Protokoll der Sitzung vom 13.11.2003

Leider wurde das Anliegen im Frühjahr 1978 abgelehnt, weil der Senat damals keinen Anlass sah,

"lediglich für eine sehr kleine und deshalb privilegierte Gruppe von Bürgern ein in sich schon problematisches Angebot zu machen",

so heißt es in der Drs. 8/3610. Bausenator war damals, Herr Rumpf, der FDP-Mann Rolf Bialas.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Gut recherchiert! – Zuruf von Dr. Willfried Maier GAL)

Das können Sie ja gleich noch in die Debatte einbringen, Herr Maier.

Nun mag der liberale Sinneswandel damit zusammenhängen, dass, wie es Rolf Lautenschläger am 7. Februar 2003 in der "TAZ" über die Wasserstadt GmbH in Berlin geschrieben hat,

"das Leben auf dem Wasser … einhergeht mit einer erträumten Freiheit, dem weiten, unverstellten Blick, jenseits von festem Boden unter den Füßen"

und insofern geradezu die Seelenhaltung der Hamburger FDP wiedergibt.

(Beifall bei der SPD)

Die FDP, die nur von Freiheit träumt, deren Blick vom Rest der Koalition verstellt ist, die keinen festen Boden mehr unter den Füßen hat und deren Konteradmiral ja schon ins Schwimmen geraten ist.

(Beifall bei der SPD – Michael Neumann SPD: Von Bord gegangen ist!)

Meine Damen und Herren, verwundern tut mich dann aber doch die Zustimmung des Restes der Koalition, von CDU und Schill, denn Lautenschläger schreibt weiter:

"Wohnen auf dem Hausboot entzieht sich der bürgerlichen Vorstellung vom festen, dauerhaften Wohnsitz und -ort. Mit dem schwankenden und beweglichen Kahn und seinen Bewohnern verbinden sich Attribute des Mobilen, Nichtsesshaften und Anarchischen."

Hausboote sind also im Prinzip schwimmende Bauwagen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Na und?)

Ihre Bewohner müssen ähnlich strukturiert sein wie Bauwagenbewohner: mobil, nicht sesshaft, anarchisch. Mit Bauwagen und deren Bewohnern haben Sie doch eigentlich nicht so viel im Sinn, meine Damen und Herren.

Wir brauchen in Hamburg eigentlich eine Wohnungspolitik, die mehr ausmacht als ein paar schwimmende Bauten oder Floating-Homes, wie es in Neudeutsch heißt. Die Hamburger haben größere Erwartungen in eine Wohnungspolitik dieser Koalition, gerade vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Probleme. Machen wir uns keine Illusionen: Hausboote haben nicht viel mit Wohnungspolitik zu tun. Sie werden keinen Beitrag zur Bekämpfung der sich am Wohnungsmarkt abzeichnenden Engpässe leisten. Dazu wird es nicht reichen. Machen wir uns doch keine Illusionen, Herr Rumpf – Sie haben ja die Zahlen genannt –, dass diese Wohnform breiten Bevölkerungsschichten offen stehen werde, denn allein die Herstellungskosten eines Hausbootes sind wesentlich teurer als

der Bau eines Einfamilienhauses. Insofern ist es bestimmt nicht kostengünstig, wie Sie in Ihrem Antrag noch schreiben.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das ist gar nicht wahr, ist ja nicht mal unter- kellert!)

In Berlin ist ein Wettbewerb durchgeführt worden, Herr Frühauf, die Preise liegen bei bis zu 500 000 Euro.

Trotzdem werden wir diese Initiative unterstützen, denn Hausboote können aus unserer Sicht eine Attraktion für Hamburg sein, wenn sie auch architektonisch etwas hermachen. Sie können zusätzliche Attraktivität schaffen. Sie können zumindest einen Beitrag zur Belebung der Innenstadt leisten, wenn wir denn auch in den Fleeten Liegeflächen schaffen können. Außerdem können sie dazu beitragen, meine Damen und Herren – da haben Sie noch kleine Probleme – , schneller die kritische Masse an Wohnbevölkerung in der HafenCity zu schaffen, die nötig ist, um die aufwändige Infrastruktur in der HafenCity an Kindergartenplätzen, Einkaufsmöglichkeiten und Ähnlichem mehr zu schaffen.

