Ich möchte noch einmal auf das Verhältnis so genannter Orchideenfächer zu anderen Fächern hinweisen. Diese Orchideenfächer können sehr viel Ausstrahlung für das Profil einer Hochschule haben. Wirtschaftswissenschaften können Sie überall in der Republik lernen. Aber wir haben zum Beispiel in Hamburg das Institut für deutsche Gebärdensprache, bundesweit das renommierte Institut. Hier wird ausgebildet, hier wird geforscht und hier wird im
Übrigen auch ein Beitrag zur Gleichstellung Gehörloser geleistet, den es sonst nicht in der Republik gibt.
Ein Wissenschaftssenator, der dieses Institut zur Disposition stellt, der zeigt, dass das Problem in Hamburg weniger die Qualität einzelner Institute ist, sondern ein Problem der Wissenschaftspolitik in dieser Stadt. Das ist es doch, was hier passiert.
Ich möchte abschließend auch noch auf Ihr Interview im "Spiegel" eingehen. Da verkünden Sie großherzig, Sie würden über den Bedarf Hamburgs ausbilden und bekämen keinen Cent dafür.
Herr Senator Dräger, die Frage der Metropolfunktion Hamburgs spielt im Länderfinanzausgleich eine sehr bedeutende Rolle. Das haben andere Senatoren und andere Bürgermeister in dieser Stadt begriffen. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten diese unglückselige Aussage nicht gemacht, weil das den Gegnern des jetzt fragilen Kompromisses im Länderfinanzausgleich in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen Auftrieb gibt. Natürlich bildet Hamburg über den Bedarf Hamburgs hinaus aus, hat sich dazu auch immer bekannt und wird dafür durch Bundesmittel und Finanzausgleich gestärkt. Was Sie gemacht haben, ist gefährlich für die Finanzsituation der Stadt und den mühsam gefundenen Kompromiss. Ich wünsche mir, dass es gelingt, über den Tellerrand dieses ökonomistisch verengten Blickes Politik in dieser Stadt zu machen. – Danke.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Ernst, die Halb- oder Unwahrheiten, die Sie wiederholen, auch wenn Sie es häufig tun, werden dadurch nicht richtiger.
Ich bitte Sie, dann doch noch einmal in unser Papier zur Hochschulreform hineinzugucken. Wir werden zum Schluss mehr Absolventen und Akademiker in Hamburg ausbilden, als es Ihnen gelungen ist, und nicht weniger.
Es wird weniger Studienanfänger geben und auch weniger in den Geisteswissenschaften, aber so die Leitentscheidung: 25 Prozent weniger Studienanfänger und keine Halbierung.
Eines möchte ich auch noch hinzufügen: Die Entscheidung, wo Schwerpunkte gesetzt werden, wo dann aber auch Fächer eingestellt werden, die liegt bei der Universität.
Wenn Sie jetzt alle diejenigen aufsummieren, die rufen und sagen, ihr Fach sei in Gefahr, und daraus zu einer Schlussfolgerung kommen, dass in Zukunft keine Geisteswissenschaften in Hamburg mehr angeboten werden und gleichzeitig Philosophie, Geschichte und alle Sprachwissenschaften eingestellt werden, dann lassen
Sie sich instrumentalisieren für eine inneruniversitäre Diskussion, die zwar schwierig ist, die aber die Universität jetzt in ihrer Autonomie auch führen muss.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Senator, ich habe den Eindruck, Sie verwischen zwei Elemente. Zum einen betonen Sie, es soll gegenüber dem jetzigen Zustand mehr Excellenz in den Geisteswissenschaften geben. Darüber kann man reden. Das verfolgen Sie auch in Bezug auf andere Fächer und diskutieren dann: Weniger Anfänger, aber Steigerung der Zahl der Absolventen.
In Bezug auf die Geistes- und Kulturwissenschaften treffen Sie aber eine weitere Entscheidung, nämlich weniger Absolventen. Sie sprachen eben von 19 Prozent weniger. Daraus muss man zweifelsfrei schließen, Ihnen sind die Geisteswissenschaften von der Absolventenzahl her weniger wichtig als bisher. Die Geisteswissenschaften werden substanziell beschnitten, indem auch die Absolventenzahl sinken soll. Das ist meiner Meinung nach eine falsche Wahrnehmung der Probleme der Welt.
