Protokoll der Sitzung vom 25.02.2004

Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor, dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 17/4264, 17/4304 und 17/4306 an den Verfassungsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Der Überweisungsantrag ist abgelehnt.

Lassen Sie uns nunmehr in der Sache abstimmen, zunächst den CDU-Antrag aus der Drucksache 17/4306. Wer möchte denselben beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Ich komme zum FDP-Antrag aus der Drucksache 17/4304. Wer möchte die Änderungen beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich so beschlossen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wer stimmt nunmehr dem Antrag aus der Drucksache 17/4264 mit den soeben beschlossenen Änderungen zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dies ist bei einer großen Anzahl von Stimmenthaltungen mit großer Mehrheit so beschlossen.

(Zuruf)

Man kann in diesem Hause immer nur einmal abstimmen.

Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 17 auf, Drucksache 17/4038, Große Anfrage der FDP-Fraktion: Deregulierungsmöglichkeiten zur Förderung von Wirtschaft und Lebensqualität in Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion der FDP: Deregulierungsmöglichkeiten zur Förderung von Wirtschaft und Lebensqualität in Hamburg – Drucksache 17/4038 –]

Wer wünscht hierzu das Wort? – Der Abgeordnete Rumpf und er hat es.

(Michael Neumann SPD: Das ist das letzte Mal für Jahre, dass die FDP ihre Stimme hier erhebt! Eine echte Abschiedsrede!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach diesem schönen Erfolgserlebnis noch ein weiteres. Ein paar Worte zu Thomas Dehler, ein paar Worte zu Karl-Hermann Flach. Deregulierung tut Not – das ist in diesem Hause schon gesagt worden –, insbesondere der Mittelstand ächzt unter den Bürokratielasten. Der jährliche Bürokratiekostenaufwand im deutschen Mittelstand wird auf mehrere hundert Millionen Euro geschätzt. Einer bayerischen Umfrage zufolge geben 68 Prozent der mittelständischen Unternehmen bürokratische Hemmnisse als Hauptproblem an, weit mehr als die schlechte wirtschaftliche Lage.

Gerade jetzt im Wahlkampf wird bei Gesprächen mit den Verbänden oder am Stand immer wieder auf das Problem der überbordenden Bürokratie hingewiesen, neben der Steuerlast das Haupthemmnis für Aufschwung und Arbeitsmarkt.

(Thomas Böwer SPD: Sie haben Besuch am Stand?)

1039 Hamburger Normen gelten zurzeit in der Freien und Hansestadt, Bundesgesetze und Verordnungen oder europäische Verordnungen nicht mit eingerechnet. 1039 Normen, davon 302 Gesetze, 679 Senatsverordnungen und 58 Globalrichtlinien als Handlungsanweisungen für die Bezirke. 1039 Normen, die vom Bürger zu befolgen und von der Verwaltung zu beachten sind. Das macht im Schnitt 130 pro Behörde, wobei einige, wie die Bau- und die Sozialbehörde, natürlich stärker belastet sind als andere.

(Thomas Böwer SPD: Davon gibt es 5 Prozent!)

Davon 5 Prozent. Wenn wir wenigstens die wegbekämen, wäre das schon ein erster Schritt.

1039 Normen, interne Dienstanweisungen nicht eingerechnet, die die Bürger in ihrer Entfaltung beeinträchtigen, die Beamten bei der Erledigung ihrer Aufgaben bremsen und die Gerichte belasten. Wir sind dem Senat für die Antwort und die Liste sehr dankbar, zeigt sie doch zweierlei Dinge auf:

Erstens kann sich nun ein jeder Gedanken machen, ob wir ein Gesetz über die durch innere Unruhe verursachten Schäden vom 12. Mai 1920 wirklich noch brauchen oder eine Verordnung zur Durchführung der Hinterlegungsordnung vom 12. Mai 1937 oder ein Gesetz zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf Märkten und Volksfesten vom 6. März 1985 oder ein Gesetz über den Sonderurlaub für Jugendgruppenleiter vom 28. Juni 1955 oder ein Brütereigesetz, oder heißt es Brüter-Ei-Gesetz vom 8. Juli 1957. Brauchen wir das alles wirklich?

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Beantworte die Frage!)

Zweitens hat die Antwort des Senates gezeigt, dass eine Kommission in einer Behörde offensichtlich nicht ausreicht, um tatsächlich nachhaltig zu deregulieren.

(Beifall bei der FDP)

Auf unsere Bitte, die Gesetze daraufhin zu ordnen, ob sie der Umsetzung von EU- oder Bundesrecht dienen, antwortete der Senat:

(Thomas Böwer SPD: Ihr Senat!)

