Protokoll der Sitzung vom 23.09.2004

Zweitens müssen sich die großen Leitideen dort wiederfinden, die zurzeit vom Senat entwickelt werden. Am Rande seien hier nur der "Sprung über die Elbe" und die HafenCity angemerkt.

Drittens müssen sich die Wirtschaftscluster, die jetzt angesiedelt werden oder teilweise schon angesiedelt sind, ebenfalls im Flächennutzungsplan wiederfinden.

Der Senat arbeitet zurzeit an den Änderungsverfahren zum Flächennutzungsplan. Eine solche Arbeit ist sehr umfangreich. Deshalb sage ich: Eile mit Weile und das gilt auch für die Opposition. Überhektisches Agieren bringt nichts. Warten wir doch einmal ab, welchen ersten Entwurf uns der Senat vorlegen wird. Anhand dieser

Vorlage können wir im Detail in die Ausschussberatungen gehen, in denen wir dann unsere Thesen formulieren. Erst wenn diese Thesen geordnet sind, ist es an der Zeit, diese der Bevölkerung darzulegen. Aber dies sollte nicht geschehen, bevor überhaupt eine Ausschussberatung stattgefunden hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich Herrn Quast das Wort gebe, möchte ich aus gegebenem Anlass sagen: Einige von Ihnen sind Mitglieder im Sportausschuss, aber eine sportliche Betätigung ist hier in diesen Reihen nicht erlaubt. – Herr Quast, Sie bekommen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man den Ausführungen von Herrn Lieven und den Worten von Frau Dr. Hochheim folgt, sind wir gar nicht so weit auseinander, was die Umsetzung der Stadtentwicklung und die Fortentwicklung Hamburgs betrifft, nämlich durch Nutzung der innerstädtischen Konversationsflächen von innen nach außen. Das Problem ist leider nur immer gewesen, dass der Senat etwas ganz anderes tut. Es geht ihm darum, Grünflächen am Stadtrand zu bebauen.

(Beifall bei der SPD)

Dass Sie das, was in der zehnten koordinierten Bevölkerungsvorausschätzung festgestellt wird, herabtun, kann ich nicht nachvollziehen. Der Senat macht diese Studie immerhin – so wurde es jedenfalls erklärt – zur Grundlage seines Handelns.

Im Unterschied zur GAL begrüßen wir, dass es aufgrund der Vorausberechnung in Hamburg zunächst noch ein Bevölkerungswachstum geben soll. Das ist grundsätzlich positiv. Die Frage ist nur, was man daraus macht. Da kann man dem Senat vieles vorhalten.

Wenn man die Ziele, die der Senat in seinem Leitbild "Wachsende Stadt" formuliert hat, an dem misst, was die Prognosen voraussagen, dann ist das nicht so toll, denn es droht ein breites Scheitern der Senatspolitik im Hinblick auf die wachsende Stadt. Dann muss man so wie Herr Lieven fragen, wozu wir das mitmachen sollen, was der Senat zurzeit betreibt, indem er am Stadtrand Grünflächen bebauen will. Hier müsste man andere Konzepte entwickeln.

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

Frau Dr. Hochheim hat so schön zwischen Prognose und Glauben unterschieden. Die Prognose ist eine Möglichkeit, Frau Dr. Hochheim glaubt an die wachsende Stadt.

Wenn wir uns die Glaubensleitsätze des Senats anschauen, dann hat der Senat in seinem Leitbild formuliert, dass es das Ziel sei, die Umlandwanderung weiter deutlich zurückzuführen. Die zehnte koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung geht aber davon aus, dass der Umlandwanderungssaldo für Hamburg deutlich negativ bleiben wird.

Der Senat hat auch formuliert, dass es Ziel sei, den positiven Trend beim Fernwanderungssaldo von 20 000 Personen im Jahre 2000 zu stabilisieren und auszubauen. Fakt ist aber, dass sich der Fernwanderungssaldo in 2002 mit 12 000 Personen fast halbiert hat; im Jahre 2003 waren es nicht viel mehr. Die Bevölkerungsvoraus

berechnung sieht diesen negativen Trend weiter voranschreiten.

Das Gleiche gilt – um einen dritten wichtigen Punkt im Bereich des Wanderungssaldos zu erwähnen – für die Zuwanderung aus dem Ausland. Auch hier ist es Fakt, dass der Auslandswanderungssaldo in den nächsten Jahren deutlich weiter absinkt und nicht – was sich der Senat erhofft hat – positiv sein wird. Insofern muss man sich nicht wundern, wenn der Senat davon absehen will, sein Leitbild der "Wachsenden Stadt" überprüfen zu lassen. Das hat er in den Antworten zu einigen Fragen der GAL ausgeführt.

Ebenso kann man die große Zielabweichung feststellen, wenn man sich das Leitbild im Bereich der Flächenbereitstellung ansieht oder auch die Tranchen zum Sofortprogramm Wohnungsbau und Gewerbeflächen überprüft. Zu den Wohnungsbauflächen ist viel gesagt worden, es gab eine Reihe von Bürgerbegehren und anderen negativen Entscheidungen der Bezirke. Ähnlich sieht es bei den Gewerbeflächenprogrammen aus.

