Protokoll der Sitzung vom 21.04.2004

(Barbara Ahrons CDU: Davon gibt es eine ganze Menge! – Dr. Willfried Maier GAL: Da hat jemand den Mechanismus nicht verstanden!)

Diesem Unternehmer können wir nur die Hand reichen und beglückwünschen, dass er so eine tolle Leistung für junge Leute erbringt.

(Beifall bei der SPD)

Auf der anderen Seite gibt es aber leider auch viele, die gar nichts dazu beitragen. Eine Umfrage ergab, dass 57 Prozent der Unternehmer sich für eine Abgabe aussprechen.

(Wilfried Buss SPD: Hört, hört!)

Sie als CDU-Fraktion, finde ich, haben bei Ihrer Größe mit 63 Mandaten

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

die Funktion einer Volkspartei. Sie haben schon bei Ihrer Anmeldung einen Schlenker hineingebracht, der das Problem nicht umfasst. Sie beschäftigen sich ausschließlich mit der Frage, ob die Wirtschaft in Hamburg drangsaliert wird oder nicht. Herr Bürgermeister, wir haben diese Wahlperiode mit einer Initiative, die Sie gestartet haben, gut begonnen. Wir haben das Kita-Problem im Ansatz im Griff und das Kita-Problem ist ein großes arbeitsmarktpolitisches Programm, damit insbesondere junge Frauen, die Kinder haben, wieder den Zugang in den Arbeitsmarkt finden. Und deswegen sollten wir diesen Politikstil fortsetzen und nicht immer wieder in diese widerlichen Grabenkämpfe versinken.

Herr Uldall, Ihre Rede war wieder bezeichnend für unsere politischen Debatten in diesem Land und irgendwie habe ich die Nase davon gestrichen voll.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir alle in dieser Stadt haben die Verantwortung, dass die Kinder eine gute Schulbildung bekommen, und vieles funktioniert da nicht.

(Barbara Ahrons CDU: Das haben Sie uns einge- brockt!)

Auch die SPD hat sicherlich vieles falsch gemacht, ohne Frage. Aber jetzt geht es darum, die Schulpolitik neu auszurichten.

(Karen Koop CDU: Richtig!)

Ich bin der neuen Schulsenatorin dankbar – das finde ich einen guten Politikstil –, das Berufsschulmodell, dieses Stiftungsmodell zurückzustellen, weil sie sich erst einmal mit einer Analyse beschäftigen will, wo denn eigentlich die Probleme sind. Das ist ein richtiger Politikansatz und dazu kann ich Ihnen nur gratulieren.

Wir sollten in der Lehrstellenfrage genauso verfahren. Fakt ist, dass wir 7700 junge Leute bis 25 Jahre in der Stadt haben, die weder Arbeit noch Ausbildung haben. Das können wir uns weder politisch noch ökonomisch leisten.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Deswegen kann man das Problem nicht einfach ideologisch wegdiskutieren.

Wir haben über Jahrzehnte die Erfahrung, dass die Ausbildungssituation der jungen Leute nicht gelöst ist. Deswegen hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1980 auch die Eckpunkte festgelegt und diese Punkte werden in Hamburg nicht umgesetzt. Deswegen stehen wir in der Verpflichtung und sollten uns nicht darüber unterhalten, ob die Betriebe mehr oder weniger ausbilden. Herr Uldall, ich befürchte, die werden auch zum Teil in die „Gräben“ gehen. Die werden sich verbuddeln und sagen: Denen werden wir das mal zeigen.

(Marcus Weinberg CDU: Dann lassen Sie es doch!)

Was haben wir denn davon? Noch weniger Ausbildungsplätze, noch mehr Jugendarbeitslosigkeit, vielleicht noch mehr Kriminalität, noch mehr Sozialhilfe. Das kann doch nicht der Weg sein.

Herr Senator, Sie haben als Senator für Arbeit die Aufgabe, mit den Betrieben darüber zu reden, wie sie mehr Ausbildungsplätze schaffen und ihnen nicht immer nur zum Munde zu reden und zu sagen: Ihr habt es aber wirklich schwer. Natürlich haben sie es schwer, sie haben aber auch eine Verpflichtung.

In all diesen Fragen, Herr Bürgermeister, sollten wir künftig mehr miteinander und nicht gegeneinander arbeiten. Ich wünschte mir, dass Sie eine Initiative mit allen gesellschaftlichen Gruppen in dieser Stadt ergreifen für mehr Ausbildung und für eine gute Zusammenarbeit des Parlaments, des Senats mit den Unternehmen in dieser Stadt. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Mattner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburgs Wirtschaft wird unter dieser Ausbildungsplatzabgabe leiden. Das Ganze bedeutet

eine Zunahme von 100 Prozent an Bürokratie und 0 Prozent an Ausbildungsplätzen und deswegen, Herr Pumm, können wir uns auch nicht auf einen Konsens verständigen, denn wir gehen von völlig unterschiedlichen Voraussetzungen aus.