„Die Beantwortung dieser Fragen würde die umfassende inhaltliche Überprüfung nicht nur eines jeden Gesetzes beziehungsweise einer jeden Verordnung insgesamt, sondern grundsätzlich jeder einzelnen Norm dieser Rechtssetzungen voraussetzen.“

Dieses sei – zusammengefasst – in der für die Beantwortung einer Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit trotz der Einsetzung des Deregulierungsprojektes des Senats vom 15. Juli 2003 mit vertretbarem Aufwand nicht zu leisten.

(Thomas Böwer SPD: Typisch Beust!)

Das nimmt uns dann doch ein wenig wunder, ist doch die Frage nach der Kompetenz, die als erste bei ernst zu nehmenden Deregulierungsbemühungen beantwortet werden muss. Wenn dieses auch nach einem halben Jahr nicht geschehen ist, liegt wohl der Schluss nahe, dass das Parlament das alles selber machen muss. Wir versprechen Ihnen, in der nächsten Legislaturperiode die entsprechenden Streichlisten vorzulegen. Echte und ernsthafte Deregulierung gibt es wohl nur mit der FDP.

(Beifall bei der FDP – Michael Neumann SPD: Das war eine schöne Rede!)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Dräger.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Rumpf, Ihren letzten Schlusssatz möchte ich gerne aufnehmen. Offenbar hat es ja eine ernsthafte Deregulierungspolitik in den letzten zweieinhalb Jahren mit der FDP nicht gegeben.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan GAL)

Deswegen wirkt Ihr Versuch, sich vier Tage vor der Wahl noch einmal als die großen Entbürokratisierer und Deregulierer aufzuspielen, doch ziemlich lächerlich und hilflos. Ich glaube nicht, dass Sie die Partei sind, die sich bei dieser Diskussion über weniger, bessere, weniger bürokratische Gesetze besonders hervortut. Ich glaube, wir haben einen breiten Konsens darüber, dass es natürlich schön und gut und vielleicht auch besser wäre, wenn es einfachere, verständlichere Gesetze gebe, aber es zeigt sich eben auch, dass Sie als FDP nur in der liberalen Theorie gut sind, in der Praxis versagen Sie dann.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren Kollegen! Für die Selbstauflösung ist es etwas zu früh.

(Thomas Böwer SPD: Wir haben verkürzt! – Michael Neumann SPD: Haben wir doch schon!)

Jedenfalls sollten Sie sich, wenn Sie es wirklich ernst meinen mit der Vereinfachung von Verwaltung, von Gesetzen und so weiter, nicht darauf beschränken, große Anfragen zu stellen, deren Antworten Sie genauso gut oben in der Parlamentsdokumentation finden könnten. Dort finden Sie die ganzen Gesetze und Verordnungen. Dafür brauchen Sie keine Große Anfrage, in der die alle aufgelistet werden. Das kann man sehr viel einfacher haben. Diese Große Anfrage war so überflüssig wie ein Kropf.

(Beifall bei der SPD – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: So überflüssig wie der PUA für eine halbe Million Euro!)

Das Einzige, was Sie demonstrieren wollen, ist erneut ein wirklich hilfloser Versuch, dass man Sie für irgendetwas braucht in diesem Parlament. Und noch eines: Sie unterliegen einem wirklich sehr grundsätzlichen Irrtum: Nicht der Senat macht die Gesetze und nicht wir müssen dem Senat irgendwelche Vorschläge präsentieren, wie er sie besser machen könnte, sondern wir machen die Gesetze und Sie hätten die Gesetze hier so mitgestalten können, dass sie besser und einfacher und weniger sind.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

72 Gesetze sind zum Teil grundlegend geändert worden. Zwölf neue Gesetze sind in dieser Legislaturperiode hinzugekommen. Fünfundachtzigmal haben Sie die Gelegenheit gehabt zu zeigen, wie ernst Sie es mit Deregulierung, mit Vereinfachung, mit Befristung von Gesetzen meinen und fünfundachtzigmal haben Sie versagt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Spethmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Große Anfrage hat gezeigt, dass das Modellprojekt noch nicht beendet ist. Wir wollen die Ergebnisse des Modellprojektes abwarten. Insoweit ist mein Beitrag, zur Deregulierung hier nicht weiter zu reden. – Danke.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der GAL – Dr. Willfried Maier GAL: Sehr gut!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Frühauf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! 70 Prozent aller Gesetze und Verordnungen im öffentlichen Bereich sind in der Zeit der sozialliberalen Koalition entstanden. Insofern ist es natürlich Quatsch, wenn sich die FDP hinstellt und sagt, sie sei die Deregulierungspartei. Im Übrigen haben wir in der Tat zusammen zwei Jahre Zeit gehabt, damit anzufangen. Wir haben damit angefangen und es hat dazu geführt, dass sich eine Kommission unter der Leitung der Justizbehörde darangemacht hat, hier zu durchforsten.

(Thomas Böwer SPD: Hey!)