Protokoll der Sitzung vom 27.03.2002

Insofern, meine Damen und Herren, möchte ich Sachlichkeit empfehlen, und zwar in einem hohen Maße. Ich bitte Sie, alle zusammen davon auszugehen, dass die Prüfung der Rechnungslegung anhand des Berichts des Rechnungshofs für alle Fraktionen von großer Wichtigkeit ist. Wir werden dem, wie wir es in der Regierung gemacht haben, auch weiterhin nachkommen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Silberbach.

(Michael Neumann SPD: Der Mann, der weiß, wo- her die Schulden kommen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei diesem wichtigen Thema, wenn über den Rechnungshof diskutiert wird, wäre es meiner Meinung nach angemessen gewesen, dass die Senatsbank etwas stärker vertreten wäre.

(Beifall bei der SPD und bei Anja Hajduk GAL)

Als Parlamentarier und finanzpolitischer Sprecher bin ich der Meinung, dass der Senat, wenn auch nicht vollzählig, doch entsprechend stark vertreten sein sollte, auch wenn er für das, was heute diskutiert wird, nicht verantwortlich ist;

(Zuruf von Jan Ehlers SPD)

zur Übung für das nächste Mal wäre es schon gut, wenn die Senatoren es sich anhören würden.

(Elisabeth Kiausch SPD)

A C

B D

(Uwe Grund SPD: Ja, genau. Denn der nächste Bericht kommt bestimmt!)

Meine Damen und Herren, ich gehe nicht so weit, zu sagen, dass bei dem jetzigen Senat derartige Fehler nicht vorkommen werden; das, meine ich, wäre vermessen. Nur eine Bemerkung, Herr Kahlbohm, zu dem, was Sie gesagt haben: Sie müssen bedenken, dass die Fehler, die vom Rechnungshof festgestellt wurden, ungefähr nur 1 Promille vom Ganzen ausmachen, denn der Rechnungshof kann bestenfalls nur 1 Promille kontrollieren. Stellen Sie sich vor, er wäre in der Lage gewesen, nur 50 Prozent der Verwaltung zu kontrollieren, was dann zutage gekommen wäre.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn ein Rechnungshofsbericht vorliegt, kann man feststellen, dass ein Heer von Beamten eingesetzt wird, die versuchen, diese Dinge herunterzuspielen, und in den meisten Fällen hat auch der Senat nichts Besseres zu tun als zu erklären, es wären eigentlich keine Fehler gewesen.

Der Rechnungshof ist nach meiner Meinung das Schwert des Parlaments bei der Kontrolle der Verwaltung. Wenn, wie in diesem Fall, das Schwert des Parlaments Fehler aufzeigt, bin ich der Meinung, dass der Senat die Pflicht hat, diese anders als bisher zu behandeln. Ich erwarte vom Senat, dass er nicht nur zugibt, dass Fehler begangen wurden, sondern aufzeigt, wie derartiges Fehlverhalten in Zukunft vermieden werden kann.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Denn eins ist sicher, meine Damen und Herren, die Mitarbeiter des Rechnungshofs können insbesondere nicht dadurch motiviert werden, wenn sie immer wieder Fehlerquellen aufzeigen und der Senat in den meisten Fällen nur versucht darzustellen, dass diese Fehler nicht zu vermeiden waren.

Wir erwarten vom neuen Senat, dass er Instrumente installiert, damit derartige Fehler, die der Rechnungshof aufgezeigt hat, nicht weiterhin passieren. Immer mehr Bürger sagen, wir sollen sparen. An allen Ecken und Enden werden Sparmaßnahmen eingeleitet und der Senat stellt Fehler lediglich fest, ohne aber entsprechend zu reagieren. Das muss abgestellt werden. Es ist eine Verpflichtung für den neuen Senat, entsprechend zu handeln, damit der Bürger wieder Vertrauen in die Politik gewinnt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Rumpf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn ich die Ausführungen von Herrn Kahlbohm nachvollziehen kann, die durch das, was Frau Kiausch gesagt hat, etwas relativiert wurden, ist es mir noch ein bisschen zu wenig, denn das Ausgabenrecht der Freien und Hansestadt Hamburg mit einem großen Unternehmen zu vergleichen, hinkt bei einem wesentlichen Pro

blem: Ein Unternehmen gibt sein eigenes Geld aus und arbeitet auf eigenes Risiko. Die Stadt Hamburg tut das nicht.

