Protokoll der Sitzung vom 26.05.2005

Das heißt, es ist ein System, das zwar nicht für alle Schüler ideal, aber für bestimmte Schüler sicherlich hervorragend ist, nämlich für diejenigen, die in der Klasse 4 noch nicht genau wissen, welchen Weg sie einschlagen möchten oder können.

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Die Schülerzahlen in diesem Schulsystem haben sich seit 1994 verdoppelt. Das heißt, die Eltern nehmen dieses System an. Wenn man sich anschaut, wie der Wirtschaftsbeirat an der Schule Benzenbergweg arbeitet, dann zeigt das, dass auch die Wirtschaft die gut geleistete Arbeit dieses Schulsystems annimmt.

Wir sind daher im Rahmen des Schulentwicklungsplanes fest entschlossen, dass es künftig nicht nur in HamburgNord die Möglichkeit der Wahl dieses Schulsystems gibt, sondern diese Möglichkeit auch für die Eltern im Westen und im Osten von Hamburg zu schaffen. Wie gesagt, nicht als neues Patentrezept, aber als ganz konkretes alternatives Modell für die Eltern, die eine solche Schule für ihre Kinder für richtig halten. Die Deputation wird nun im Juni entscheiden, ob es zu diesen beiden Schulen in Tonndorf und in Osdorf kommen wird.

Wir haben in den letzten Monaten natürlich zahlreiche Gespräche geführt, die auch gezeigt haben, dass es Probleme gibt. Ein ganz banales Problem ist der Name. Kooperative Gesamtschule sagt natürlich kein Mensch. Das ist auch ein bisschen lang. Also sagt man Gesamtschule, genauso wie zur integrierten Gesamtschule. Keiner weiß dann später mehr, was für eine Gesamtschule eigentlich dahintersteckt. Von daher schlagen wir heute vor, dass wir dieses Kind künftig "Kooperative Schule" nennen. Ich glaube, dass dann für die Eltern auch klar ist, dass damit eine andere Schule als die integrierte Gesamtschule gemeint ist.

Zweitens fühlten sich zumindest die bestehenden kooperativen Gesamtschulen, ob nun zu Recht oder zu Unrecht, bisher ein wenig als fünftes Rad am Wagen bei der Schulaufsicht, weil sie an die Gesamtschulaufsicht angegliedert waren. Aber sie waren per se erst einmal in sich gegliedert und hatten daher natürlich die Themen der Gymnasien sowie der Haupt- und der Realschulen auf ihrer Agenda. Von daher wollen wir das ändern.

Zum Dritten gibt es natürlich, insbesondere seitdem wir jetzt die Schulzeitverkürzung und damit das Thema des offenen Ganztagsbetriebes an den Gymnasien haben, ein Problem bei der internen Koordination dieser Schulen, weil sie natürlich den Gymnasialzweig haben, der in zwölf Jahren zum Abitur führt. Aber sie haben natürlich auch die Haupt- und Realschulzweige an der gleichen Schule. Damit man diesen Betrieb besser koordinieren kann, wäre es natürlich hilfreich, wenn auch der Haupt- und

Realschulzweig als offene Ganztagsschule geführt werden würde.

Schließlich haben wir natürlich großes Verständnis für die Unsicherheit, die sicherlich im Moment bei Eltern, Schülern und Lehrern an den bestehenden Schulen in Osdorf und Tonndorf herrscht. Wir sind deshalb der Meinung, dass wir eine Begleitung dieser Schulen auf dem Weg hin zur "Kooperativen Schule" brauchen, denn wir wollen nicht einfach nur Schulen zusammenführen, sondern wir wollen starke Schulen für die jeweiligen Stadtteile schaffen.

Das zeigt, dass wir alles in allem kein neues Patentrezept haben, aber wir haben eine Lösungsmöglichkeit, die künftig auch in Hamburg in einer Größenordnung entstehen wird, die uns auch die Möglichkeit eröffnet, sinnvoll zu evaluieren, welchen Erfolg wir denn mit diesen Schulen haben. Denn auch das wollen wir natürlich tun: Wir wollen am Ende gucken, ob die Durchlässigkeit in den "Kooperativen Schulen" wirklich besser ist, ob sie zu den Ergebnissen führen, von denen wir glauben, dass diese Schulen sie mit ihren Schülern bringen müssen. Wenn diese Schulen dieses schaffen und wir das entsprechend evaluieren, haben wir eine neue Möglichkeit für die Eltern, ihr Elternrecht wahrzunehmen. Und wir können vielleicht gemeinsam in eine Richtung gehen, die auch Ihnen, Frau Goetsch und Frau Ernst, entgegenkommt. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Lein.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als SPD könnte man sich ja freuen über die Beweglichkeit der CDU, in Schulfragen nicht mehr die ideologischen Scheuklappen zu haben. Man könnte sagen, lasst sie doch ein bisschen länger gemeinsam zur Schule gehen. Darüber könnte man sich freuen, wenn man nicht den ganzen Antrag lesen würde.

(Marcus Weinberg CDU: Dem können Sie nachei- fern!)

