Was Ihre Überschrift „Politik ohne Frauen“ angeht, möchte ich anmerken, dass es nicht in unserem Ermessen liegt, Frauen in die Politik zu drängen. Wir können sie höchstens weitergehend ermuntern, sich politisch zu engagieren.
In Anbetracht der gesellschaftlichen Veränderungen hat die von Ihnen genannte Zeitreise in die Fünfzigerjahre einen unangemessenen Charakter und ist unhistorisch.
Meine Damen und Herren der SPD, bei der Bürgerschaftswahl 2001 hatten Sie – dazu beglückwünsche ich Sie noch nachträglich – eine nullkommaachtprozentige Steigerung des Frauenwähleranteils zu verbuchen – toll. Vielleicht ist die Steigerung von 0,8 Prozent für Sie ein Triumph, aber für mich ist es kein Indiz für eine überzeugende Frauenpolitik. Die von Ihnen so oft als frauenfeindlich gescholtene CDU hatte mit 57 Prozent den höchsten Frauenwähleranteil aller an der letzten Bürgerschaftswahl angetretenen Parteien; da kommen Sie nicht hinterher.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich als Rednerin so spät an der Reihe bin, habe ich immer das Problem, alles wieder umwerfen zu müssen, was ich geplant hatte.
Zuerst möchte ich etwas zu Frau Koop sagen. Ich möchte Sie an eine Veranstaltung des Landesfrauenrats „Hammonias Töchter fragen“ im letzten Jahr erinnern. Da wurden Sie gefragt, was denn wohl die Konsequenzen wären, wenn die CDU regieren würde. Und Sie haben damals gesagt, die Angebote in Hamburg seien das Mindeste, was Sie erhalten wollten. Davon bleibt derzeit nicht mehr viel übrig, wenn ich das richtig sehe.
Um nun einer Legendenbildung entgegenzuwirken: Mit dem Haushalt verhält es sich meines Wissens nach so, dass die vorgenommenen Kürzungen bei den Frauenprojekten Umschichtungen sind, um andere politische Schwerpunktsetzungen der neuen Regierungsfraktionen, wie Polizei, Justiz und Verkehr, zu finanzieren, und nicht der Konsolidierung und der Sicherung des Haushalts dienen.
„Die Familie ist die wichtigste soziale Einheit innerhalb der Gesellschaft. Sie zu schützen und zu fördern, ist eine besondere Aufgabe des Staates.“
„Die Arbeitsbedingungen für Frauen im Beruf werden durch die Förderung von qualifizierten Teilzeitstellen, Telearbeitsplätzen und flexiblen Kinderbetreuungsangeboten verbessert.“
Wo sind diese Verbesserungen, wo sind die Teilzeitarbeitsplätze, wo sind die Kindertagesbetreuungsplätze? Die sind auch zugunsten von anderen Prioritätensetzungen verschwunden. Was bedeutet so eine Beschreibung anderes, als es Frau Mandel vorhin schon dargestellt hat, dass Frauen sich wieder auf die Erziehungsarbeit konzentrieren und bestenfalls noch einer Teilzeitarbeit nachgehen sollen. Männer sind aus der Verantwortung für die Erziehungsarbeit, für die Reproduktionsarbeit heraus. Das hängt an den Frauen. Hier haben wir einen echten Wertewandel im Vergleich zu vorher, wo die Politik auf Selbstverwirklichung von Frauen und das Verteilen der Haus- und Erziehungsarbeit auf beide Geschlechter orientiert war.
Putzigerweise ist in Ihrem Koalitionsvertrag auch noch drin, dass Wissenschaftlerinnen offenbar eine besondere Spezies sind, denn die sollen weiterhin in Spitzenpositionen gefördert werden.
