Ich muss aber ganz deutlich sagen: Es kann nicht die Konsequenz sein, dass wir dann sagen, denen helfen wir nicht, weil sie es nicht freiwillig wollen. Da muss man manchmal wirklich gerade Kinder zu ihrem Glück zwingen und ihnen sagen, wir helfen dir, weil es aus unserer Sicht notwendig ist.
Wenn die Eltern dies nicht wollen und wenn man feststellt, dass die Eltern ihrem Erziehungsauftrag nicht nachkommen, erwarte ich von unserem Staat und von unserem Senat, dass alles getan wird, im Zweifelfall auch, das Mädchen aus so einer Familie herauszuholen.
Der Antrag, den wir heute diskutieren, geht aber noch ein Stück weiter. Die Rudolf-Ballin-Stiftung wird den einen Teil dazu beitragen, dass wir im präventiven Bereich ganz früh das eine oder andere Mädchen erreichen. Die Rudolf-Ballin-Stiftung wird in anderen Städten ebenso für ihre Arbeit werben, denn es wird kein Belegungsrecht nur durch Hamburg geben. Aber der Kampf gegen Kindeswohlgefährdung, gegen Prostitution und Kriminalität bei Kindern, bei Mädchen ist damit noch nicht gewonnen, dass wir eine Einrichtung schaffen. Die CDU-Fraktion sagt – und wer unseren Antrag liest, wird das auch herauslesen können –, es ist gut, dass wir diese Einrichtungen schaffen, aber wir brauchen noch mehr.
Ich komme auf den Punkt vor der Debatte zurück, die wir gestern geführt haben: Gerade deshalb brauchen wir auch in diesem Bereich ein System, mit dem wir frühzeitig erkennen, dass geholfen werden muss, und mit dem wir auch Angebote speziell für jedes einzelne Mädchen entwickeln können. Deswegen, denke ich, ist der Bericht aus dem Ausschuss, der Antrag und die Große Anfrage, die wir hier jetzt gerade diskutieren, ein sehr guter Anfang. Ich bin der Behörde sehr dankbar, dass Sie auch frühzeitig begonnen hat, dieses Angebot zu entwickeln. Wir sind aber noch lange nicht am Ziel. Ich bin jedoch guter Dinge, dass wir ein Konzept entwickeln, mit dem wir noch mehr Mädchen erreichen werden und mit dem wir noch mehr Mädchen helfen können. Wenn wir das machen, haben dieser Senat und diese Stadt etwas geschafft, was viele andere Städte nicht geschafft haben. Darauf wäre ich sehr stolz.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Blömeke, verehrte GAL-Fraktion, lassen Sie mich am Anfang sagen, wo wir einer Meinung sind. Einer Meinung sind wir beim Thema Kinderkuren und was damit passiert ist. Ich hätte gern das Angebot der Kinderkuren, wie es von der Ballin-Stiftung gemacht wurde, weiter wie bisher und ich hätte gern so ein Angebot für Mädchen dazu.
Zweitens, das Thema Kürzungen im Präventionsbereich. Auch da sind wir uns einig. Wenn wir über ein vernetztes Hilfsangebot reden, können wir nicht in diesem Präventionsbereich beim Cafe Sperrgebiet und BASIS e. V. kürzen, denn das schwächt den Gesamthilfezusammenhang für die Mädchen, die wir hier im Auge haben. Auch da sind wir uns einig.
Wir sind uns nicht einig im Punkt Zahlen. Ich brauche keine zunehmende Mädchendelinquenz und keine Besorgnis erregenden Entwicklungen. Ich brauche nur den
Hinweis, dass ich ein Angebot für eine begrenzte Anzahl von Mädchen herstellen muss. Da brauche ich überhaupt keine Dramatik und keine Eskalation.