Meine Damen und Herren, bis es aber so weit ist, ist es noch ein steiniger Weg, damit aus den Floating-Homes keine Flopping-Homes werden. Eine Vielzahl von Vorschriften und Auflagen stehen einer schnellen Zulassung entgegen, Sie hatten es erwähnt. Die sind ja nicht alle bürokratische Hirngespinste. Ich erinnere nur daran, wie wir – und ich glaube, da haben wir alle an einem Strang gezogen – die öffentliche Zugänglichkeit der Hamburger Wasserflächen erkämpft haben. Das darf dabei nicht wieder preisgegeben werden. Wir sind also gespannt, ob ein Schill-Bausenator erfolgreicher agiert als ein FDPBausenator, wenn es darum geht, schwimmende Bauwagen in Hamburg zu legalisieren.

(Beifall bei der SPD – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: So'n dumm Tüch!)

Das Wort hat der Abgeordnete Hesse.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hamburg Vision 2020: Sprung über die Elbe. Wir brauchen Phantasie, Vorstellungskraft, Ideen und Durchsetzungskraft, um uns vorzustellen, wie sich unser Hafengebiet entwickeln wird. All dieses hat dieser Senat und die ihn heute auch wieder tragenden Fraktionen, insbesondere die FDP mit ihrem Antrag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren – ich bitte Herrn Quast, jetzt besonders zuzuhören –, die CDU-Fraktion hat sehr klare Vorstellungen, was sie sich bei Wohnen auf dem Wasser vorstellen kann und was nicht. Wir als CDU-Fraktion wollen hochwertiges, qualitatives Wohnen und kein Substandard-Wohnen wie auf Bauwagenplätzen oder anderen gescheiterten Wohnprojekten dieser Stadt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Jan Quast SPD: Warum haben Sie es nicht einge- bracht?)

Aber immerhin von Herrn Rumpf, das ist auch etwas wert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen keine rechtlichen Privilegien für einige wenige hier in dieser Stadt, die sich das entweder leisten können oder die mit Gewalt versuchen, die Stadt zu erpressen.

Dieses vorausgeschickt, es gibt auch noch einige technische Dinge – das ist ja bei beiden Vorrednern schon angesprochen worden –, die wir natürlich auch klären müssen, um geeignete Standorte zu finden. Durch die Brücken zum Beispiel, von denen wir ja im Hafengebiet sehr viele haben, werden flexible Lösungen und damit auch der Standortwechsel von Booten natürlich sehr erschwert. Die zum Wohnen erforderliche Infrastruktur muss natürlich in den meisten Fällen auch angepasst oder erst hergestellt werden und ist im Tidebereich – auch das hat Herr Quast ja angesprochen – voraussichtlich besonders kostenaufwändig. Die meisten Hafenbecken und Kanäle im Hamburger Stadt- und Hafengebiet befinden sich in industrieller Umgebung und eignen sich wegen der örtlichen Verhältnisse und/oder der Emissionen nicht ohne weiteres zur partiellen Wohnnutzung. Zudem sind bau-, umwelt- und planungsrechtliche Detailuntersuchungen für jeden einzelnen Standort die absolut notwendige Voraussetzung. So wären zum Beispiel für einen Standort Spreehafen eine Fülle von bau-, umwelt- und planungsrechtlichen Details zu klären, und ebenso, wie das der GAL-Antrag besagt, natürlich am Berliner Ufer, bevor eine sinnvolle und zielführende Erörterung der grundsätzlichen Frage begonnen werden kann, ob man dort Stadtentwicklung machen kann oder was dort stattfinden soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es steht uns also im Ausschuss noch sehr viel Arbeit bevor, bis wir wirklich geeignete Stellen finden, wo wir diese Projekte umsetzen können. Lassen Sie uns überlegen, wie und wo wir bereits die erfolgreiche Entwicklung und Erschließung des Hafengebietes mit Wohnen auf dem Wasser sinnvoll ergänzen können. Der Sprung über die Elbe wird so auf jeden Fall noch attraktiver. Wir stellen uns als Koalition dieser Aufgabe gerne. Wir finden die Idee faszinierend. Wir müssen eben nur gucken, wo wir sie umsetzen können und das werden wir im Ausschuss tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Stephan Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, Herr Quast, Ihre Rede war bis dahin gut, wie Sie gesagt haben, das sei eine sehr gute Idee. Es ist auch ohne Zweifel eine sehr charmante Idee. Ich stimme dem da vollkommen zu.