Insgesamt sind dem Senat folgende Projekte abgängig: Volksdorfer Weg (Sasel 20); hier hat der Senat das Planverfahren eingestellt. Zum Vorhaben Rahlau (Tonn- dorf 33) hat das Bezirksamt jetzt mitgeteilt, dass die zuständige Behörde beabsichtigt, dem Senat zu empfehlen, die Planungen einzustellen. Am Güterbahnhof Wandsbek (Marienthal 28) wird es – anders als vorgesehen – nur auf Teilen neue Gewerbeflächen geben. Bezüglich Ober georgswerder hat sich die Bezirksversammlung Harburg einstimmig gegen die Weiterführung des Planverfahrens ausgesprochen. Ich hoffe, die CDU hat es dort ernst gemeint und macht nicht wieder Wählertäuschung.

(Wolfhard Ploog CDU: Was ist das denn für 'ne Nummer?)

Warten wir einmal ab, Herr Plog, was in Harburg passiert.

Dramatisch wird es erst bei dem wichtigen Zukunftsprojekt "Sprung über die Elbe", das wir unterstützen. Das hat der Senat im Harburger Binnenhafen schon beim ersten Schritt verstolpert.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Während der Erste Bürgermeister groß angekündigt hat, dass die Entwicklung der Harburger Schlossinsel und des umliegenden Quartiers zügig voranschreiten und eine Bereicherung für den Stadtteil Harburg entstehen soll, plant Strom- und Hafenbau tatsächlich eine neue Trasse für die Hafenbahn durch das vorgesehene Misch- und Wohngebiet. Das passt nicht zusammen und führt die Pläne des Ersten Bürgermeisters ad absurdum. Ich frage mich, ob der Bürgermeister und seine Behörden überhaupt miteinander reden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Michael Neumann SPD: Nein, wer will das schon? – Vizepräsidentin Bettina Bliebenich übernimmt den Vorsitz.)

Vielleicht ist er zuviel in China und zu wenig im Rathaus.

Insofern ist es hilfreich, dass die Handelskammer dem Senat jetzt ein Konzept zum "Sprung über die Elbe" vorlegen will und dieser dann zukünftig eine neue Orientierungslinie hat, um sein Projekt fortzuführen.

(Glocke)

Ich möchte Sie kurz unterbrechen. Lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Roock zu?

Nein, Herr Roock, das möchte ich nicht.

Ich komme zum Masterplan Konversionsflächen. Der Bürgermeister hat in seiner Regierungserklärung angekündigt, dass er in diesem Bereich viel tun will. Was erfahren wir im Ausschuss? – Die Behörde macht das, was sie immer schon gemacht hat, sie plant nämlich die künftige Nutzung von Konversionsflächen. Nur die CDU misstraut der zuständigen Behörde, indem sie uns gestern einen Antrag vorgelegt hat, um den Senat noch Handlungsanweisungen an die Hand zu geben. Da fragt man sich, ob der Senat und die Regierungspartei miteinander reden.

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

Ein wichtiger Punkt ist die Wohnungsbauförderung. Dazu wird seit zweieinhalb Jahren verkündet, dass der Senat ein neues Konzept vorlegen will, um insbesondere Wohnungsbau für Familien in Hamburg zu erleichtern. Tatsächlich gibt es seit zweieinhalb Jahren kein Konzept. Nach den Ausführungen in der Großen Anfrage hat sich der Senat nicht einmal damit befasst.

Der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen hat im Rahmen seiner aktuellen Arbeitstagung am Montag die Neubautätigkeit in Hamburg „als auf Dauer zu wenig für eine wachsende Stadt“ bezeichnet. Dieses Credo gilt nicht nur für die Wohnungsbautätigkeit, sondern insgesamt für die Bemühungen des Senats im Rahmen seines eigenen Leitbildes "Wachsende Stadt".

(Beifall bei der SPD und bei Manuel Sarrazin GAL)

Das Wort erhält Senator Dr. Peiner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich vertrete einerseits den Kollegen Dr. Freytag, der heute nicht da ist. Es mir aber natürlich eine Freude, zu diesem Thema generell etwas zu sagen. Ich bin der Meinung, lieber Herr Neumann, dass das Thema, wie sich die Zukunft Hamburgs entwickelt, auch ein Thema ist, dass den Fraktionsvorsitzenden der SPD interessieren sollte.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Deshalb sitze ich hier, im Gegensatz zu Herrn Rei- nert!)

Das gilt insbesondere, nachdem Sie auch den Strategiewechsel der Fraktion verkündet haben, dass Sie sich in Zukunft mit diesen Themen konstruktiv beschäftigen wollen. Willkommen im Club, lieber Herr Neumann!

(Beifall bei der CDU)

Ich bin sehr dankbar, dass dieses Thema heute in der Bürgerschaft diskutiert wird. Es gibt kaum ein zentraleres Thema.

Häufig ist die Frage gestellt worden, woher die Vision kommt, dass Hamburg eine Zweimillionenstadt werden könnte. Diese Vision ist in den letzten vierzig Jahren

zweimal formuliert worden. Einmal von Bürgermeister Brauer …

(Michael Neumann SPD: Beifall!)

Herr Neumann, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich dem Thema widmen könnten. Das wäre für einen Fraktionsvorsitzenden angemessen.

(Michael Neumann SPD: Wir sind hier nicht in der Schule, Frau Präsidentin! – Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Neumann, Sie scheinen meine Einbringungsrede zum Haushalt immer noch nicht verkraftet zu haben. Darauf hätten Sie damals reagieren müssen, nicht heute.

(Beifall bei der CDU)

Herr Neumann, wer zwei Wochen braucht, um auf eine Rede zu reagieren, dem scheint noch viel parlamentarische Erfahrung zu fehlen. Willkommen, dass Sie heute hier sind.