Protokoll der Sitzung vom 20.02.2002

(Petra Brinkmann SPD: Was der rotgrüne Senat gemacht hat!)

wie wichtig Prävention in der Gesundheitspolitik ist. Das geringste Argument ist nicht das der Kosteneinsparung, wichtiger ist die menschliche Seite, dass wir verhindern, dass Menschen krank werden. Seitens der SPD wird meistens der übliche „Hammer“ benutzt und die gesamtgesellschaftliche Aufgabe genannt, an der man nicht rühren dürfe.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Das war die CDU!)

Meine Damen und Herren, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Aber diese Aufgabe heißt doch nicht, dass wir sie einfach zu einem Tabubereich erklären. Prävention ist gut, aber diese Erkenntnis hilft uns doch bei der Aufstellung des Haushaltsplans relativ wenig weiter;

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist mir jetzt ganz neu!)

das ist tatsächlich eine Keule, die Sie verwenden.

Wichtig ist ein zielgerichtetes Vorgehen. Wir müssen überlegen, wie wir das Geld des Steuerzahlers, das knapp ist, zielgerichtet ausgeben. Ob das, was bisher gemacht wurde, richtig ist oder ob wir in einigen Bereichen mehr und in anderen weniger ausgeben müssen, das ist unsere Aufgabe. Wenn ich bei Ihnen nur einen langen Katalog lese mit zehn bis fünfzehn Positionen, bei denen auf gar keinen Fall gekürzt werden dürfe, dann ist das für die Haushaltspolitik schlichtweg völlig unzureichend.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Dr. Mathias Petersen SPD: Das ist menschenverachtend!)

Auch in diesem Bereich gilt, dass man mit pauschalen Beleidigungen nicht weiterkommt, sondern mit guten Überlegungen, Herr Petersen.

Auch in diesem Bereich gilt das, was Frau SchnieberJastram in der Sozialpolitik federführend herausgegeben hat: Alle Projekte gehören auf den Prüfstand.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Und vorher wird gekürzt!)

Das heißt nicht, dass nicht auch Projekte gekürzt werden können und, wie wir das hier ja auch feststellen, einige Projekte erhalten bleiben müssen. Die FDP-Fraktion hat insbesondere das Projekt „Subway“ unter die Lupe genommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass wir einige Sympathie für dieses Projekt haben,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ach guck an!)

und erklären deshalb an dieser Stelle, dass die Schließung des „Subway“ noch keine beschlossene Sache ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive, der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Böwer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wersich, ich möchte noch einmal auf einen Punkt Ihrer Ausführungen eingehen, nämlich auf „KIDS“. Sie müssen mir dabei helfen, wie denn die christdemokratische Wirklichkeit aussieht.

Im März 2001 besuchte der Bürgermeister-Kandidat Ole von Beust „KIDS“ und fand diese Einrichtung lobenswert und förderungswürdig; das ist nachzulesen.

Am 10. Juli 2001 äußerten sich im Zusammenhang mit dem Konzept St.Georg die Bürgerschaftsabgeordneten Heino Vahldieck, Dietrich Wersich und Ole von Beust ausdrücklich dazu, dass „KIDS“ eines der Projekte ist, die man fördern muss, und dass man im Bereich St.Georg nicht nur auf Repressionen setzen dürfe. Das ist nachzulesen in der „Welt“ vom 10. Juli 2001.

In den Haushaltsplanberatungen im Haushaltsausschuss sagte die von Ihnen getragene Familien- und Sozialsenatorin Frau Schnieber-Jastram, man müsse in dem Bereich 125000 Euro streichen und könne es auch gut tun, weil sich die Situation in St.Georg deutlich verbessert habe. Nun erklären Sie – nachzulesen im heutigen Sitzungsprotokoll –, man müsse eigentlich mehr tun.

(Dietrich Wersich CDU: Anders tun!)

Dann bitte ich Sie, sich einmal Ihre Presseerklärung vom 10. Juli 2001 durchzulesen,

(Dietrich Wersich CDU: Ich habe sie dabei!)

wie auch die Äußerungen von Ole von Beust in diesem Zusammenhang. Man kann Einrichtungen im Grunde nur vor dem Besuch mancher Herren schützen und warnen, weil danach Kürzungen kommen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Beuß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Böwer, es geht nicht darum, mehr zu tun, sondern insbesondere darum, das Richtige zu tun; und das klären wir gerade. Ich glaube, dass es nicht die Quantität bei dieser Arbeit macht, sondern die qualitativ gute Arbeit an der richtigen Stelle. Das ist der entscheidende Faktor.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Frau Freudenberg, wenn man Sie reden hört, hat man das Gefühl, die ganze Stadt besteht aus Junkies, Drogenabhängigen

(Wilfried Buss SPD: Das sagt Herr Schill!)

