Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis möchte ich kurz aus einer Pressemitteilung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt zitieren.
Ich möchte mit einem Irrglauben aufräumen. Es bedarf der Genehmigung des Präsidenten zum Zitieren nicht.
"Die Benzinpreise erleben ein historisches Hoch, Experten aus der ganzen Welt diskutieren über Erneuerbare Energien und die Kinobesucher führen eine Klimadiskussion über 'The day after tomorrow': In diesem Umfeld ist die Aktion 'Mit dem Rad zur Arbeit' ideal platziert und zeigt sehr konkret, wie jeder Einzelne mit seinem Kollegenkreis einen tatkräftigen Umweltbeitrag leisten kann. Ich wünsche dem Projekt viele engagierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer."
Auch im Haushaltsplan-Entwurf 2005/2006 wird noch ausdrücklich das Ziel genannt: Verkehrsentwicklungsplanung einschließlich ÖPNV und nicht motorisierter Verkehr. Darunter wird man auch den Radverkehr verstehen dürfen. Soweit die hehren Sonntagsreden des Herrn Senators.
Dann kommt am Montag die harte Realität und wir gucken in den Haushaltstitel hinein und stellen fest, dass der Haushaltstitel "Förderung des Radverkehrs" auf 200 000 Euro zusammengestrichen worden ist. Der entsprechende Titel "Rahmenzuweisungen an die Bezirke" ist auf null gesetzt. Man wird bei einer Hundertprozentstreichung sicherlich von einer Zerschlagung dieses Projekts reden dürfen.
Öffentlich begründet wird diese Streichung dann aber nicht von Herrn Senator Freytag, sondern von seinem Kollegen Peiner, der am 2. September ganz den Harten gibt und sich zu der Äußerung versteigt, ihm sei es wichtiger, dass in Hamburg in Arbeitsplätze investiert würde, statt Radwege in die Arbeitslosigkeit zu pflastern. Das ist grundfalsch. Ich werde Ihnen erklären, was daran alles falsch ist:
Fragen Sie zumindest die Bauunternehmen, die diese Radwege herstellen. Die gibt es ja, die haben Arbeitsplätze.
Falsch ist, Herr Peiner, dass Sie das Motto der Aktion, deren Schirmherrschaft Ihr Kollege Freytag übernommen hat, "Mit dem Rad zum Arbeitsamt" geheißen hätte. Es hieß "Mit dem Rad zur Arbeit", es ging um Wege zu Arbeitsplätzen.
Falsch ist, wenn Sie, Herr Senator Freytag, immer wieder auf die Grundinstandsetzungsmaßnahmen verweisen, die hier durchgeführt werden, die aber tatsächlich an Hauptverkehrsstraßen durchgeführt werden und bei denen dann die Nebenflächen mit saniert würden. Dann wird uns erklärt, dass die Nebenflächen Fuß- und Radwege sind, aber das Wort "Nebenflächen" ist verräterisch. Es geht in der Sache um die Hauptverkehrsstraßen für Autos. Wenn Sie sich jemals die Mühe machen würden, mit dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren, dann wüssten Sie, dass Sie nicht gern am Heidenkampsweg fahren, sondern lieber an Straßen, die weniger vom Autoverkehr dominiert sind.
Deswegen ist auch wieder falsch, dass Sie ausgerechnet den Titel "Förderung des Radverkehrs, Rahmenzuweisung an die Bezirke" auf null gesetzt haben – ausgerechnet den. Die Bezirke sind diejenigen, die für die Nebenstraßen zuständig sind und dort darf kein einziger Radweg mehr entstehen.
Falsch ist daher auch, dass Sie den Radfahrerinnen und Radfahrern, die durch Parks und Grünflächen fahren, den SOD auf den Hals hetzen. Das tun Sie ohne jede Sachkenntnis, weil es zum Beispiel da Wege gibt, die in Radwanderkarten ganz offiziell als Radwege gekennzeichnet sind. Trotzdem werden Radfahrer aufgeschrieben. Ich kann mir kaum vorstellen, dass zum Beispiel im Stadtpark ein vierundsechzigjähriges und siebenundsechzigjähriges Ehepaar aufgeschrieben wird, das sich als wilde Fahrradrüpel aufgeführt hat. Trotzdem wird das Ehepaar vom SOD mit 35 Euro Strafe belegt, weil es dort Rad gefahren ist, obwohl sie sehr wahrscheinlich aber defensiv gefahren sind.
Wen haben die denn beeinträchtigt? Was treibt Sie denn nun wirklich an zu diesem Kahlschlag? Ich verstehe das wirklich nicht. Was wollen Sie mit diesem Geld machen? 2,2 Millionen Euro ist der Stand, den wir unter Rotgrün hatten. Das waren 2,2 Millionen Euro für die Förderung des Radverkehrs plus zusätzlich 2,2 Millionen Euro für den Bau von Velo-Routen. Diese insgesamt sogar 4,4 Millionen Euro sind tatsächlich 2001, im letzten rotgrünen Haushaltsjahr, ausgegeben worden.
Da haben wir die Förderung des Radverkehrs als entscheidende verkehrspolitische Frage vorangetrieben. Sie sagen jetzt, nein, diese rund 2 Millionen Euro seien zu viel. Weshalb eigentlich? Wollen Sie sich in 250 Jahren Ihre U 4 zusammensparen?
