Protokoll der Sitzung vom 29.05.2002

Meine Damen und Herren! Das gilt auch für Sie, wenn die Glocke ertönt, bitte ich Sie, sofort still zu sein. Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, innerhalb dieser Fünf-Minuten-Beiträge ist das ein bisschen zu knapp.

(Richard Braak Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Aber können Sie nicht alleine weiterträumen!)

Sie machen der Bevölkerung Angst, für die es keinen Anlass gibt. Wenn eine Kultur wie die unsere offensiv und weltausgreifend ist, wenn nicht die Filme aus den islamischen Ländern auf der ganzen Welt gesehen werden, sondern Filme aus den USA, aus Großbritannien, aus Westeuropa, wenn die kulturellen Leistungen, die weltweit produziert werden, konsumiert werden und die Verhaltensweisen der Menschen bestimmen, aus dem Westen kommen, dann zu sagen, wir hätten ein Verteidigungsproblem – die anderen Gesellschaften sind doch erkennbar in der Defensive und viele ihrer explosiven Reaktionen entstehen aus dieser Defensiv-Wahrnehmung – und Angst zu schüren, man ginge kulturell unter, ist lächerlich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Bauer hat das Wort.

(Michael Neumann SPD: Das letzte Aufgebot!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will es sehr kurz machen, es kommt ja noch ein zweiter Debattenpunkt, der auch sehr wichtig ist.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

A C

B D

Hier wurde sehr viel über Integration gesprochen, aber gerade seitens der SPD und GAL herrschen darüber andere Auffassungen. Die Integration ausländischer Mitbürger ist weder abhängig von einem so genannten Integrationsgesetz noch von Ausländerbeauftragten oder integrationsfördernden Maßnahmen. Integration beginnt im Kopf mit dem Willen

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

und der Bereitschaft, in diesem Land, in dieser Stadt friedlich miteinander und nicht nebeneinander zu leben.

(Manfred Mahr GAL: Dann fangen Sie mal an!)

Integration ist nämlich keine Einbahnstraße, meine Damen und Herren. Integration ist nur möglich durch ausreichende Sprach-, Lese- und Schreibkenntnisse, eine qualifizierte Schul- und Berufsausbildung, Kenntnisse politischer Bildung und deutscher Kultur sowie Respektierung der Grundwerte unserer Verfassung, dem Grundgesetz; das ist Voraussetzung.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Für Ausländer, die, aus welchen Beweggründen auch immer, nach Deutschland kommen, die, die wir gerufen haben, und die, die wir nicht gerufen haben, ist es mehr als eine selbstverständliche Bringeschuld, die sie für ihre Integration zu leisten haben.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Wer dem nicht nachkommt, ist nicht ernsthaft willens, Mitglied der in Deutschland Lebenden zu werden. In solchen Fällen grenzen nicht Deutsche Ausländer aus, sondern diese sich selbst. Statt Integration wird hier die Separation angestrebt. Parallelgesellschaften dürfen wir aber nicht zulassen, das ist nämlich das genaue Gegenteil von Integration. Minderheiten müssen in Mehrheiten aufgehen, dann ist auch die Integration gewährleistet.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Uwe Grund SPD: Genau das ist Assimilation!)

Ausländer, egal woher und welcher Hautfarbe, die sich hier legal aufhalten und einen rechtschaffenen Lebenswandel führen, sind willkommen und eine Bereicherung in demographischer, ökonomischer und kultureller Hinsicht.

(Beifall bei Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Nicht willkommen sind Fremde, die hier leben wollen, aber fremd bleiben möchten, die unsere Sozialsysteme ausnutzen, die mit kriminellen Handlungen unser Gast-, Duldungs- und Asylrecht missbrauchen und die hier ihre religiösen oder ethnischen Kämpfe austragen. Nicht willkommen sind auch Anhänger und Prediger einer dem islamischen Fundamentalismus zugrunde liegenden Ideologie, dem Islamismus.

Gestern hat Bassam Tibi, Moslem und Professor an der Universität Göttingen, in der Tageszeitung „Die Welt“ einen bemerkenswerten Artikel unter der Überschrift „Europa droht eine Islamisierung“ veröffentlicht. Das kann nur heißen, wenn die Zuwanderungspolitik keine radikale Wende nimmt, dann muss man sich demnächst die Frage stellen, wem unsere Lehrer in 20 Jahren Goethe und Schiller beibringen sollen oder ob die deutschen Schüler den Koran lernen müssen. – Danke schön.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Thema? – Das ist nicht der Fall.

Dann rufe ich das zweite, von der GAL-Fraktion angemeldete und das vierte, von der SPD-Fraktion angemeldete Thema gemeinsam auf.

Migrationsfeindlicher Kurs der Regierungsparteien schadet Hamburg

Ausländerpolitik: von Beust, Fischer und Schill „verfrühstücken“ Hamburgs guten Ruf

Frau Möller, Sie haben dazu das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Jetzt können wir vielleicht einmal den Versuch machen, konkret zu werden und über den migrationspolitischen Kurs in Hamburg zu reden.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Trauen Sie uns das zu?)