(Michael Neumann SPD: Das Geld der Aktionäre!)

Das hören Sie nicht gern, es ist aber so.

Deswegen ist es mit Controlling allein auch nicht getan. Wir haben im Haushaltsausschuss durchaus gemerkt – auch von Ihnen wurde das erkannt, so deute ich das jedenfalls –, dass es strukturelle Probleme gegeben hat.

An diese strukturellen Probleme müssen wir herangehen. Ich habe mir deswegen aus dem Rechnungshofsbericht einige Sachen herausgesucht, von denen ich meine, dass es dabei besonders deutlich wird.

Da nenne ich einmal das Bezirksamt Hamburg-Mitte und die dortige IuK-Technologieausstattung. Dort wurden Verhandlungen über Landeslizenzen für Software erst geführt, nachdem Einzellizenzen erworben wurden, das heißt, als jeder Arbeitsplatz seine Ausstattung bereits hatte. Es wurden Beschaffungsvorschläge ohne Prüfung derselben durchgeführt

(Barbara Duden SPD: Das hat doch Ihre Fraktion genauso gemacht!)

ich fange natürlich mit der IuK-Technik an, das erwarten Sie doch von uns schon regelrecht –, ob die Einbindung in die bestehenden Systeme überhaupt möglich sei oder ob dadurch eine qualitative Steigerung zu erreichen wäre. Bei der Vergabe von Schulungsleistungen wurde mehrfach gegen Beschaffungsrecht verstoßen, Aufträge wurden ohne Vergleichsangebote und schriftliche Verträge vergeben. Beim Bezirksamt Hamburg-Mitte hat man in diesem Fall ein wenig das Gefühl, als ob eine Steinzeitkultur von einem Tag auf den anderen in das Industriezeitalter gestoßen worden wäre, denn so benimmt man sich, wenn man sich mit Computern und Software überhaupt nicht auskennt.

Der zweite Punkt – ein Lieblingsbereich von mir – betrifft den achten Bezirk. Böse Zungen behaupten, es sei der einzige Bezirk, der überhaupt etwas zu sagen habe in dieser Stadt. Bei Strom- und Hafenbau in Altenwerder, beim Ausbau des Container-Terminals, weichen die Ist-Ausgaben extrem vom Haushaltsansatz ab; zuletzt im Jahr 2001 von 5,1 Millionen Euro auf 5,9 Millionen Euro, im Jahr 2000 von 5,1 Millionen Euro auf 6,8 Millionen Euro. Das sind insgesamt 28,4 Millionen Euro, die bei einem Haushaltsansatz von 22,1 Millionen Euro ausgegeben wurden. Hier handelt es sich um geltende Preisnachlässe, die mit dem Auftragnehmer verbindlich vereinbart worden sind und die bei Nachaufträgen nicht geltend gemacht wurden, weil es angeblich mündliche Absprachen mit dem Anbieter gegeben habe. Verbindlich vorgegebene Vertragsvordrucke der Baubehörde sind nicht angewendet worden. Es hatte doch einen Sinn, warum die Baubehörde diese Vertragsvordrucke entworfen hat. Angeblich haben Einzelbereiche im Hafenbereich gefehlt. Das sind strukturelle Dinge, die mit Controlling wenig zu tun haben; das Controlling müsste natürlich übergreifend funktionieren.

Drittens: Die Baubehörde. Von Herrn Tants wurde es dankenswerterweise hinsichtlich der Brücke des 17. Juni bereits angesprochen, wonach der Leistungsumfang, angeblich aus personellen Kapazitätsgründen in der Baubehörde, zum Teil um 50 Prozent falsch ermittelt worden ist. Das ist ein strukturelles Problem. Frau Hajduk ist gerade nicht da und ich weiß nicht, ob sie in der nächsten Bundestags-Legislaturperiode noch bei uns ist

(Manfred Silberbach Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

(Heino Vahldieck CDU: Die schaffen die 5-Prozent- Hürde nicht!)

das kann natürlich sein –, aber Herr Zuckerer und Frau Kiausch werden uns auf jeden Fall noch begleiten, und wenn Sie uns anbieten, dass wir an diesen strukturellen Problemen dergestalt mit Ihnen zusammenarbeiten können, dass der Rechnungshofsbericht zu Beginn der nächsten Legislaturperiode vielleicht ein bisschen dünner wird als der diesjährige, dann wären wir Ihnen sehr dankbar. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat Senator Dr. Peiner.