Wir haben eben der Opfer in Tschetschenien gedacht. Wir haben in der ganzen Welt die Tendenz, dass Globalisierung, Technisierung und Neutralisierung vieler Lebensbereiche zunimmt und damit zugleich eine Aufladung kultureller und religiöser Konflikte sowie eine zunehmende Bedeutung von Fragen der Identität.
Der bedeutende Gießener Philosoph Udo Marquardt ist nicht müde geworden, immer zu betonen, die Notwendigkeit der Kompensation zur technischen Welt sei eine Lebensbedingung dieser technischen Welt. Es muss uns gelingen, die Fundamentalismen, die heute in der Welt des Islams entstehen, aufzulösen, wie sie in der Welt des Christentums aufgelöst worden sind. Wodurch sind sie denn aufgelöst worden? Durch die Philologien, durch die historischen Bibelwissenschaften, die damit Schluss machten, dass jedes auch noch so widersprüchliche Wort der Bibel das unmittelbare Wort Gottes gewesen ist, die ein Element von Reflexion auch in die Interpretation heiliger Texte eingebracht und damit eine Reflexivität der Kultur hervorgebracht hat, um die wir ständig neu kämpfen müssten. So etwas bildet sich aber nicht als Bedürfnis im Arbeitsmarkt ab.
Ich mache mich hier nicht zum Fürsprecher der möglicherweise selbstsüchtigen Forderungen einzelner Fächer. Aber die die gesamte hochschulpolitische Diskussion beherrschende Geringschätzung von Kultur- und Geisteswissenschaften ärgert mich schon. Die meisten Leute, die diese Ausbildung gemacht haben – ich zum Beispiel auch –, arbeiten nachher gar nicht als Geisteswissenschaftler in irgendeiner Profession, die unmittelbar auf das Studium zugeschnitten ist.
Trotzdem möchte ich doch nicht diese Ausbildung vermissen und stattdessen etwas verrückt betriebswirtschaftlich Kurzatmiges gelernt haben.
Aber mir geht es darum, diesen Anspruch nicht aufzugeben. Sie sind dabei, das zu tun. Das sind Sie übrigens nicht allein, ähnliche Töne hört man durchaus auch aus Bundesregierungsumkreisen. Aber ich bin dagegen, dass wir das in Hamburg machen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Maier, viele Dinge, die Sie eben zu Recht gesagt haben, teile ich. Aber, Sie sprechen hier von falscher Wahrnehmung. Ich glaube, da haben Sie ein Wahrnehmungsproblem. Wenn Sie sagen, 19 Prozent weniger, dann bedeutet das ja nicht, netto 19 Prozent weniger. Ich habe vorhin gesagt, wir können es uns als Stadt nicht mehr erlauben, ohne den Blick über den Hamburger Tellerrand Angebote zu machen. Wir werden in den nächsten Monaten von Hamburg und SchleswigHolstein vieles in Bezug auf Studienfächer hören, die synergetisch zusammengefasst werden, weil sie doppelt und oder unzureichend angeboten werden, um sie dann an einem Standort qualitativ vernünftig auszubauen. Das macht dann Sinn.
Was nützt es dem besten Professor, wenn er auf sich allein gestellt ist. Er braucht einen Apparat, er braucht vernünftige Zuarbeit. Nur das macht Sinn. Versuchen Sie, es bitte einmal nachzuvollziehen. Wir versuchen, die Sache vom Kopf wieder auf die Beine zu stellen und etwas Vernünftiges daraus zu machen, damit die Prioritäten, die die Universität selbst zu setzen haben, auch wirklich Gesetz und entsprechend personell unterfüttert werden. Deswegen war es außerordentlich wichtig, dass wir eine Bestandsaufnahme gemacht haben, um zu sehen, wo vernünftig gearbeitet wird und wo es Qualität gibt. Dann muss man weiter gucken, wie man diese Qualität entwickelt.
Es ist ein Irrglaube anzunehmen, Geistes- und Kulturwissenschaft könnten Bachelor- und Masterabschlüsse, die ein Muss sind, ausblenden. Das tut die Universität zurzeit noch.
Wir brauchen eine breite Ausbildung im Bereich Bachelor und dann eine Spezialisierung im Bereich Master. Dafür müssen die entsprechenden Professorenstellen vorgehalten werden. Dies werden wir Schritt für Schritt an der Hamburger Universität mit der Universität zusammen realisieren. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen sehe ich zum ersten Thema nicht. Dann rufe ich das zweite, von der GAL-Fraktion angemeldete Thema auf:
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis möchte ich kurz aus einer Pressemitteilung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt zitieren.