Ich kann mir nur vorstellen, warum Herr Bialas dieses vor 25 Jahren abgelehnt hat: Weil Sie wahrscheinlich genau dies wollten, was wir eben nicht wollen.

(Dr. Willfried Maier GAL: Das hat der Hafensena- tor abgelehnt!)

Wir möchten eben keine Bauwagen auf dem Wasser haben, sondern wir möchten Leben auf dem Wasser in einer etwas anderen Form haben. Leben auf dem Wasser hat gemeinhin mit dem Hausboot nicht mehr allzu viel zu tun, nur mit der Eigenschaft, dass diese Unterkünfte ebenfalls schwimmen. Ich glaube auch nicht, dass hier

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ein Sinneswandel insbesondere von Herrn Rumpf eingetreten ist. Vor 25 Jahren war er zehn Jahre alt, da hat er auch nicht auf dem Wasser gelebt, höchstens im Wasser geplanscht.

(Bernd Reinert CDU: Vielleicht konnte er da schon schwimmen!)

Insofern wollen wir ihm das auch nachsehen.

Das meiste wurde schon erwähnt. Ich denke, das hat nichts damit zu tun, dass man sich nur hier hinstellt und sagt: Das soll eine Ergänzung sein, um eine eventuell vorherrschende Wohnungsnot zu bekämpfen. Das ist natürlich vollkommener Quatsch. Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Es ist ein gewisses Stück an Attraktivitätssteigerung, es hat etwas mit der Metropolregion zu tun, es hat etwas mit der Stadtentwicklung zu tun, mit wachsender Stadt, es gehört in die HafenCity.

Wir müssen uns natürlich – gar keine Frage – noch einmal Gedanken über die Standorte machen. Deswegen werden wir dieses auch an den Ausschuss überweisen. Sie alle haben es schon erwähnt – gar keine Frage: Es wird natürlich schwierig werden, dieses gesetzlich irgendwo zu regeln, aber deswegen sind wir ja hier. Das ist unsere Aufgabe. Und insofern finde ich: Das ist eine tolle Idee. Ich freue mich darauf im Ausschuss. – Danke.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Möller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss ja einmal ganz deutlich sagen, ich bin ja immer für Klarheit und offene Worte: Dem, was Sie hier an Visionen formuliert haben und wie Sie sich das Leben auf dem Wasser so vorstellen, steht, glaube ich, ein entscheidender Punkt entgegen und das ist ein Veto des Wirtschaftssenators.

(Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Es kommen immer erst die Visionen!)

Bisher haben wir das in jeder Legislaturperiode gehabt. Bisher hat sich da immer der für Strom- und Hafenbau zuständige Senator frühzeitig geäußert und dem war es bisher auch immer egal – um das auch noch einmal deutlich zu sagen –, ob es sich sozusagen um das Eigenheim handelt, das dann zwar nicht Grund und Boden um sich hat, sondern schwimmt, oder ob es Substandard war, wie Sie es so schön genannt haben. Es war bisher schlicht und ergreifend nicht möglich, im Gebiet des Hafens dauerhaft auf dem Wasser zu wohnen. Das ist nicht zulässig, aber es war auch politisch nicht durchsetzbar.

Deswegen haben wir uns ja erlaubt, einen kleinen, aber feinen Änderungsantrag zu formulieren, der einfach zwei Schritte beschreibt, die als erstes gemacht werden müssen, und dann können wir darüber reden, ob das hochpreisige – 400 000 Euro, schöne Idee, so etwas zu realisieren – Wohnen im Eigentum sein soll oder darf es denn doch die eine oder andere Kombination aus Wohnen und Gewerbe – kreativen Werkstätten – ,so, wie wir es jetzt schon im Moment in einem nicht-dauerhaften Zustand finden, sein. Entscheidend ist, dass das Gelände, über das wir reden, also die Uferzone – deswegen Berliner Ufer: Herr Hesse, das ist das südliche Ufer des Spreehafens im Übrigen, auf der anderen Seite liegt das Niedern

felder Ufer, also im nördlichen Teil –, aus dem Hafen-EG hinaus muss. Und es muss beim Bundesministerium für Finanzen beantragt werden, dass der Zollzaun verlegt wird. Das sind die Punkte, die hier als erstes anstehen und nicht diese romantisierenden Visionen darüber, wie schön das Leben auf dem Wasser ist. Das ist auch eine spannende Idee, hat aber mit Politik nicht viel zu tun.