und psychisch kranken Menschen. Der Antrag trägt den Titel „Prävention in der Gesundheitspolitik“ und damit, glaube ich, sind 100 Prozent der Bevölkerung gemeint und nicht nur die, auf die Sie fast ausschließlich eingegangen sind, auf die geringe Zahl von Menschen, die bedauerlicherweise in großen Schwierigkeiten stecken. Auf die 95 Prozent derjenigen, die auch einen Anspruch auf Prävention haben, sind Sie überhaupt nicht eingegangen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wenn Sie uns vorwerfen, Frau Freudenberg, Sie hätten hinsichtlich der Zahlengrößen nicht den Durchblick, muss man dazu sagen, dass dieser Haushalt 2002 noch von Ihrer Koalition erstellt wurde. Sie wissen ganz genau, dass wir im gesamten Drogenbereich schon seit Jahren die Probleme der mangelnden Transparenz kritisiert haben. Das ist das Dilemma, in dem wir uns befinden und das haben Sie zu verantworten.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Ich habe noch eine letzte Bemerkung. Wenn Sie an dieser Stelle sagen, das Argument Haschisch am Reesendamm sei Käse, kann ich nur sagen, dass ich glaube, Sie haben auch die Zeichen der Zeit nicht ganz erkannt. Wenn solche Leute das tun, finde ich es angesichts einer Debatte um Prävention hier im Hause zutiefst beschämend.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Petra Brinkmann SPD: Sie hat doch über was ganz anderes geredet!)

Ich komme noch einmal auf einen großen Anteil dieses Antrags zurück, nämlich die Kinder und Jugendlichen in Kindertagesheimen und Schulen. Ich glaube, es ist von allen hier festgestellt worden, wie wichtig der Stellenwert der Prävention hinsichtlich der Gesundheit junger Menschen ist. An dieser Stelle nenne ich nur einmal das Übergewicht, falsche Ernährung, Bewegungsmangel sowie Alkohol und Drogen, leider alles auch schon Probleme bei unseren Kindern und Jugendlichen.

Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang aber auch noch einmal an eine Studie, über die wir hier vor zwei oder drei Jahren schon einmal gesprochen haben. Dabei ging es um die Untersuchung von Kindern, die an dem so genannten SIDS, dem plötzlichen Kindstod, gestorben sind. Dabei wurde wissenschaftlich festgestellt, dass insbesondere in sozialen Brennpunkten die Quoten der Todesraten erheblich höher sind. Dies hat für mich etwas damit zu tun, dass Prävention in der Gesundheitspolitik sehr stark im Zusammenhang mit den sozialen Brennpunkten und der gerechten Verteilung sozialer Mittel steht.

(Petra Brinkmann SPD: Das ist richtig!)

Trotz unserer damaligen Warnungen haben Sie uns – das haben Sie heute ja etwas korrigiert, Herr Petersen – nicht ernst genommen, als Sie sagten, dass die flächendeckenden Schuleingangsuntersuchungen zugunsten von mehr Besuchen der Schulärzte in Schulen abgeschafft würden. Ich arbeite selbst in einem sozialen Brennpunkt und kann mich nicht erinnern, dass in den letzten zwei Jahren ein einziger Schularzt dort Präventionsarbeit geleistet hat. Ich glaube, da hat das alte System weitaus besser funktioniert. Dies soll, wie der Senator auch angekündigt hat, in modifizierter Form neu aufgelegt werden. Dies geschieht hoffentlich insbesondere in sozialen Brennpunkten, wo wir die Probleme haben und wo es gerade die Eltern sind, die ihre Kinder nicht zu den obligatorischen U-Untersuchungen schicken. Deswegen freue ich mich – das sage ich mal ganz salopp – über Ihre Rolle rückwärts, die heute mit dem Antrag gekommen ist, und gratuliere dazu.

Ich denke, dass wir diesen Antrag im Ausschuss noch einmal vernünftig beraten werden, im Interesse der vielen Kinder und Jugendlichen, für die das bitter nötig ist, und natürlich auch bezüglich der Problematik, Frau Freudenberg, die Sie angesprochen haben. Diese hat mir allerdings ein

bisschen zu zentral im Mittelpunkt gestanden, weil wir nicht nur drogen- und aidskranke Kinder in dieser Stadt haben, sondern Kinder, die auch in ganz anderen Bereichen gefährdet sind.

Wir wollen gemeinsam versuchen, etwas zum Wohle unserer Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt zu tun. Lassen Sie uns damit insbesondere im Schulbereich, in der schulmedizinischen Betreuung, anfangen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir kommen dann zur Überweisung. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 17/314 an den Gesundheitsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dies mehrheitlich so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf, Drucksache 17/249, Bericht des Sozialausschusses zum Bericht des Senats über den Haushaltsverlauf 2001 in den Einzelplänen 1.1: Senatsamt für die Gleichstellung und 4: Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

[Bericht des Sozialausschusses zum Bericht des Senats über den Haushaltsverlauf 2001 hier: Einzelplan 1.1: Senatsamt für die Gleichstellung Einzelplan 4: Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales Bezugsdrucksachen: 15/2551; 15/2400; 15/4400 und 16/650, Tz. 175 – Drucksache 17/249 –]

Die Fraktionen haben mich wissen lassen, dass man einvernehmlich auf eine Aussprache zu verzichten gedenkt. Sehe ich Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von dem Bericht des Sozialausschusses Drucksache 17/249 Kenntnis genommen hat.