier sind am Samstag nur für den Innenstadtbereich verlängerte Öffnungszeiten vorgesehen. Aber am 8. Juni soll eine weitere Ausdehnung der Öffnungszeiten in Altona stattfinden, wenn die „Altonale“ durchgeführt wird. Hier soll die Öffnung auf das Kerngebiet von Altona beschränkt werden.

Herr Grund hat eben mit einem Zwischenruf gesagt: Das haben wir schon immer so gemacht!

(Uwe Grund SPD: Länger, länger! Am Hafenge- burtstag!)

Dazu kann ich nur sagen: Klatschen Sie Beifall, dass der Senat das genauso macht. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied zwischen Ihren und unseren Verwaltungsentscheidungen.

Sie haben bis zur letzten Minute mit einer Entscheidung gewartet und damit Tausenden von Einzelhändlern und Zehntausenden von Beschäftigten das Leben unnötig erschwert,

(Beifall bei der CDU und bei Ekkehard Rumpf FDP)

während wir bereits zu Anfang des Jahres gesagt haben, was wir wollen.

Ich glaube, es ist relativ unumstritten, dass der Samstag ein Tag ist, an dem längere Öffnungszeiten gelten sollen; das habe ich aus der Rede von Herrn Egloff und vom Kollegen der GAL vernommen. Es ist doch auch logisch, dass

wir uns in Hamburg einer im Umland stattfindenden Entwicklung nicht entziehen können.

Was sich jetzt aber ändert, ist nicht die Zahl der Samstage, sondern es ist der Weg der Entscheidung. Wir wollen dasselbe machen, was auch die Flächenstaaten um uns herum tun. Dort wird auch nicht am selben Tag für Flensburg und Lübeck oder für Emden und Goslar eine Ausnahmeregelung erteilt, sondern es wird sehr genau darauf geachtet, wo eine entsprechende attraktive Veranstaltung stattfindet.

(Farid Müller GAL: Das hat man doch gar nicht ge- plant!)

Genauso ist es auch bei uns in Hamburg. Es wird Gelegenheiten geben, beispielsweise in Bergedorf, aber nicht in Altona, die Läden zu öffnen. Deswegen ist es logisch und konsequent, dass wir die Entscheidungsfindung dezentralisieren und auf die Bezirke übertragen.

(Beifall bei der CDU und bei Ekkehard Rumpf FDP)

Ich möchte etwas Wichtiges zu der Frage sagen, ob am Sonntag geöffnet werden soll – dazu wurde sehr Beeindruckendes vom Kollegen Beuß vorgetragen, was dabei zu berücksichtigen sein sollte –, damit hier keine Missverständnisse entstehen, und ich bitte deswegen ausnahmsweise um Ihre Aufmerksamkeit.

Es findet keine Erweiterung der Zahl der Sonntagsöffnungen statt. Die Frage, an wie vielen Sonntagen geöffnet werden darf, ist durch das Ladenschlussgesetz geregelt. Das ist ein Bundesgesetz und kann durch noch so überzeugende Anträge und Beiträge durch die Hamburger Bürgerschaft nicht außer Kraft gesetzt werden.

(Rolf Kruse CDU: Eigentlich schade!)

Deswegen bleiben wir bei der bereits heute geltenden Zahl von vier Sonntagen. Auch hier ist es nur die Frage, wer darüber entscheiden soll, ob am Sonntag eine Ausnahme geregelt wird; hierüber wird im Einzelnen im Ausschuss zu beraten sein, wie das technisch vor sich gehen soll.

Der Einzelhandel ist an der Zulassung erweiterter Öffnungsmöglichkeiten – vor allen Dingen an den Samstagen – grundsätzlich sehr interessiert. Er möchte entsprechend den Kundennachfragen die Läden offen halten können. Dabei haben eben die großen Kaufhäuser in der City eine ganz andere Präferenz als die kleineren Geschäfte oder die Geschäfte am Rande der Stadt. Insofern werden wir in Hamburg eine sehr viel praktikablere Lösung schaffen können, wenn wir den Anträgen der Koalitionsfraktionen folgen. Ich bin ziemlich sicher, dass sich dafür in Hamburg später eine gute Praxis für die Verwaltung ergeben wird.