Im Übrigen erschließt sich für mich überhaupt nicht, was Kita mit Ausbildungsplätzen zu tun hat, aber das ist ebenfalls ein Verständnisproblem, das uns trennt. Frau Dräger, Herr Kerstan, wir alle wollen gemeinsam Jugendlichen helfen und mehr Ausbildungsplätze schaffen. Ich glaube, da trennt uns überhaupt nichts. Aber mit der Ausbildungsplatzabgabe wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Die Gesellschaft muss jungen Menschen ein Angebot für eine berufliche Bildung machen. Das ist keine Frage, dafür gibt es viel Geld, denn die Unternehmen in Deutschland investieren 28 Milliarden Euro in die Ausbildung. Es ist deshalb nicht der fehlende Wille der Wirtschaft, der hier zum Mangel führt, sondern es ist die wirtschaftliche Situation, in der wir uns befinden. Noch nie nach Weimar stand Deutschland wirtschaftlich so schlecht da wie heute, wir sind Schlusslicht in Europa. Wie sollen wir denn Arbeitsplätze schaffen, wenn 40 000 Unternehmenspleiten zu beklagen sind? Wie soll das funktionieren? Herr Kerstan, Sie suchen Ihre Lösung nur bei den Symptomen, aber nicht bei der Ursache und Ursache ist und bleibt die schlechte Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Niemand braucht sie, keiner will sie. Frau Dräger, Sie sprechen hier gegen den erklärten Willen von Wirtschaftsminister Clement, von Finanzminister Eichel, von Ministerpräsident Beck, von Ministerpräsident Steinbrück und so weiter und erklären uns dies nicht.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie sagen nichts, weil Sie nichts anzubieten haben!)

Mir ist noch ein Fernsehbericht vor Augen, wo der Oberbürgermeister aus Leipzig mit fast tränenden Augen schildert, dass im Übrigen wahrscheinlich auch Kommunen von der Ausbildungsplatzabgabe betroffen seien. Und der Oberbürgermeister aus Leipzig sagt: Ich habe das Geld nicht dafür, wir wollen, aber ich habe das Geld nicht dafür. Da frage ich mich, warum so viele Sozialdemokraten – es gibt nicht nur den betroffenen Oberbürgermeister in Leipzig – erkennen, dass die Abgabe schlecht ist, nur die Sozialdemokraten in Hamburg das nicht zu erkennen vermögen. Das verstehe ich nicht.

Meine Damen und Herren! Ich bin der Überzeugung, dass die nächsten Gespräche mit den Verbänden dazu führen werden, dass die Phalanx in der SPD-Fraktion im Bund aufgebrochen wird.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ja, was sagen Sie denn zu dem Thema?)

Vielleicht noch ein Wort zur Bürokratie. Es soll ein Fonds gegründet werden. Im Einzelfall muss festgestellt werden, welche Quote gilt, ob sie erreicht ist, welche Betriebe betroffen sind und welche Konsequenzen daraus gezogen werden müssen. Erste Schätzungen sprechen von tausend Beamten, die dafür benötigt und natürlich auch bezahlt werden müssen. 2,7 Milliarden Euro sollen möglicherweise mit diesem Bürokratieaufwand umverteilt werden. Am Ende wird der Vorteil schon allein dadurch verlo

ren gehen, dass wir einen erheblichen Teil an neuen Gehältern für Beamte, die wir gar nicht haben, bezahlen müssen; mehr Bürokratie geht nicht.

(Beifall bei der CDU)

Im „Panorama“-Bericht, von dem ich eben berichtet habe, wird prognostiziert, dass wenige Großbetriebe, die preiswert ausbilden können, von der Abgabe profitieren werden. Die kleinen und mittleren Unternehmen wird es wieder einmal treffen und das ist ungerecht. Die Qualität der Ausbildung wird sinken. Unternehmen, die anspruchsvolle Ausbildungsplätze haben, die teuer sind in der Erstellung, werden sich im Zweifel von den Kosten freikaufen müssen und subventioniert werden wieder die Unternehmen, die billige und wenig qualifizierte Ausbildungsplätze bieten, und das wird nicht nur zu weniger Ausbildung in Deutschland führen, sondern auch zu einer sinkenden Ausbildungsqualität.

Die CDU-Fraktion fordert unseren Senat auf, alle Hebel in Berlin in Bewegung zu setzen,

(Michael Neumann SPD: Um Ausbildungsplätze zu schaffen!)

um Schaden von Hamburg abzuwenden.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich zum ersten Thema nicht.

Dann rufe ich das zweite und dritte Thema auf.

Fortsetzung folgt: Senator Kusch ohne eigene Verantwortung

mit

Chaos, Filz, Fehlentscheidungen: Der Justizsenator als Sicherheitsrisiko

Gibt es hierzu Wortmeldungen? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Klooß bekommt das Wort.