Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Jawohl!)

Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass auch Kooperationen zwischen dem GAGFA-Hesse-Haus – Sie kennen es ja – und der Gesamtschule und dem Haus der Jugend, das sehr gut geführt wird, stattfinden. Das sind Dinge, bei denen wir hier hinsichtlich der technischen Details gar nicht so weit in die Tiefe gehen müssten. Herr Rutter hat es schon sehr wissenschaftlich dargestellt, sodass ich mich damit gar nicht mehr weiter auseinandersetzen muss. Wir können doch den Senat auffordern und den Antrag hier gleich heute abstimmen.

Ich erinnere mich an unseren Antrag von vor zwei Jahren, den Sie abgelehnt haben und für den wir keine Chance zu einer Debatte im Ausschuss bekommen haben. Sie haben darauf hingewiesen, dass selbst wir ihn nicht einmal zur Debatte angemeldet hatten, dazu müsste ich aber noch einmal mit dem damaligen Fraktionsgeschäftsführer sprechen.

Deshalb habe ich mir noch einmal die abgelehnten Altanträge angesehen, von denen wir sicher einige noch einmal neu stellen werden; das erfüllt uns dann mit Freude.

In fast jedem Stadtteil gibt es Senioreneinrichtungen, insgesamt sind es circa 300 mit 24000 Plätzen. In der Nähe fast jeder stationären oder ambulanten Einrichtung befinden sich Jugendclubs oder Häuser der Jugend. Wenn es bis jetzt zwischen den Schulen und den Alteneinrichtungen noch keinen Kontakt gibt, wollen wir das abstellen, damit auch zwischenmenschliche Begegnungen zwischen Schülern und Senioren stattfinden können. Mit der Initiative „Mitten im Leben“ wollen wir die Sprachlosigkeit zwischen den Generationen aufheben. Warum sollen sich

nicht Schüler im Rahmen von Projektwochen mit älteren Menschen in stationären oder ambulanten Alteneinrichtungen im Stadtteil treffen, sie besuchen, mit ihnen spazieren gehen, Dialoge führen oder andere Dinge miteinander tun? Dabei wäre es wünschenswert, wenn der Senat solche Aktionen ein wenig vorbereiten könnte. Im September hätten wir dann hier im Plenum die Gelegenheit, mit dem Senat und den Fraktionen darüber zu diskutieren.

Ich glaube schon, dass etwas Gutes dabei herauskommt. Das Thema Gespräche zwischen den Generationen wird von Politikern öfter in so genannten Sonntagsreden verwendet, ich meine jedoch, dass zunächst der Senat konkrete Vorschläge unterbreiten sollte, die wir dann im Parlament noch etwas anreichern können. Den vorliegenden Antrag halten wir für gut und möchten ihn gern abstimmen. Sie haben damals die Ausschussberatung abgelehnt und heute halten wir sie für nicht erforderlich. Wir sind aber der festen Überzeugung, dass der Antrag eine Mehrheit findet und zu guten Projekten führt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Freudenberg.

(Dirk Kienscherf SPD: Jetzt kommt Freude auf!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die GAL-Fraktion lehnt diesen Antrag ab. Wir lehnen ihn deshalb ab, weil wir ihn schlicht und ergreifend gar nicht verstanden haben.

Er ist inhaltlich so krautig und ich bin nach Ihren Beiträgen, die mit dem Antrag so wenig zu tun haben, jetzt noch mehr verwirrt.

Herr Rutter, Sie haben mich vor allem erstaunt. Ihr Beitrag war viel besser als der Antrag und insbesondere freut mich Ihr Bekenntnis zum Mehrgenerationenwohnen. Während Ihr Antrag sagt, dass auf der einen Seite die alten Menschen in den Einrichtungen durch ehrenamtliches Engagement – wer auch immer das fördern mag – irgendwie mit Jugendeinrichtungen in Kontakt kommen sollten, um der Herausforderung der demographischen Entwicklung zu begegnen – wie es funktionieren soll, habe ich aber immer noch nicht kapiert –, sagen Sie jetzt, was wir als Grüne völlig richtig finden und schon lange fordern und fördern, dass die Generationen zusammenleben sollen. Wir wollen keine weitere Separierung der Alten in speziellen Einrichtungen, wir wollen verhindern, das alte Menschen in Altengettos leben, und wir wollen verhindern, dass Jugendliche nie mit alten Menschen in Berührung kommen. Das ist sehr wichtig. Darum verstehe ich nicht, dass Sie die These übernehmen, wir hätten viel zu wenig Altenheimplätze. Es kommt doch gerade darauf an, dass wir die demographische Entwicklung, die zunehmende Alterung der Gesellschaft, zum Anlass nehmen, die altengerechte Stadt zu bauen.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das hat doch auch gar keiner gesagt!)