Abschließend lassen Sie mich noch einen Satz sagen. Es gibt kein Land auf der ganzen Welt, in dem so viel über die Öffnungszeiten der Läden debattiert wird wie bei uns in Deutschland.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

In Deutschland muss eine Entrümpelung der überkommenen Strukturen stattfinden. Hamburg allein kann dies nicht machen, aber wir können kleine Schritte hin zu einer praktikablen Lösung machen. Hier bietet sich die Chance im Befolgen des Koalitionsantrages, diese Schritte zu gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

A C

B D

Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, es gibt hier einige bewusste Missverständnisse.

Frau Pauly und Herr Uldall, der Wettbewerb zwischen den Bezirken ist nicht das Problem, sondern – das ist hier schon eindeutig von unserer Seite formuliert worden –, dass der Wettbewerb zwischen ganz Hamburg und dem Umland im Mittelpunkt der Debatte steht. Ziel dieses Antrages soll sein – das ist durchaus auch im Interesse der GAL –, dass wir vom Umland mehr Kaufkraft in die Stadt holen. Das ist der Grund. Hier geht es nicht darum, dass sich Altona mit Bergedorf bekriegt, zumal das auch nicht wirklich unbedingt stattfinden würde.

(Bernd Reinert CDU: Das würde auf dem Gebiet der Hamburger Innenstadt stattfinden!)

Wir glauben – im Gegensatz zu Ihnen, denn wir haben eine andere Auffassung dazu; ich würde mir wünschen, dass Sie noch einmal darüber nachdenken, Frau Pauly und Herr Uldall –, dass eine Zersplitterung der Öffnungszeiten an diesen Samstagen den Einkaufsstandort Hamburg im Vergleich zum Umland schädigen würde, weil die Menschen dort nicht mehr wüssten, wann in Hamburg die Läden geöffnet sind. Dann würden sie auch nicht kommen. Wie will man das denn organisieren? Insofern hat dies, nicht der Wettbewerb der Bezirke untereinander, für uns eine starke Außenbedeutung.

Herr Uldall, die Vergleiche mit Lüneburg und Goslar hinken. Es sind zwar Städte in Niedersachsen, die nichts miteinander zu tun haben, aber Hamburg ist eine Metropole und muss sich als Einkaufsstandort insgesamt mit dem Umland auseinandersetzen, aber nicht Altona mit Lübeck. Insofern hinkt der Vergleich.

Ich hoffe, dass Sie langsam merken, dass die Argumentation nicht wild ist und dass wir nicht wollen, dass die Bezirke etwas entscheiden. Im Gegenteil. Wenn es Sinn macht, Herr Rumpf, dass Bezirke dezentral entscheiden können, dann sind wir in jedem Fall dafür.

(Rolf Kruse CDU: Es wird immer besser, was Sie sagen!)

Für das Ziel macht es in diesem Fall keinen Sinn.

Nun möchte ich zu der Legende etwas sagen, dass der Senat in der Vergangenheit sehr spät die Samstagsöffnungen genehmigt habe. Das ist Blödsinn. Ich bitte Sie, dieses in Gesprächen herauszufinden, dass das am Einzelhandel lag, der sehr spät den Senat informiert hat, welche Samstage er wollte. Der Senat kann nicht einfach einen Vorratsbeschluss unter dem Motto machen: Wir öffnen irgendwann, aber wir wissen noch nicht wann.

In diesem Fall lag es nicht am Senat. Sobald die Informationen aus der Sicht des Einzelhandels vorlagen, wann die entsprechenden Veranstaltungen stattfinden sollten, hat sich der Senat aus meiner Sicht sehr schnell damit befasst. Es gab allerdings auch Situationen – das muss man fairerweise sagen –, dass der Einzelhandel manchmal auch Veranstaltungen vorschlug, die vom Gesetz nicht abgedeckt waren.

Es war irgendeine kleine Veranstaltung sonst wo, zu der vielleicht 1000 oder 2000 Menschen gekommen sind. Diese dann mit der Ausnahmegenehmigung nach Paragraph 16 zu begründen, hätte einen schweren Stand dar

gestellt. Wir wissen, wie klagefreudig manche Verbände auch in dieser Stadt sind.