Das Nächste, wo es schwierig wird: Wenn wir hier über die Einrichtung reden und wie die Mädchen in diese Einrichtung kommen – Herr Hesse hat das unter dem Gesichtspunkt "Freiwilligkeit" angesprochen –, sehe ich auch hier das Thema Kindswohl absolut im Vordergrund. Wenn die Freiwilligkeit nicht auf Anhieb herstellbar ist, hoffe ich auf die Kunst der Überredung. Dann hoffe ich darauf, dass sehr schnell erkannt wird – und hier trifft sich das Thema Vernachlässigung –, wenn die Familie zu nichts in der Lage ist. Dann muss das Sorgerecht entzogen werden. An der Stelle, glaube ich, müssen wir sehr genau darauf achten, dass das Kindswohl immer im Vordergrund steht. Das Jugendamt hat den Einzelfall genau und sensibel zu prüfen und mit der Einrichtung abzustimmen, ob dieses Mädchen für diese Einrichtung geeignet ist. Darauf werden wir natürlich auch – das kennen wir – einen kontrollierenden Blick haben.
Aber, Frau Blömeke, noch einmal: Ich glaube, dass trotz des Zeitablaufes, der zugegeben etwas gedrängt war, die Ballin-Stiftung vor Ort im Allgäu und auch diejenigen, die im Ausschuss waren und uns für Informationen zur Verfügung gestanden haben, sehr deutlich gemacht haben, dass sie an diesem fachlichen Austausch interessiert sind und dass sie an der Kooperation mit den Hamburger Einrichtungen interessiert sind, im Vorwege und auch in der Nachsorge. Die Ballin-Stiftung hat auch für mich sehr eindrücklich in der Sitzung selbst klar gemacht, dass sie auf Kritik und Anregung unsererseits sehr offen reagiert und diese sofort konstruktiv aufnimmt. Insofern, Frau Blömeke, bin ich, ehrlich gesagt, ein bisschen besorgt darüber, dass Sie dieses Thema weiter so kleinteilig diskutieren und würde mir wünschen, dass wir mit dieser Einrichtung, der Ballin-Stiftung, mit diesem Angebot und allen anderen, die sich um diese Zielgruppe kümmern, in einen konstruktiven und weiterführenden Dialog einsteigen, wie wir das zum Kindswohl zusammenbringen, zum Mädchenwohl in diesem Fall.
Ich finde, dass manchmal das Kleinteilige besprochen werden muss, um die Details zu verstehen, die in diesem Angebot durchaus interessant sind.
Lassen Sie mich kurz auf die Zusammenarbeit zurückkommen. Herr Hesse, Sie haben sicherlich Recht. Vielleicht erweise ich mich im Moment als beratungsresistent. Sie haben im Jugendausschuss ja immer wieder versucht, auf mich einzureden, wie wunderbar doch diese Einrichtung sei.
Ich denke, es gibt gute Gründe, hier kritisch die Stimme zu erheben. Was die Gespräche mit den Trägern vor Ort angehen, so wiederhole ich noch einmal, was ich im Jugendausschuss schon gesagt hatte: Die Behauptung ist einfach nicht richtig, dass vorher Gespräche mit den vorhandenen Trägern stattgefunden hätten. BASIS e. V. hatte zum Zeitpunkt des 1. Februar noch nicht ein einziges Gespräch mit der Ballin-Stiftung geführt. Das hat jetzt erst stattgefunden. Ich brauche wie Sie, Frau Hilgers, auch keine Zahlen, um zu sagen, wir brauchen Angebote oder wir brauchen keine Kürzung. Die CDU-Fraktion hat Zahlen gebraucht und die CDU-Fraktion hat die Dramatik benötigt zu behaupten, hier in Hamburg entwickle sich die Mädchenkriminalität so dramatisch, dass wir darauf reagieren und ein neues Angebot schaffen müssten. Ich brauche auch keine Zahlen, Frau Hilgers. Für mich und die GAL-Fraktion steht auch das Kindswohl im Vordergrund. Es ist ganz selbstverständlich – das sagte ich aber eben schon, Herr Hesse –, dass wir im Zweifelsfall auch gegen den Willen des Kindes entscheiden müssen. Das ist in der Jugendhilfe so. Natürlich muss es auch einmal Jugendhilfeträger geben, wo ein Kind hinkommt, wo das Kind nicht begeistert ist. Das habe ich eben auch gesagt. Aber weil das Kindeswohl im Vordergrund steht, können wir es uns nicht leisten, diese so unterschiedlichen Zielgruppen gemeinsam in einer Einrichtung unterzubringen. Auch die Ballin-Stiftung sieht diese Problematik.