In der vorigen Debatte ging es nicht um das Zuwanderungsgesetz, sondern um das Beschreiben von Visionen, um das Herbeireden von Stimmungen, es ging darum, Ängste zu formulieren, aber irgendwie diffus zu lassen. Wir brauchen eine konkrete Migrationspolitik und die würden wir hier gerne diskutieren.

Wenn wir in die Olympia-Bewerbung gucken, dann stehen da Sätze ähnlich wie „diese Stadt soll wachsen“, „sie soll weltoffen und attraktiv sein“, „in ihr sollen wir die Vielfalt der Gesellschaft und den wissenschaftlichen und kulturellen Reichtum überall erleben können“. Herr Dr. Maier hat dazu eben schon ganz viel gesagt. Das steht aber nur in der Olympia-Bewerbung, während wir in der Realität und der heutigen Debatte genau das Gegenteil erleben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Diese jetzt schon alten Kamellen der Briefe an Integrationsvereine oder bestimmte Pseudo-Parteitagsreden oder pauschale Verallgemeinerungen lasse ich einmal weg, aber was sollen Sätze wie „wenn wir nicht drumherum kommen“ oder „Fremde, die hier leben wollen und Fremde bleiben wollen“? Was ist Ihr Ansatz in Bezug auf Integration und Migration in dieser Stadt? Über Integration und Migrationspolitik reden Sie wie über den Transrapid. Man kann Ja oder Nein sagen und mit möglichst viel Polemik beeinflusst man die Entscheidungen in dem Sinne, in dem man sie gerne beeinflusst hätte. Die Entscheidung ist aber längst gefallen, wir sind eine Einwanderungsgesellschaft und haben nicht nur 16 Prozent Einwohnerinnen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, sondern einen Anteil von 25 Prozent Hamburgerinnen und Hamburger, die selbst oder deren Familien früher einmal eingewandert sind.

(Uwe Grund SPD: Das ist die Realität!)

Richtig, Herr Grund, das ist die Realität. – Die Integration ist längst die größte Herausforderung der Politik in dieser Stadt und die Regierungen der letzten Legislaturperioden haben die Arbeit begonnen und in der nächsten wird sie fortgesetzt werden müssen und das tun Sie hier nicht. Sie führen eine Debatte, beschreiben etwas, ohne konkret zu werden und ohne an einer Lösung zu arbeiten. Wie geht man denn mit dieser emotionalen Ablehnung gegen das Fremde oder wie immer Sie es nennen wollen um? Dagegen müssen wir als Politiker doch etwas tun und dürfen das nicht weiter schüren.

(Frank-Michael Bauer Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Und zu so einem Zeitpunkt entscheidet sich die regierende Koalition für die Abschaffung des Amtes der Ausländerbeauftragten einschließlich ihres Stabs ohne jede inhaltliche Kritik, ohne jede inhaltliche Auseinandersetzung, eine Institution in dieser Stadt, die zwölf Jahre lang erfolgreiche Arbeit geleistet hat.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Man darf wieder Stimmung machen in dieser Stadt, aber die Migrantinnen dürfen keine Stimme mehr haben.

Mit der ständigen Wiederholung des sozusagen „unzureichenden“ Verhaltens der Migrantinnen und Migranten – sie lernen nicht genug Deutsch, sie schaffen die Schule nicht, zumindest die Jugendlichen seien öfter kriminell, sie seien auch noch öfter arbeitslos, bezögen sogar Sozialhilfe – stellt man dieses Viertel der hamburgischen Gesellschaft an den Pranger und es fehlt jede Auseinandersetzung mit dem eigenen, mit dem politischen Anteil an der Integration.

(Beifall bei Manfred Mahr GAL)

Wo sitzen Sie denn mit den Migrantinnenvereinen an einem Tisch, wo beraten Sie mit der SCHURA oder mit den türkischen Unternehmern? Sie reden immer nur über sie, aber Sie reden nicht mit ihnen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Es gibt nicht nur zwei türkische Unternehmer in Hamburg!)

Wo erkennen Sie eigentlich diese Bereicherung des kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens in dieser Stadt an? Wo findet eine Debatte darüber statt, was uns diese 25 Prozent andere, fremde Einflüsse bringen? Wir brauchen die Debatte darüber und wir brauchen für die Migrantinnen und Migranten in dieser Stadt eine unabhängige überparteilich starke Stimme, die für sie reden darf.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Herr Grund.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Hamburgs neuer Regierung herrscht eine sehr bemerkenswerte Arbeitsteilung: Ole von Beust tritt als freundlicher Strahlemann vor das Olympische Komitee oder das Konsularische Korps und lädt die Völker der Welt ein, nach Hamburg zu kommen, hier zu investieren und zu leben.