Protokoll der Sitzung vom 06.02.2003

Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Rumpf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Lühmann, eine schöne Große Anfrage, lauter schöne Fragen, lauter schöne Antworten und herausgekommen ist eine kärgliche Debatte, wie wir sie hier schon öfter geführt haben, mit immer den gleichen inhaltsleeren Vorwürfen von dieser Seite.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Wenn Sie nicht aufhören, ständig die Teufelchen an die Wand zu malen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, dass keiner mehr Angst hat, wenn dann wirklich mal ein Teufel erscheint.

Ich fange mal mit den einzelnen Punkten an. Sie haben gesagt, durch die Tempo-60-Regelung würde mehr Lärm entstehen. Es handelt sich, wie Sie nachlesen konnten, um 1 Dezibel – A –. Die ist bei einer Geräuschbelastung von 65 Dezibel – A –, die jetzt schon besteht, im Grunde genommen gar nicht wahrnehmbar, zumal Sie natürlich berücksichtigen müssen, dass ein fließender Verkehr eine gleichmäßige Geräuschkulisse erzeugt, während Stop-and-goVerkehr eine unregelmäßige Geräuschkulisse erzeugt, die wesentlich störender ist. Das haben Sie aber überhaupt nicht erwähnt.

Mehr Abgase: auch die übliche Litanei. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die meisten heutigen Fahrzeuge schon bei Tempo 60 in einem nächst höheren Gang fahren können und damit niedrigere Motordrehzahlen erzeugen, was wiederum zu niedrigeren Emissionen führt. Darüber haben Sie überhaupt nicht nachgedacht. Ich weiß nicht, mit welchen Autos Sie fahren, aber die meisten fahren bei Tempo 60 schon längst im vierten Gang.

Mehr Unfälle sind das Standardargument bei Tempo 60. Sie haben den Vergleich mit dem europäischen Ausland bemüht. Gucken Sie sich doch einmal an, wo im europäischen Ausland Tempo 50 und wo Tempo 60 innerorts gilt. Da fällt mir als erstes Beispiel Frankreich ein. In Frankreich gilt innerorts Tempo 60, während auf Autobahnen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 130 besteht. Nichtsdestotrotz sind die französischen Unfallzahlen innerhalb der Städte niedriger als die deutschen, auf den Autobahnen aber höher. Ich würde mich nicht dazu versteifen zu sagen, jeweils dort, wo keine Geschwindigkeitsbegrenzung besteht oder wo höhere Geschwindigkeiten gefahren werden, gibt es weniger Unfälle; damit hat es nicht unbedingt etwas zu tun.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das liegt an den französi- schen Autos!)

Genau diese These wird durch die Untersuchungen, die Herr Hesse hier schon erwähnt hat, gestützt. Es gibt keine

signifikanten Unterschiede der Unfallzahlen bei Tempo 50 oder Tempo 60 innerhalb der Ortschaften. Und um das Zitat von Herrn Hesse noch zu erweitern, dieses Gutachten endet mit dem Satz:

„Selbst wenn eine Rücknahme der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 10 Kilometer pro Stunde durch das Verkehrszeichen 274 StVO deutlich gemacht wird,“

das ist dieses rote runde Schild mit einer 50 –

„ist nach aller Erfahrung nicht damit zu rechnen, dass dadurch ein merkbarer Sicherheitsgewinn auftritt.“

(Jörg Lühmann GAL: Das Schild alleine bringt es nicht!)

Das Schild alleine bringt es nicht, auch die reduzierte Geschwindigkeit bringt es nicht, weil dies andere Gründe hat.

(Bernd Reinert CDU: Richtig!)

Sie haben die Wohnbevölkerung vor Ort in die Argumentation gebracht. Natürlich ist das Wohnen an einer Hauptverkehrsstraße kein Zuckerschlecken, aber dies ist es nicht bei Tempo 50 und auch nicht bei Tempo 60. Es spielt im Zweifelsfall für die Wohnortbestimmung des Einzelnen aber auch eine untergeordnete Rolle, denn sonst würde er ja nicht dorthin ziehen. Es kann sich jeder selbst aussuchen, ob er morgens um 6 Uhr durch einen Trecker geweckt werden möchte oder durch den allmorgendlichen Stau.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Antje Möller GAL: Wo leben Sie denn?)

Ich werde eher durch Trecker geweckt.

(Uwe Grund SPD: Das kann sich eben nicht jeder aussuchen. Das ist Ihre Welt, in der Sie leben!)

Die von Ihnen ins Feld geführte Durchschnittsgeschwindigkeit ist in Hamburg in der Tat höher als in vergleichbaren europäischen Städten, weil der gesamte Stadtstaat Hamburg mit den Schnellstraßen nach Bergedorf und den innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen und Autobahnen, wo es überhaupt keine Ampeln gibt und Tempo 80 oder 90 gefahren wird, in die Untersuchungen mit einbezogen wird. Dies hebt den Schnitt ungemein, so etwas gibt es zum Beispiel in Brüssel oder Madrid gar nicht. Sie vergleichen Äpfel mit Birnen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Jörg Lühmann GAL: Nein!)

Dann hat Herr Dose erwähnt, dass die Liste dieser Straßen noch nicht vorliegen würde und ihm alles zu lange dauern würde, auch wenn er eigentlich der Meinung sei, dass es gar nicht lange genug dauern könnte. Es ist doch ziemlich deutlich gemacht worden, dass wir sehr eingehend prüfen, ob eine Erhöhung auf Tempo 60 in den einzelnen Straßenabschnitten überhaupt möglich ist. Nur nach dieser eingehenden Prüfung, die auch sicherheitsrelevante Aspekte berücksichtigt, kann man überhaupt so eine Straße in die Argumentation mit einbringen. Wenn wir sichergestellt haben, dass dies keine Unfallrelevanz haben wird, kann die Bürgerschaft politisch darüber entscheiden, dort wieder Tempo 60 einzuführen, aber das dauert einen Moment.