Zum Haushalt habe ich schon gesagt, dass ich die Umschichtungen als eine eindeutige Prioritätenveränderung ansehe, die wir nicht mittragen. Wir wollen nicht, dass Einrichtungen wie die BIFFs in Altona, Harburg, Eimsbüttel, Winterhude, die Frauenberatungsstelle in der Kattunbleiche, die Dollen Deerns, Allerleirauh, Zornrot, Zündfunke, der Deutsche Kinderschutzbund, der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, Amnesty for Women, das JungLesbenZentrum, die Frauenhäuser, das Frauenbildungszentrum – das ist eine ganze Reihe und vermutlich werden es noch mehr – geopfert werden für eine verstärkte Sicherheitspolitik. Herr Müller hat gesagt, davon profitieren auch Frauen. Zeigen Sie mir einmal, wie das funktionieren und ablaufen soll! Bis jetzt habe ich noch nicht gesehen, dass aus diesen Mitteln irgendeine Präventionsleistung im Zusammenhang mit der Vermeidung von Gewalt gegen Frauen finanziert werden soll.
Das ist noch nicht alles, uns stehen für 2003 noch weitere Kürzungen und Veränderungen ins Haus. Ich kann das nicht anders als einen absoluten finanziellen Kahlschlag bei der Frauenpolitik bezeichnen, den ich für gefährlich halte und auf gar keinen Fall mittragen werde.
Ich appelliere dringend an die Regierungsfraktionen, ihre geplanten Kürzungen im Interesse der Frauen und Mädchen Hamburgs zu überdenken, sich den tatsächlichen Lebensrealitäten von Frauen, Mädchen und auch Männern in Hamburg zu stellen, die keine klassischen traditionellen Familien sind, sondern oftmals Alleinerziehende. Schauen Sie sich die Scheidungsquoten an; es wäre wichtig, hier auf die Realität zu gucken.
Sie sollten verhindern, dass wir einen Rückschritt in die Fünfzigerjahre machen. Da hatten wir eine ähnliche Ideo
Herr Scheurell, auf Ihre Zwischenrufe ist immer Verlass, von wegen noch eine Frau. Das Weltbild, das dahinter steckt, dass nur Frauen zu frauenpolitischen Themen reden dürfen, ist ein Teil des Problems.
Selbst wenn das Verhältnis von Frauen zu Männern in unserer Fraktion ein umgekehrtes wäre, dann würde ich mir trotzdem das Recht herausnehmen, hier auch zu frauenpolitischen Themen zu sprechen.
Dies ist Teil der Lösung und führt uns auch ein bisschen weg von – ich nenne es einmal so – diesem selbsterhaltenden System von Frauenpolitik. Sie stellen sich hierhin, geben dem zweiten Thema der Aktuellen Stunde von der SPD einen Titel, mit dem Sie Weltbilder und Frauenbilder auf andere Fraktionen und den Senat projizieren, die so überhaupt nicht richtig und haltbar sind, und lenken damit davon ab, dass das fünfte Thema ein Thema ist, das in der Sache deutlich anders zu bewerten ist und wo es sicherlich sinnvoll ist, sich gemeinsam der Kritik auszusetzen und zu stellen. Das eine hat aber nichts mit dem anderen zu tun.
Herr Grund, ich sage Ihnen gerne etwas zur Sache. Ich will Ihnen nur sagen, dass Ihr erster Ausflug in die Sachpolitik noch auf sich warten lässt.
Ich hätte Sie nach den Ausflügen der letzten Woche jetzt schon gerne an dieser Stelle, in der Aktuellen Stunde, dazu beglückwünscht. Was die Grünen aber dort an fünfter Stelle angemeldet haben, ist etwas,
was wir, wie ich glaube, in der Sache besser diskutieren können, als hier mit den vermeintlichen Frauenbildern anderer Parteien zu arbeiten. Das ist das, was Frau Schnieber-Jastram in ihrem Sozialhaushalt macht und was wir als Koalition auch unseren Wählerinnen und Wählern versprochen haben.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Dr. Andrea Hilgers SPD: Ach so!)
Wir haben ganz klar gesagt, dass wir uns jede Ausgabe, jeden Euro, der in dieser Stadt ausgegeben wird, zwei-, drei-, vier- oder zehnmal angucken müssen, ob er richtig ausgegeben wird. Das sind wir den Leuten schuldig. Ich denke, dass auch dieser Regierungswechsel die nötige Zäsur dafür bietet, das zu tun. Frau Schnieber-Jastram hat das im Sozialbereich vorgemacht und damit gezeigt, dass