Protokoll der Sitzung vom 03.09.2003

Wir glauben erstens: Wenn es nicht erfolgreich ist, wird es keine Wahlrechtsreform in dieser Stadt geben.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Doch!)

Zweitens: Ein erfolgreiches Volksbegehren kann die Verhandlungen in dem Verfassungsausschuss in unserem Sinne beflügeln.

Wir werden uns sicherlich an den Verhandlungen beteiligen, aber nicht daran, den Bürgern einen Gesetzentwurf über eine Wahlrechtsreform zu präsentieren, der weit davon abweicht, was den Bürgern durch die Volksinitiative vorgelegt bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL – Dr. Andrea Hilgers SPD: Lauter Unterstellungen!)

Das Wort erhält der Abgeordnete Rumpf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um das klarzustellen: Die FDP steht weiterhin uneingeschränkt hinter dem Modell der Initiative.

(Zurufe von der GAL: Oh!)

Aber Ziel ist die Veränderung des gegenwärtigen Wahlrechts. Der gemeinsame Vorschlag ist auf jeden Fall besser als das Wahlrecht, das wir zurzeit haben. Wir brauchen uns darüber auch keine Gedanken zu machen. Dass wir jetzt einen gemeinsamen Vorschlag vorliegen haben, ist letztlich der Initiative und dem ehrenamtlichen Engagement der Initiatoren zu verdanken. Dafür möchte ich mich auch recht herzlich bedanken.

(Beifall bei der FDP – Bernd Reinert CDU: Das ist jetzt aber Eigenlob!)

Wenn wir das Ziel einer Wahlrechtsreform erreichen wollen, brauchen wir in diesem Parlament einen breiten Konsens. Das ist ähnlich wie 1998, Herr Müller, Sie hatten es angesprochen, als es um „Mehr Demokratie“ ging. Auch damals gab es einen breiten Konsens innerhalb dieses Parlaments und auch damals war die Gemengelage nicht so einfach – damals für Sie, dieses Mal für uns.

Wir haben die Situation, dass wir neben dem Bürgerschaftswahlrecht auch das Bezirksversammlungswahlrecht ändern wollen und die Chance nutzen, dies mit einer Bezirksverwaltungsreform zu verbinden. Dazu müssen wir die Verfassung ändern und dazu brauchen wir diesen Konsens, weil wir dafür im Parlament eine qualifizierte Mehrheit benötigen.

Ich habe daher wenig Verständnis für die Kritik. Es hätte meines Erachtens keinen Sinn gemacht, hier gemeinsam in Schönheit zu sterben und dann einen engen Beschluss hinzunehmen, der womöglich die Möglichkeit offen lässt – die Angst haben Sie betont –, dass sich hinterher überhaupt nichts ändert. Die Gefahr hätte ich durchaus gesehen. Jetzt ist die Bürgerschaft verpflichtet, das Wahlrecht bis zur nächsten Wahl zu reformieren. Die Sozialdemokraten müssten sich in der Tat noch einmal Gedanken darüber machen, was sie in kommenden drei Wochen mit ihrem Antrag anstellen wollen. Sollte dieser Antrag in irgendeiner Weise angenommen werden, was ja kein Mensch glaubt, dann wird es zeitlich sehr eng mit einer Wahlrechtsreform.

Über die Einzelfragen, Herr Franz, werden wir dann noch einmal im Ausschuss debattieren.

Eine Frage habe ich aber noch. Es wurden zwei Punkte des Modells der Initiative besonders genannt. Ich kann es nachvollziehen, dass es bei einigen Parteien mit Mehrmandatswahlkreisen Schwierigkeiten gibt. Das hat nichts

mit der Stimmengewichtung zu tun, Herr Franz. Das war eine Luftblase. Sie wissen genau, dass die Initiative gesagt hat, man könne abweichen, weil es drei bis fünf direkt Gewählte geben kann. Dann sind bei den größeren Wahlkreisen natürlich fünf direkte Kandidaten dabei und bei den kleineren drei.

