In einem Interview mit der „Bild“-Zeitung zur PITA-Erhebung vom 11. September 2002 äußert Senator Lange, dass er gar nichts davon halte, Unterricht zu filmen, sondern dass an einem Konzept gearbeitet werde, ein Beurteilungssystem einzuführen, bei dem auch die Schüler zu Wort kommen.
Erstens: Bedeutet dies, dass sich Hamburg nicht an der internationalen PITA-Erhebung beteiligen wird, die unter anderem auch vorsieht, das Unterrichtsgeschehen zu filmen, um den Unterricht zu verbessern?
Zweitens: Welche Zielrichtung hat das zu erarbeitende Beurteilungssystem, wer ist daran beteiligt und wann wird es vorliegen?
Frau Ernst, zu Ihrer ersten Frage. Hamburg hat die Absicht, sich im Rahmen eines Beschlusses der Kultusministerkonferenz an der OECD-Studie mit dem offiziellen Namen „Attracting, Developing and Retaining Effectiv Teachers“ – im Volksmund in Anlehnung an PISA auch PITA genannt – zu beteiligen. Über die Bedingungen, die Art und den Umfang dieser Beteiligung finden heute und morgen bei der Amtschefkonferenz in Weimar Gespräche statt. Ob in diesem Zusammenhang auch kostenintensive Unterrichtsbeobachtungen mit Filmaufnahmen durchgeführt werden, ist noch nicht entschieden.
Zu dem zweiten Teil Ihrer Frage, welche Zielrichtung das Beurteilungssystem hat, kann ich Folgendes erklären:
Erstens: Jedes aussagekräftige Beurteilungswesen ist folgenden Zielrichtungen verpflichtet. Die Leistungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums werden mit verbindlich vorgegebenen Kriterien bilanziert und der oder die Beurteilte erhält dazu Rückmeldung.
Zweitens: Regelmäßige Personalbeurteilungen erleichtern die Auswahl für bestimmte Ämter, zeitlich befristete Aufgaben und Projekte, je nach Qualifikation, Eignung und Leistungen, nicht zuletzt im Sinne einer Bestenauslese.
Viertens: Die Bewertung der Arbeitsergebnisse kann die Vergabe von monetären Leistungsanreizen begründen.
Fünftens: Die Personalbeurteilung macht Aussagen zum Entwicklungspotenzial der beurteilten Person. Sie hilft, Führungspotenziale zu erkennen und zu fördern. Personalbeurteilung ist somit ein Beitrag zur Personalentwicklung und auch zur Qualitätssicherung der Schule. Ihre Wirkung ist im Zusammenhang mit weiteren Instrumenten und Handlungsfeldern innerschulischer Personalentwicklung zu sehen und zu bewerten. Das neue Beurteilungssystem in Hamburg wird in einer behördenübergreifenden Arbeits
gruppe nach den zentralen Kategorien des künftig für alle Hamburger Behörden gültigen Beurteilungssystems, nämlich nach Arbeitsweise und Arbeitsergebnissen, Fachkompetenz, Umgang mit anderen, Kommunikation und Potenzial erstellt und wird intern in der Behörde für Bildung und Sport in den Detailkriterien auf die Besonderheiten der pädagogischen Tätigkeit angepasst. Die einzelnen Schritte der Erarbeitung werden abgestimmt in Erprobungsversuchen mit zahlreichen Schulleitungsfortbildungen. Das neue Beurteilungssystem wird in den nächsten Monaten vorliegen. Nach Paragraph 95 Personalvertretungsgesetz wird es anschließend mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften vereinbart und im Rahmen dieser Verhandlungen werden die lehrerspezifischen Besonderheiten zu behandeln sein. Vom Ergebnis dieser Verhandlungen hängt ab, wann das Beurteilungswesen umsetzbar sein wird.
Sie haben allgemein darüber geredet, welche Kriterien bei Personalentwicklung eine Rolle spielen, und dabei monetäre Leistungsanreize erwähnt. Ist daran gedacht, monetäre Leistungsanreize auch für beamtete Lehrer in Erwägung zu ziehen?
Die endgültigen Kriterien sind noch nicht festgelegt, aber ich könnte mir vorstellen, dass das, was für andere Beamte auf Bundesebene längst gilt, auch im Hamburger Behördenbeurteilungs- und -förderungswesen und damit auch im Bereich der Schulen und der Lehrer angewandt wird.
Sind diese monetären Leistungsanreize auch mit dem Personalrat abgestimmt? Gibt es da ein Widerspruchsrecht? Wird unter Umständen der Personalrat...