Und wenn Herr Dose bei Tempo 60 schon von einem Geschwindigkeitsrausch spricht,

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Raserei!)

so kann ich ihm sagen: Herr Dose, so ein Auto hatte ich auch einmal.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann stelle ich fest, dass die Große Anfrage 17/1976 besprochen worden ist.

Ich rufe die Punkte 15 bis 18 auf, die Drucksachen 17/2062 bis 17/2064 und 17/2074. Unterrichtungen durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Berichte der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, des ZDF und des DeutschlandRadios über deren wirtschaftliche und finanzielle Lage.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Bericht über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Landesrundfunkanstalten (ARD) – Drucksache 17/2062 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Bericht an die Landesparlamente der NDR Staatsvertragsländer über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Norddeutschen Rundfunks – Drucksache 17/2063 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Bericht über die wirtschaftliche Lage des ZDF – Drucksache 17/2064 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Bericht über die wirtschaftliche Lage des DeutschlandRadios – Drucksache 17/2074 –]

Alle vier Drucksachen möchte die SPD-Fraktion an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Der Abgeordnete Müller-Sönksen bekommt es.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Mittelpunkt dieser Debatte stehen die Berichte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an die Landesparlamente. Aber es geht hier auch um die Rahmenbedingungen für den Rundfunk in Hamburg und Deutschland. Dabei spielt auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine wichtige Rolle; aber dazu komme ich gleich noch.

Die FDP, aber auch unsere Koalitionspartner möchten das Mediengesetz in Hamburg novellieren, um es den Medienunternehmen in Hamburg einfacher zu machen. Wir möchten sie von bürokratischer Last befreien, um den Standort Hamburg für sie attraktiv zu machen. Dazu werden wir mit unserer Novellierung beitragen und so für die Rundfunksender bessere Voraussetzungen schaffen.

Wir wollen das Mediengesetz reformieren, um den Medienstandort Hamburg wieder dahin zu bringen, wo er hingehört, und zwar an die erste Stelle in Deutschland. Das Wichtigste dafür sind nun einmal attraktive Rahmenbedingungen, wozu ohne Zweifel auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen gehören. Bürokratieabbau, Vereinfachung der Zulassung, Deregulierung und Stärkung der

Eigenverantwortung der im Medienbereich selber Handelnden sind nur einige der Leitlinien für unser Reformvorhaben.

Das heutige Hamburger Mediengesetz ist ein Flickwerk, das noch auf die Ursprünge des Privatfunks von vor weit über 14, 15 Jahren zurückgeht. Mit den Anforderungen an die heutige Medienwirtschaft hat es gar nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun. Zahlreiche andere Länder – auch rotgrün-regierte Länder wie zum Beispiel Nordrhein-Westfalen – haben auf die Anforderungen der heutigen Medienwelt reagiert und ihre Mediengesetze novelliert. Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, sind pauschal gegen alles, was aus dieser Koalition kommt, und wittern überall Filz; das sind Sie vielleicht aus Ihrer Zeit gewohnt.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, ich wäre Ihnen schon dankbar, wenn Sie zum Tagesordnungspunkt einen Konnex herstellen würden.

Das wird selbstverständlich kommen, Herr Präsident. Selbstverständlich sind öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk in einem Kontext zu sehen und deswegen komme ich gleich dazu.

Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, sind pauschal gegen alles, was von uns kommt, und sagen überall, dass Filz dabei sei. Filz sind Sie von Ihrer bisherigen Politik gewohnt und mögen meinen, dass es auch andere so machen, wenn sie regieren, aber da liegen Sie bei uns völlig falsch. Je öfter Sie Filz schreien – etwas anderes können Sie an solchen Stellen auch kaum –, desto unglaubwürdiger machen Sie sich; aber in diesem Sinne nur weiter so.

Wenn Sie über staatlichen Einfluss bei Aufsichtsgremien von Rundfunksendern sprechen wollen, dann reden wir doch einmal darüber.

(Jens Kerstan GAL: Danke!)

Diese Debatte, in der es um den öffentlich-rechtlichen Sender geht, ist dafür genau der richtige Zeitpunkt und nicht die Debatte über die Reform des Hamburger Medienrechts, denn Sie wissen, dass Ihre Vorwürfe absurd sind, wenn Sie wider besseres Wissen behaupten, wir würden bei der Besetzung des Vorstands parteipolitisches Postengeschacher betreiben.

(Ingo Egloff SPD: Passen Sie mal auf, dass das Ver- fassungsgericht mitmacht, Herr Kollege!)

Ich sage es noch einmal: Wenn wir bei unserer Novellierung auch die Struktur des Vorstands auf den Prüfstand stellen und möglicherweise bei unseren Überlegungen herauskommt, dass das bisherige pluralistische Versammlungsmodell nicht mehr sinnvoll ist und wir es durch ein Expertengremium ersetzen wollen, in dem ausgewiesene Medienfachleute sitzen, dann macht es wenig Sinn, jetzt noch einmal einen Vorstand nach alter Struktur für fünf Jahre zu wählen, um dann die Änderungen im Mediengesetz hinsichtlich der Vorstandsstruktur ad absurdum zu führen.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, ich bin sehr geduldig. Aber wir sollten uns