Wir wollen doch nicht, dass bald ein Drittel der Gesellschaft – wenn ich 80 Jahre alt bin, ist über ein Drittel der Gesellschaft schon über 65 Jahre – abgeschottet in zwei Bezirken lebt. Auf der einen Seite gibt es die Alteneinrichtungen und ab und zu eine Butterfahrt und Jugendliche kommen mit ihren C-Flöten, um uns etwas vorzuspielen.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD)

Wir wollen diesen Herausforderungen vielmehr begegnen, indem wir die Stadt umgestalten, uns nicht so sehr separieren und sehen, dass sich durch das Zusammenleben der Generationen Netzwerke von gegenseitiger Hilfe bilden. Dabei haben die jungen Alten eine ganz wichtige Rolle, denn die Phase des Alters beträgt tatsächlich bald ein Drittel des Lebens, wie das der aktiven Berufstätigkeit. Die meisten der jungen Alten erfreuen sich zwischenzeitlich ja schon bis zum 75. oder bis zum 80. Lebensjahr guter Gesundheit. Sie wollen aktiv werden und es bleiben und nicht nur Hilfe und gute Taten empfangen.

Darum finden wir Grünen die Netzwerke von Alten und Jungen besonders wichtig. Patenschaften verstehen wir eher so, dass beispielsweise ältere Handwerker oder Unternehmer junge Existenzgründer beraten. Ein gutes Projekt sind gemeinsame Geschichtswerkstätten, bei denen sich die Generationen gemeinsam den Stadtteil angucken und erforschen. Das sind die Projekte, die wir schätzen, aber nicht die Einseitigkeit, die wir aus Ihrem Antrag herausgelesen haben.

Die demographische Entwicklung erfordert aber mehr als nur eine Förderung des Ehrenamtes und wie man in der Stadt strukturell etwas ändern kann. Das Wichtigste ist – darüber müssen wir uns noch ganz andere Gedanken machen –, wie wir angesichts der demographischen Entwicklung unsere sozialen Sicherheitssysteme weiterentwickeln können, wie wir junge Familien fördern und die Menschen ermutigen können, wieder Kinder zu bekommen. Dabei ist für uns Grüne das Wichtigste, eine andere Familienförderung hinzubekommen und bald auch eine Kindergrundsicherung.

Wir müssen wirklich aktiv etwas gegen die Überalterung der Gesellschaft tun. Durch Familienförderung werden wir nicht mehr Kinder bekommen. Deshalb sagen wir auch immer, dass wir eine Einwanderungsgesellschaft sind, die es gilt, aktiv zu gestalten. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Woestmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Scheurell und Herr Schira, als jemand, der mit einer Fraktion neu in diese Bürgerschaft eingezogen ist, hat man das Gefühl, dass es dem Antrag und der Idee des Antrags nicht wirklich dienlich ist, hier die Debatten von vor Jahren zu schlagen,

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Wir haben damals gar nicht debattiert!)

darüber, wer mal einen Antrag eingebracht und wer ihn abgelehnt hat oder ob er im Ausschuss war oder nicht. Ich denke, Herr Rutter hat klargemacht, dass man diesen Antrag mit Leben füllen kann,

(Vizepräsident Farid Müller übernimmt den Vorsitz.)

und ich will der wissenschaftlichen Begründung auch nichts hinzufügen.

Ich möchte nur die Gelegenheit nutzen, diese Idee durch Pilotprojekte erst einmal nur – denn es ist ja nur ein erster zaghafter Schritt, den Dialog der Generationen zu stärken – hier auszubauen und ihr in der Debatte auch gerecht zu werden. Frau Freudenberg hat das in Ansätzen hingekriegt, insofern denke ich, dass wir diese Chance auf jeden Fall nutzen sollten.

Den Dialog der Generationen stärken heißt auch, den Blick darauf zu richten, dass wir vieles in unseren Sozialsystemen eben in so genannten Generationenverträgen festgeschrieben haben. Generationenverträge sind so ziemlich die einzigen Verträge, die eigentlich nie wirklich von jemandem unterschrieben worden sind. Und weil das nichts ist, was man wirklich unterschreiben kann, und was nicht so auf dem Papier steht, dass man es als Vertreter einer Generation unterschreiben könnte, hilft der Dialog der Generationen. Der Antrag ist für mich ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Sie können aber mit mir und mit uns auch die weiteren Schritte in die richtige Richtung machen; das sage ich bewusst als einer, der beschämenderweise mit 31 Jahren hier zu den Jüngsten im Parlament gehört und in Anführungszeichen nach anderen Rednern hier auch die Interessen der nächsten Generationen zu vertreten hat.

Nehmen wir diesen Antrag und auch diese Debatte doch einfach mal zum Anlass, über Generationengerechtigkeit nachzudenken und es hier in den Debatten deutlich zu machen. Es ist ein Thema, das meistens junge und sehr alte Menschen zueinander bringt, weil ein gewisses Verständnis für Perspektiven im Leben vorhanden ist. Das eine ist die Perspektive auf ein noch bevorstehendes Leben und das andere die Perspektive auf ein zurückliegendes Leben. Die Generation, die dazwischen steht, ist in der Regel die Generation derjenigen, die regiert. Die Generation, die regiert, tut dies meistens auch nur für vier Jahre. Das wird dem Ansatz von Generationengerechtigkeit eben nicht gerecht. Das Erbe der jetzt Regierenden lastet in verschiedenen Bereichen auf den Schultern der jüngeren und auch der künftigen Generation ungleich schwerer als auf den Schultern der Generation, die jetzt meistens das Sagen hat. Und das sage ich unabhängig davon, wer hier oder in Berlin auf der Regierungsbank sitzt.