Bitte seien Sie vorsichtig mit derartig vorschnellen Urteilen, auch wenn Sie sonst kein gutes Haar an Rotgrün lassen, aber in diesem Fall ist es wirklich unberechtigt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Egloff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch eine kurze Bemerkung machen. Herr Senator Uldall, es ist leider nicht so hinreichend klar, wie Sie es hier dargestellt haben. Wenn ich mir den Antrag anschaue, steht darin, dass die Anordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Ladenschluss so zu ändern ist, dass der Erlass von Rechtsverordnungen aus Anlass von Märkten und so weiter an jährlich höchstens vier Sonnund Feiertagen den Bezirken übertragen wird. Das heißt für mich, dass sieben Bezirke an vier Sonn- und Feiertagen Rechtsverordnungen erlassen können, wenn es hoch kommt, achtundzwanzigmal. Das ist etwas ganz anderes, als wenn man sagt, dass an vier Sonn- oder Feiertagen in dieser Stadt insgesamt vielleicht eine Ladenöffnung herbeigeführt werden soll. Das ist der große Unterschied. Das führt eben nicht dazu, dass es eine hinreichende Klarheit darüber gibt, an wie vielen Tagen geöffnet werden soll. Das ist der erste Punkt und den müssen wir im Ausschuss klären.

Der zweite Punkt betrifft die Bezirke. Man möge sich doch in den Bezirken einmal die Struktur des Einzelhandels und der Einkaufszentren angucken. Es gibt die Innenstadt und die übergeordneten Regionalzentren, wie beispielsweise das Wandsbeker Carré. Es gibt aber auch noch kleinere Einkaufszentren, wie Farmsen und Rahlstedt; ich kenne den Bezirk Wandsbek recht gut, weil ich von da komme. Alle diese Einkaufszentren haben Probleme damit, dass sie Geschäfte haben, die nicht nur öffnen können, sondern auch noch genug Umsatz machen. Wenn Sie nun damit beginnen, in den Bezirken untereinander derartige Konkurrenzen aufzuziehen, führt das letztlich dazu, dass die kleineren Einkaufszentren in dieser Stadt an vielen Stellen nicht mehr lebensfähig sind. Das hat etwas mit der Versorgung vor Ort zu tun und ist weder für den Einzelhandel noch für die Bevölkerung in dieser Stadt hilfreich.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Dr. Mattner.

Herr Egloff, ich glaube, wir müssen hierbei doch die Kirche im Dorf lassen. Es ist absolute Kirchturmpolitik, die Sie hier vortragen. Ich nenne Ihnen noch einmal die Zahlen der Sonntagsöffnungen aus den letzten Jahren, damit Sie sie mal gehört haben: In Hamburg-Mitte 1999 bis 2001 – ich nenne immer drei Jahre –: 23, 23, 28, in Hamburg-Nord: 18, 18, 18, in Wandsbek: 22, 23, 18, in Bergedorf: 3, 2, 4 und so weiter. Das war bisher der Wildwuchs und dagegen soll ein klares Modell geschaffen werden. Sie reden hier immer davon, dass der Einzelhandel das nicht wolle; das hat auch Herr Grund so pauschal behauptet. Der Einzelhandel – ich habe das Zitat gebracht – hat sich klar artikuliert, Herr Grund.

(Uwe Grund SPD: Ich habe vom mittelständischen Einzelhandel gesprochen!)

Er hat gesagt, wir sollen mit dem Unsinn aufhören, weil sie eine Metropolenpolitik brauchen und sie sich insbesondere das Modell aus Berlin wünschen. Hat denn Herr Wowereit in Berlin so Unrecht, wenn er dieses Modell weiter beibehält?

Herr Grund, Sie behaupten doch, hier immer für Arbeitsplätze eintreten zu wollen. Mehr Umsatz bedeutet mehr Arbeitsplätze, das ist schlicht so. Berlin hat 20 Prozent mehr Einzelhandelsumsatz gemacht