Im Prinzip geht es darum, dass man eine Lex für zwei Schulen findet. Eine Lex für eine Schule östlich der Alster. Die kränkelt ein bisschen und der möchte man durch ein neues Etikett die Chance geben, bei anderen Schulen vielleicht zu fischen, aber auf jeden Fall die Möglichkeit schaffen, durch ein neues Angebot vielleicht neue Schüler zu gewinnen.

Wie sieht es im Westen aus? Im Westen gibt es eine Schule, die klipp und klar ablehnt, so etwas zu werden und sich sogar auf Herrn Heinemann beruft. Der sagt, ich habe euch gesagt, dass man im Frühjahr, wenn die Eltern die Schule wählen, sich natürlich für ein Gymnasium entscheidet und nicht für etwas, was der Wunschtraum der CDU in der Schulentwicklungsplanung ist.

Hier wird also ein Gymnasium für die Schüler zugerichtet, die von den Elbrand-Gymnasien abgeschult werden sollen oder weil sie dort nicht mehr reüssieren können, um ihnen vielleicht ein Auffangbecken zu geben, das eben nicht einfach Haupt- und Realschule heißt, sondern wo zumindest noch ein gymnasialer Zweig vor Ort ist.

Das sehen die Kollegen sehr deutlich und wir haben deshalb auch seinerzeit im Schulentwicklungsplan sehr

deutlich Widerspruch gegen diesen Vorschlag geleistet. Guckt man sich das Petitum im Einzelnen an, dann stellt man fest: Neuer Name. Warum eigentlich ein neuer Name? Es geht um die Frage, wie man den Ekelnamen Gesamtschule los wird. Das ist ja eine schöne Sache. Aber, ich glaube, man kann nicht sagen, wir möchten gern, dass die Leute länger zusammen sind und bisher haben wir mit dem Namen kooperative Gesamtschule ganz gut gelebt. Sie hatten ja selber das Wort Benzenbergweg erwähnt. Haben die etwa diese Schule gewählt, weil sie einen komischen Namen hatte? Nein, sie haben sie gewählt, weil die Eltern sehr gut entscheiden können, was sie denn wollen. Dazu bedarf es dieser deutlichen, neuen Etikettierung nicht.

Dann die Zerschlagung der bisherigen gemeinsamen Schulaufsicht. Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen haben. Aber wenn jetzt in einer Schulform, nämlich einer "Kooperativen Schule", zwei verschiedene Schulaufsichten arbeiten sollen, bin ich gespannt, wie das werden soll. Es soll nämlich nichts zusammengeführt werden, sondern es soll nur deutlicher zergliedert werden.

Die dritte Sache: Ködern mit der Ganztagsschule. Ich vermute mal, dass das der gleiche Köder ist wie Cafeteria und Gelder aus Berlin. Da müssen auch Gremien zustimmen und wir haben mitbekommen, wie zögerlich die Gymnasialgremien sind, einer Ganztagsschule zuzustimmen.

Wir wollen eine solche politische Entscheidung nicht. Wir stimmen einem Antrag für zwei Schulen mit neuem Etikett und einer Scheinmöglichkeit, immerhin an zwei Orten ein bisschen länger zusammen zu sein, dann aber noch deutlicher auseinander zu gehen, nicht zu. Denn, was Sie, Herr Heinemann, zum Schluss gesagt haben, mal zu evaluieren, wie denn die Kommunikation zwischen diesen kooperierenden Systemen sein könnte, da wissen Sie ganz genau, dass die kooperativen Gesamtschulen es durch ihre Schulzeitverkürzung noch viel schwerer haben, zu kooperieren. Was früher noch möglich war, nämlich dass ein Realschüler an einer kooperativen Gesamtschule vielleicht sogar am Unterricht des Gymnasiums im gleichen Jahrgang hat teilnehmen können, ist jetzt unmöglich geworden.

Also zurück zum Anfang. Beweglichkeit wäre gut, aber dann ein bisschen grundsätzlicher und nicht so am Einzelfall.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Goetsch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Einerseits finde ich, dass es heute irgendwie ein putziger Tag mit diesen Schuldebatten ist, aber andererseits finde ich das richtig spannend. Liebe Kollegen von der CDU, wenn ich mich daran erinnere, dass die Schulsenatorin vom aufgeregten Gegacker gesprochen hat, als wir nach PISA unseren Vorschlag "9 macht klug – Neue Hamburger Schule" vorgestellt haben. Da wurde gesagt, Strukturdebatten seien Diskussionen von vorgestern, ideologische Dummheiten à la DDR-Einheitsschule und so weiter. Kollege Heinemann hat davon gesprochen – ich zitiere –, um nicht gleich einen Ordnungsruf zu kriegen:

"Als ich noch in die Hosen machte"

(Robert Heinemann CDU: Das habe ich nie ge- sagt!)

und heute – siehe da – stellt die CDU den Antrag für eine Schule, bei der die Kinder bis zur sechsten Klasse zusammen lernen sollen. Das ist wirklich ein Novum. Das ist natürlich nicht das, was wir wollen – bis zur neunten Klasse –, aber immerhin, wenn man die Geschichte kennt, ist das ja ein gewaltiger Schritt, sodass ich sagen muss, die Richtung stimmt eigentlich.