Ich verstehe, dass Sie damit aus Ihrer Sicht ein Problem haben, weil Sie dann nämlich in der Situation sind, drei oder fünf Kandidaten aufstellen zu müssen, die dann während des ganzen Wahlkampfs mit den Messern der anderen im Rücken herumlaufen müssen. Das ist Ihr Problem, wir haben damit weniger ein Problem.

(Heiterkeit bei bei der SPD)

Aber Kumulieren und Panaschieren auf Listen, meine Damen und Herren, kann nun wirklich nicht so schlimm sein. Haben Sie Angst, dass Eugen Wagner plötzlich auf Platz 1 kumuliert wird. Das glauben Sie doch selbst nicht.

(Heiterkeit)

Also denken Sie noch einmal darüber nach. Der Erfolg des Begehrens in den nächsten zwei Wochen oder vom 15. bis zum 29. September wird hier auf jeden Fall weiterhin für Antrieb sorgen und uns beflügeln. Dann bin ich auch sehr dankbar dafür, dass das Modell, das die Bürgerschaft entwirft, zur Abstimmung gestellt wird. Am Ende wird der Wähler selber entscheiden können, wie er in Zukunft wählen will. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort erhält der Abgeordnete Jan Ehlers.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Der Antrag ist gut, er ist längst fällig. Wir haben in den vergangenen Jahren schon viel Zeit verstreichen lassen und tausend Argumente erfunden, um uns vor dieser Aufgabe zu drücken. Man kann natürlich eine solche Reform nicht machen, ohne mindestens in der Wiege der Demokratie ein Zitat zu suchen. Ich habe eines bei Demosthenes gefunden und das heißt:

„Jede Rede erscheint eitel und nichtig, sobald die Tat ihr nicht Nachdruck gibt.“

Wir wollen handeln, wir sind dazu bereit, Sie sind es auch, also handeln wir.

Zum Ausklang noch ein Zitat von Goethe:

„Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen.“

Damit Sie die Chance auf das kleine Lied, das gute Gedicht und ein treffliches Gemälde haben, höre ich jetzt auf und hoffe, das war wenigstens ein vernünftiges Wort.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Zunächst der GAL-Antrag, Drs. 17/3260. Wer stimmt einer Überweisung an den Verfassungsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieser einstimmig so überwiesen.

Wir kommen zum gemeinsamen Antrag der SPD-Fraktion und der Koalitionsfraktionen, Drs. 17/3270. Wer möchte diesen an den Verfassungsausschuss überweisen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dies ist mit sehr großer Mehrheit abgelehnt.

Dann lasse ich über den Antrag in der Sache abstimmen. Wer möchte ihn beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses mit sehr großer Mehrheit so beschlossen.

Die CDU-Fraktion hat eine nachträgliche Überweisung der Drs. 17/3270 an den Verfassungsausschuss beantragt. Wer stimmt zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das war einstimmig.

Von der Drs. 17/2927 hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Die in der Geschäftsordnung für bestimmte Punkte der Tagesordnung vorgesehene

Sammelübersicht

haben Sie erhalten. Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft die unter A aufgeführten Drucksachen zur Kenntnis genommen hat.

Wer stimmt dem Übereisungsbegehren unter B zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Wer schließt sich den Ausschussempfehlungen unter C an? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dies ist ebenfalls einstimmig so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 27, Drs. 17/2874: Feststellung des Senats über das Zustandekommen eines Volksbegehrens, hier: Volksbegehren „Gesundheit ist keine Ware“.

[Senatsmitteilung: Feststellung des Senats über das Zustandekommen eines Volksbegehrens hier: Volksbegehren „Gesundheit ist keine Ware“ – Drs. 17/2874 –]

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Tagesordnungspunkt 34, Drs. 17/3034, Mitteilung des Senats zum Einzelplan 8.1. „Behörde für Inneres“, Kapitel 8010 „Einwohner-Zentralamt“, Neuordnung der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Neuzuwanderer ohne gesicherte Aufenthaltsperspektive.

[Senatsmitteilung: Einzelplan 8.1 „Behörde für Inneres“ Kapitel 8010 „Einwohner-Zentralamt“ Neuordnung der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung

______________