Protokoll der Sitzung vom 24.11.2004

Wenn Hamburg im internationalen Wettbewerb bestehen soll, dann müssen wir uns zuvorderst auf das konzentrieren, was Hamburg ausmacht, auf Hamburgs Stärken. Genau daran fehlt es Ihnen. Sie setzen mehr auf Imitation von Chicago, von China, von Sydney. Wir wollen aber keine Patchwork-Stadt, wie wollen nicht ein bisschen Klein-Chicago, ein bisschen Klein-China und ein bisschen Klein-Sydney. Wir wollen Hamburg mit seinen Stärken.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist unser Appell an den Senat, sich auf Hamburgs Stärken zu besinnen, auf die grüne Metropole am Wasser, und die Schwachstellen im Senat zu beseitigen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Senator Dr. Freytag.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es zeigt sich immer wieder, der 29. Februar 2004 war ein guter Tag.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Das ist immer dieselbe Rede, der kann nicht an- ders!)

Die heutige Debatte beweist, dass es eine kluge Entscheidung der Wählerinnen und Wähler war, Sie in die Opposition zu schicken, weil Sie auf beklemmende Weise wieder einmal dokumentiert haben, dass Sie überhaupt nicht imstande sind, auch nur ansatzweise die wachsende Stadt zu regieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden diese Stadt dynamisch nach vorn bringen, wir werden auch die Projekte, die Sie hier erwähnt haben, zu einem Abschluss bringen.

(Unmutsäußerungen bei der SPD)

Sie nörgeln herum, Sie wissen gar nichts, Sie schaden damit der Stadt. Wir möchten unsere Stadt international positionieren und das geht nur, wenn man nicht mit dem Erreichten zufrieden ist, sondern wenn man über seinen Tellerrand hinaus guckt.

Wir müssen Hamburg international positionieren, wenn die Stadt weiterkommen will, und der Maßstab dafür sind die Metropolen der ersten Liga in der Welt. Eine Stadt, die wächst, braucht frische Kreativität, braucht neue Ideen, braucht Impulse.

Als Stadtentwicklungssenator ist es meine Aufgabe, die Stadt in dieser Weise zu entwickeln. Mein Maßstab ist hier ein Vergleich mit internationalen Metropolen, nicht mit gemütlichen Kleinstädten. Es ist nicht meine Aufgabe, die Stadtentwicklung so zu gestalten, dass dies unsere überforderte Opposition erfreut, die es sich in ihrer Provinzialität gemütlich gemacht hat.

(Beifall bei der CDU)

Hamburg braucht frische Ideen. Ich habe ständig Arbeitsgespräche mit Hamburger, deutschen und internationalen Architekten. Maßstab für die wachsende Stadt müssen die besten Architekten ihres Faches sein. Wir müssen den Kreativen Hamburgs und der Welt den roten Teppich

ausrollen. Wir brauchen immer wieder neue Denkanstöße. Es geht mir nicht um persönliche Befindlichkeiten. Ich habe keine Angst vor kreativen Köpfen. Im Gegenteil. Bei einem Ringen um die beste Lösung brauchen wir sogar fruchtbare Kontroversen. Wir brauchen den konstruktiven Disput, wir brauchen lebendige Diskussionen. Was wir nicht brauchen, ist Friedhofsruhe. Vor allen Dingen brauchen wir keinen neutralisierten Einheitsgeschmack. Eine pulsierende Großstadt braucht das Salz in der Suppe.

(Beifall bei der CDU)

Ich wundere mich etwas über die Opposition, die sich schon allein beim Wort "Hochhaus" vor Kleinmut überschlägt und heute eine Phantomdebatte vom Zaun bricht. Niemand will die traditionelle Silhouette Hamburgs an der Alster zerstören. Diesen Schatz wollen wir bewahren. Es gibt jedoch Flächen in der Stadt, auf denen schon heute Hochhäuser gebaut worden sind, und es gibt Flächen, bei denen Hochhausansiedlungen möglich sind, so zum Beispiel am Baakenhafen, am östlichen Rande der HafenCity. Das sieht der Masterplan ausdrücklich vor, denn dort wird die traditionelle Silhouette der Stadt nicht gestört.

Ich wiederhole aber noch einmal ausdrücklich, was ich in der letzten Woche auf der Pressekonferenz gesagt habe: Ein Hochhaus ist möglich, jedoch nicht zwingend. Hohes Bauen heißt nicht automatisch höhere Qualität. Die besten Architekten Chicagos haben durchaus nicht nur hoch gebaut. Sie haben ganz andere Bauwerke, auch flachere, mit herausragender internationaler Qualität geschaffen. Beispiele sind das State of Illinois-Center und die Gebäude, die Mies van der Rohe geschaffen hat. Es ist keineswegs so, dass ich eine erstaunensvolle Reise nach Chicago gemacht habe.

(Michael Neumann SPD: Das stand schon in der Zeitung!)

Ich habe diese Stadt sehr oft besucht und ich habe eine Zeit lang in Chicago gelebt. Ich kenne dort Architekten und ich kenne dort auch die städtebauliche Befindlichkeit sehr gut. Ich brauchte jetzt keine frische Inspiration, um zu sagen, dass dort hervorragende Architektur anzutreffen ist. Grundsätzlich gilt: Es gibt hervorragende Hochhausstrukturen, es gibt hässliche Hochhausstrukturen. Wir werden am Baakenhafen überlegen, welche Architektur am Ende die Beste ist. Entscheidend ist nicht die Höhe eines Gebäudes, entscheidend ist die Proportion und die Funktionalität und ob ein Investor bereit ist, dort zu investieren. Aber neue Ideen müssen wir formulieren, vorher läuft ohnehin gar nichts, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich rate sehr zu mehr Gelassenheit und zu einer weltoffeneren Betrachtungsweise, die zu einer internationalen Metropole wie Hamburg passt. Lassen Sie doch die besten Architekten, die es gibt, erst einmal einen Vorschlag machen. Bilden Sie sich dann ein Urteil und von mir aus regen Sie sich dann auf, aber nicht umgekehrt.