Die Begründung dazu – Zitat –, und das ist gut:

"… für Schülerinnen und Schüler, bei denen in Klasse 4 noch keine klare Entwicklungsprognose abgegeben werden kann …"

Hervorragend, meine Damen und Herren von der CDU, die Sie doch immer gesagt haben, ab der vierten Klasse ist die Begabung klar und da steht fest …

(Marcus Weinberg CDU: Das haben wir so nicht formuliert, Frau Goetsch!)

Ich kenne Schulausschusssitzungen ohne Ende, wo es dann hieß, es sei klar, wohin man die Kinder nach der vierten Klasse schicken kann. Anscheinend ist bei Ihnen etwas passiert, fast revolutionär in der CDU, dass Sie erkannt haben,

(Wolfgang Beuß CDU: So sind wir, Frau Goetsch!)

dass Kinder mit zehn oder auch mit zwölf Jahren oder auch umgekehrt eben noch nicht festgelegt sind, wenn man von einem dynamischen Begabungsbegriff ausgeht, wie das übrigens auch weltweit in anderen Ländern der Fall ist. Die Schulstudien, wie PISA, KESS und LAU, haben immer wieder gezeigt, dass ständig falsch sortiert wird. Es ist eben schon von Frau Ernst gesagt worden, dass wir Hauptschüler in Gymnasien haben und Gymnasiale in der Hauptschule und Realschule und umgekehrt. Es ist eben nicht die vermeintliche Begabung, es ist sehr oft der Status der Eltern. Ich muss eine Korrektur anbringen, da Sie, Frau Senatorin, eben sagten, dass die Abbrecher in der Hauptschule etwas gesunken seien. Gleichzeitig ist aber die Anzahl der Abbrecher mit Migrationshintergrund gestiegen. Das heißt, da stimmt es hinten und vorne nicht. Sie wissen ganz genau, dass die Chance, in Hamburg eine Gymnasialempfehlung zu bekommen, bei Kindern reicher Eltern – das PISA-Konsortium spricht von der oberen Dienstklasse – um das Drei- bis Vierfache höher ist als ihre Altersgenossen der unteren Dienstklasse, also weniger betuchten Eltern.

Insofern ist es, erst nach sechs Jahren zu entscheiden, ein richtiger Schritt. Alle anderen fachlichen Dinge, die Herr Lein gesagt hat, unterstreiche ich sofort. Das will ich jetzt gar nicht wiederholen.

Ich habe aber einen Haken an Ihrem Antrag. Meine Damen und Herren von der CDU! Sie haben dafür Sorge getragen, dass der erfolgreiche Schulversuch, sechsjährige Grundschule, erst behindert wurde und jetzt beendet, abgebrochen wird. Da frage ich Sie, was denn daran so falsch war? Wir haben übrigens in diesen Klassen hervorragende Ergebnisse auch im Kontext mit LAU und KESS. Das sind sechs Jahre gemeinsamen Lernens, genauso wie auch bei der kooperativen Gesamtschule. Es wäre eine wunderbare Idee gewesen, jetzt diese beiden auch dann zumindest in diesem Schritt mit einzugliedern, weil

die gut kooperieren, unter anderem mit einer Gesamtschule und einem Gymnasium. Da gibt es bei Ihnen einen Bruch oder vielleicht ist es auch für Sie neues Terrain, womit Sie sich noch nicht beschäftigt haben und einfach mal wieder in der Behörde, bei der einen oder anderen Senatorin oder den Senator etwas schief gelaufen ist.

Mein Fazit ist für heute: Es ist einerseits ein guter schulpolitischer Tag, weil wir an dem Punkt angekommen sind, Inhalt und Strukturen miteinander und nicht immer getrennt zu diskutieren. Andererseits können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, weil noch einige Pferdefüße dabei sind. An den Ausschuss wollen Sie nicht überweisen. Das hätte sich aber schon gelohnt, im Schulausschuss einmal diesen Schritt zu diskutieren und zu fragen, wie wir wirklich weiterkommen zu einer Schulentwicklung und nicht zu einer Schulschließungsentwicklung. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache an den Schulausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Überweisung ist abgelehnt.

Ich lasse nunmehr in der Sache abstimmen. Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drucksache 18/2210 annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich angenommen.

Tagesordnungspunkt 39, Drucksache 18/2209, Antrag der CDU-Fraktion: Nutzung von Böden in der Speicherstadt für Künstlerateliers.

[Antrag der Fraktion der CDU: Nutzung von Böden in der Speicherstadt für Künstlerateliers – Drucksache 18/2209 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Kulturausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Die Abgeordnete Martens hat es.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Dieser heute vorgelegte Antrag ist in dreifacher Hinsicht von Bedeutung.

Erstens: Wir haben die Chance, die Speicherböden einer weiteren neuen attraktiven Nutzung zuzuführen. Das traditionsreiche und unter Denkmalschutz stehende Lagerhausquartier soll die Speicherböden auch als Atelierflächen für Künstler nutzen.