Oder haben Sie Sorge, dass, weil trotz aller widrigen Umstände kontinuierlich mehr Rad gefahren wird, die Dominanz des Autoverkehrs endet?
Solange Sie nicht erkennen können oder wollen, welche Rolle der Radverkehr spielt, kann unser Fazit nur lauten: Falsch, Thema verfehlt, sechs, keine Versetzung in die nächste Legislaturperiode.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Lühmann, teilweise war Ihre Rede heute komisch und sie hat mich persönlich eher aber an den Baron Münchhausen erinnert. Es war schwierig auseinander zu halten, Kollege Lühmann, was bei Ihnen Wahrheit, Halbwahrheit und Unwahrheit war. Ich versuche, das in dieser Rede darzustellen.
Bleiben wir bei den Tatsachen und bei der Wahrheit, die jeder auf unseren Straßen feststellen kann. In vielen Bereichen unserer Stadt befinden sich unsere Straßen und leider auch unsere Radwege in einem erbärmlichen Zustand. Dies hat aber auch Gründe, die weit vor der Regierungsübernahme der CDU im Jahre 2001 zu suchen sind.
Der Sprecher des ADFC, Stefan Warder, hat vollkommen Recht – ich zitiere ihn eigentlich sonst recht selten –, wenn er sagt – ich zitiere das "Hamburger Abendblatt" vom 2. September 2004 –
"Der Zustand der Hamburger Radwege ist katastrophal. Daran hat sich seit 15 Jahren nichts geändert. … Bisher habe Hamburg ein zu großes Netz sehr schlecht unterhalten."
Genau darin liegt das Problem, meine sehr verehrten Damen und Herren: Viel Neubau und kaum Instandhaltung in den letzten Jahrzehnten. Wer hatte die Verantwortung für diese Politik? – Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, von der Opposition.
Die SPD und zum Schluss auch die GAL haben sich jahrzehntelang gerne dafür feiern lassen, wenn neue – insbesondere teure und gute – Radwege eröffnet wurden. Lieber eine Einweihungsfeier mehr für einen teuren Radweg als Diskussionen um Sparmaßnahmen für Instandhaltung von Straßen und Radwegen. Der ADAC hat vollkommen Recht, wenn er sagt, dass natürlich viel mehr Geld in die Instandhaltung von Straßen und auch von Radwegen in Hamburg gesteckt werden müsste. Genau das hat der CDU-geführte Senat seit 2001 getan. Wir haben bereits jetzt mit Investitionsprogrammen wichtige Straßeninstandhaltungsmaßnahmen in die Wege geleitet. Wir werden auch in Zukunft – anders als es SPD und Grüne getan haben – den Schwerpunkt auf eine funktionsfähige Infrastruktur in unserer Hansestadt setzen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der GAL! Ich möchte nicht der Debatte zur Einbringung des Haushalts vorgreifen, aber auch Sie sollten mitbekommen haben,
Das bedeutet konsequenterweise, dass wir natürlich auch Einsparungen vornehmen müssen. Das gilt für alle Bereiche, auch beim Neubau von Radwegen in Bezirken.
Erstens: Wir kürzen beim Neubau von Radwegen den Bezirken die Mittel und sorgen dafür, dass keine politisch motivierten Radwege entstehen,
(Lachen bei der GAL – Michael Neumann SPD: So viel zu der Selbstständigkeit der Bezirke, Stärkung der Bezirke!)
deren Instandhaltung nachher die Stadt zu tragen hat. Zudem, Herr Neumann, sollten Sie wissen, dass wir sowieso in den meisten Bezirken 30-Kilomter-Zonen haben, wo die Radfahrer auf der Straße fahren können.
Zweitens: Der Kollege Lühmann scheint im Gegensatz zu mir die Pressemitteilung des Kollegen Neumann zum Sonderinvestitionsprogramm nicht gelesen zu haben. Wenn wir gemeinsam in das Sonderinvestitionsprogramm Hamburg 2010 schauen, dann stellen wir erstens fest, dass der Senat unter dem Stichpunkt Qualitätsverbesserung für Grünanlagen und für Spielplätze deutlich macht, dass es auch aus diesen Investitionsmitteln den Ausbau der übergeordneten Radwanderwege gibt. Wir nehmen drittens zur Kenntnis, dass bei Neubaumaßnahmen – wie zum Beispiel bei der Sengelmannstraße – ein neuer Radweg gebaut wird. Wir stellen viertens fest, dass auch die "taz" – diese Zeitung zitiere ich heute einmal gern – und der ADFC anscheinend als einzige verstanden haben, dass es viertens bei dem von Ihnen thematisierten Haushaltstitel, Kollege Lühmann, um neue Investitionen geht und nicht um das von Herrn Neumann von der SPD noch in der "Welt" vom 7. September behauptete Zusammenstreichen der Pflege von Radwegen. Fünftens wird die Sanierung von Radwegen bei Grundinstandsetzungen von Straßen und die Verlegung von Versorgungsleitungen sowieso regelmäßige mit einbezogen. Das sind alles Punkte, die erhalten bleiben und die unsere Radwegestruktur auch erhalten.
Ich komme zum Fazit: Die von Ihnen heute angemeldete Debatte hat deutlich, was die Instandhaltung und Pflege von Radwegen angeht, auf die schweren Versäumnisse der SPD, Herr Neumann, in der Vergangenheit hingewiesen.