Protokoll der Sitzung vom 21.05.2003

Meine Damen und Herren, ich gebe das Wort jetzt an Frau Dr. Freudenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch die GAL-Fraktion freut sich über die Spendenbereitschaft, die das Projekt "Sternenbrücke" möglich gemacht hat. Aber, meine Damen und Herren, ich kann nicht in den doch etwas gefühlstaumeligen Lobgesang meiner Vorrednerinnen und Vorredner einstimmen, denn vieles an dem Projekt "Kinderhospiz" scheint mir fraglich und unklar.

Die Kernfrage lautet für mich: Gibt es in Hamburg eigentlich einen Bedarf für ein so großes stationäres Kinderhospiz mit immerhin zwölf Plätzen?

(Wolfgang Barth-Völkel Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Frau Freudenberg, das ist doch wohl etwas daneben!)

Es ist ganz unbestritten: Familien mit chronisch schwer kranken und behinderten Kindern brauchen mehr Hilfe. Es ist entsetzlich schwer, mit dem Wissen zu leben, dass das eigene Kind bald sterben wird und miterleben zu müssen, wie sich sein Zustand unaufhaltsam immer weiter verschlechtert. Wir müssen gemeinsam überlegen, wie wir diesen Familien und den Kindern besser helfen können. Ich denke nicht, dass das stationäre Hospiz die entscheidende Hilfe bringt. Wichtiger wäre aus unserer Sicht mehr ambulante Unterstützung, mehr Hilfe zu Hause, damit die Kinder im Kreis ihrer Familie gut versorgt sind und betreut werden. Es geht nicht nur um das würdevolle Sterben im Hospiz, sondern es geht um die ständige, jahrelange notwendige Unterstützung im Alltag und es geht auch um die Möglichkeit, zu Hause in Würde sterben zu können, denn das wollen viele. Für die oft völlig erschöpften Mütter wäre eine bessere Unterstützung im Alltag unserer Meinung nach wichtiger,

als die Möglichkeit der Aufnahme in ein Hospiz. So bleiben die Familien, und oft sind es ja ganz allein die Mütter, in ihrer Sorge um das todkranke Kind alleine gelassen.

Das Kinderhospiz "Sternenbrücke" bietet keine ambulanten Hilfen an, wenigstens vorerst nicht, obwohl sich die Fachleute einig sind, dass dies wichtiger wäre. Aber das klappt dann mit den Spenden nicht so, denn Spender wollen Gebäude sehen. Das ist das Problem.

Der zweite Punkt ist für mich die Zielgruppe. Das Kinderhospiz kann nur Kinder mit einer begrenzten Lebenserwartung aufnehmen. Wir wissen gar nicht, wie viele Kinder mit einer begrenzten Lebenserwartung es gibt. Wir haben in Hamburg einen sehr hohen Bedarf an intensiven Hilfen für Familien mit schwerstbehinderten Kindern, deren Lebenserwartung aber nicht so klar absehbar ist. Ich kenne zum Beispiel eine Mutter, die völlig erschöpft ist, die seit Jahren ihren dauernd künstlich beatmeten Sohn zu Hause pflegt und keine adäquate Hilfe bekommt, keine alternative Unterbringungsmöglichkeit findet, die ihr für ihren Sohn angemessen erscheint. Dieser junge Mann wird im Hospiz, auch mit seiner Mutter zusammen, nicht aufgenommen werden können, da er erstens inzwischen kein Kind mehr ist und zweitens seine Lebenserwartung, die sicher auch begrenzt ist, in ihrer Begrenztheit nicht so definiert ist.

Es gibt in Wiesbaden eine Einrichtung, die gerade eröffnet worden ist, die hier aber noch nicht erwähnt wurde. Die ist meiner Meinung nach besonders interessant, weil sie eine Kombination bietet. Sie ist eine Kombination aus Kinderhospiz und Erwachsenenhospiz und vor allen Dingen auch aus Familien entlastenden Hilfsangeboten für Familien mit behinderten Kindern, auch für solche, die eben nicht zu diesem begrenzten Kreis der Gruppe von Kindern gehört, die wissen, dass sie bald sterben müssen.

Ich möchte noch einen Satz zu der Geschichte des Kinderhospizes "Sternenbrücke" sagen: Ich denke, das müssen wir hier wissen und bedenken. Es ging ja sehr schnell mit diesem Projekt. Es ging sehr schnell damals, als in Rissen bekannt wurde, dass auf diesem großen, wunderbaren Grundstück von 40 000 Quadratmetern eine Flüchtlingsunterbringung geplant sei. Was war damals? Der Bürgerverein wollte keine Flüchtlinge in Rissen und plötzlich kam die Idee "Kinderhospiz" und dann ging alles ganz schnell.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist bösartig! – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist wirklich bösartig. Sie sind eine böse Frau!)