Die zweite Frage ist: Wird der Personalrat bei solchen Unterrichtsstunden, die unter Umständen auf Video aufgezeichnet werden, auch ein Anwesenheitsrecht haben?
Den letzten Teil der Frage habe ich akustisch nicht ganz verstanden. Wenn solche Beurteilungsveranstaltungen stattfinden, so ist es ein laufender Prozess, dass man die Kriterien, die ich aufgezählt habe, anwendet. In welcher Form das sein wird, darüber werden wir mit den Schulleitungen reden.
Was den ersten Teil Ihrer Frage anbetrifft, so wird das sicherlich mit den dazu im Gesetz vorgesehenen Gremien besprochen.
In Beurteilungsstunden ist es heute üblich, dass ein Personalratsmitglied hinzugezogen werden darf. Solche Beurteilungen müssen...
Meine Frage ist, ob an diesen Stunden, die zur Beurteilung hinzugezogen werden, ein Personalratsmitglied anwesend sein darf.
Da noch nicht festgelegt ist, nach welchen Kriterien vorgegangen und ob das in dem bisherigen System so fortgeführt wird, kann ich diese Frage an dieser Stelle nicht beantworten.
Herr Senator, ich wüsste gerne, ob Sie es persönlich für eine gute Beurteilungsmethode halten, wenn der Unterricht auch filmisch dokumentiert wird, und sich dafür einsetzen, dass dieser Verfahrensschritt im Rahmen der PITA-Studie auch angewandt wird.
Wenn Sie mich nach meiner persönlichen Meinung fragen, dann kann ich Ihnen sagen, dass ich jede Art von sinnvoller Feedbackkultur des Unterrichts für richtig halte. Ich erinnere daran, was die Jugendlichen im zuständigen Ausschuss der Veranstaltung „Jugend im Parlament“ gesagt haben. Die haben nämlich gefordert, dass halbjährlich Fragebögen zum Unterricht von Lehrerinnen und Lehrern auch von den Schülern benutzt werden. Insofern denke ich, dass man alle modernen Methoden anwenden könnte. Ich bin aber grundsätzlich nicht dafür, dass man nun aufgrund von einzelnen Filmaufnahmen endgültige Kriterien festlegt.
Herr Senator, trägt die Schulbehörde sich mit der Absicht, die Überlegungen der Parlamentarier des Jugendparlaments in der Praxis umzusetzen, also bezogen auf die Fragebögen für die Schüler?
Wir haben die Vorschläge, die von den Jugendlichen gekommen sind, schon im Schulausschuss behandelt. Wir nehmen diese sehr ernst, weil ich meine, dass sich eine moderne Verwaltung auch modernen Beurteilungskriterien stellen muss. Da ist ja längst die Rundumbeurteilung von oben, von der Seite und von unten gang und gäbe.
Herr Senator, wie beurteilen Sie den Unterschied zwischen einer Unterrichtsstunde, die aufgrund filmischer Aufzeichnung zu einer Beurteilung führen wird, und der Aufzeichnung einer Unterrichtsstunde, die in erster Linie einer internationalen Auswertung dienen soll?
Da sehe ich in der Tat einen Unterschied. Das ist in der Presseberichterstattung vielleicht auch falsch übergekommen, was die OECD mit den Filmaufnahmen will. Die will nicht einen Beitrag zur Beurteilung des einzelnen Lehrers leisten, sondern sich einen Überblick darüber verschaffen, wie in den einzelnen Ländern Lern- und Unterrichtsmethoden angewendet werden.
Herr Senator, mir ist noch nicht klar geworden, ob Sie und Hamburg dafür sind, dass dieses Verfahren im Rahmen der PITA-Erhebung angewandt wird.
Da das heute und morgen erst auf der Amtschefkonferenz der Kultusministerkonferenz vorgestellt wird, was die OECD im Einzelnen vorhat, und wir uns dann im Oktober auf der eigentlichen Ministerkonferenz damit befassen werden, werde ich danach gerne Bericht erstatten.
Herr Senator, ist Ihnen bekannt, dass es im Rahmen der TIMSS-Studie entsprechende Aufzeichnungen in einzelnen Teilnehmerländern gegeben hat, die dann zu entsprechenden Auswertungen und auch dazu geführt haben, dass man das international aussagekräftiger bewerten konnte als sonst? Wie sehen Sie das vor dem Hintergrund der Frage, ob Hamburg dieses zulassen wird oder nicht?