Ich möchte nur auf einen Satz eingehen, der auch im Bericht steht und der von der Ballin-Stiftung geäußert wurde. Ich zitiere ihn einmal. Es wurde dort gesagt,
"dass das Spektrum der Anfälligkeiten und Symptome äußerst vielschichtig sei. Es würden jedoch Vorkehrungen getroffen, die unterschiedlichen Mädchentypen effizient betreuen zu können."
So könnten unter anderem die Räume der Mädchen von innen zu verschließen sein. Nur die Betreuer können in die Zimmer hinein. Also, meine Damen und Herren, wenn das die Art der Therapie oder der Schutz für die Mädchen ist, sich mit diesen unterschiedlichen Zielgruppen auseinander zu setzen, dann halte ich das nicht für richtig. Ich widerspreche Ihnen ganz energisch – Herr Hesse war es, der sagte, junge Prostituierte und junge Kriminelle hätten eine ähnliche Vita. Das ist überhaupt nicht der Fall.
Vielleicht – das behaupte ich jetzt einfach einmal, aber das sage ich aus meiner Frauensicht lieber nicht – können Sie sich da gar nicht hineindenken, was junge Prostituierte in ihrem Leben erfahren haben und wie man mit ihnen umgehen muss. Da sind diese vertrauensbildenden Maßnahmen, wie gesagt, ganz wichtig. Junge, kriminelle Mädchen haben eine ganz andere Geschichte. Während uns Experten aus der Jugendhilfe genau dasselbe sagen, nämlich, dass die Vita unterschiedlich ist, stellen Sie sich hier hin und sagen, die Vita sei gleich, die könnten wir da alle zusammen betreuen, das werde schon gut gehen. So kann das nicht gehen
und aus diesem Grund, denke ich, ist diese Kleinteiligkeit und Kritik an diesem Konzept weiter aufrecht zu erhalten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Hesse! Wir dürfen ja nicht mehr dazwischenrufen, deshalb möchte ich hier deutlich machen, dass Sie ziemlich danebengetreten sind, sich hier hinzustellen und das Thema mit dem tragischen Fall Jessica in einen Topf zu musen.
Das ist unglaublich und wirklich so weit hergeholt. Davon sollten Sie sich distanzieren. Wenn Sie dann weiter über kriminelle Mädchen und junge Prostituierte schwadronieren, eine Zwangsbeglückung und schon alle präventiv vorweg in diese Einrichtung stecken wollen, anstatt in die in Hamburg bestehenden Einrichtungen zu investieren, dann ist das ein unerträgliches Geschwafel, das Sie hier losgelassen haben. Sie sollten sich lieber weiter mit Schuluniformen beschäftigen.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zu I der Ausschussempfehlung. Wer möchte der Empfehlung zu Ziffer 1 aus der Drucksache 18/858 folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig bei einigen Enthaltungen angenommen worden.
Wer schließt sich der Empfehlung zu Ziffer 2 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit angenommen worden.
Wer stimmt der Empfehlung zu Ziffer 3 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig bei einigen Enthaltungen angenommen worden.
Wer möchte die neuen Ziffern 4 und 5 beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 46 auf, die Drucksache 18/1847, Antrag der CDU-Fraktion: Kunst im öffentlichen Raum: Übersicht und einheitliche Hinweistafeln.
[Antrag der Fraktion der CDU: Kunst im öffentlichen Raum: Übersicht und einheitliche Hinweistafeln – Drucksache 18/1847 –]
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Kulturausschuss überweisen. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/1847 an den Kulturausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieses Überweisungsbegehren mehrheitlich abgelehnt.
Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte den Antrag aus der Drucksache 18/1847 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.