Auch wenn Sie mich wieder einmal bösartig finden: Ich denke, dass die Spenden auch deshalb so schnell zusammenkamen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Mir fällt es etwas schwer, zu diesem Thema zu sprechen. An der medizinischen Fakultät habe ich schwer kranke und todgeweihte Menschen kennen gelernt. Im

anatomischen Präparierkurs habe ich Leichen bis in die Details untersucht und auch viele meiner eigenen Patienten, zu denen ich ein sehr enges Verhältnis hatte, sind gestorben. Insofern habe ich eine gewisse Erfahrung mit dem Thema.

Und dennoch – wenn Kinder sterben, ist es etwas ganz anderes. Nicht nur, weil sie eigentlich noch ein langes Leben vor sich haben sollten und eigentlich wir Älteren zuerst mit dem Sterben dran wären. Es geht auch darum, dass gerade die sterben, denen unsere Fürsorge ganz besonders gilt und wir nichts dagegen machen können. Deshalb fällt es mir etwas schwer, zu diesem Thema zu sprechen.

Ich tue es dennoch, nicht nur, weil es meine Pflicht als Abgeordneter ist, sondern weil es schon etwas zu sagen gibt. Wenn unsere Fürsorge schon nicht mehr erreichen kann, dass das Kind überlebt, dann müssen wir wenigstens dafür sorgen, dass die Kinder nicht zu sehr leiden. Dazu ist aus meiner Sicht auch ein stationäres Kinderhospiz eine ganz wesentliche Hilfe. Dort können sich erfahrene Fachleute um die Kinder kümmern. Dort gibt es eine professionelle Ausstattung. Dennoch – insofern haben Sie Recht, Frau Dr. Freudenberg – werden die meisten Eltern ihre todgeweihten Kinder möglichst lange bei sich behalten wollen. Das ist auch gut so und wir sollten die Eltern-Kind-Beziehung auch in einer solchen Lage achten. Dennoch, Frau Dr. Freudenberg, es gibt Eltern, die wollen oder können diese Betreuung nicht leisten. Es gibt Zeiten, zu denen Eltern einfach für einige Zeit von dieser Aufgabe entlastet werden müssen, und es gibt Krankheitszustände, in denen professionelle Hilfe notwendig ist, ohne dass gleich eine Krankenhauseinweisung angemessen wäre. In all diesen Fällen reicht eben eine ambulante Betreuung nicht aus. Wir brauchen ein stationäres Kinderhospiz.

Wir sollten alle dankbar sein, dass das Kinderhospiz zustande gekommen ist. Ich danke den Spendern, den vielen ehrenamtlichen Helfern und auch der Bundesregierung für ihren Einsatz.

Mittlerweile, meine Damen und Herren, ist die Förderung einer stationären und auch ambulanten Versorgung durch Hospize beziehungsweise Hospizdienste in Paragraph 39a SGB V in den Absätzen 1 und 2 geregelt. Die Anhörung am 30. Januar 2003 hat zwar ergeben, dass hier noch Unzulänglichkeiten bestehen, aber offenbar gibt es auch in diesem Bereich des Gesundheitswesens viel Bürokratie und komplexe Rechtslagen.

Die FDP unterstützt deshalb das am letzten Freitag im Gesundheits- und Sozialausschuss fast einheitlich gefasste Petitum. Auch wenn damit, abgesehen von der Erstellung einer Informationsbroschüre, keine kostenwirksamen Versprechungen gemacht wurden, ist der Wille zu helfen eindeutig.

Meine Damen und Herren, das Kinderhospiz ist nur ein Anfang, aber ein guter Anfang. Alle Fraktionen, denke ich, wollen und werden mehr für todkranke Kinder tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält jetzt Herr Barth-Völkel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dr. Freudenberg, ich glaube, ich will gar nicht hören, was Sie da eben gesagt haben. So kann nur jemand reden, der keine Kinder hat. Ich glaube, Sie haben keine Kinder.

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL: Doch!)

- Haben Sie. Aber warum geben Sie dann so einen geistigen Dünnschiss von sich? Entschuldigen Sie bitte dieses harte Wort.

(Glocke)

Herr Barth-Völkel, ich rufe Sie zur Ordnung.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Was leisten Sie sich!)