(Beifall bei der CDU)

Jede Idee, die uns von kreativen Köpfen geliefert wird, ist eine gute Idee. Wir brauchen sie nicht zu realisieren, wir können sie natürlich auch verwerfen. Wir dürfen aber als eine kosmopolitische Großstadt nicht schon jeden Gedanken im Keime ersticken und alles von vornherein

ausbremsen. Auf der ganzen Welt sind bedeutende Bauprojekte zustande gekommen, obwohl es vorher erheblichen Widerstand gegeben hat. Auch wir müssen solche Diskussionen aushalten. Das Centre Pompidou in Paris wäre sonst gar nicht möglich gewesen, ebenso das Sydney Opera House und das Empire State Building. Der Bau des Guggenheim Museums von Frank Gehry in Bilbao war massiv bekämpft worden und ist auf großen Widerstand gestoßen. Heute sind die Bürger Bilbaos glücklich, dass sie dieses Juwel in ihrer Stadt haben. Deshalb muss man eine solche Diskussion zulassen. Zunächst muss man darüber nachdenken, dann sein Endurteil fällen und nicht von vornherein mit Vorurteilen durch die Gegend laufen.

(Beifall bei der CDU)

Auch die historische Speicherstadt in Hamburg war zu ihrer Bauzeit außerordentlich umstritten. Gott sei Dank ist sie doch gebaut worden und wir sind heute froh, dass wir diese Speicherhäuser haben.

Ich möchte Sie zum Schluss bitten und an Sie appellieren, für neue Ideen deutscher und internationaler Architekten offen zu sein. Das Maß aller Dinge sind nicht Ihre Zweifel, sondern die besten Lösungen für unsere Stadt. Der kleinste gemeinsame Nenner ist oft das kleinste gemeinsame Karo. Hamburg ist anders und deshalb werden unsere schöne Stadt weiter nach vorne bringen und um die besten Ideen ringen. Die besten und kreativsten Köpfe der Welt sind hierzu herzlich eingeladen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Senator, wir haben nichts gegen neue Ideen, wir haben aber etwas dagegen, wenn der Senat sich lediglich aufgeblasen als weltläufig bezeichnet. Das passiert die ganze Zeit.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Von Pressekonferenz zu Pressekonferenz sitzt da ein aufgeblasener Ochsenfrosch und sagt: Seitdem wir den 29. Februar erlebt haben, spielen wir in der Weltliga.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist nicht besonders glaubwürdig. Wir haben auch nichts dagegen, dass über Hochhäuser diskutiert wird. Darum meldeten wir es als Debattenthema an. Der Einzige, der sich darüber aufregt, sind Sie.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir haben auch nichts gegen Hochhäuser, zumal an der Stelle. Ein Dimensionssprung ist es allerdings schon gegenüber den bisherigen Planungen, wenn Sie jetzt statt von 80 bis 100 von 200 Metern sprechen. Darüber kann man dann ja einmal reden. Ist es eigentlich zufällig, dass sich männliche Architekten ständig solche Dinge einfallen lassen, wenn sie nach Neuheiten gefragt werden,

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD)

und das seit 125 Jahren? Ich habe eher den Eindruck, Stahlbeton ist sozusagen das Viagra der Architekten.

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich gebe Senator Peiner Recht, wenn er sagt, Hamburg habe kein Flächenproblem. Wir haben sogar umgekehrt die Erfahrung, dass im Generalsviertel mehr als doppelt so viele Menschen pro Quadratmeter wohnen als etwa in Steilshoop, das viel dichter bebaut aussieht. Man braucht nicht diese Höhendimension, um eine Stadt zu bauen. Das ist ein verbreiteter Irrtum, der häufig von dieser Art Architekten kommt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich habe deswegen etwas dagegen, weil ich weiß, dass die klassische Stadt im Rathaus und in den Kirchen ihren Schwerpunkt hatte. Ich habe nicht gerne, dass das Geld sich höher protzt als Freiheit und Sinn. Das geht mir ein bisschen gegen den Strich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zur Solidität der Planungen. Uns ist ein 1-MilliardeSonderinvestitionsprogramm vorgestellt worden. Wenn ich die Zahlen in der Drucksache addiere – 400 Millionen Euro Wirtschaftsstandortstärkung, 280 Millionen Euro Wissenschaftsstandortstärkung, 365 Millionen Euro Attraktivitätssteigerung und 30 Millionen Euro Innovationsfonds –, dann komme ich auf 1 Milliarde 75 Millionen Euro, also eher 1,1 Milliarde Euro als 1 Milliarde Euro. Aber solche Kleinigkeiten fallen beim Finanzsenator offenbar gar nicht auf. Es sind ja nur 75 Millionen Euro, die in der globalen Summenangabe überzogen sind gegenüber dem Sonderinvestitionsprogramm, das überhaupt noch nicht finanziert ist und wo wir noch gar nicht wissen, woher es kommen soll. Gegen solche OchsenfroschPlanung haben wir etwas. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Hesse.