(Rolf Kruse CDU: Das ist aber ganz unüblich, Herr Senator!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte für den Senat einige Worte des Dankes an den Rechnungshof richten, denn es ist ein sehr guter Bericht, der sich gut in die Tradition der Vorgängerberichte einreiht.

Die Kontroll- und Beratungsfunktion des Rechnungshofs ist für uns unverzichtbar. Es ist nicht nur der Bericht, der uns animiert, etwas zu tun, sondern der Senat und die Behörden sind während der Prüfungstätigkeit laufend im Dialog und leiten bereits Veränderungsprozesse ein. Der Rechnungshof ist eine Instanz, die das Vertrauen der Öffentlichkeit, das Vertrauen des Parlaments und auch das Vertrauen der Fachbehörden und des Senats hat, und es ist unsere gemeinsame Aufgabe, genau dieses zu erhalten.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Heute wird und kann der Senat keine Stellungnahme zu den einzelnen Punkten des Berichts aus dem einfachen Grund abgeben, weil ein Beratungsprozess eingeleitet wird. Es ist Teil des Entlastungsprozesses und deshalb jetzt Aufgabe des Rechnungsprüfungsausschusses, die einzelnen Punkte dieses Berichts zu diskutieren und zu beraten. Der Rechnungsprüfungsausschuss – auch das ist eine alte Tradition dieses Hauses – geht systematisch, sorgfältig und verantwortungsbewusst mit den Punkten um. Da ich selbst in meiner Jugend einmal Vorsitzender dieses Ausschusses war, kann ich das aus eigener Erfahrung nur bestätigen und bin zuversichtlich, dass dieser Rechnungsprüfungsausschuss seine Aufgaben, wie in der Vergangenheit, konstruktiv abarbeiten wird.

Dennoch versuchen wir natürlich, einige Punkte des Rechnungshofsberichts bereits aktuell in die Haushaltsplanung 2003 einzuarbeiten. Ich denke an die aufgabenkritischen Hinweise, die im Rechnungshofsbericht 2001 enthalten sind, und, das wurde schon deutlich, auch an den Zuwendungsbereich. Auch dieses fließt bereits in die laufende Arbeit der Haushaltsaufstellung ein.

Dennoch bin ich dem Parlament dankbar für die Hinweise, die es heute gegeben hat. Wenn ich das richtig verstehe, sagen Sie auch aufgrund dieses Beispiels, es gelte, sorgfältig darauf zu achten, dass die Rechte des Parlaments auch in Zukunft gesichert seien, dass das Budgetrecht ernst genommen werde und dass der Senat alles tue, um die Steuerungsfunktionen des Haushalts sicherzustellen. Diese Hinweise nehmen wir ernst und werden sie berücksichtigen. Aber eines sage ich auch vorsorglich: Fehlerfreiheit in der Zukunft kann ich nicht und will ich nicht

garantieren. Es wäre natürlich schön, wenn es so wäre, aber Fehler werden sicher auch in Zukunft gemacht. Entscheidend ist aber, dass wir das hier dann entsprechend korrigieren.

Der Rechnungshof hat angekündigt, den Senat auch weiterhin kritisch zu begleiten. Das ist notwendig und erforderlich. Wir werden auch in Zukunft seine Anregungen, Hinweise und Kritikpunkte brauchen und – das kann ich dem Rechnungshof und dem Parlament zusagen – sie ernst nehmen und versuchen, zügig umzusetzen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 17/460 an den Haushaltsausschuss zu? – Das ist einstimmig.

Jetzt kommen wir zu den Punkten 34 und 35, Drucksachen 17/381 und 17/382, Anträge der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Erweiterung des Angebots der bilingualen Grundschulen in Hamburg auf die Sprache Französisch und Fortführung eines bilingualen Schulangebotes in der Sekundarstufe I.