In Polen gibt es 15 solcher Häuser. Wir haben gehört, dass es in Deutschland demnächst ein viertes Haus gibt. Ich weiß nicht, was Sie sich hier leisten und warum Sie auf Initiativen und Spender losgehen. Für eine gute Geschichte legen Sie sich so quer. Ich verstehe das einfach nicht. – Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Meine Damen und Herren, gibt es aus anderen Fraktionen noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aktuelle Stunde.

Als ersten Tagesordnungspunkt zu den Debatten rufe ich den Tagesordnungspunkt 31 auf, die Drucksache 17/2690, Antrag der Koalitionsfraktionen: Beseitigung von Straßenschäden.

[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Beseitigung von Straßenschäden - Drucksache 17/2690 -]

Wer wünscht das Wort? – Herr Reinert, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach dem Ende des Winters war es leider zu sehen: Auf vielen Asphaltstraßen waren Schlaglöcher erkennbar. Sie vermehrten sich in der Zahl, wie in der gleichen Zeit auf den Grünflächen die Krokusse hervorschießen. Dieses ist das Ergebnis der jahrzehntelangen Vernachlässigung der Straßenunterhaltung und -instandsetzung. Hier hat sich in langen Jahren ein Rückstau in ganz gewaltiger Höhe aufgebaut. Wir wollen mit unserer Politik diesen Rückstau und diese Schlaglöcher beseitigen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wir haben im vergangenen Jahr in dem Bereich "Grundinstandsetzung von Straßen" 18 Millionen Euro zusätzlich investiert. Wir haben für dieses laufende Haushaltsjahr den Ansatz für die Grundinstandsetzung gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt und wir haben für dieses Jahr weitere 7 Millionen Euro im Bereich der Straßenunterhaltung aufgetrieben und wollen diese jetzt

zur Beseitigung von Schlaglöchern umwidmen, denn rechtzeitige Unterhaltung von Straßen spart wirtschaftlich Geld. Rechtzeitig in die Unterhaltung zu investieren, verzögert notwendige Grundinstandsetzungen und ist von daher sehr viel wirtschaftlicher.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Deshalb begrüßen wir es außerordentlich, dass die Bezirksversammlung Hamburg Nord auf Antrag der SPDFraktion jetzt beschlossen hat, eine Hotline einzurichten, bei der Schlaglöcher gemeldet werden sollen. Wir finden das ganz hervorragend. Damit ist es möglich, das Geld wirklich an den nötigen Stellen auszugeben.

(Zuruf von Wolfgang Franz SPD)

- Nur, Herr Franz, wenn man dieser Koalition und diesem Senat hinreichend Zeit gibt, dann werden wir dafür sorgen, dass eine solche Hotline zur absoluten Coldline wird, weil es niemand mehr nötig haben wird, dort anzurufen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Und lassen sie mich das abschließend noch mit ein paar weiteren Zahlen untermauern: In der letzten Wahlperiode wurden insgesamt für den Bereich Straßenunterhaltung und Straßengrundinstandsetzung 88 Millionen Euro ausgegeben. Das sind etwa 22 Millionen Euro im Jahr. In dieser Wahlperiode werden allein in den Jahren 2002 und 2003 72 Millionen Euro ausgegeben werden. Das sind 36 Millionen Euro pro Jahr, das heißt, eine Steigerung gegenüber den Ausgaben unter Ihrer politischen Führung in ganz gewaltiger Höhe. Das trotz der haushaltspolitischen Zwänge, weil wir wissen, dass Hamburg als Verkehrsdrehscheibe gute Straßen braucht, damit die Wirtschaft vorankommt und nicht schlimmer unter den Bundeseinflüssen leidet, die sowieso schädlich genug sind. Wir schaffen die verkehrspolitische Grundlage zumindest hier in Hamburg, damit es wieder aufwärts geht.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Der nächste Redner ist Herr Winkler. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag wird die Bürgerschaft mit den Stimmen der Bürgerkoalition beschließen, den diesjährigen Etat für die Beseitigung von Straßenschäden um 7 Millionen Euro zu erhöhen. Damit steigen – und dies möchte ich gerne noch einmal unterstreichen – die Mittel, die hierfür zur Verfügung stehen, um fast 100 Prozent. Sie wachsen von rund 7,4 Millionen Euro auf 14,4 Millionen Euro. Die Bürgerkoalition verdoppelt somit die Instandhaltungsausgaben für das Beseitigen von Straßenlöchern.