Das gilt nicht nur für einige Sparten, wie zum Beispiel die Umweltpolitik, wo es für jeden nachvollziehbar ist, wo man mittlerweile in den vergangenen Jahrzehnten ein Verständnis dafür entwickelt hat, dass ein vermindertes Naturvermögen, die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen, die Handlungsspielräume für künftige Generationen einschränkt. Das gilt aber genauso gut auch für die Punkte, die zum Beispiel Frau Freudenberg angesprochen hat, wenn es um die sozialen Sicherungssysteme geht.

Ich kann Ihnen sagen – auch von vielen Diskussionsveranstaltungen in Schulen –, dass es junge Menschen jetzt interessiert, was zukünftig mit ihrer Rente sein wird, und sie merken sehr wohl die Verunsicherung, dass möglicherweise die Rentenpolitik, wie sie jetzt – egal von welcher Regierung – gemacht wird, möglicherweise nicht die Perspektive hat, die aus der Sicht der jungen Generation wirklich über Jahrzehnte hält. Es ist natürlich das Erbe einer Finanzpolitik, die immer darauf bedacht ist, die nächsten vier Jahre, die nächste Wahl, hinzubekommen, und dabei vergisst, dass sie damit auch Handlungsspielräume für künftig regierende Generationen finanziell einengt.

Ich denke, wir sollten diesen Punkt, der nur ein erster und vielleicht auch nur ein halber Schritt in die richtige Richtung ist, weitergehen und dafür sorgen, dass alle politisch Verantwortlichen, egal welcher Couleur, ihr politisches Handeln so ausrichten, dass auch künftigen Generationen noch Spielräume für politisches Handeln verbleiben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Dann hat mich die SPD-Fraktion informiert, dass sie eine Überweisung an den Sozialausschuss beantragt. Bevor wir in der Sache abstimmen, stimmen wir erst einmal über diesen Antrag ab.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung in der Sache. Wer möchte den Antrag, Drucksache 16/323, annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 24: Antrag der SPD-Fraktion: Voraussetzungen für den Informatikunterricht an Schulen schaffen.

[Antrag der Fraktion der SPD: Voraussetzungen für den Informatikunterricht an Schulen schaffen – Drucksache 17/318 –]

Die CDU-Fraktion beantragt eine Überweisung dieser Drucksache zur federführenden Beratung an den Schulausschuss und mitberatend an den Wissenschaftsausschuss.

Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. Brüning.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den letzten Wochen war in diesem Hause des Öfteren von PISA die Rede. Die Konsequenzen aus dieser Studie können aus meiner Sicht nur langfristige Reformen des Bildungssystems sein. Kurzfristige Reparaturmaßnahmen, wie zum Beispiel ein paar Lehrerstunden mehr aus dem Vertretungstopf gegen den Unterrichtsausfall, helfen nicht wirklich. Der Antrag der SPD-Fraktion, Voraussetzungen für den Informatikunterricht zu schaffen, zielt in die Richtung langfristiger Reformen.

Der Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Deutschland wird in den nächsten Jahren entscheidend davon abhängen, wie junge Menschen gelernt haben, mit den neuen Medien und Technologien umzugehen. Dafür brauchen wir gut ausgebildete Informatiklehrerinnen und Informatiklehrer. Dies empfahl übrigens schon vor 400 Jahren der Philosoph und Mathematiker Leibniz, der Erfinder der Rechenmaschine. Da die Rechenmaschine der erweiterte Kopf des Menschen ist – so Leibniz –, sei sie ein wichtiges Utensil für Lehrer und Schüler.

Bei den Haushaltsberatungen im Wissenschaftsausschuss haben wir erfahren, dass es 27 Studienanfänger im neuen Lehramtsstudiengang Informatik gibt. Dies kann nur ein Anfang sein. Es kommt jetzt darauf an, die Weichen so zu stellen, dass der Fachbereich Informatik der Universität Hamburg durch entsprechende personelle und natürlich auch finanzielle Kapazitäten so ausgerichtet wird, dass es mehr Studierende geben wird.

(Beifall bei Wilfried Buss SPD)

Es ist auch nicht einzusehen, dass jetzt zum Sommersemester keine Studierenden zugelassen werden sollen. Auch wenn dies möglicherweise für den Diplomstudiengang hilfreich sein sollte, reichen 27 Studierende für das Lehramt Informatik pro Jahr nicht aus. Deshalb, Herr Senator, meine Damen und Herren von der Koalition, müssen Sie handeln, und zwar dringend.